Horst Tappert

Schauspieler und Regisseur (1923-2008)

Björn Thomann (Suderburg)

Horst Tappert, Porträtfoto.

Horst Tap­pert be­gann sei­ne künst­le­ri­sche Kar­rie­re nach dem En­de des Zwei­ten Welt­krie­ges als Cha­rak­ter­dar­stel­ler auf ver­schie­de­nen deut­schen Thea­ter­büh­nen. In den 1960er Jah­ren wur­de er ei­ner brei­ten Öf­fent­lich­keit vor al­lem durch sei­ne Auf­trit­te in Kri­mi­nal­fil­men be­kannt. Welt­wei­te Po­pu­la­ri­tät ver­schaff­te ihm die Rol­le als Ober­inspek­tor Der­rick, den er zwi­schen 1974 und 1998 in 281 Fol­gen der gleich­na­mi­gen Se­rie ver­kör­per­te.

Horst Tap­pert wur­de am 26.5.1923 in El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) als Sohn des Post­be­am­ten Ju­li­us Tap­pert und des­sen Ehe­frau Ewal­di­ne Röll ge­bo­ren. Nach dem Be­such der Volks­schu­le be­gann er ei­ne kauf­män­ni­sche Leh­re. Mit 18 Jah­ren wur­de ihm die Ver­ant­wor­tung für den Ver­sand ei­nes kriegs­wich­ti­gen Gro­ßhan­dels in sei­ner Hei­mat­stadt über­tra­gen.

Sei­ner Au­to­bio­gra­phie fol­gend wur­de Tap­pert im Jahr 1942 zum Ar­beits­dienst an der Ost­front und im An­schluss zur Wehr­macht ein­ge­zo­gen. Nach Ver­wun­dung und an­schlie­ßen­dem Ge­ne­sungs­ur­laub sei er 1943 nach Prag ab­kom­man­diert und dort zum Sa­ni­täts­ge­hil­fen aus­ge­bil­det wor­den. 2013 wur­de al­ler­dings be­kannt, dass Tap­pert der 14. Kom­pa­nie des SS-Pan­zer­gre­na­dier­re­gi­ments 1 der SS-Pan­zer­gre­na­dier-Di­vi­si­on „To­ten­kopf“ an­ge­hört hat­te und im Ver­lauf der Kämp­fe um Char­kow am 22.3.1943 schwer ver­wun­det wor­den war. Zu die­sem Zeit­punkt be­klei­de­te er den Dienst­rang ei­nes SS-Gre­na­diers. Über Tap­perts wei­te­ren mi­li­tä­ri­schen Wer­de­gang nach sei­ner Ge­ne­sung lie­gen bis­lang kei­ne ge­si­cher­ten Er­kennt­nis­se vor. Nach ei­ge­nen An­ga­ben ge­riet Tap­pert im Früh­jahr 1945 bei Cum­lo­sen an der El­be in ame­ri­ka­ni­sche Ge­fan­gen­schaft. Be­reits im Som­mer des­sel­ben Jah­res wur­de er ent­las­sen und ar­bei­te­te kurz­zei­tig als Aus­hil­fe in der Land­wirt­schaft.

Sei­ne Kar­rie­re als Schau­spie­ler be­gann Tap­pert im Au­gust 1945 am Thea­ter in Sten­dal, wo er sich ur­sprüng­lich um ei­ne An­stel­lung als Buch­hal­ter be­wor­ben hat­te. Von Au­gust 1946 bis Ju­li 1947 spiel­te er am Thea­ter in Kö­then, des­sen In­ten­dant Paul Ro­se (1900-1973) sein Ta­lent er­kann­te und för­der­te. 1947 wur­de er von die­sem in das En­sem­ble des Lan­des­thea­ters Würt­tem­berg-Ho­hen­zol­lern in Tü­bin­gen auf­ge­nom­men. 1949 nahm Tap­pert ein En­ga­ge­ment am Stadt­thea­ter Göt­tin­gen an und wur­de 1950 von Paul Ro­se an das Staats­thea­ter Kas­sel ge­holt. 1951 en­ga­gier­te ihn Karl Pem­pel­fort (1901-1975) für das Thea­ter der Stadt Bonn. Hier führ­te er in dem Lust­spiel „Theo­pha­nes“ von Theo Lin­gen (1903-1978) erst­mals Re­gie. Den­noch blieb auch Bonn nur ei­ne Zwi­schen­sta­ti­on. Zwi­schen 1953 und 1956 spiel­te Tap­pert am Thea­ter sei­ner Hei­mat­stadt Wup­per­tal, ehe ihn Hans Schwei­kart (1895-1975) für das En­sem­ble der Münch­ner Kam­mer­spie­le ge­wann. Un­zu­frie­den mit den ihm hier zu­ge­wie­se­nen Rol­len, wech­sel­te er 1957 kurz­zei­tig an das Münch­ner Staats­thea­ter. Auf Zu­re­den Schwei­karts kehr­te er je­doch nach kur­zer Zeit an die Kam­mer­spie­le zu­rück und blieb hier bis zum Jahr 1967. 

Be­gin­nend mit der Rol­le des Dok­tor Erich Stie­bel in dem Lust­spiel „Flit­ter­wo­chen“ am Thea­ter in Sten­dal wuss­te Tap­pert in ei­ner Viel­zahl erns­ter und ko­mö­di­an­ti­scher Rol­len zu über­zeu­gen. In Kö­then be­geis­ter­te er mit Ge­sangs- und Tanz­ein­la­gen in der Re­vue „Ho­heit amü­siert si­ch“, in Bonn ver­kör­per­te er un­ter an­de­rem den Dau­phin in „Die hei­li­ge Jo­han­na“ von Ge­or­ge Ber­nard Shaw (1856-1950) und den Mer­cu­tio in „Ro­meo und Ju­li­a“ von Wil­liam Shake­speare (1564-1616). Über Fach­krei­se hin­aus wur­de er 1953 durch sei­ne Dar­stel­lung des Wla­di­mir in „War­ten auf Go­do­t“ von Sa­mu­el Be­ckett (1906-1989) und als Schnap­spries­ter in der Büh­nen­fas­sung des Ro­mans „Die Kraft und die Herr­lich­keit“ von Gra­ham Gree­ne (1904-1991) be­kannt.

Sei­ne schau­spie­le­ri­sche Viel­sei­tig­keit und star­ke Büh­nen­prä­senz stell­te er auch an den Münch­ner Kam­mer­spie­len un­ter Be­weis, wo er zu Be­ginn der 1960er Jah­re un­ter der Re­gie von Fritz Kort­ner (1892-1970) ar­bei­te­te. Zu sei­nen wich­tigs­ten Rol­len zähl­te die des Al­bert Ein­stein in „Die Phy­si­ker“ von Fried­rich Dür­ren­matt (1921-1990) und als Kö­nig Pe­ter von Po­po in „Leon­ce und Len­a“ von Ge­org Büch­ner (1813-1837). Ei­nen be­son­de­ren per­sön­li­chen Be­zug ent­wi­ckel­te er zur von Schwei­kart in­sze­nier­ten Büh­nen­fas­sung des Jus­tiz­dra­mas „Die zwölf Ge­schwo­re­nen“ von Re­gi­nald Ro­se (1920-2002). Mit dem Stück ging er spä­ter auch auf Tour­nee, wo­bei er in über 1.000 Auf­füh­run­gen stets die Haupt­fi­gur des „Ge­schwo­re­nen Nr. 8“ ver­kör­per­te.

Am 15.10.1957 hei­ra­te­te Tap­pert in drit­ter Ehe sei­ne Schau­spie­ler­kol­le­gin Ur­su­la Pis­tor (ge­bo­ren 1928), die er be­reits in Göt­tin­gen ken­nen­ge­lernt hat­te. Die bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Ehen hat­ten ei­nen un­glück­li­chen Ver­lauf ge­nom­men und wa­ren 1947 und 1954 ge­schie­den wor­den. Aus ih­nen gin­gen die Kin­der Ka­rin (ge­bo­ren 1942), Ralph (ge­bo­ren 1948) und Ga­ry (1949-2001) her­vor.

Am En­de der 1950er Jah­re nahm Tap­pert aus kom­mer­zi­el­len Er­wä­gun­gen her­aus ers­te Sprech­rol­len im Hör­funk an und trat we­nig spä­ter auch als Dar­stel­ler in Fern­seh­spie­len so­wie im Film auf. Ei­ne sei­ner frü­hen Rol­len war die des Leh­rers Schind­ler in „Wir Wun­der­kin­der“ aus dem Jahr 1958, ei­ne der ers­ten kri­ti­schen fil­mi­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit dem „Drit­ten Reich“. An­ders als im Thea­ter ver­kör­per­te er im Film fast aus­schlie­ß­lich zwie­lich­ti­ge Cha­rak­te­re und ent­wi­ckel­te sich im Ver­lauf der 1960er Jah­re zur Ide­al­be­set­zung des „Gent­le­man-Ga­no­ven“. Die Vor­lie­be des Pu­bli­kums für bri­ti­sche Kri­mi­nal­stof­fe kam ihm hier­bei zu Gu­te. Sel­te­ner trat er in ko­mö­di­an­ti­schen Rol­len auf, wenn­gleich er auch die­ses Gen­re be­herrsch­te.

Nach­dem er 1961 den du­bio­sen Vi­kar Nigel Mat­t­hews in der Ver­fil­mung des Ro­mans „Das Hals­tuch“ von Fran­cis Durbridge (1912-1988) ge­mimt hat­te, ver­kör­per­te er 1965 den Gangs­ter Charles An­der­son im vier­ten Teil der Jer­ry-Cot­ton-Se­rie un­ter dem Ti­tel „Die Rech­nung – eis­kalt ser­vier­t“. 1966 ge­lang ihm in der Rol­le des Post­räu­bers Mi­cha­el Do­ne­gan in dem Drei­tei­ler „Die Gent­le­men bit­ten zur Kas­se“ der end­gül­ti­ge na­tio­na­le Durch­bruch. Ei­ne 1971 ge­dreh­te Fort­set­zung un­ter dem Ti­tel „Ho­o­pers letz­te Jagd“ ge­riet zwar eben­falls zu ei­nem Pu­bli­kums­er­folg, wur­de von Tap­pert aber we­gen der Be­set­zung und des schwa­chen Dreh­buchs im Nach­hin­ein stark kri­ti­siert. Zwi­schen 1968 und 1971 war Tap­pert in vier Fil­men der Ed­gar-Wal­lace-Rei­he zu se­hen. Nach sei­ner Pre­mie­re in der „Der Hund von Black­wood Cast­le“, ver­kör­per­te er als In­spek­tor Da­vid Per­kins in „Der Go­ril­la von So­ho“ und der „Der Mann mit dem Glas­au­ge“ auf über­zeu­gen­de Wei­se die Rol­le des Ge­set­zes­hü­ters. In „Der Teu­fel kam aus Akas­a­va“ spiel­te er 1971 den zwie­lich­ti­gen Dok­tor An­d­rew Thors­sen. Zu Be­ginn der 1970er Jah­re wirk­te er in zahl­rei­chen wei­te­ren Kri­mi­nal­fil­men mit, die je­doch in­halt­lich und dra­ma­tur­gisch zu­meist von ge­rin­ger Qua­li­tät wa­ren.

1973 über­nahm Horst Tap­pert die Haupt­rol­le in der von Hel­mut Rin­gel­mann (1926-2011) für das ZDF pro­du­zier­ten Kri­mi­rei­he „Der­rick“. Die ers­te Fol­ge „Wald­we­g“ wur­de am 20.10.1974, die letz­te un­ter dem Ti­tel „Das Ab­schieds­ge­schen­k“ am 16.10.1998 aus­ge­strahlt. In elf der ins­ge­samt 281 Fol­gen führ­te Tap­pert selbst Re­gie. Die Rei­he er­wies sich na­tio­nal wie in­ter­na­tio­nal als ei­ne der grö­ß­ten Er­folgs­ge­schich­ten des deut­schen Fern­se­hens. Sie wur­de in 108 Län­dern ge­zeigt und ließ ih­ren Haupt­dar­stel­ler zu ei­nem Sym­pa­thie­trä­ger der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wer­den.

Als Kri­mi­nal­ober­inspek­tor Ste­phan Der­rick ver­kör­per­te Tap­pert ei­nen Cha­rak­ter, des­sen Im­pul­si­vi­tät und mit­un­ter sprö­de wir­ken­des Auf­tre­ten zu­nächst stark an sei­ne Film­rol­len in den spä­ten 1960er und frü­hen 1970er Jah­ren er­in­ner­te. Die schritt­wei­se Wand­lung die­ser Fi­gur zu ei­nem in­te­gren, durch­weg sou­ve­rän han­deln­den und sei­ne Fäl­le mit ana­ly­ti­schem Ge­schick lö­sen­den Kri­mi­na­lis­ten wur­de durch Tap­pert ma­ß­geb­lich for­ciert. Schie­ße­rei­en, Ver­fol­gungs­jag­den und Ge­walt­sze­nen als ty­pi­sche Hand­lungs­ele­men­te des Kri­mi­nal­films tra­ten dem­ge­gen­über mehr und mehr in den Hin­ter­grund. Mit­un­ter zog die Rei­he ih­re Span­nung voll­stän­dig aus der psy­cho­lo­gi­schen Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Der­rick und den Tat­ver­däch­ti­gen. Horst Tap­pert er­hielt im Lau­fe sei­ner Kar­rie­re zahl­rei­che na­tio­na­le und in­ter­na­tio­na­le Aus­zeich­nun­gen. Un­ter an­de­rem wur­de ihm 1979 der „Bam­bi“, 1980 die „Gol­de­ne Ka­me­ra“ und 2003 der „Baye­ri­sche Fern­seh­preis“ ver­lie­hen. 1998 er­hielt er den „Te­le­star“ für sein Le­bens­werk. Un­ter den zahl­rei­chen in­ter­na­tio­na­len Eh­run­gen sind der ita­lie­ni­sche „Te­le­gat­to“ und die Ver­lei­hung der nor­we­gi­schen Eh­ren­bür­ger­wür­de her­vor­zu­he­ben. Dar­über hin­aus war Tap­pert Trä­ger des Bun­des­ver­dienst­kreu­zes und führ­te den Ti­tel ei­nes „Kri­mi­nal­haupt­kom­mis­sars eh­ren­hal­ber“. 

Nach 1998 schrieb Tap­pert sei­ne Au­to­bio­gra­phie und wirk­te noch in den ZDF-Pro­duk­tio­nen „Der Kar­di­nal – Der Preis der Lie­be“, „In 80 Jah­ren um die Welt“ und „Herz oh­ne Kro­ne“ mit. 2004 lieh er sei­nem Al­ter Ego Ste­phan Der­rick in der Zei­chen­trick­per­si­fla­ge „Der­rick – Die Pflicht ruf­t“ noch­mals sei­ne Stim­me. In den letz­ten Le­bens­jah­ren zog sich der an Dia­be­tes er­krank­te Horst Tap­pert na­he­zu voll­stän­dig aus der Öf­fent­lich­keit zu­rück. Er starb am 13.12.2008 in ei­ner Kli­nik in Pla­negg bei Mün­chen und wur­de auf dem Fried­hof von Grä­fel­fing bei­ge­setzt.

Nach Be­kannt­wer­den der SS-Zu­ge­hö­rig­keit Tap­perts wur­de die Aus­strah­lung der Se­rie „Der­rick“ in meh­re­ren Län­dern ein­ge­stellt. Auch im ZDF wer­den der­zeit kei­ne Wie­der­ho­lun­gen der Rei­he mehr ge­sen­det.

Werke

Der­rick und ich. Mei­ne zwei Le­ben, Mün­chen 1998.

Literatur

Ham­pel, Kat­rin, Das Der­rick-Buch. Al­les über die er­folg­reichs­te deut­sche Kri­mi­se­rie, Ber­lin 1998.
Zwa­en­e­po­el, Tom, Dem gu­ten Wahr­heits­fin­der auf der Spur. Das po­pu­lä­re Kri­mi­gen­re in der Li­te­ra­tur und im ZDF-Fern­se­hen, Würz­burg 2004.

Online

Der­rick Fan­club (Web­sei­te mit Kurz­bio­gra­phi­en, In­for­ma­tio­nen, Bil­dern und Vi­de­os zur Kri­mi­rei­he „Der­rick“). [On­line]

 
Zitationshinweis

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Thomann, Björn, Horst Tappert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/horst-tappert/DE-2086/lido/57c93a3bc540b5.12253524 (abgerufen am 19.03.2024)