Hermann II.

Erzbischof von Köln (1036-1056)

Christian Hillen (Köln/Bonn)

Bleibulle Hermanns II., 1047. (Rheinisches Bildarchiv | rba_rba_L011232_16 | https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05242600)

Her­mann II. war ein Köl­ner Erz­bi­schof der sich sehr für den Reichs­dienst en­ga­gier­te und sei­ne Diö­ze­se – so­fern es sei­ner Fa­mi­lie, ei­ner der mäch­tigs­ten im Rhein­land, nicht nutz­te – nicht un­be­dingt in den Mit­tel­punkt sei­nes Wir­kens stell­te. Die mo­der­ne Ge­schichts­schrei­bung sieht in ihm ei­nen der wich­tigs­ten Erz­bi­schö­fe des frü­he­ren Mit­tel­al­ters für den Köl­ner Raum, die zeit­ge­nös­si­schen Quel­len blei­ben je­doch in Be­zug auf Tä­tig­keit und Wir­kung eher ein­sil­big. Ei­ner Vi­ta wur­de er nicht für wert be­fun­den. Ei­ne aus­führ­li­che­re Wür­di­gung hat er bis­her nur im Rah­men der Ge­schich­te sei­ner ez­zo­ni­schen Fa­mi­lie er­hal­ten.

Her­mann stamm­te aus dem rhei­ni­schen, hoch­ade­li­gen Ge­schlecht der Ez­zo­nen. Sei­ne El­tern wa­ren Ez­zo, Pfalz­graf von Lo­tha­rin­gen (ca. 955-1034), und Mat­hil­de (978/979-1025), ei­ne Toch­ter Kai­ser Ot­tos II. (955-983). Er hat­te ne­ben zwei äl­te­ren Brü­dern sie­ben Schwes­tern, von de­nen fünf Vor­ste­he­rin­nen be­deu­ten­der Frau­en­k­lös­ter wur­den. Die äl­tes­te Schwes­ter Ri­che­za hei­ra­te­te 1013 den spä­te­ren pol­ni­schen Kö­nig Mies­z­ko II. (Re­gie­rungs­zeit 1025-1034) und wur­de dem­nach mit des­sen Thron­be­stei­gung 1025 zur pol­ni­schen Kö­ni­gin. Sei­ne Brü­der be­klei­de­ten eben­falls be­deu­ten­de Po­si­tio­nen. Lu­dolf (ge­stor­ben 1031) war Vogt der Fa­mi­li­en­stif­tung Klos­ter Brau­wei­ler, des­sen Sohn Kon­rad war von 1049 bis 1053 baye­ri­scher Her­zog. Der an­de­re Bru­der Ot­to (ge­stor­ben 1047) wur­de 1034 loth­rin­gi­scher Pfalz­graf und 1045 Her­zog von Schwa­ben.

Her­mann, spä­tes­tens um 1010 ge­bo­ren, war als drit­ter Sohn wohl von An­fang an für die geist­li­che Lauf­bahn vor­ge­se­hen. Nach ei­ner zeit­lich nicht nä­her zu nen­nen­den Sta­ti­on als Dom­herr in Lüt­tich, war er be­reits 1033 Propst und Ar­ch­idia­kon an der Köl­ner Kir­che. Zwi­schen 1034 und 1036 ist er als Kanz­ler für ita­lie­ni­sche An­ge­le­gen­hei­ten in der kai­ser­li­chen Hof­ka­pel­le be­zeugt. Im Au­gust 1036 wur­de er zum Nach­fol­ger Pil­grims auf dem Köl­ner Erz­bi­schofs­stuhl ge­wählt.

Kai­ser Kon­rad II. (um 990-1039) mach­te ihn au­ßer­dem zum Erz­kanz­ler für Ita­li­en. Die Ent­schei­dung Kai­ser Hein­richs III. (1017-1056), Her­mann in die­sem Amt zu be­las­sen be­grün­de­te die Tra­di­ti­on der Ver­bin­dung zwi­schen dem Amt des Köl­ner Erz­bi­schofs und dem des ita­lie­ni­schen Erz­kanz­lers. Zwi­schen Her­mann und Kai­ser Kon­rad scheint ei­ne en­ge Ver­bin­dung be­stan­den zu ha­ben. So be­glei­te­te Her­mann den Kai­ser schon recht bald nach sei­ner Amts­er­he­bung auf des­sen Ita­li­en­rei­se im Früh­jahr 1037. Wie lan­ge er Kon­rad be­glei­te­te, ist un­ge­wiss, sie schei­nen je­doch vor Kon­rads Tod am 4.6.1039 in Ut­recht noch ein­mal zu­sam­men­ge­trof­fen zu sein. Auf dem Weg zur kö­nig­li­chen Grab­le­ge in Spey­er mach­ten die sterb­li­chen Über­res­te Kon­rads Sta­ti­on in Worms und Mainz, zu­nächst je­doch na­tür­lich in Köln. Wie in den an­de­ren bei­den Städ­ten wur­de der Leich­nam durch al­le Kir­chen der Stadt ge­tra­gen. Mög­li­cher­wei­se glich der Pro­zes­si­ons­weg dem der Be­er­di­gung An­nos II. im Jah­re 1075 und hät­te dem­nach durch den Dom, Groß St. Mar­tin, Ma­ria im Ka­pi­tol, St. Cä­ci­li­en, St. Se­ve­rin, St. Pan­ta­le­on, St. Ge­re­on, St. An­dre­as, St. Ur­su­la, St. Ku­ni­bert und viel­leicht St. Apos­teln ge­führt.

Wäh­rend Hein­rich 1044 er­neut Rich­tung Un­garn zog, muss­te Her­mann die für das Reich ge­fähr­li­che La­ge in Lo­tha­rin­gen meis­tern. Dort wehr­te sich Her­zog Gott­fried III. der Bär­ti­ge (ge­stor­ben 1069) ge­gen die Auf­tei­lung des Her­zog­tums Lo­tha­rin­gen durch den Kai­ser nach dem Tod Go­ze­los (ge­stor­ben 1044), dem Va­ter Gott­frieds. Her­mann dürf­te da­bei auch im In­ter­es­se sei­ner ei­ge­nen Diö­ze­se ver­sucht ha­ben, die La­ge in sei­ner di­rek­ten Nach­bar­schaft zu kon­trol­lie­ren. Um die Jah­res­wen­de 1044/45 muss­te Hein­rich der aus­ge­spro­chen kri­ti­schen Si­tua­ti­on je­doch mit Waf­fen­ge­walt be­geg­nen. Her­mann und sei­ne ez­zo­ni­sche Ver­wandt­schaft dürf­ten ihn da­bei un­ter­stützt ha­ben, wenn­gleich ei­ne di­rek­te Be­tei­li­gung nicht nach­zu­wei­sen ist. Im Ju­li 1045 hielt sich der Kö­nigs­hof dann so­gar in Köln auf.

 

Wenn­gleich Her­mann II. 1046 nicht auf den Syn­oden von Su­tri und Rom, auf de­nen drei Päps­te ab­ge­setzt wur­den, nach­zu­wei­sen ist, so wird er doch an de­ren Vor­be­rei­tung be­tei­ligt ge­we­sen sein. Hier zeigt sich Her­mann als kla­rer Un­ter­stüt­zer der kir­chen­re­for­me­ri­schen Am­bi­tio­nen Hein­richs III. Die Idee Papst Gre­gor VI. (Amts­zeit 1045-1046) nach Köln zu ver­ban­nen, könn­te von ihm stam­men. So wur­de die rhei­ni­sche Me­tro­po­le zum dau­er­haf­ten Auf­ent­halts­ort ei­nes ehe­ma­li­gen Paps­tes, wenn auch nur kurz­fris­tig, denn Gre­gor starb be­reits 1047.

Die Un­ter­stüt­zung der kai­ser­li­chen Kir­chen­po­li­tik brach­te Her­mann und der Köl­ner Erz­diö­ze­se aber auch Vor­tei­le, denn der neue Papst Leo IX. (1002-1054) soll­te sich er­kennt­lich zei­gen. So be­such­te er 1049 Köln und fei­er­te zu­sam­men mit Her­mann an Pe­ter und Paul (29. Ju­ni) das Pa­tro­nats­fest der Köl­ner Kir­che und ver­lieh dem Erz­bi­schof das Amt des Erz­kanz­lers der rö­mi­schen Kir­che, das Recht die Syn­oden in sei­nem Spren­gel zu lei­ten so­wie den Be­sitz der Kir­che S. Gio­van­ni a Por­ta La­ti­na und vor al­lem das Recht auf Wei­he und Krö­nung des deut­schen Kö­nigs in­ner­halb der Gren­zen sei­ner Diö­ze­se. Da die­se und noch ei­ni­ge wei­te­re Pri­vi­le­gi­en nicht nur für Her­mann per­sön­lich, son­dern auch für sei­ne Nach­fol­ger aus­ge­stellt wur­den, ver­schaff­te dies der Köl­ner Kir­che ei­nen wich­ti­gen Pres­ti­ge­ge­winn im Wett­be­werb mit Mainz und Trier um die Be­deu­tung der je­wei­li­gen Diö­ze­se in­ner­halb des Reichs. Ei­nen wei­te­ren Schritt auf dem Weg, die Eh­re der Kö­nigs­krö­nung dau­er­haft in Köln zu ver­an­kern, stell­ten Tau­fe und Krö­nung Hein­richs IV. (1050-1106) 1051 bzw. 1054 in Köln bzw. Aa­chen dar.

1046 soll Her­mann den Mönch Aa­ron von Ty­niec (ge­stor­ben 1059) zum Bi­schof von Kra­kau ge­wählt ha­ben und dem­nach auch in der Ost­po­li­tik des Reichs tä­tig ge­we­sen sein. In die­sem Zu­sam­men­hang ist auch im­mer wie­der von sei­ner Be­deu­tung für ei­nen Kul­tur­trans­fer vom Rhein­land nach Po­len die Re­de. Nach der neue­ren For­schung ist die Be­deu­tung Her­manns da­bei je­doch deut­lich zu re­la­ti­vie­ren. Si­cher ist hin­ge­gen, dass er sei­ne Schwes­ter Ri­che­za, die Frau des pol­ni­schen Kö­nigs Mies­z­ko, nach des­sen Ab­set­zung 1031 zu­sam­men mit ih­rem Sohn auf­nahm. Mit ihr zu­sam­men re­gel­te er den Fa­mi­li­en­be­sitz neu, weil nach dem Tod Mies­z­kos 1034 nicht mehr mit ih­rer Rück­kehr nach Po­len ge­rech­net wer­den konn­te, für ih­re Ver­sor­gung aber Vor­sor­ge ge­trof­fen wer­den muss­te.

Wäh­rend das Ver­hält­nis zwi­schen Her­mann und Hein­rich III. lan­ge Jah­re sehr eng ge­we­sen zu sein scheint, hat­te es sich in den letz­ten Jah­ren von Her­manns Pon­ti­fi­kat ver­mut­lich et­was ge­lo­ckert. Das dro­hen­de Aus­ster­ben der ez­zo­ni­schen Haupt­li­nie und der da­durch ent­ste­hen­de Re­ge­lungs­be­darf dürf­ten Her­manns Auf­merk­sam­keit stark in An­spruch ge­nom­men ha­ben.

Münze mit dem Abbild Hermanns II., 1036/1056. (Rheinisches Bildarchiv | rba_mfL004246_23 | https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05746053)

 

Na­tür­lich war Her­mann auch in kirch­li­chen Din­gen ak­tiv. So scheint er sich ne­ben den üb­li­chen Auf­ga­ben ei­nes Erz­bi­schofs für ei­ne Kir­chen­re­form ein­ge­setzt zu ha­ben, wie die von ihm be­für­wor­te­te Er­he­bung Wa­zos, der kir­chen­re­for­me­ri­schen Ide­en an­hing, zum Bi­schof von Lüt­tich zeigt. Dar­über hin­aus be­trieb er aber kei­ne ei­ge­nen Re­form­vor­ha­ben. Ganz ge­ne­rell rich­te­te er wohl sein En­ga­ge­ment für sei­ne Diö­ze­se eher auf sei­ne ez­zo­ni­sche Ver­wandt­schaft hin aus, in­dem er zum Bei­spiel das Klos­ter Brau­wei­ler un­ter den Schutz des Köl­ner Erz­bi­schofs stell­te. Den Schwer­punkt sei­ner Ak­ti­vi­tä­ten stell­te ein­deu­tig die Ri­va­li­tät der Köl­ner Kir­che mit den Erz­diö­ze­sen von Mainz und Trier dar, die um die Vor­macht­stel­lung in­ner­halb des deut­schen Epis­ko­pats wett­ei­fer­ten. Köln stütz­te sich da­bei be­son­ders auf das Recht zur Kö­nigs­krö­nung, für das be­reits Her­manns Vor­gän­ger Pil­grim mit der Wei­he Kö­ni­gin Gi­sel­as 1024 und der Er­he­bung Hein­richs III. zum Mit­kö­nig 1028 ei­nen Prä­ze­denz­fall ge­lie­fert hat­te. An­ders als Ari­bo von Mainz (ge­stor­ben 1031) zö­ger­te Pil­grim nicht lan­ge, die Kö­ni­gin, de­ren Le­gi­ti­mi­tät um­strit­ten war, zu wei­hen. Her­mann be­stä­tig­te dies, in­dem er Hein­rich 1039 in Aa­chen nach dem Tod sei­nes Va­ters, zum Kö­nig krön­te.

Her­mann be­tä­tig­te sich au­ßer­dem in der ak­ti­ven Ge­stal­tung des Köl­ner Stadt­bilds. Ei­ne Rei­he von Bau­pro­jek­ten, wel­che das Er­schei­nungs­bild der Rhein­me­tro­po­le lan­ge prä­gen soll­ten, sind sei­ner Amts­zeit zu­zu­rech­nen. So ist St. Ma­ria ad Gra­dus auf ihn zu­rück­zu­füh­ren, das sich an ei­ner in Rom vor­han­de­nen Kir­che, die für das Ze­re­mo­ni­ell der Kai­ser­krö­nung zen­tral war, ori­en­tier­te. In je­dem Fall war sie ein Kon­kur­renz­pro­jekt zur Main­zer Kir­che glei­chen Na­mens, das be­reits 988 be­gon­nen wor­den war. Wei­te­re Kir­chen pro­fi­tier­ten durch Um- oder An­bau­ten von sei­nem Ge­stal­tungs­wil­len.

Her­mann II. starb am 11.2.1056 nach mut­ma­ß­lich län­ge­rer Krank­heit in Köln. Er liegt im Köl­ner Dom be­gra­ben.

Literatur

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Hil­len, Chris­ti­an, Zwi­schen Köln und Kra­kau, Klos­ter­re­form und Erz­bis­tum. Zur Po­li­tik Erz­bi­schof Hein­richs II. von Köln (amt. 1036-1056), in: Klaus Ge­re­on Beu­ckers/An­dre­as Bih­rer (Hg.), Das Sa­kra­men­tar aus Ty­niec. Ei­ne Pracht­hand­schrift des 11. Jahr­hun­derts und die Be­zie­hun­gen zwi­schen Köln und Po­len in der Zeit Ka­si­miers des Er­neu­e­rers, Wien, Köln, Wei­mar 2018, S. 261-277.

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Mül­ler, He­ri­bert, Die Köl­ner Erz­bi­schö­fe von Bru­no I. bis Her­mann II. (953-1056), in: Euw, An­ton von/Schrei­ner, Pe­ter (Hg.), Kai­se­rin Theo­pha­nu. Be­geg­nung des Os­tens und Wes­tens um die Wen­de des ers­ten Jahr­tau­sends. Ge­denk­schrift des Köl­ner Schnüt­gen-Mu­se­ums zum 1000. To­des­jahr der Kai­se­rin, Bd. 1, Köln 1991, S. 15-32. 

Bulle des Erzbischofs Hermann II., 11. Jahrhundert. (Rheinisches Bildarchiv | rba_c006358 | https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05243077)

 
Zitationshinweis

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Hillen, Christian, Hermann II., in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hermann-ii./DE-2086/lido/661d1966af8610.47346020 (abgerufen am 01.05.2024)