Toni Turek

Fußballspieler (1919-1984)

Fritz Dross (Erlangen)

Weltmeister Toni Turek, Porträtfoto, 1954.

An­ton, ge­nannt „To­ni", Tu­rek wur­de ei­ner grö­ße­ren Öf­fent­lich­keit als Tor­hü­ter der deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft be­kannt, die 1954 in der Schweiz Fuß­ball­welt­meis­ter wur­de („Das Wun­der von Bern"). Als Ver­eins­spie­ler wird er heu­te meist mit For­tu­na Düs­sel­dorf in Ver­bin­dung ge­bracht.

Der am 18.1.1919 in Duis­burg ge­bo­re­ne Tu­rek be­gann sei­ne sport­li­che Kar­rie­re in der Kreis­li­ga beim Duis­bur­ger Spiel­ver­ein 1900. Seit 1938 spiel­te er beim da­ma­li­gen TuS Duis­burg 1848/1899 (seit 1964: Ein­tracht Duis­burg 1848). 1936 er­reg­te er bei ei­nem Vor­spiel zum Fuß­ball-Län­der­spiel Deutsch­land ge­gen Lu­xem­burg erst­mals die Auf­merk­sam­keit des da­ma­li­gen As­sis­tenz­trai­ners der Reichs­aus­wahl, Sepp Her­ber­ger (1897-1977). Her­ber­ger wur­de kurz dar­auf vom Prä­si­den­ten des Deut­schen Fuß­ball Bun­des, Fe­lix Lin­ne­mann (1882-1948), zum Reichs­trai­ner be­ru­fen. Tu­rek wech­sel­te wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges zur TSG Ulm 1846 (seit 1970: SSV Ulm). Als Tor­hü­ter ei­ner Nach­wuchs­aus­wahl Würt­tem­bergs konn­te er sich in ei­nem Spiel ge­gen die Na­tio­nal­mann­schaft 1942 er­neut Her­ber­ger prä­sen­tie­ren. Im sel­ben Jahr nahm er als Er­satz­tor­hü­ter am letz­ten Spiel der DFB-Aus­wahl vor En­de des Krie­ges ge­gen die Slo­wa­kei in Bra­tis­la­va/Press­burg teil. Den letz­ten Lehr­gang der Na­tio­nal­mann­schaft 1943 ab­sol­vier­te er eben­falls.

Nach ei­ge­nen An­ga­ben kämpf­te Tu­rek als Wehr­machts­sol­dat in Frank­reich, Ita­li­en und Russ­land. Nach dem Krieg spiel­te er er­neut für Duis­burg 48/99, in der Sai­son 1946/1947 für Ein­tracht Frank­furt (22 Ober­li­ga­spie­le) und 1947 bis 1950 wie­der in Ulm (65 Ober­li­ga­spie­le). Sei­nen Le­bens­un­ter­halt ver­dien­te der ge­lern­te Bä­cker in Ulm als Sport­leh­rer ei­nes Ge­fäng­nis­ses und In­ha­ber ei­ner To­to-An­nah­me­stel­le. Nach­dem er mit Ulm in der Sai­son 1949/50 nur zweit­klas­sig ge­spielt hat­te, kam Tu­rek 1950 nach Düs­sel­dorf, wo er mit For­tu­na Düs­sel­dorf von 1950-1955 133 Ober­li­ga­spie­le be­stritt.

Die au­ßer­ge­wöhn­li­che Po­pu­la­ri­tät Tu­reks ist auf sei­ne Be­ru­fun­gen in die deut­sche Fuß­ball-Na­tio­nal­mann­schaft und hier vor al­lem den Ge­winn der Fuß­ball-Welt­meis­ter­schaft 1954 in der Schweiz zu­rück­zu­füh­ren. Der nach wie vor als Trai­ner der Na­tio­nal­mann­schaft fun­gie­ren­de Her­ber­ger hat­te Tu­rek 1947 als ei­nen von fünf Tor­hü­tern zum ers­ten Nach­kriegs­lehr­gang der Aus­wahl be­stellt. Bis zum ers­ten of­fi­zi­el­len Län­der­spiel nach dem Zwei­ten Welt­krieg im No­vem­ber 1950 hü­te­te Tu­rek das Tor der west­deut­schen, dann der süd­deut­schen Aus­wahl. Von No­vem­ber 1950 bis Ok­to­ber 1954 be­stritt er mit we­ni­gen Aus­nah­men die Län­der­spie­le der Na­tio­nal­mann­schaft als de­ren Tor­hü­ter, ob­wohl er sei­ner zu­wei­len auf­rei­zend läs­si­gen Spiel­wei­se we­gen re­gel­mä­ßig den Zorn des Bun­des­trai­ners auf sich zog. Dass Tu­rek zum „Hel­den von Bern" avan­cie­ren konn­te, ver­dank­te er nicht zu­letzt dem Um­stand, dass Her­ber­gers Fa­vo­rit für die Tor­wart­po­si­ti­on, Fritz Her­ken­rath, sich mit sei­nem Ver­ein Rot-Weiß Es­sen wäh­rend der Welt­meis­ter­schaft auf Süd­ame­ri­ka-Rei­se be­fand. Der viel­leicht bes­te deut­sche Tor­hü­ter der Zeit, Bert Traut­mann, wur­de als Pro­fi-Fuß­bal­ler in Man­ches­ter prin­zi­pi­ell nicht von Her­ber­ger be­rück­sich­tigt.

Be­reits zum zwei­ten Spiel des Tur­niers hat­te der Trai­ner den äl­tes­ten Spie­ler sei­nes Auf­ge­bots, Tu­rek, auf die Er­satz­bank ver­dammt. Al­ler­dings konn­te sich sein Stell­ver­tre­ter Hein­rich Kwiat­kow­ski (1926-2008) von Bo­rus­sia Dort­mund an­ge­sichts von acht Ge­gen­to­ren ge­gen den spä­te­ren Fi­nal­geg­ner Un­garn auch nicht emp­feh­len. Im viel ge­fei­er­ten Fi­na­le am 19. April ge­riet die deut­sche Mann­schaft in­ner­halb von acht Mi­nu­ten 2:0 in Rück­stand, wo­bei das zwei­te Tor da­durch ent­stand, dass Tu­rek ein Rück­pass von Wer­ner Kohl­mey­er (1924-1974) vom 1. FC Kai­sers­lau­tern durch die Hän­de glei­ten ließ. Be­kann­ter als der Spiel­ver­lauf wur­de die Ra­dio­re­por­ta­ge des zu­wei­len als „12. Mann" ge­han­del­ten Her­bert Zim­mer­mann (1917-1966). In der 66. Spiel­mi­nu­te kom­men­tier­te Zim­mer­mann die nach­mals le­gen­dä­ren Wor­te: „Tu­rek, du bist ein Teu­fels­kerl. To­ni, du bis ein Fuß­ball-Gott." Die Ti­tu­lie­rung ei­nes Sport­lers zum „(Fuß­ball-)Gott" war al­ler­dings so bri­sant, dass sich Zim­mer­mann öf­fent­lich da­für ent­schul­di­gen muss­te. Das im ARD-Ar­chiv be­find­li­che Band der Re­por­ta­ge wur­de neu ge­schnit­ten und die zi­tier­te Stel­le durch „To­ni, du bist Gold wert" er­setzt. Im Ar­chiv des Saar­län­di­schen Rund­funks wur­de 1999 ein Band mit dem Ori­gi­nal-Wort­laut ge­fun­den. Nach der WM konn­te Tu­rek sei­ne er­folg­rei­che Kar­rie­re nicht fort­set­zen. Nach­dem er in der Sai­son 1955/1956 in Fol­ge ei­ner Ver­let­zung oh­ne wei­te­ren Ein­satz in Düs­sel­dorf die Er­satz­bank hat­te hü­ten müs­sen, wech­sel­te der of­fen­sicht­lich ent­täusch­te, in­zwi­schen 37jäh­ri­ge Sport­ler zu Bo­rus­sia Mön­chen­glad­bach. Dort soll­te er al­ler­dings nur noch vier Ober­li­ga­spie­le als Ak­ti­ver zu er­le­ben, be­vor er sei­ne Lauf­bahn als Fuß­ball-Tor­wart be­en­de­te. Als Trai­ner wirk­te er nun für die Ama­teu­re des TSV Ur­den­bach, Ra­tin­gen 04 und den VfR Bütt­gen. Gro­ße Er­fol­ge mit der Düs­sel­dor­fer For­tu­na hat­te Tu­rek nicht er­lebt: Ein fünf­ter (1950/1951) und ein sechs­ter (1954/1955) Platz in der Ober­li­ga West wa­ren die sport­li­chen Hö­he­punk­te. In Düs­sel­dorf war Tu­rek seit 1950 An­ge­stell­ter der Städ­ti­schen Rhein­bahn AG, wo er als Ab­tei­lungs­lei­ter bis zu sei­ner Früh­pen­sio­nie­rung 1973 in der Re­gis­tra­tur be­schäf­tigt war. Nach dem Ge­winn des Welt­meis­ter­ti­tels 1954 mach­te Tu­rek auch für Haar­creme Re­kla­me. 1973 be­fiel ihn ei­ne Läh­mung ab­wärts der Hüf­te, die trotz meh­re­rer Ope­ra­tio­nen nicht mehr voll­stän­dig ku­riert wer­den konn­te. Nach ei­nem Herz­in­farkt 1983 und ei­nem Schlag­an­fall im fol­gen­den Jahr ver­starb der in Ka­arst le­ben­de Va­ter zwei­er Kin­der in sei­nem 65. Le­bens­jahr am 11.5.1984 in Neuss.

Ver­su­che, den Na­men Tu­reks im öf­fent­li­chen Stadt­bild zu ver­ewi­gen, setz­ten zum 50-jäh­ri­gen Ju­bi­lä­um des Ge­winns der Welt­meis­ter­schaft und 20jäh­ri­gen To­des­tag Tu­reks im Jahr 2004 ein. Die im Ju­ni 2004 in ei­nem Neu­bau­ge­biet im Düs­sel­dor­fer Stadt­teil Un­ter­rath ein­ge­weih­te To­ni-Tu­rek-Stra­ße wur­de al­ler­dings nie be­baut und das Stra­ßen­schild folg­lich wie­der ab­ge­nom­men. Da­für be­nann­te man 2006 nach Tu­rek ei­nen nicht weit da­von ent­fernt lie­gen­den be­grün­ten Stra­ßen­platz. Des­sen Ge­stal­tung schei­ter­te in­des am Wi­der­stand der An­woh­ner. Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um ei­ne an­ge­mes­se­ne Wür­di­gung Tu­reks im Stadt­bild dau­ern in Düs­sel­dorf noch an. In Er­krath (bei Düs­sel­dorf) wur­de 2004 das Sta­di­on an der Frei­heits­stra­ße nach Tu­rek be­nannt. In Duis­burg brach­te man im Ok­to­ber 2007 an der ehe­ma­li­gen Fug­mann-Kampf­bahn (nach Hüt­ten­di­rek­tor Paul Fug­mann, 1921-1945 Vor­sit­zen­der Duis­burg 48/99), der Spiel­stät­te von Tu­reks ers­tem Klub TuS Duis­burg 1848/99, ei­ne an den Fuß­ball­spie­ler er­in­nern­de Ge­denk­ta­fel an.

Literatur

Alt­weg, Jür­gen, To­ni Tu­rek. „Gott" mit klei­nen Feh­lern, in: Huba, Karl-Heinz (Hg.), Die Gro­ßen im Tor, Mün­chen 1969, S. 198-202.
Hoff­mann, Bernd-Fe­lix, Die le­gen­dä­ren WM-Tor­hü­ter. Ein Le­xi­kon, Göt­tin­gen 2005. ki­cker Sport­ma­ga­zin Nr. 6 vom 15.1.1979, Nr. 40 vom 14.5.1984.
Raup, Wer­ner, To­ni Tu­rek - "Fuß­ball­gott". Ei­ne Bio­gra­phie, Hil­des­heim 2019. 

Online

Jor­dan, Ste­fan, Der deut­sche Sieg bei der Welt­meis­ter­schaft 1954: My­thos und Wun­der oder his­to­ri­sches Er­eig­nis? (Re­zen­si­on), in:  se­he­punk­te 4 (2004), Nr. 6 [15.06.2004]. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Dross, Fritz, Toni Turek, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/toni-turek/DE-2086/lido/57c940b4586a98.92352726 (abgerufen am 19.03.2024)