Ernst Poensgen

Industrieller (1871-1949)

Dittmar Dahlmann (Bonn)

Ernst Poensgen, Porträt, 1926.

Carl Al­bert Ernst Po­ens­gen, ge­bo­ren am 19.9.1871 in Düs­sel­dorf als äl­tes­ter Sohn von Carl Po­ens­gen (1838-1921) und des­sen Ehe­frau Cla­ra, ge­bo­re­ne Po­ens­gen (1846-1910), die aus ei­ner zwei­ten Fa­mi­li­en­li­nie (Dü­ren-Kal­den­kir­chen) stamm­te, war ein deut­scher In­dus­tri­el­ler. Die Ei­feler Li­nie, aus der Ernst Po­ens­gens Va­ter stamm­te, lässt sich seit dem 15. Jahr­hun­dert im Raum Schlei­den-Man­der­scheid nach­wei­sen und war seit die­ser Zeit im Hüt­ten­we­sen ak­tiv.

Cla­ras Va­ter Al­bert Po­ens­gen, der sich 1860 in Düs­sel­dorf an­sie­del­te, gilt als der Be­grün­der der deut­schen Stahl­rohr­in­dus­trie. Er be­trieb, eben­so wie sei­ne Cou­sins Gus­tav und Ru­dolf Po­ens­gen, im Düs­sel­dor­fer Stadt­teil Ober­bilk ein Röh­ren­walz­werk. Die Un­ter­neh­men fu­sio­nier­ten 1872 zur Düs­sel­dor­fer Röh­ren- und Ei­sen­walz­wer­ke AG, vorm. Po­ens­gen (DREW), dem sich dann auch Carl Po­ens­gen, ein wei­te­rer Cou­sin und Ernsts Va­ter, an­schloss. Das Un­ter­neh­men galt als ei­ner der be­deu­tends­ten Her­stel­ler von schmie­de­ei­ser­nen, längs­naht­ge­schwei­ß­ten Röh­ren in Eu­ro­pa und konn­te durch ei­ne Li­zenz der Gebr. Man­nes­mann sei­ne Pro­dukt­pa­let­te und sein Ab­satz­ge­biet in der zwei­ten Hälf­te der 1880er Jah­re noch stei­gern. Seit 1880 wur­de aus­schlie­ß­lich in Düs­sel­dorf, in den Stadt­tei­len Ober­bilk und Lie­ren­feld, pro­du­ziert.

Carl und Cla­ra Po­ens­gen hei­ra­te­ten 1870; aus der Ehe gin­gen zehn Kin­der (sie­ben Jun­gen und drei Mäd­chen) her­vor, von de­nen ei­nes im Klein­kind­al­ter und zwei im frü­hen Man­nes­al­ter ver­star­ben. Die Fa­mi­lie war evan­ge­lisch-re­for­miert. Carl ge­hör­te seit 1872 dem Vor­stand der DREW an und war an der Han­dels­ge­sell­schaft Al­bert Po­ens­gen, seit 1872 ein Teil des Un­ter­neh­mens, be­tei­ligt. Im 65. Le­bens­jahr trat er aus dem Vor­stand aus und wur­de Mit­glied des Auf­sichts­ra­tes. Er galt als Gar­ten­lieb­ha­ber und führ­te ein eher häus­lich ori­en­tier­tes Le­ben. Cla­ra war aus­ge­spro­chen mu­sisch be­gabt (mu­si­zier­te mit zwei ih­rer Söh­ne) und so­zi­al en­ga­giert, ins­be­son­de­re im Be­reich der schu­li­schen Bil­dung. Seit 1903 ge­hör­te sie dem Ver­wal­tungs­aus­schuss für die kauf­män­ni­schen Lehr­an­stal­ten der Düs­sel­dor­fer Han­dels­kam­mer an.

Ernst Poensgen (1871-1949) in Uniform als Einjährig-Freiwilliger bei dem königlich preußischen Feldartillerie-Regiment Nr. 15, Visitenkartenportrait, Kollodiumpapierabzug, Strassburg, 1890/91, Foto: Michel Georg. (Deutsches Museum, München, Archiv / Projekt DigiPortA, PT 02906/01 a)

 

Ernst Po­ens­gen mach­te 1890 das Ab­itur am Städ­ti­schen Gym­na­si­um in Düs­sel­dorf, zeig­te früh sport­li­che In­ter­es­sen und be­tei­lig­te sich zu­nächst an Fahr­rad­ren­nen, was zu ei­nem Kon­flikt mit dem Gym­na­si­al­di­rek­tor führ­te, der ihn we­gen „un­pas­sen­der“ Be­klei­dung der Schu­le ver­wei­sen woll­te. Spä­ter trat er dem Düs­sel­dor­fer Ru­der­ver­ein bei, nahm an zahl­rei­chen Re­gat­ten teil und über­nahm so­gar den Ver­eins­vor­sitz, den er 1925 we­gen Über­las­tung auf­gab. Dem Ru­der­sport blieb er bis ins Al­ter ver­bun­den, trieb je­doch noch wei­te­re Sport­ar­ten und war in zahl­rei­chen be­kann­ten Düs­sel­dor­fer Sport­ver­ei­nen ak­tiv. Er ge­hör­te zu den Mit­grün­dern des Düs­sel­dor­fer Ho­ckey Clubs (DHC) und des Ten­nis­ver­eins „Ro­chus­club“ und war rund 30 Jah­re des­sen Prä­si­dent. Zu­dem be­trieb er 1935 – Po­ens­gen war auch ak­ti­ver Schlitt­schuh­läu­fer - den Bau des ers­ten Eis­sta­di­ons in Düs­sel­dorf an der Brehm­stra­ße und den Zu­sam­men­schluss meh­re­rer Eis­sport­ver­ei­ne zur „Düs­sel­dor­fer Eis­lauf-Ge­mein­schaf­t“ (DEG). Dar­über hin­aus ließ er 1937 bei der Haupt­ver­wal­tung der „Ver­ei­nig­ten Stahl­wer­ke“ in Düs­sel­dorf-Lie­ren­feld die „Ernst-Po­ens­gen-Kampf­bahn“ er­rich­ten, die noch heu­te vom „Düs­sel­dor­fer Sport­ver­ein 04 Lie­ren­fel­d“ (DSV) ge­nutzt wird. Auch zahl­rei­chen an­de­ren Sport­ver­ei­nen in Düs­sel­dorf und im Ruhr­ge­biet ver­half Po­ens­gen seit den 1920er Jah­ren zu Sport- und Spiel­plät­zen.

Nach sei­ner Zeit als Ein­jäh­rig-Frei­wil­li­ger stu­dier­te er zu­nächst in Straß­burg, dann in Ber­lin Ma­the­ma­tik, Che­mie und Hüt­ten­kun­de. In Ber­lin ent­deck­te Ernst Po­ens­gen sei­ne Lie­be zum Thea­ter und blieb ihm bis zu sei­nem To­de eng ver­bun­den. In Düs­sel­dorf för­der­te er vor und nach dem Ers­ten Welt­krieg das Schau­spie­ler­paar Gus­tav Lin­de­mann un­d Loui­se Du­mont und de­ren Schau­spiel­haus Düs­sel­dorf GmbH. Ernst Po­ens­gen ge­hör­te, wie auch ei­ni­ge wei­te­re Fa­mi­li­en­mit­glie­der, dem Künst­ler­ver­ein „Mal­kas­ten“ an. Eben­so ge­hör­te Ernst Po­ens­gen zu den wich­tigs­ten Or­ga­ni­sa­to­ren der Aus­stel­lung „Ge­SoL­ei“ (Ge­sund­heits­pfle­ge, So­zia­le Für­sor­ge und Lei­bes­übun­gen), die von Mai bis Ok­to­ber 1926 in Düs­sel­dorf statt­fand; mit et­wa 7,5 Mil­lio­nen Be­su­chern die grö­ß­te Aus­stel­lung in der Zeit der Wei­ma­rer Re­pu­blik. Zehn Jah­re spä­ter, 1936, war er or­ga­ni­sa­to­risch auch an der Aus­stel­lung „Schaf­fen­des Vol­k“ be­tei­ligt.

Rückseite des Fotos mit handschriftlicher Widmung Poensgens für einen Studienkollegen:. (Deutsches Museum, München, Archiv / Projekt DigiPortA, PT 02906/01 a)

 

Nach ei­nem Prak­ti­kum bei der Ober­schle­si­schen Ei­sen­bahn­be­darfs AG 1895 in Frie­dens­hüt­te hei­ra­te­te er noch im Sep­tem­ber je­nes Jah­res Eli­sa­beth Cohnitz (1876-1917), Toch­ter von Ge­org Fer­di­nand Cohnitz (1843-1903) und Ama­lie, ge­bo­re­ne Kru­se (1847-1935), de­ren Va­ter Tex­til­fa­bri­kant war, spä­ter je­doch in die Di­rek­ti­on der Ber­li­ner Hy­po­the­ken­bank ein­trat. Aus die­ser Ehe stamm­te der Sohn Ge­org Po­ens­gen (1898-1974), Kunst­his­to­ri­ker und Schrift­stel­ler, nach dem Zwei­ten Welt­krieg Di­rek­tor des Kur­pfäl­zi­schen Mu­se­ums in Hei­del­berg. Zwi­schen 1907 und 1914 leb­te der Phi­lo­soph und Na­tio­nal­öko­nom Al­fred Sohn-Re­thel (1899-1990) als Pfle­ge­sohn im Hau­se Po­ens­gen. In zwei­ter Ehe, die kin­der­los blieb, hei­ra­te­te Ernst Po­ens­gen 1918 Loui­se Ju­lie (Lu­lu) Ham­mer­schmidt (1885-1944), Toch­ter von Ru­dolf Ham­mer­schmidt, Un­ter­neh­mer und Na­mens­ge­ber der Vil­la Ham­mer­schmidt in Bonn, 1950-1994 Amts- und Wohn­sitz des Prä­si­den­ten der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land; seit 1994 des­sen zwei­ter Amts- und Wohn­sitz.

Im Jah­re 1896 kehr­te Po­ens­gen schlie­ß­lich nach Düs­sel­dorf zu­rück und trat in das Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ein. Er war zu­nächst als In­ge­nieur, dann als Pro­ku­rist und schlie­ß­lich als Be­triebs­di­rek­tor tä­tig. Seit 1905 ge­hör­te er dem Vor­stand des Un­ter­neh­mens an. Zwi­schen 1898 und 1913 reis­te er mehr­fach in die USA, um die dor­ti­gen tech­ni­schen Neue­run­gen, vor al­lem die Elek­tri­fi­zie­rung der Röh­ren­walz­wer­ke zu stu­die­ren, die er ab 1901 auch in den Düs­sel­dor­fer Be­trie­ben ein­führ­te. 1908 nahm das ers­te voll­stän­dig elek­tri­fi­zier­te Röh­ren­walz­werk in Eu­ro­pa den Be­trieb auf. Im Zu­ge des Zu­sam­men­schlus­ses der „Pho­enix AG für Berg­bau und Hüt­ten­be­trie­b“ über­nahm Po­ens­gen die tech­ni­sche und kauf­män­ni­sche Lei­tung der Düs­sel­dor­fer Ab­tei­lung und blieb auch im neu­en Un­ter­neh­men Mit­glied des Vor­stan­des. 

Ernst Poensgen (1871-1949) als Reservelieutenant auf dem. (Deutsches Museum, München, Archiv / Projekt DigiPortA, PT 02906/01 b)

 

Ent­schei­dend be­tei­ligt war Po­ens­gen an der 1904 er­folg­ten Grün­dung der „Deut­schen Stahl­werks­ver­band AG“, ei­nes Syn­di­kat­kar­tells zu­nächst der rhei­ni­schen und west­fä­li­schen Stahl­pro­du­zen­ten, dem 1909 auch die ober­schle­si­schen Stahl­pro­du­zen­ten bei­tra­ten. Von 1914 bis 1933 war er Vor­sit­zen­der des „Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des Nord­wes­t“ des „Ver­eins Deut­scher Ei­sen- und Stahl­in­dus­tri­el­ler“, seit 1929 zu­dem Vor­sit­zen­der des Ge­samt­ver­eins.

In der Wei­ma­rer Re­pu­blik stieg Po­ens­gen zu ei­nem der füh­ren­den Ei­sen- und Stahl­in­dus­tri­el­len auf, auch über Deutsch­lands Gren­zen hin­aus. Er war ei­ner­seits füh­rend an der Grün­dung der „Ver­ei­nig­te Stahl­wer­ke AG“ 1925/1926 be­tei­ligt, dem bis zu die­sem Zeit­punkt grö­ß­ten Un­ter­neh­mens­zu­sam­men­schluss der deut­schen und eu­ro­päi­schen In­dus­trie­ge­schich­te und wur­de de­ren stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der, 1935 Vor­stands­vor­sit­zen­der. An­de­rer­seits hat­te er schon 1924 die „Deut­sche Roh­stahl­ge­mein­schaf­t“, das grö­ß­te deut­sche Stahl­kar­tell, mit­ge­grün­det und war zu­dem von deut­scher Sei­te aus der er­folg­rei­che Ver­hand­lungs­füh­rer bei der Grün­dung der In­ter­na­tio­na­len Roh­stahl­ge­mein­schaft 1926. Seit 1930 fun­gier­te er zu­dem als Lei­ter der deut­schen Grup­pe der „In­ter­na­tio­na­len Roh­stah­l­ex­port­ge­mein­schaf­t“.

Drei Generationen einer Familie: Ernst Poensgen (1871-1949) mit seinem Sohn Georg Poensgen (1898-1974) und seinem Vater Carl Poensgen (1838-1921).

 

Po­li­tisch stand Po­ens­gen im rechts­li­be­ra­len La­ger und trat 1919 in die von Gus­tav Stre­se­mann (1878-1928, 13.8.-23.11.1923 Reichs­kanz­ler, an­schlie­ßend bis 1929 Au­ßen­mi­nis­ter) ge­führ­te „Deut­sche Volks­par­tei“ (DVP) ein, die er al­ler­dings 1928 wie­der ver­ließ und in die wei­ter rechts ste­hen­de „Deutsch­na­tio­na­le Volks­par­tei“ (DNVP) wech­sel­te. Am En­de der Wei­ma­rer Re­pu­blik un­ter­stütz­te er die Po­li­tik des Zen­trums­po­li­ti­kers Hein­rich Brü­ning (1885-1970, 30.9.1930-30.5.1932 Reichs­kanz­ler), der mit Not­ver­ord­nun­gen re­gier­te. Po­ens­gen ge­hör­te je­doch in der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus zwi­schen 1933 und 1945 kei­ner NS-Or­ga­ni­sa­ti­on an und wur­de auch nie Mit­glied der För­der­grup­pen aus den Rei­hen der Wirt­schaft wie et­wa dem „Freun­des­kreis Himm­ler“.

Al­ler­dings zeig­te Po­ens­gen schon ab et­wa 1930 ei­ne durch­aus wohl­wol­len­de Hal­tung ge­gen­über po­li­tisch au­to­ri­tä­ren Kon­zep­ten und plä­dier­te in je­ner Zeit für das „Füh­rer­prin­zip“ in der Po­li­tik, was er bald dar­auf je­doch öf­fent­lich de­men­tier­te. Er war auch bei meh­re­ren Ver­an­stal­tun­gen zu­ge­gen, auf de­nen füh­ren­de In­dus­tri­el­le wie et­wa Fritz Thys­sen (1873-1951) die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Po­li­tik un­ter­stütz­ten, so auf der Ver­an­stal­tung im Düs­sel­dor­fer In­dus­trie-Club im Ja­nu­ar 1932, auf der Adolf Hit­ler (1889-1945) ei­ne Re­de hielt. Zu­dem war er Mit­glied der „Ruhr­la­de“, ei­ner ex­klu­si­ven, 1928 ge­grün­de­ten In­ter­es­sen­ver­ei­ni­gung der zwölf wich­tigs­ten Ruhr­in­dus­tri­el­len. Die­ser ex­klu­si­ve Kreis hielt sei­ne Exis­tenz ge­heim und fi­nan­zier­te als Sprach­rohr die „Deut­sche All­ge­mei­ne Zei­tun­g“.

Portraitfoto Ernst Poensgens aus dem Deutschen Geschlechterbuch, vor 1935.

 

Nach der „Macht­über­nah­me“ der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten setz­te sich Po­ens­gens Auf­stieg fort. 1934 wur­de er Lei­ter der neu ent­stan­de­nen Zen­tral­or­ga­ni­sa­ti­on der Schwer­in­dus­trie, der „Wirt­schafts­grup­pe Ei­sen­schaf­fen­de In­dus­trie“ und führ­te zu­gleich de­ren Nord­west­grup­pe. Ein Jahr spä­ter, 1935, über­nahm er von sei­nem Freund Al­bert Vög­ler (1877-1945) den Vor­stands­vor­sitz der „Ver­ei­nig­ten Stahl­wer­ke“. Grund­sätz­lich wand­te sich Po­ens­gen ge­gen staat­li­che Ein­grif­fe in die Wirt­schaft wie et­wa die Grün­dung der „Reichs­wer­ke Her­mann Gö­rin­g“ und die staat­li­chen Vier­jah­res­plä­ne. Zu­gleich lehn­te er die ras­sis­ti­schen Ide­en und Kon­zep­te ent­schie­den ab. Zwar ver­lieh ihm das NS-Sys­tem meh­re­re ho­he Aus­zeich­nun­gen, so wur­de er 1937 zum Wehr­wirt­schafts­füh­rer er­nannt, er­hielt 1941 den Ad­ler­schild des Deut­schen Rei­ches, En­de Ja­nu­ar 1941 das Kriegs­ver­dienst­kreuz I. Klas­se und wur­de noch An­fang 1942 von Reichs­mi­nis­ter Al­bert Speer (1905-1981, 1942-1945 Rüs­tungs­mi­nis­ter) in den „Rüs­tungs­ra­t“ be­ru­fen, den­noch blieb er ge­gen­über dem NS-Sys­tem auf Dis­tanz.

Als Po­ens­gen sich je­doch im Früh­jahr 1942 ent­schie­den ge­gen ei­ne staat­li­che Len­kung der Pro­duk­ti­on wand­te, wur­de er von Speer als Lei­ter der „Wirt­schafts­grup­pe Ei­sen­schaf­fen­de In­dus­trie“ ab­ge­setzt, wor­auf­hin er von wei­te­ren Lei­tungs­po­si­tio­nen in der Ei­sen- und Stahl­in­dus­trie zu­rück­trat und nach Kitz­bü­hel über­sie­del­te. Von dort aus teil­te er Vög­ler sei­nen Rück­tritt als Vor­stands­vor­sit­zen­der der „Ver­ei­nig­ten Stahl­wer­ke“ mit und wech­sel­te in den Auf­sichts­rat des Un­ter­neh­mens. In den fol­gen­den Jah­ren leb­te er zu­nächst in Ös­ter­reich und, nach­dem er dort 1946 aus­ge­wie­sen wor­den war, in sei­nem Cha­let in der Nä­he von Zer­matt. Trotz sei­ner seit 1943 stark an­ge­grif­fe­nen Ge­sund­heit en­ga­gier­te sich Po­ens­gen nach Kriegs­en­de mit bri­ti­scher Bil­li­gung noch ein­mal bis 1947 im Wie­der­auf­bau der Wirt­schaft, wur­de dann je­doch von bri­ti­scher Sei­te zur in­ter­na­tio­na­len Fahn­dung aus­ge­schrie­ben. Je­doch wur­de Po­ens­gen we­der im Nürn­ber­ger Kriegs­ver­bre­cher­pro­zess an­ge­klagt, noch dort als Zeu­ge ver­nom­men, son­dern auf­grund der Aus­sa­gen zahl­rei­cher Per­so­nen weit­ge­hend ent­las­tet, ob­wohl er wie wohl al­le füh­ren­den Un­ter­neh­mer über die Er­eig­nis­se in den be­setz­ten Ost­ge­bie­ten, dar­un­ter auch die dor­ti­gen Mas­sen­mor­de, in­for­miert war.

Ernst Po­ens­gen, von Ger­hard Mol­lin als „kul­ti­vier­ter Grand­sei­gneur“ cha­rak­te­ri­siert, war um­fas­send ge­bil­det, po­ly­glott und hat­te breit­ge­fä­cher­te In­ter­es­sen. Er en­ga­gier­te sich in der För­de­rung von Kunst und Kul­tur so­wie dem Sport eben­so wie in der Or­ga­ni­sa­ti­on von ge­sell­schaft­lich re­le­van­ten Aus­stel­lun­gen. Po­li­tisch bür­ger­lich-kon­ser­va­tiv, zeig­te er sich ge­gen­über neue­ren ge­sell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen durch­aus auf­ge­schlos­sen und lehn­te ex­tre­mis­ti­sche An­schau­un­gen grund­sätz­lich ab. Er war als In­ge­nieur und Un­ter­neh­mer eben­so ak­tiv und aus­ge­spro­chen er­folg­reich wie als Vor­sit­zen­der zahl­rei­cher be­rufs­stän­di­scher Ver­ei­ni­gun­gen und Ver­bän­de.1927 ver­lieh die Rhei­nisch-West­fä­li­sche Tech­ni­sche Hoch­schu­le Aa­chen ihm die Eh­ren­dok­tor­wür­de (Dr.-Ing. e.h.). 

Po­ens­gen starb am 22.7.1949 in Bern und wur­de auf sei­nen Wunsch ne­ben sei­ner zwei­ten Frau Lu­lu be­gra­ben.

Nach Ernst Po­ens­gen ist in Düs­sel­dorf die Ernst-Po­ens­gen-Al­lee im Stadt­teil Gra­fen­berg be­nannt. Die seit 1941 an­läss­lich sei­nes 70. Ge­burts­ta­ges von den Ge­ne­ral­di­rek­to­ren der gro­ßen Stahl­wer­ke ins Le­ben ge­ru­fe­ne Ernst-Po­ens­gen-Stif­tung, wie­der­ge­grün­det 1953, för­dert heu­te vor al­lem Kunst und Kul­tur.

Literatur

Hatz­feld, Lutz, Ernst Po­ens­gen (1871-1949), in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 7 (1977), S. 203-225.
Hatz­feld, Lutz, Po­ens­gen in Ame­ri­ka, in: Tech­nik­ge­schich­te 35 (1968), S. 56-67.
Wes­sel, Horst A., Die Un­ter­neh­mer der Fa­mi­lie Po­ens­gen in der Ei­fel und in Düs­sel­dorf, in: Soé­ni­us, Ul­rich S. (Hg.), Be­we­gen – Ver­bin­den – Ge­stal­ten. Un­ter­neh­mer vom 17. bis zum 20. Jahr­hun­dert. Fest­schrift für Kla­ra van Eyll zum 28. Sep­tem­ber 2003, Köln 2003, S. 71-86.
Mol­lin, Ger­hard, Mon­tan­kon­zer­ne und „Drit­tes Reich“, Göt­tin­gen 1988.
Re­ckend­rees, Al­fred, Das „Stahl­trus­t“-Pro­jekt. Die Grün­dung der Ver­ei­nig­te Stahl­wer­ke A.G. und ih­re Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung 1926-1933/34, Mün­chen 2000.
Schun­ter-Klee­mann, Su­san­ne, Cohnitz & Com­pa­ny. Le­bens­we­ge ei­ner rhei­ni­schen Kauf­manns­fa­mi­lie (1750-1950), Bre­men 2014, S. 140-151, 196-205. 

Online

Mol­lin, Ger­hard Th., Po­ens­gen, Ernst, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 20, 2001, S. 569-570. [On­line]

Ölgemälde Ernst Poensgens (1871-1949).

 
Zitationshinweis

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Dahlmann, Dittmar, Ernst Poensgen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ernst-poensgen/DE-2086/lido/5b7d2b1fc56d17.06333773 (abgerufen am 19.03.2024)