Beschreibung

Der katholische Pfarrer und Leiter der Buchberatungsstelle des Borromäus-Vereins Johann Peter Schmitt (2.11.1891-27.10.1967) war seit Jahren als "scharfer Gegner" des NS-Regimes bekannt. Mit dem Beginn des Krieges evakuierte die Wehrmacht die westdeutschen Grenzregionen, worunter auch die Niedaltdorfer Gemeinde des Pfarrers fiel. Im Zuge dieser Aktion sahen die Behörden die Chance, die Autonomie der katholischen Kirche an der Saar weiter einzuengen, indem man sich die umfangreichen Buchbestände der Pfarrbüchereien des Borromäus-Vereins einverleibte. "Im Dienste des Guten Buches" (E. Schwer) versuchte dessen Leiter, Johann Peter Schmitt, eine Gegenstrategie zu entwicklen. Eine Anweisung aus der Bonner Zentrale, der zufolge er die versprengten Buchbestände retten und in Tholey sammeln sollte, kam ihm insofern gelegen, dass er sich sofort an die Arbeit machen konnte. Dem waren etliche Gespräche führender Wehrmachtsgeneräle mit Bischof Rudolf von Bornewasser vorausgegangen. Schmitt: "Auf Wunsch der Wehrmacht wurde ich [...] beauftragt, die Bücher aus den Pfarrbüchereien der evakuierten Orte mit Hilfe des Militärs herauszuholen und den nicht beschäftigten Soldaten in den Grenzbunkern zur Verfügung zu stellen." Die Arbeit, welche Schmitt von Tholey aus organisierte und koordinierte, rief sehr bald die Missgunst der zuständigen NS-Stellen hervor, die in einem Schreiben an das Oberkommando der Wehrmacht vor der "gefährlichen Rührigkeit" des Borromäus-Vereins warnten - ohne Erfolg. Besondere Rückendeckung erhielt Pfarrer Schmitt von Generalleutnant Theodor Groppe von der 214. Infanteriedivision, welcher dem Regime aufgrund seiner religiösen Einstellung bereits bekannt war und in Parteikreisen den Spitznamen "Schwarzer General" - alternativ "Katholischer Hund" - trug. Bevor man gegen den Generalleutnant vorging, konzentrierte sich die Strafverfolgung jedoch auf den Pfarrer. Am 16.3.1940 erschien ein Gestapo-Beamter, um Schmitt zu einer Besprechung mit dem Bürgermeister in Tholey zu laden. Als der zuständige Beamte jedoch am Bürgermeisteramt vorbei gefahren war und sich der Geistliche dementsprechend erkundigte, erhielt er nur die Antwort: "Sie müssen sich in Berlin verantworten". Nachdem man ihn noch in der selben Nacht nach Berlin gebracht hatte, wurde Schmitt am 17.3.1940 in das Gefängnis am Alexanderplatz eingeliefert. Hinsichtlich der Verhöre erinnerte sich Schmitt: "In dreizehn Verhören beim RSH wurde kein Punkt eruiert, der reif war, mich vor Gericht zu stellen. Der vernehmende Beamte ließ mich klar erkennen, dass ich wegen meiner politischen Gegenstellung schon als Strafanstaltspfarrer und der im Auftrag des Bischofs erfolgten Versorgung der Soldaten mit Lektüre festgenommen wurde." Vor dem Hintergrund der erfolglosen Verhöre, brachte man den Pfarrer am 1.8.1940 in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Die Bibliothek der Pfarre Tholey und die darin gesammelten Buchbestände waren zu diesem Zeitpunkt längst beschlagnahmt worden. Im Zuge der Konzentration der inhaftierten Geistlichkeit in das Lager Dachau wurde auch Schmitt am 13.12.1940 dorthin überführt, wo er bis zu seiner Befreiung am 29.4.1945 verblieb. In derHaft lernte er auch den bekannten Arzfelder Pfarrer Johannes Ries kennen, der einem französischen Kriegsgefangenen das Lesen einer Messe gestattet hatte. Mitgefangene erinnerten sich nach dem Krieg an die von Schmitt gespendete "Überlebensmotivation", was ihm den Spitznamen "Parolenhannes" einbrachte - er selbst verteidigte sich wie folgt: "Ihr nennt mich 'Parolenhannes'; aber vergeßt nicht, wir brauchen alle die Krücken der Hoffnung. Ohne sie würden viele hier zerbrechen."

Quellen

LA Saar LEA 11307

Literatur

Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard, Das zersplitterte Nein. Saarländer gegen Hitler, Bonn 1989, S. 224-227. Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische und statistische Erhebung, bearb. von Ulrich von Hehl/Christoph Kösters u.a., 4. durchgesehene und ergänzte Auflage, Paderborn u.a. 1998, S. 1498. Schwer, Edgar, Im Dienst des guten Buches - eine mutige Frau und ein couragierter Pfarrer. Zum Gedenken an Frau Alfredine Wawczyniak geb. Nenninger und Pfarrer Johann Peter Schmitt, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 55 (2007), S. 201-246.

Sicherheit: belegt