Ferdinand Langenberg

Bildhauer (1849–1931)

Stephan Mann (Goch)

Ferdinand Langenberg, Porträtfoto, um 1900. (Museum Goch)

Fer­di­nand Lan­gen­berg war ein in der For­men­spra­che der Neu­go­tik ar­bei­ten­der Bild­hau­er, der für zahl­rei­che Kir­chen am Nie­der­rhein und in den Nie­der­lan­den ge­ar­bei­tet hat. Sei­ne Kunst ori­en­tier­te sich an be­deu­ten­den Vor­bil­dern aus dem Spät­mit­tel­al­ter und war eher epi­go­nal als künst­le­risch-au­to­nom ge­prägt.

Fer­di­nand Lan­gen­berg wur­de am 7.4.1859 in Goch als Sohn ei­nes Kup­fer­schlä­gers (1815–1878) ge­bo­ren. Nach dem frü­hen Tod sei­ner Mut­ter ver­brach­te er viel Zeit bei sei­nem Gro­ßva­ter, ei­nem Zim­mer­mann in Kal­kar. Hier be­gann sei­ne Af­fi­ni­tät zum Ma­te­ri­al Holz. In Kal­kar präg­ten ihn au­ßer­dem die be­deu­ten­den spät­go­ti­schen Schnitz­al­tä­re in der Kir­che St. Ni­co­lai. Sei­ne Aus­bil­dung be­gann Lan­gen­berg im nie­der­län­di­schen Box­meer als Leh­re bei ei­nem Bild­schnit­zer. Sei­ne Wan­der­schaft führ­te ihn un­ter an­de­rem durch Mün­chen und Aa­chen, wo er als Ge­sel­le in die Werk­statt des neu­go­ti­schen Bild­hau­ers Fried­rich Wil­helm Men­gel­berg (1837-1919) ein­trat. 1872 war er wie­der­um in Mün­chen, wo er sich 1873 an der Kunst­aka­de­mie bei Pro­fes­sor Jo­sef Knabl (1819-1881) in der Klas­se für christ­li­che Plas­tik ein­schrieb.

 

1876 kehr­te er nach Goch zu­rück und hei­ra­te­te Hen­ri­et­te Bue­kers (1848-1925). Er be­grün­de­te noch im glei­chen Jahr ge­mein­sam mit sei­nem Bru­der Alois (Le­bens­da­ten nicht be­kannt) ei­ne Stein­bild­hau­er­werk­statt in der Rog­gen­stra­ße.

Für die nach­fol­gen­den kirch­li­chen Auf­trä­ge war auch die Be­kannt­schaft zu dem Kir­chen­ma­ler Fried­rich Stum­mel (1850-1919) aus dem be­nach­bar­ten Keve­la­er von Be­deu­tung. 1885 ge­lang Lan­gen­berg mit der Vor­stel­lung ei­nes Alt­ar­mo­dells in Müns­ter der Durch­bruch. Im fol­gen­den Jahr hat­te die Go­cher Werk­statt, die auf Al­tarbau­ten um­ge­stellt wur­de, be­reits 14 Ge­sel­len. Künst­le­risch au­ßer­or­dent­lich be­deu­tend war für Lan­gen­berg 1892 der Auf­trag zur Re­stau­rie­rung der spät­go­ti­schen Al­tä­re in der Kir­che St. Ni­co­lai in Kal­kar. Er lern­te un­ter an­de­rem den Düs­sel­dor­fer Ar­chi­tek­ten Cas­par Cle­mens Pi­ckel (1847-1939) ken­nen. Durch den Düs­sel­dor­fer Ar­chi­tek­ten konn­te Lan­gen­berg sei­nen Wir­kungs­kreis auf die rhei­ni­schen Groß­städ­te aus­deh­nen.

Christuskopf-Fragment, um 1900. (Museum Goch)

 

Lan­gen­berg er­hielt zu­neh­mend gro­ße Auf­trä­ge für Al­tä­re am Nie­der­rhein so­wie in den be­nach­bar­ten Nie­der­lan­den. Um 1900 be­schäf­tig­te die Werk­statt 30 Mit­ar­bei­ter. 1902 er­hielt er auf der Düs­sel­dor­fer Kunst- und Ge­wer­be­aus­stel­lung die Sil­ber­ne Staats­me­dail­le für ei­nen Hoch­al­tar in Vo­erst. Jo­seph Wind­hau­sen (1865-1936), ein vom Dienst be­frei­ter Pries­ter, wur­de zum stän­di­gen Be­ra­ter Lan­gen­bergs und zog in sein Go­cher Wohn­haus ein. 1925 über­gab Lan­gen­berg sei­ne Werk­statt an sei­nen Sohn Jo­sef. Am 17.2.1931 starb Fer­di­nand Lan­gen­berg. Sei­ne Werk­statt lös­te sich 1936 nach dem Tod Jo­seph Wind­hau­sens auf.

Werkstattfoto, um 1900. (Museum Goch)

 

Fer­di­nand Lan­gen­bergs Leis­tung war es, in­mit­ten ei­ner zu­neh­mend sä­ku­la­ren Zeit die spät­go­ti­sche For­men­spra­che neu zu be­le­ben. Er ori­en­tier­te sich da­bei eng an den Vor­bil­dern, ins­be­son­de­re an den Kalka­rer Al­tä­ren. Zahl­rei­che Map­pen­wer­ke in sei­nem Nach­lass be­le­gen das in­ten­si­ve Stu­di­um der gro­ßen Ka­the­dra­len und Kir­chen des 14. und 15. Jahr­hun­derts. Lan­gen­berg fer­tig­te im We­sent­li­chen ei­gen­hän­di­ge Ent­wür­fe für sei­ne Al­tä­re an; die­se aus­ge­spro­chen ar­chi­tek­to­ni­schen Zeich­nun­gen bil­de­ten den Grund­stock für die Über­tra­gung in das Ma­te­ri­al Holz. Für sei­ne Fi­gu­ren nutz­te Lan­gen­berg die Fo­to­gra­fie als Stu­die, in­dem er sei­ne Ge­sel­len in den not­wen­di­gen Po­sen und Grup­pen fo­to­gra­fier­te und die­se Auf­nah­men als Vor­la­gen für ei­ne Über­tra­gung in die Drei­di­men­sio­na­li­tät nutz­te. Aus­ge­spro­chen freie oder gar au­to­no­me Hand­zeich­nun­gen sind von ihm nicht über­lie­fert.

Die Be­deu­tung Fer­di­nand Lan­gen­bergs lässt sich nur im Zu­sam­men­hang der Neu­go­tik und dar­über hin­aus der po­li­ti­schen und kul­tu­rel­len Ent­wick­lung in der Zeit des Kul­tur­kamp­fes be­wer­ten. Die Ka­tho­li­ken im Rhein­land sa­hen den Bau neu­go­ti­scher Kir­chen und ih­re In­nen­aus­stat­tung als kir­chen­po­li­ti­sche Hal­tung und an­ti­preu­ßi­sche De­mons­tra­ti­on an. Au­ßer­dem lässt sich an und in den rhei­ni­schen Kir­chen die­ser Zeit ein neu er­wach­tes Selbst­be­wusst­sein der ka­tho­li­schen Kir­che im Rhein­land er­ken­nen. Fer­di­nand Lan­gen­berg ge­hör­te zu je­nen an­ti­preu­ßisch ein­ge­stell­ten Krei­sen, die sein Werk nach­hal­tig ge­prägt ha­ben.

Literatur

Re­nais­sance­La­tei­nisch-fran­zö­sisch (Wie­der­ge­burt), (1) geis­tig-kul­tu­rel­le Be­we­gung in Eu­ro­pa im Über­gang vom Mit­tel­al­ter zur Neu­zeit, aus­ge­hend von Ita­li­en im 15. Jahr­hun­dert, ge­kenn­zeich­net durch ei­ne Rück­be­sin­nung auf Wer­te und For­men der grie­chisch-rö­mi­schen An­ti­ke, drück­te sich be­son­ders in Li­te­ra­tur, Phi­lo­so­phie, Kunst und Ar­chi­tek­tur aus, (2) geis­tig-künst­le­ri­sche Be­we­gung, die an äl­te­re Tra­di­tio­nen, ins­be­son­de­re der grie­chisch-rö­mi­schen An­ti­ke, an­zu­knüp­fen ver­sucht (zum Bei­spiel ka­ro­lin­gi­sche Re­nais­sance), (3) all­ge­mein Wie­der­auf­le­ben, neue Blü­te. der Go­tik. Fer­di­nand Lan­gen­berg. Neu­go­ti­sche Kunst am Nie­der­rhein, Aus­stel­lungs­ka­ta­log Mu­se­um Goch, hg. von Ste­phan Mann, Goch 1999.
Re­nais­sance ­der Go­tik. Wi­der­stand ge­gen die Staats­ge­walt, hg. von Ul­ri­ke Schu­bert und Ste­phan Mann. Kol­lo­qui­um zur Kunst der ­Neu­go­tik, Mu­se­um Goch 2002, Goch 2003.

Detailskizze des Altars von Bislich, um 1885. (Museum Goch)

 
Zitationshinweis

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Mann, Stephan, Ferdinand Langenberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ferdinand-langenberg-/DE-2086/lido/57c93d68c3f779.77149464 (abgerufen am 19.03.2024)