Heinrich Haake

Landeshauptmann der Rheinprovinz (1892–1945)

Horst Matzerath (Erftstadt)

Heinrich Haake, Porträtfoto. (o.A.)

Heinz Haa­ke war ei­ner der ers­ten Na­tio­nal­so­zia­lis­ten im Rhein­land; er war vor 1933 füh­ren­der Funk­tio­när die­ser Par­tei und von 1933–1945 Lan­des­haupt­mann der Rhein­pro­vinz. Gleich­wohl blieb er in der NS-Zeit ge­gen­über macht­be­wuss­ten Fi­gu­ren wie Ro­bert Ley oder den rhei­ni­schen Gau­lei­tern eher in der zwei­ten Li­nie.

Hein­rich – wie sein of­fi­zi­el­ler Na­me lau­te­te - Haa­ke wur­de am 24.1.1892 in Köln als ers­tes Kind des beim Köl­ner Stadt­kon­ser­va­tor be­schäf­tig­ten Ar­chi­tek­ten Louis Haa­ke (1853-1953) ge­bo­ren. Sei­ne Mut­ter Cä­ci­lie war Toch­ter des Küs­ters an St. Apos­teln in Köln, Ge­org An­to­ni. Haa­ke be­such­te nach der Volks­schu­le bis Weih­nach­ten 1905 das Schil­ler­gym­na­si­um in Köln-Eh­ren­feld. Er ab­sol­vier­te ei­ne Bank­aus­bil­dung. 1914 mel­de­te er sich frei­wil­lig zum Mi­li­tär­dienst, war an der West­front ein­ge­setzt und er­reich­te den Dienst­grad ei­nes Un­ter­of­fi­ziers. Er wur­de mehr­fach ver­wun­det und er­hielt meh­re­re Aus­zeich­nun­gen. Bei Kriegs­en­de ge­riet er in eng­li­sche Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Ei­ne der Ver­wun­dun­gen führ­te zu ei­ner blei­ben­den Geh­be­hin­de­rung. Nach dem Krie­ge war Haa­ke bei ei­ner Köl­ner Ver­si­che­rung be­schäf­tigt, da­nach bei ei­ner Fi­lia­le der Deut­schen Bank, wo er En­de 1924 aus­schied. 1925 schloss er die Ehe mit Chris­tia­ne Heu­ser (1893-1960), aus der ein Sohn her­vor­ging.

Nach dem Krieg be­gann Haa­ke ei­ne po­li­ti­sche Kar­rie­re. 1921/1922 trat er in den Deutsch-Völ­ki­schen Schutz- und Trutz­bund ein und ge­hör­te zu­sam­men mit Jo­sef Grohé und Ley zu der Grup­pe, die den An­schluss an die NS­DAP be­trieb. Wäh­rend des Ver­bo­tes der NS­DAP nach Hit­lers No­vem­ber­putsch in Mün­chen war er Gau­lei­ter des Gau­es Rhein­land des Deutsch­völ­ki­schen Blocks. Nach der Neu­grün­dung der NS­DAP wur­de er Mit­glied und war 1925 auch kurz­fris­tig Gau­lei­ter des Gau­es Rhein­land, wur­de aber rasch durch Ley ab­ge­löst. Sei­ne Funk­ti­on als Orts­grup­pen­lei­ter von Köln gab er 1927 ab. In der Fol­ge­zeit nahm er für die NS­DAP im über­re­gio­na­len Rah­men wich­ti­ge Funk­tio­nen wahr, un­ter an­de­rem in der Reichs­lei­tung der NS­DAP als Lei­ter des Or­ga­ni­sa­tionam­tes und als Reichs­in­spek­teur.

1924 zog er für die Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Frei­heits­be­we­gung in den Preu­ßi­schen Land­tag ein. Ihm ge­hör­te er als ei­ner der we­ni­gen na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ab­ge­ord­ne­ten bis 1933 an, 1932 so­gar als 3. und 1933 nach der Er­obe­rung der Macht als 1. Vi­ze­prä­si­dent. Seit 1929 war er auch Mit­glied des Pro­vin­zi­al­land­tags Rhein­land. Ins­be­son­de­re wäh­rend der Wahl­kämp­fe trat er häu­fig als Red­ner bei po­li­ti­schen Ver­an­stal­tun­gen auf, auch au­ßer­halb des Rhein­lan­des.

Die ei­gent­li­che po­li­ti­sche Kar­rie­re im rhei­ni­schen Rah­men be­gann mit der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Herr­schaft. Am 11.4.1933 wur­de Haa­ke als Nach­fol­ger des im Fe­bru­ar ver­stor­be­nen Jo­han­nes Ho­ri­on vom neu­ge­wähl­ten Pro­vin­zi­al­land­tag zum Lan­des­haupt­mann der Rhein­pro­vinz be­stimmt, da­mit Lei­ter der her­kömm­li­chen land­schaft­li­chen Selbst­ver­wal­tung. Die Pro­vin­zi­al­ver­wal­tung än­der­te in die­ser Zeit ih­ren Cha­rak­ter. Der Ober­prä­si­dent wur­de zwar for­mell Lei­ter der Staats- und der Selbst­ver­wal­tung, fak­tisch blieb die Stel­lung des Lan­des­haupt­manns er­hal­ten. In­des­sen wur­den zu­nächst die Be­schluss­funk­tio­nen auf den Pro­vin­zi­al­aus­schuss über­tra­gen, durch das Ober­prä­si­den­ten­ge­setz vom 15.12.1933 sämt­li­che Ver­tre­tungs- und Be­schluss­or­ga­ne, das hei­ßt auch der Pro­vin­zi­al­land­tag, be­sei­tigt.

Haa­kes Per­so­nal­po­li­tik be­vor­zug­te na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ge­folgs­leu­te. Als Nicht­fach­mann war er aber auf das Fach­wis­sen und die Er­fah­rung der vor­han­de­nen Mit­ar­bei­ter an­ge­wie­sen. Da­her be­rück­sich­tig­te er bei der Per­so­nal­aus­wahl auch fach­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on und ver­fuhr in der Per­so­nal­po­li­tik be­hut­sa­mer als an­de­re neue Be­hör­den­chefs in staat­li­chen und kom­mu­na­len Be­rei­chen. Das Ver­hält­nis zu den Ober­prä­si­den­ten Her­mann Frei­herr von Lü­ninck (1933-1935) und Jo­sef Ter­bo­ven (seit 1935) als Ver­tre­tern der staat­li­chen Pro­vinz­ver­wal­tung ver­lief - so­weit er­sicht­lich - weit­ge­hend kon­flikt­frei. Be­stre­bun­gen von Par­tei­or­ga­ni­sa­tio­nen - so der HJ auf dem Ge­biet der Ju­gend­ar­beit, der NSV im Be­reich der So­zi­al­ar­beit oder auch Be­stre­bun­gen im kul­tu­rel­len Auf­ga­ben­be­reich - pro­vin­zia­le Auf­ga­ben an sich zu zie­hen, trat Haa­ke ent­ge­gen. Eben­so wand­te er sich ge­gen Gau­lei­ter Gus­tav Si­mon, der wäh­rend des Krie­ges be­müht war, sei­nen Gau „Mo­sel­land“ aus dem Pro­vin­zi­al­ver­band zu lö­sen. Über­dies trat er Be­stre­bun­gen staat­li­cher Or­ga­ne ent­ge­gen, bis­her kom­mu­na­le Auf­ga­ben zu über­neh­men, wie es et­wa Fritz Todt (1891-1942) als Ge­ne­ral­in­spek­tor für das deut­sche Stra­ßen­we­sen ver­such­te.

Als Lan­des­haupt­mann und füh­ren­der Na­tio­nal­so­zia­list ver­ei­nig­te Haa­ke in sei­ner Per­son ei­ne Rei­he von Äm­tern und Funk­tio­nen. Im No­vem­ber 1933 wur­de er Mit­glied des po­li­tisch be­deu­tungs­los ge­wor­de­nen Reichs­tags und be­hielt die­se Funk­ti­on bis zum En­de des NS-Sys­tems. Auf Grund sei­ner frü­hen Mit­glied­schaft in NS­DAP und SA, sei­ner po­li­ti­schen Funk­tio­nen und sei­nes Am­tes wur­de er 1936 zum SA-Bri­ga­de­füh­rer er­nannt und stieg in der Fol­ge­zeit bis zum SA-Ober­grup­pen­füh­rer auf. Durch sein Amt er­lang­te er auch wich­ti­ge Funk­tio­nen in kom­mu­na­len En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men (RWE, Rhein­gas GmbH). Zu­dem wur­de ihm ei­ne Rei­he von Eh­run­gen zu­teil (un­ter an­de­rem Eh­ren­se­na­tor der Uni­ver­si­tät Köln, Eh­ren­bür­ger der TH Aa­chen). Ge­gen Wi­der­stän­de des Düs­sel­dor­fer Gau­lei­ters Fried­rich Karl Flo­ri­an wur­de er 1937 Lei­ter der Pro­vin­zi­al­dienst­stel­le Rhein­land und Ho­hen­zol­lern des Deut­schen Ge­mein­de­ta­ges, der Ein­heits­or­ga­ni­sa­ti­on der kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­de. Zu­dem über­nahm er die Lei­tung der Ar­beits­ge­mein­schaft der Preu­ßi­schen Pro­vin­zen und Reichs­gaue.

Als Lan­des­haupt­mann be­trieb Haa­ke ei­ne Neu­or­ga­ni­sa­ti­on des Ver­wal­tungs­ap­pa­ra­tes. Be­son­de­res In­ter­es­se zeig­te er für die Kul­tur­po­li­tik, vor­nehm­lich in Form ei­ner na­tio­nal­so­zia­lis­tisch be­grif­fe­nen Hei­mat­pfle­ge. 1933 über­nahm er die Lei­tung des Deut­schen Hei­mat­bun­des und wur­de 1937 zu­dem Vor­sit­zen­der des Rhei­ni­schen Ver­eins für Denk­mal­pfle­ge und Hei­mat­schutz. Zur Stär­kung der "Volks­tums­ar­beit" im be­nach­bar­ten Aus­land rich­te­te er 1933 das Grenz­land­amt der Pro­vin­zi­al­ver­wal­tung ein. 1935 stif­te­te die Pro­vinz den Rhei­ni­schen Li­te­ra­tur­preis, der bis weit in den Krieg hin­ein an Schrift­stel­ler aus dem Rhein­land ver­lie­hen wur­de, die den na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Vor­stel­lun­gen ei­ner land­schafts­ge­bun­de­nen und sys­tem­treu­en Li­te­ra­tur ent­spra­chen. Kon­ser­va­tiv ge­nea­lo­gi­schen wie ras­sis­ti­schen Ziel­set­zun­gen ent­spra­chen das 1941 ge­grün­de­te Rhei­ni­sche Lan­des­sip­pen­amt und das im glei­chen Jahr von der Pro­vinz über­nom­me­ne Rhei­ni­sche Pro­vin­zial­in­sti­tut für Sip­pen- und Volks­kör­per­for­schung an der Uni­ver­si­tät Köln.

Ei­ne der Haupt­auf­ga­ben der Pro­vin­zi­al­ver­wal­tung war im Be­reich des Ge­sund­heits- und So­zi­al­we­sens die Für­sor­ge für Geis­tes­kran­ke und Schwach­sin­ni­ge. Zu­nächst ge­gen den Wi­der­stand von Haa­ke und ei­ni­gen sei­ner nächs­ten Mit­ar­bei­ter wur­de auch im Rhein­land die „Eu­tha­na­sie“-Ak­ti­on durch­ge­führt, in de­ren Rah­men in Galk­hau­sen und An­der­nach zwei „Zwi­schen­an­stal­ten“ ein­ge­rich­tet wur­den, von wo aus die Pa­ti­en­ten in die Tö­tungs­an­stalt Ha­d­a­mar ge­bracht wur­den.

Im Krieg wur­de die Tä­tig­keit der Pro­vin­zi­al­ver­wal­tung durch den Ver­lust an Per­so­nal und durch die Luft­an­grif­fe stark ein­ge­schränkt, wenn­gleich die Auf­ga­ben in Be­reich des Ge­sund­heits­we­sens kriegs­be­dingt wei­ter zu­nah­men. Im März 1945 ver­ließ Haa­ke Düs­sel­dorf und be­zog zu­nächst in Wup­per­tal ein Aus­weich­quar­tier. Die Be­set­zung Düs­sel­dorfs am 21.4.1945 be­deu­te­te zu­gleich das En­de der Pro­vin­zi­al­ver­wal­tung.

Haa­ke wur­de bei Kriegs­en­de ge­fan­gen ge­nom­men und in das In­ter­nie­rungs­la­ger Reck­ling­hau­sen ge­bracht. We­gen ei­ner schwe­ren Er­kran­kung wur­de er in das La­za­rett Ve­len ein­ge­lie­fert, wo er am 17.9.1945 ver­starb.

Die Ge­samt­be­wer­tung von Haa­ke bleibt am­bi­va­lent. Sei­ne völ­kisch-na­tio­na­lis­ti­schen Ein­stel­lun­gen mach­ten ihn früh zum über­zeug­ten Na­tio­nal­so­zia­lis­ten und fa­na­ti­schen An­hän­ger Hit­lers. Er hielt sich au­gen­schein­lich weit­ge­hend fern von den in­ner­par­tei­li­chen Macht­kämp­fen, wo­durch er in­ner­halb der Par­tei­hier­ar­chie ei­ne re­la­tiv schwa­che Stel­lung hat­te. In sei­nem Ar­beits­be­reich ließ er zwar Raum für nicht­na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Fach­leu­te, führ­te aber letzt­lich die Auf­ga­ben durch, die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ziel­set­zung ent­spra­chen.

Literatur

Ro­meyk, Horst, Hein­rich Haa­ke (1892 - 1945), in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 17 (1997), S. 187-222.
Ro­meyk, Horst, Die lei­ten­den staat­li­chen und kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­be­am­ten der Rhein­pro­vinz 1816-1945, Düs­sel­dorf 1994, S. 490.

 
Zitationshinweis

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Matzerath, Horst, Heinrich Haake, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/heinrich-haake-/DE-2086/lido/57c8187cd0ed38.69450587 (abgerufen am 19.03.2024)