Beschreibung

Elisabeth Müller (geboren am 15.3.1875) stammte aus Winningen und war die Tochter des evangelischen Pfarrers dortselbst. Nach dem Studium arbeitete sie unter anderem in Giesen als Lehrerin für Sprachen. Ab 1933 wohnte sie erneut in Winningen. Als Mitglied des evangelischen Frauen- sowie des Jungfrauenvereins, verhielt sich Elisabeth Müller laut Unterlagen von Gestapo und Staatsanwaltschaft dem Nationalsozialismus gegenüber ablehnend. Über sich selbst selbst sagte, dass sie über die christenfeindliche Politik der NSDAP zu ihrer Ablehnung gekommen sei. Frau Müller soll in Winningen im Jahr 1941 durch drei Handlungen gegen das Heimtückegesetz verstoßen haben, weshalb sie seit dem 24.10.1941 in staatspolizeilicher Haft und seit dem 13.1.1942 in Untersuchungshaft saß. Sie unterhielt einen regen Briefwechsel zu verschiednen Personen, die dem Nationalsozialismus negativ gegenüber standen. Am 20.7.1941 schrieb sie in einem Brief, der unter anderem an eine Familie in Bad Kreuznach gerichtet war: "In Köln waren wohl Hungerrevolten, es gab Erschießungen und Verhaftungen." In einem Brief an eine Frau Fleischer aus Gera schrieb sie, dass ein Paket wohl nicht so leicht aufgemacht werden würde und sie deshalb etwas freier schreiben könnte: "In Brest erfuhr man, wie ein U-Boot nach dem anderen nicht mehr zurück käme; sie hätte schon fünf Tage früher gewußt als bekannt wurde, daß die Bismarck getroffen sei, alles hörte London - die Marine sei genau wie 1918." Und an einen Oberleutnant a.D. von Podewils schrieb sie am 16.10.1941 nach Moorsrain am Tegernsee. In diesem Brief, den sie eingeschrieben abschickte und dem sie eine Abschrift von zwei Predigten des Bischofs von Münster, Graf Galen über die Gestapo und Beschlagnahme von Klöstern beifügte. Zudem schrieb sie in dem Brief: "Dieser Bischof, ein Graf Galen, war im Weltkrieg noch Husarenrittmeister. Nach dieser Predigt, kam die Gestapo um ihn festzunehmen. Er ließ fragen, wen sie wünschten, den Graf G oder den Bischof. Als es hieß: Den Bischof Galen kam er in vollem Ornat, weigerte sich, andere Kleider anzuziehen. ‚Ihr wollt ja den Bischof‘ - und bestand darauf, zu Fuß zu gehen, nicht ins Auto zu steigen. Was konnten die drei Leute machen! Sie ließen ihn da und nun steht er unter Militärschutz, wohnt nicht mehr in seinem Palais, auf das leicht - wie auf Bethel - Bomben fallen könnten. Als er in Kevelaer firmen wollte, wurde ihm der Brennstoff verweigert. Da spannten die Bauern sechs Pferde vor die Kutsche und brachten ihn unter militärischer Bedeckung hin. Militär und Partei stehen in immer schärfer werdenden Gegensatz." Frau Müller sagte bei der Vernehmung, dass sie das alles "von Dritten" gehört habe. An die Namen der Dritten konnte sie sich jedoch nicht mehr erinnern. Das Sondergericht Koblenz sah Heimtücke nach dem Gesetz als gegeben an, räumte jedoch auf Grund des Alters der Angeklagten mildernde Umstände ein. Dass sie gegen das Regime schreiben wollte, könne man jedoch an der schnellen Abfolge der Briefe erkennen. Sie wurde zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Die U-Haft wurde ihr angerechnet.

Quellen

LHAK 584,1 Nr. 2893

Sicherheit: belegt