Hermann Felix Piecq

Oberbürgermeister von Mönchengladbach (1859-1920)

Christian Wolfsberger (Mönchengladbach)

Hermann Felix Piecq, Porträtfoto, 1908. (Stadtarchiv Mönchengladbach)

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Der Ju­rist Piecq hat in sei­ner 20-jäh­ri­gen Amts­zeit als Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt M.Glad­bach (heu­te Mön­chen­glad­bach) den Um­bau der Stadt zu ei­ner mo­der­nen Leis­tungs­ver­wal­tung voll­zo­gen.

Her­mann Fe­lix Piecq wur­de am 30.5.1859 als drit­tes von vier Kin­dern des prak­ti­schen Arz­tes Dr. Karl Piecq (1820-1890) und sei­ner Ehe­frau Eli­sa­beth (1829-1866), ge­bo­re­ne Haupt­mann, in Köln ge­bo­ren. Die Fa­mi­lie stamm­te ur­sprüng­lich aus Frank­reich. Nach dem Be­such des Drei­kö­nigs­gym­na­si­ums in Köln und dem 1878 dort ab­ge­leg­ten Ab­itur trat er als „Ein­jäh­rig Frei­wil­li­ger“ in das 7. Würt­tem­ber­gi­sche In­fan­te­rie­re­gi­ment in Tü­bin­gen ein. In den fol­gen­den Jah­ren stieg er bis zum Pre­mier­leut­nant der Re­ser­ve (1891) auf und nahm 1897 sei­nen Ab­schied. Zu­gleich mit sei­nem Mi­li­tär­dienst be­gann er 1878 in Tü­bin­gen das Stu­di­um der Rechts­wis­sen­schaf­ten und der Na­tio­nal­öko­no­mie, das er in Leip­zig, Göt­tin­gen und Bonn bis 1881 fort­führ­te. Wäh­rend des Stu­di­ums in Göt­tin­gen trat er dem Corps Bre­men­sia bei. In Bonn leg­te Piecq am 6.3.1882 das ers­te ju­ris­ti­sche Staats­ex­amen ab; an­schlie­ßend wur­de er Ge­richts­re­fe­ren­dar beim Amts­ge­richt Wip­per­fürth und den Jus­tiz­be­hör­den in Köln, wo er das Re­fe­ren­da­ri­at am 17.11.1886 mit dem zwei­ten ju­ris­ti­schen Staats­ex­amen ab­schloss. Als Ge­richt­s­as­ses­sor war er bei den Staats­an­walt­schaf­ten in Köln und Aa­chen tä­tig.

Am 18.10.1890 hei­ra­te­te Piecq in Lan­gel (heu­te Stadt Köln) Ju­lie Mül­ler (1866-1945), Toch­ter des Guts­be­sit­zers Franz Mül­ler und sei­ner Ehe­frau Hu­ber­ti­ne, ge­bo­re­ne Mel­chers. Aus der Ehe gin­gen die in Köln ge­bo­re­nen Söh­ne Her­mann (1894-1917) und Karl (1899) her­vor.

1891 wur­de Piecq Bei­ge­ord­ne­ter der Stadt Köln für Sta­tis­tik, Wah­len und Steu­ern, spä­ter auch für Ein­quar­tie­run­gen und Woh­nen. Am 31.3.1900 wähl­te ihn die Glad­ba­cher Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung mit Mehr­heit in das Amt des Bür­ger­meis­ters (Amts­ein­füh­rung 1.10.1900). 1903 wur­de ihm der Ti­tel „Ober­bür­ger­meis­ter“ ver­lie­hen. Bei der Wie­der­wahl am 7.2.1912 konn­te der Na­tio­nal­li­be­ra­le und Ka­tho­lik Piecq auch die Stim­men des Zen­trums für sich ge­win­nen und wur­de ein­stim­mig ge­wählt.

Her­mann Piec­qs 20-jäh­ri­ge Amts­zeit in Mön­chen­glad­bach ist ge­kenn­zeich­net durch den Aus­bau und die Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der Stadt­ver­wal­tung. Er knüpf­te da­bei an sei­nen Vor­gän­ger Vic­tor Kai­fer (Amts­zeit 1876–1900) an. Piecq über­zeug­te mit sei­nem ju­ris­ti­schen und ka­me­ra­len Wis­sen und konn­te da­mit sei­ne Plä­ne durch­set­zen. So wur­den fort­an  be­sol­de­te Bei­ge­ord­ne­te be­stellt, ei­ne Be­rufs­feu­er­wehr und ein städ­ti­scher Fuhr­park (1904) ein­ge­rich­tet. Da­ne­ben ge­lang ihm die Kon­so­li­die­rung des städ­ti­schen Haus­halts, was an­ge­sichts der stän­dig wach­sen­den Leis­tun­gen der Stadt kein leich­tes Un­ter­fan­gen war. Der Aus­bau der Ver­wal­tung drück­te sich auch durch den Bau ei­nes ei­ge­nen, 1912 ein­ge­weih­ten Spar­kas­sen­ge­bäu­des so­wie ei­nes neu­en Ver­wal­tungs­ge­bäu­des ne­ben dem Rat­haus aus.

Zu den Leis­tun­gen im Be­reich der Da­seins­für­sor­ge ge­hör­ten die Er­rich­tung der Klär­an­la­ge und der Bau der Ab­was­ser­ka­nä­le im Stadt­ge­biet, die Über­nah­me und der Aus­bau des Gas­werks so­wie der Aus­bau der Elek­tri­zi­täts­ver­sor­gung ab 1900. Piecq er­kann­te, dass Bahn­tras­sen das Wachs­tum sei­ner Stadt hemm­ten, da sie ei­ner räum­li­chen Aus­deh­nung Gren­zen setz­ten und ein Ver­kehrs­hin­der­nis für den Stra­ßen­ver­kehr bil­de­ten. Er über­nahm das Pro­jekt sei­nes Vor­gän­gers, die Bahn­tras­se von Mön­chen­glad­bach nach Rhe­ydt hö­her zu le­gen, so­dass der Stra­ßen­ver­kehr dar­un­ter hin­durch­ge­führt wer­den konn­te. Die Stadt wur­de au­ßer­dem von der Bahn­tras­se der mär­ki­schen Ei­sen­bahn im Nor­den ein­ge­schnürt. Piecq setz­te un­ter gro­ßem fi­nan­zi­el­len Auf­wand durch, dass der Bahn­ver­kehr wei­ter au­ßen um die Stadt her­um­ge­führt und auf der auf­ge­las­se­nen Tras­se, die in städ­ti­schen Be­sitz über­ging, ab 1910 ei­ne Al­lee an­ge­legt wur­de. An die­ser Al­lee ent­stan­den auf Flä­chen des auf­ge­las­se­nen Bahn­hofs re­prä­sen­ta­ti­ve Neu­bau­ten für das 1912 ein­ge­weih­te Amts- und Land­ge­richt. 1915 folg­te ei­ne Fi­lia­le der Reichs­bank. Das Stra­ßen­bahn­netz (seit 1900 elek­trisch) wur­de aus­ge­baut und die Vor­or­te und Nach­bar­städ­te wur­den an­ge­schlos­sen.

Un­ter Piecq ent­stan­den wei­te­re re­prä­sen­ta­ti­ve öf­fent­li­che Ge­bäu­de und Ein­rich­tun­gen, von de­nen die Kai­ser-Fried­rich-Hal­le (1903) und der Was­ser­turm (1908) an der Vier­sener Stra­ße bis heu­te das Stadt­bild mit­prä­gen.

Die räum­li­che En­ge der Stadt er­ken­nend, setz­te sich Piecq für die Zu­sam­men­füh­rung der Ge­mein­den des Glad­ba­cher Raums zu ei­ner Kom­mu­ne ein. Die­se Be­stre­bun­gen wa­ren vor dem Ers­ten Welt­krieg je­doch nicht von Er­folg ge­krönt. Un­mit­tel­bar nach dem Krieg reg­te er er­neut Ver­hand­lun­gen über Ein­ge­mein­dun­gen mit den um­lie­gen­den Städ­ten und Ge­mein­den an und lei­te­te die­se an­fangs auch. Die von ihm an­ge­streb­te gro­ße Lö­sung un­ter Ein­be­zie­hung von Kor­schen­broich, Rhe­ydt und Oden­kir­chen kam zwar nicht zu­stan­de, doch 1921 wur­den die für die Ent­wick­lung der Stadt drin­gend nö­ti­gen Ein­ge­mein­dun­gen der Land­ge­mein­den Glad­bach und Neu­werk so­wie der Stadt rechts­kräf­tig. Das hat Her­mann Piecq, der am 1.11.1920 im Amt ver­stor­ben war,  je­doch nicht mehr er­lebt. Be­reits im No­vem­ber 1919 hat­te er we­gen ver­schie­de­ner Er­kran­kun­gen und all­ge­mei­ner Er­schöp­fung um Ver­set­zung in den Ru­he­stand ge­be­ten; sei­ner Bit­te war je­doch nicht nach­ge­ge­ben wor­den.

Piecq ar­bei­te­te ne­ben sei­ner Tä­tig­keit als Ober­bür­ger­meis­ter in ver­schie­de­nen kom­mu­nal­po­li­ti­schen Ar­beits­krei­sen und Fach­kol­le­gi­en mit und ge­hör­te von 1908 bis 1917 dem Pro­vin­zi­al­land­tag an. Auf Grund der von Piecq um­ge­setz­ten, teil­wei­se ver­an­lass­ten Neu­ge­stal­tung der Stadt, so­wohl hin­sicht­lich der Da­seins­für­sor­ge als auch der Bau­sub­stanz, wur­de er in Nach­ru­fen als „zwei­ter Grün­der Glad­bachs“ be­zeich­net. Sei­ne Ver­diens­te um die Stadt wur­den 1901 mit dem preu­ßi­schen Ro­ten Ad­ler­or­den 4. Klas­se und 1906 mit dem Kro­nen­or­den 3. Klas­se ge­wür­digt.

Quellen

Stadt­ar­chiv Mön­chen­glad­bach, Per­so­nal­ak­te Her­mann Piecq (40/11099).

Literatur

Gathen, An­to­ni­us, Her­mann Piecq, Mön­chen­glad­bach 1993.
Gathen, An­to­ni­us, Her­mann Piecq, in: Mön­chen­glad­ba­cher Köp­fe, Mön­chen­glad­bach 1995, S. 205–209.
Löhr, Wolf­gang, Mön­chen­glad­bach im 19./20. Jahr­hun­dert, in: Löhr, Wolf­gang (Hg.) Lo­ca De­si­de­ra­ta. Mön­chen­glad­ba­cher Stadt­ge­schich­te, Band 3.1, Mön­chen­glad­bach 2003, S. 9–240, be­son­ders S. 139–156.
Ro­meyk, Horst, Die lei­ten­den staat­li­chen und kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­be­am­ten der Rhein­pro­vinz 1816-1945, Düs­sel­dorf 1994, S. 668-669.

 
Zitationshinweis

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Wolfsberger, Christian, Hermann Felix Piecq, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hermann-felix-piecq/DE-2086/lido/57c95a763e3298.63585410 (abgerufen am 26.04.2024)