Familie Bruyn

Malerfamilie

Annekatrein Löw (Münster)

DE-2086, LVR_ILR_0000148210.

Einleitung

Das be­deu­tends­te Mit­glied der be­rühm­ten Kölner Ma­l­er­fa­mi­lie war Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Äl­te­re, der wohl um 1512 vom Nie­der­rhein, ver­mut­lich aus We­sel, nach Köln ein­wan­der­te. Er gilt als ei­ner der letz­ten Ver­tre­ter der so ge­nann­ten Alt­köl­ner Ma­le­rei. In Kennt­nis und un­ter Ver­ar­bei­tung der köl­ni­schen und nie­der­län­di­schen Bild­tra­di­ti­on führ­te er die Köl­ner Ma­le­rei in die Re­nais­sance, wo­bei er sich – ver­mit­telt durch druck­gra­phi­sche Vor­la­gen – der neu­es­ten Ent­wick­lun­gen aus Ita­li­en be­dien­te. Sei­ne zahl­rei­chen um­fang­rei­chen christ­li­chen Al­tar­wer­ke und Bild­zy­klen, die er mit Hil­fe ei­ner per­so­nal­star­ken Werk­statt schuf und in der auch sei­ne bei­den ma­len­den Söh­ne, Arnt und Bar­tho­lo­mä­us der Jün­ge­re tä­tig wa­ren, wei­sen ihn als den meist­be­schäf­tig­ten Ma­ler sei­ner Zeit in Köln aus.

Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Äl­te­re führ­te au­ßer­dem das bis da­hin erst ver­ein­zelt in Köln an­zu­tref­fen­de bür­ger­li­che Por­trät zu gro­ßer Blü­te; zahl­rei­che Bild­nis­auf­trä­ge be­deu­ten­der Per­sön­lich­kei­ten des rhei­ni­schen Pa­tri­zi­ats, dar­un­ter Rats­her­ren und Bür­ger­meis­ter mit ih­ren Fa­mi­li­en, ver­hal­fen ihm zu ho­hem ge­sell­schaft­li­chen An­se­hen und bür­ger­li­chen Eh­ren­äm­tern.

Bar­tho­lo­mä­us der Jün­ge­re, der zweit­äl­tes­te Sohn, führ­te die Werk­statt nach dem Tod des Va­ters wei­ter, konn­te je­doch kaum an des­sen Er­folg an­knüp­fen. Sein Werk blieb, bis auf we­ni­ge in­no­va­ti­ve Leis­tun­gen im Be­reich des Por­träts, von zu­meist hand­werk­li­cher Qua­li­tät epi­go­na­len Cha­rak­ters.

Bartholomäus (Barthel) Bruyn der Ältere (1493–1555)

Das Ge­burts­jahr 1493 und die äu­ße­re Er­schei­nung Bar­tho­lo­mä­us (auch Bart­hel, Bar­tel de, Bar­told) Bruyns (auch Bru­en, Bru­in, Brun, Bru­ne, Bruns, Fus­cus) des Äl­te­ren sind durch die 1539 von Fried­rich Ha­genau­er (um 1499–nach 1546), der nach 1546 in Köln als Me­dail­leur und Bild­schnit­zer tä­tig war, ge­präg­te Ge­denk­me­dail­le be­kannt. Sie ist be­zeich­net: BAR­THO­LO­MEVS BRVYN PIC­TOR CO­LO­NI­EN­SIS AN­NO ÆTA­TIS XLVI, zeigt al­so den Ma­ler in sei­nem 46. Le­bens­jahr. Bruyns Her­kunft und Ju­gend vor dem ur­kund­lich ge­si­cher­ten Er­schei­nen in Köln 1515 (Auf­trag Cla­pis) lie­gen im Dun­keln, sind je­doch in en­ger Ab­hän­gig­keit von sei­nem Leh­rer und spä­te­ren Schwie­ger­va­ter Jan Joest von Kal­kar zu se­hen.

Ge­bür­ti­ger Köl­ner war Bruyn nicht; viel­mehr wur­den für ihn – wie auch für Jan Joest – We­sel oder Haar­lem als Her­kunfts­ort an­ge­nom­men. Als ge­si­chert gilt, dass Bruyn um 1505 im Al­ter von et­wa zwölf Jah­ren als Ge­sel­le in die Werk­statt des – wie Mar­tin Ro­elen nach­ge­wie­sen hat – aus We­sel stam­men­den und erst spä­ter nach Haar­lem über­ge­sie­del­ten Jan Joest ein­trat, der in den Jah­ren 1505–1508/1509 am Hoch­al­tar für die Stadt­pfarr­kir­che St. Ni­ko­lai in Kal­kar (in si­tu) ar­bei­te­te.

 

Hier war auch der et­wa acht Jah­re äl­te­re Joos van Cle­ve (um 1480/1485–1540) tä­tig, der sich we­nig spä­ter, 1511, in Ant­wer­pen nie­der­ließ, wo er ei­ne Fa­mi­lie grün­de­te und ei­ne grö­ße­re Werk­statt be­trieb. In spä­te­ren Jah­ren war Joos van Cle­ve in­ter­na­tio­nal, so 1530–1535 in Frank­reich am Ho­fe Franz I. (Re­gie­rungs­zeit 1515–1547) und ab 1536 in Eng­land, vor al­lem als Por­trä­tist ge­fragt. Mit Bar­tho­lo­mä­us Bruyn, der von ihm zeit­le­bens künst­le­risch an­ge­regt wur­de, ver­band ihn ei­ne le­bens­lan­ge Freund­schaft. Das zeigt ein­drucks­voll das so ge­nann­te Freund­schafts­bild­nis der bei­den Ma­ler auf ei­ner Sze­ne mit der Le­gen­de des hei­li­gen Vik­tor von Bar­tho­lo­mä­us Bruyn dem Äl­te­ren aus dem Jahr 1529 (Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­um, Köln).

Bruyn wird sei­nem Leh­rer Jan Joest 1512 nach Wer­den (heu­te Stadt Es­sen) ge­folgt sein, wo die­ser den heu­te ver­lo­re­nen Hoch­al­tar für die dor­ti­ge Ab­tei­kir­che schuf. Von dort aus wird er we­nig spä­ter in die Me­tro­po­le Köln über­ge­sie­delt sein. Hier wur­de er, den Zunft­re­geln ent­spre­chend, zu­nächst in der Werk­statt ei­nes dort an­säs­si­gen Ma­lers, wahr­schein­lich des Meis­ters von St. Se­ve­rin (ge­bo­ren um 1460), tä­tig in Köln um 1480–1515/1520, ge­ar­bei­tet ha­ben. Der Kon­takt zu Wer­den riss je­doch zeit­le­bens nicht ab: So ge­hört zu Bruyns frü­hes­ten Ar­bei­ten in Köln (1512–1515) der ei­ni­ge Dut­zend Ta­feln um­fas­sen­de Bild­zy­klus für den Kreuz­gang des Köl­ner Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­klos­ters „Zu den hei­li­gen Mach­a­bä­ern“, von de­nen zehn Ta­feln er­hal­ten sind. Ne­ben an­de­ren hoch­ran­gi­gen Stif­tern, wie et­wa den Gra­fen Man­der­scheid-Blan­ken­heim oder der Köl­ner Fa­mi­lie Rinck, war dar­an auch die Ab­tei Wer­den be­tei­ligt.

Zu den frü­hes­ten För­de­rern Bruyns in Köln ge­hör­te der Ju­rist Dr. Pe­ter von Cla­pis (um 1480–1551), für den er be­reits 1515 den Al­tar mit der „Ma­ri­en­krö­nun­g“ schuf und auf dem sich das Stif­ter­paar nicht nur kni­end auf der Mit­tel­ta­fel, son­dern ein zwei­tes Mal, und zwar in Ge­stalt zwei­er Hei­li­ger, selbst­be­wusst por­trä­tie­ren ließ: Cla­pis tritt auf dem lin­ken Flü­gel als hei­li­ger Ivo, Pa­tron der Ju­ris­ten, auf, sei­ne Ehe­frau Be­la Bo­nen­berg ihm ge­gen­über als hei­li­ge An­na (Smith Col­le­ge Mu­se­um of Art, Nort­hamp­ton/Mass.). Für Cla­pis schuf Bruyn, ne­ben ei­ni­gen Por­träts, auch ei­nes der ers­ten Nacht­bil­der der deut­schen Kunst, die „Hei­li­ge Nach­t“, 1516 (Stä­del, Frank­furt am Main).

1518 wur­de der jun­ge Meis­ter erst­mals in ein bür­ger­li­ches Eh­ren­amt, und zwar in das Gre­mi­um der Vier­und­vier­zi­ger, ge­wählt, 1521 er­folg­te die Wie­der­wahl – ein In­diz für sei­nen frü­hen be­ruf­li­chen Er­folg und das fort­schrei­ten­de bür­ger­li­che An­se­hen. Zwi­schen 1515 und 1518 hei­ra­te­te er Agnes Joest (ge­stor­ben 1550), ei­ne Toch­ter sei­nes Leh­rers Jan Joest. Aus der Ehe gin­gen fünf Kin­der her­vor: ne­ben den Mäd­chen Ka­tha­ri­na und Clair­gin die ma­len­den Brü­der Arnt und Bar­tho­lo­mä­us der Jün­ge­re so­wie das jüngs­te Kind Ma­thi­as.

Letz­te­rer, um 1524/1525 ge­bo­ren und 1538 in den Ma­tri­keln der Köl­ner Uni­ver­si­tät ver­zeich­net, wur­de mit dem Klos­ter­na­men Pau­lus Kon­ven­tua­le in Wer­den. Als Kell­ner der Ab­tei – 1551 und 1561 ist er auch als Pfar­rer von St. Lu­ci­us ver­zeich­net – kam er zu zwei­fel­haf­tem Ruhm: We­gen sei­ner man­gel­haf­ten Ver­wal­tungs- und Auf­sicht­s­tä­tig­keit – er hat­te in sei­ner Amts­zeit ho­he Schul­den­ber­ge an­ge­häuft – und nicht zu­letzt we­gen sei­ner in den 1560er Jah­ren öf­fent­lich vor­ge­tra­ge­nen re­for­ma­to­ri­schen Nei­gun­gen wur­de ihm das Amt des Ko­ad­ju­tors des Klos­ters in Kon­kur­renz zu Hein­rich Du­den (ge­stor­ben 1601) aus We­sel nach hef­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen ver­wehrt, er wur­de schlie­ß­lich sei­nes Am­tes ent­ho­ben und für zwei Jah­re in Haft ge­setzt. Erst nach­dem er ge­lobt hat­te, in Zu­kunft die ka­tho­li­sche Leh­re zu pre­di­gen und die Wahl Du­dens zum Abt im Jahr 1573 an­zu­er­ken­nen, er­hielt er in sein Amt zu­rück.

DE-2086, LVR_ILR_0000148212.

 

Mit ei­nem ers­ten grö­ße­ren Al­tar­auf­trag, der Aus­füh­rung der wohl ehe­mals acht groß­for­ma­ti­gen Flü­gel­ge­mäl­de für den Hoch­al­tar­schrein des Frau­en­stifts Es­sen, dem so ge­nann­ten Es­se­ner Al­tar, 1522–1525, be­grün­de­te Bruyn sei­nen künst­le­ri­schen Er­folg und si­cher­te sich wei­te­re Auf­trä­ge. The­ma­tisch wei­sen die bis heu­te in si­tu im Es­se­ner Müns­ter er­hal­te­nen vier Ta­feln mit je­weils zwei Sze­nen aus Kind­heits- und Pas­si­ons­ge­schich­te Chris­ti zwar ein kon­ven­tio­nel­les iko­no­gra­phi­sches Pro­gramm auf, in sti­lis­ti­scher Hin­sicht mar­kiert der Es­se­ner Al­tar je­doch den Hö­he­punkt und Ab­schluss des bruyn­schen Früh­wer­kes an der Wen­de vom Spät­mit­tel­al­ter zur Re­nais­sance.

Nur we­ni­ge Jah­re spä­ter, 1529, er­hielt Bruyn den Auf­trag für ein wei­te­res im­po­san­tes Al­tar­pro­gramm, die Aus­füh­rung der acht Flü­gel­ge­mäl­de für den Hoch­al­tar der Stifts­kir­che St. Vik­tor in Xan­ten, voll­endet 1534 (in si­tu). Ne­ben Sze­nen aus der Pas­si­on Chris­ti ist das iko­no­gra­phi­sche Pro­gramm den Le­gen­den der hei­li­gen Vik­tor und He­le­na ge­wid­met, die Bruyn in ei­ner sze­nen­rei­chen und viel­fi­gu­ri­gen Bil­der­zäh­lung vor büh­nen­haf­ter Re­nais­sance­ar­chi­tek­tur in kräf­tig-leuch­ten­der Farb­ge­bung ent­wi­ckelt

Mit dem Xan­te­ner Al­tar hat­te Bruyn die „Zei­ten­wen­de“ zur Re­nais­sance in Köln voll­zo­gen. Durch die ver­stärk­te Nut­zung druck­gra­phi­scher Vor­la­gen und die kennt­nis­rei­che Ver­ar­bei­tung der ita­lie­ni­schen Hoch­re­nais­sance­ma­le­rei ge­lang es ihm, oh­ne je­mals selbst Ita­li­en be­reist zu ha­ben, ei­nen „se­cond-hand Man­ne­ris­m“ (Cas­well 1996, S. 60) von durch­aus ei­gen­stän­di­ger Prä­gung zu er­schaf­fen und sei­ne Ma­le­rei den ak­tu­el­len Strö­mun­gen auf dem Kunst­markt an­zu­pas­sen. Er griff da­bei vor al­lem auf die Sti­che Mar­can­to­nio Rai­mon­dis (um 1475–um 1534) nach Raf­fa­el (1483–1520) und die durch ita­li­en­rei­sen­de Nie­der­län­der wie Jan van Scorel (1495–1562) und spä­ter Ma­er­ten van Heems­kerck (1498–1574) ver­mit­tel­ten Vor­la­gen zu­rück. Bruyn ging mit der Zeit – dies si­cher­te ihm bei sei­ner an­spruchs­vol­len Köl­ner Kund­schaft – oft­mals weit ge­reis­te Kauf­leu­te – nach­hal­ti­gen Er­folg und wei­te­re Auf­trä­ge.

In die Rei­he der be­rühm­ten Por­träts der Xan­te­ner Stifts­ka­no­ni­ker und wohl­ha­ben­den Gön­ner des Stif­tes, die Bruyn auf zwei der Ta­feln wohl zum Ab­schluss der Ar­bei­ten 1534 ei­gen­hän­dig in die Kom­po­si­ti­on ein­füg­te, hat der Ma­ler auch sein ei­ge­nes Bild­nis, das ihn mit sei­ner Frau Agnes und wohl sei­nem äl­tes­ten Sohn Arnt hin­ter ei­ner Brüs­tung ste­hend zeigt, ein­ge­bracht. Das Selbst­bild­nis des Ma­lers dient nicht nur als Zeug­nis der Au­tor­schaft des Al­tars, ge­wis­ser­ma­ßen als „ge­mal­te Si­gna­tur“; es ist, ganz im Sin­ne der Neu­en Zeit, Aus­weis ei­nes sich neu ent­wi­ckeln­den künst­le­ri­schen Selbst­ver­ständ­nis­ses des Ma­lers. Es be­zeugt zu­gleich das ge­wach­se­ne bür­ger­li­che Selbst­be­wusst­sein wie die wirt­schaft­li­che Pros­pe­ri­tät des Ma­lers.

1533 war Bruyn in der La­ge, in Köln in der Pfar­re St. Al­ban, na­he beim Gür­ze­nich am heu­ti­gen Qua­ter­markt, ein Dop­pel­haus zu er­wer­ben, das einst Ei­gen­tum von Ste­fan Loch­ner ge­we­sen war. Spä­tes­tens seit Be­ginn der 1530er Jah­re dürf­te Bruyn ei­ne gro­ße Werk­statt mit wach­sen­dem Schü­ler­kreis be­schäf­tigt ha­ben, die vor­nehm­lich da­mit be­traut war, sei­ne vie­len Auf­trä­ge zu be­wäl­ti­gen. Zu­gleich wird der gro­ße Er­folg der Werk­statt ei­ne Rei­he zeit­ge­nös­si­scher un­be­kann­ter Ma­ler im Um­kreis Bruyns da­zu in­spi­riert ha­ben, den neu­en „Bruyn-Stil“ – zu­meist in hand­werk­li­cher Ma­nier – zu ko­pie­ren.

Ne­ben der Pro­duk­ti­on viel­tei­li­ger Al­tar­wer­ke und christ­li­cher Bild­zy­klen liegt Bruyns ei­gent­li­cher Ver­dienst in der Eta­blie­rung der bür­ger­li­chen Por­trät­ma­le­rei in Köln. Da­bei führ­te er das hier zu­vor erst ver­ein­zelt vor­kom­men­de au­to­no­me Bild­nis zu ho­her Blü­te und be­grün­de­te ei­ne bis weit in das 17. Jahr­hun­dert rei­chen­de Por­trättra­di­ti­on, die Köln zu ei­nem wich­ti­gen Zen­trum bür­ger­li­cher Bild­nis­ma­le­rei mach­te. Bruyn setz­te da­bei so­wohl die Tra­di­ti­on des an den sa­kra­len Bild­zu­sam­men­hang ge­bun­de­nen Stif­ter­bil­des in ver­schie­de­nen Va­ri­an­ten fort (wie bei­spiels­wei­se die Cla­pis-Auf­trä­ge) und ent­wi­ckel­te dar­aus ers­te Vor­läu­fer des au­to­no­men Grup­pen­bild­nis­ses (Xan­te­ner Al­tar), wie auch des bür­ger­li­chen Fa­mi­li­en­bild­nis­ses (bei­spiels­wei­se in Köln zwei Al­tar­flü­gel mit den Stif­tern Her­mann Su­der­mann und Ur­su­la Hupp mit ih­rer Fa­mi­lie, um 1540, Pri­vat­be­sitz). Vor al­lem mach­te er das Por­trät­di­pty­chon in Köln be­liebt, ei­ne Son­der­gat­tung des zwei­ta­fe­li­gen Ver­löb­nis- be­zie­hungs­wei­se Ehe­paar­bild­nis­ses, bei der sich die bei­den Part­ner, ein­an­der zu­ge­wandt, je­doch über zwei Ta­feln ver­teilt, buch­stäb­lich zu ei­ner ver­schließ­ba­ren Bild­nis­kap­sel zu­sam­men­klap­pen lie­ßen. Die oft klein­for­ma­ti­gen, oben mit run­dem oder ge­schweif­tem Ab­schluss ver­se­he­nen Ta­feln, de­ren Au­ßen­sei­te häu­fig mit ei­nem Wap­pen, ei­ner In­schrift, ei­nem Va­ni­tass­til­le­ben oder Ähn­li­chem be­malt war, lie­ßen sich in ge­schlos­se­nem Zu­stand an der Wand ver­ber­gen oder auf Rei­sen mit­füh­ren und wur­den bei Be­darf – ähn­lich den Fa­mi­li­en­fo­tos heu­te – im Fa­mi­li­en- und Freun­des­kreis vor­ge­zeigt.

DE-2086, LVR_ILR_0000148220.

 

Auch die durch be­rühm­te Zeit­ge­nos­sen Bruyns, et­wa Lu­cas Cra­nach den Äl­te­ren (1472-1553) oder Hans Hol­bein den Jün­ge­ren (1497/1498–1543) be­kann­ten rund­for­ma­ti­gen, mit­tels ei­nes Ge­win­des ver­schließ­ba­ren kost­ba­ren Mi­nia­tur- oder Kap­sel­bild­nis­se er­freu­ten sich in Bruyns Auf­trag­ge­ber­krei­sen gro­ßer Be­liebt­heit, wie zum Bei­spiel die Rund­bild­nis­se des Her­mann Rinck III und der Si­byl­la Kan­nen­gies­ser mit Wap­pen, 1530 (Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­um, Köln).

Amts­bild­nis­se Köl­ner Bür­ger­meis­ter führ­te Bruyn in pri­va­tem wie öf­fent­li­chem Auf­trag in grö­ße­rer Zahl aus. Das pro­mi­nen­tes­te Bei­spiel ist wohl das Amts­bild­nis des Bür­ger­meis­ters Ar­nold von Brau­wei­ler (um 1473–1552) aus dem Jahr 1535 (Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­um, Köln). Es zeigt den Amts­trä­ger auf sei­nen wei­ßen Amts­stab ge­stützt und ge­klei­det in die vorn ver­ti­kal ge­teil­te, schwarz-ro­te Mi-Par­ti-Amts­tracht. Bruyn hebt mit sei­ner Fä­hig­keit zur In­di­vi­dua­li­sie­rung und Nu­an­cie­rung das Re­prä­sen­ta­ti­ve des Por­trä­tier­ten hier be­son­ders her­vor.

1541 re­stau­rier­te Bruyn den Hoch­al­tar der Wer­de­ner Ab­tei­kir­che; ei­ni­ge Jah­re spä­ter, 1570, wur­de der Al­tar er­neut, und zwar von sei­nem äl­tes­tem Sohn Arnt, ge­rei­nigt. Ab 1547 führ­te Bruyn ei­nen Zy­klus mit 57 Sze­nen aus dem Neu­en Tes­ta­ment für den Kreuz­gang des Kar­me­li­ter­klos­ters in Köln aus, An dem Zy­klus sol­len, wie Her­mann Weins­berg be­rich­tet, nach Bruyn des­sen Söh­ne ge­ar­bei­tet be­zie­hungs­wei­se ihn fort­ge­führt ha­ben. Ab den spä­ten 1540er Jah­ren ist da­mit erst­mals ei­ne Mit­ar­beit der bei­den ma­len­den Söh­ne, wohl Arnt und Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re, in der Werk­statt des Va­ters über­lie­fert.

DE-2086, LVR_ILR_0000148216.

 

Von dem viel­tei­li­gen Zy­klus, für den der Kar­me­li­ter-Pro­vin­zi­al Ever­ard Billick (1499–1557) zahl­rei­che geist­li­che und welt­li­che Stif­ter ge­win­nen konn­te, ist heu­te nur ei­ne Ta­fel er­hal­ten, die „Ver­su­chun­gen Chris­ti“ (LVR-Lan­des­Mu­se­um Bonn). Der Teu­fel tritt mit der Auf­for­de­rung der ers­ten Ver­su­chung, ei­nen Stein in Brot zu ver­wan­deln, an Chris­tus her­an. Das Ge­sicht des mit ei­nem Ba­rett und Mönchs­ge­wand be­klei­de­ten Ver­su­chers, aus dem Kral­len­fü­ße und ge­rin­gel­ter Schwanz her­vor­schau­en, trägt die Zü­ge Mar­tin Lu­thers (1483–1546). Das Lein­wand­bild gilt als ein­drucks­vol­ler Be­leg für die ka­tho­li­sche Ge­gen­wehr ge­gen die auf­kom­men­de re­for­ma­to­ri­sche Be­we­gung in Köln. An­re­gung für die dras­tisch-po­le­mi­sche „Ver­teu­fe­lun­g“ Lu­thers gab si­cher wie­der­um Billick, der als streit­ba­rer Kämp­fer ge­gen die re­for­ma­to­ri­schen Kräf­te galt. Ob Bruyn im­mer auf der Sei­te des „rech­ten Glau­ben­s“ stand, ist nicht ge­si­chert, ob­wohl er als Mit­glied des Ra­tes der Stadt Köln, in den er erst­mals 1549 ge­wählt wur­de, ka­tho­lisch sein muss­te.

1550 über­trug er, nach dem Tod sei­ner Frau Agnes, den Haus­be­sitz an sei­ne Kin­der – ein Hin­weis dar­auf, dass Bruyn sich zu­neh­mend von sei­ner künst­le­ri­schen Tä­tig­keit zu­rück­zog. Den­noch sind für die Spät­zeit, ne­ben ei­ni­gen, auch be­deu­ten­den Por­trät­auf­trä­gen, un­ter an­de­rem für die Fa­mi­lie Weins­berg, re­prä­sen­ta­ti­ve Al­tar­auf­trä­ge zu ver­zeich­nen, so zum Bei­spiel der Kreu­zal­tar im Köl­ner Dom von 1548, der Abend­mahl­sal­tar in St. Se­ve­rin und der Kreu­zal­tar in St. An­dre­as, bei­de um 1550–1555. Mit Hil­fe sei­ner Werk­statt und un­ter nicht klar ab­zu­gren­zen­der Be­tei­li­gung sei­ner Söh­ne ver­ar­bei­te­te Bruyn hier den neu auf­kom­men­den „Ma­nie­ris­mus“ der ita­li­en­rei­sen­den Nie­der­län­der, vor al­lem Ma­er­ten van Heems­kercks. Tüm­mers ur­teilt 1990 (S. 8) über das Spät­werk Bruyns: „Der her­auf­zie­hen­de Ma­nie­ris­mus woll­te ge­schraub­tes Po­sie­ren und ge­zier­te Ges­tik; auch da­zu fand Bruyn sich be­reit. Es war ein Wan­del der For­men und des Stils, nicht der In­hal­te. Schaf­fens­kraft und An­pas­sungs­fä­hig­keit blie­ben Bruyn bis ins ho­he Al­ter er­hal­ten.“ 1553 wur­de Bruyn zum letz­ten Mal in den Rat der Stadt ge­wählt; am 22.4.1555 wird er in den Rech­nungs­bü­chern von St. Al­ban als ver­stor­ben ge­mel­det.

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Arnt Bruyn (um 1515/1520-1577)

Nach dem Tod Bar­tho­lo­mä­us Bruyns des Äl­te­ren füh­ren die bei­den ma­len­den Söh­ne die er­folg­rei­che Werk­statt des Va­ters wei­ter, wo­bei sie, we­nig in­no­va­tiv, auf den Stil- und Ty­pen­ap­pa­rat des äl­te­ren Bruyn zu­rück­grif­fen und auch ih­re Auf­trag­ge­ber vor­nehm­lich aus dem Er­be des Va­ters re­kru­tier­ten. Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re scheint da­bei die do­mi­nan­te­re Per­sön­lich­keit ge­we­sen zu sein: Arnt, der äl­tes­te, um 1515/1520 Ge­bo­re­ne, trat we­ni­ger durch sei­ne künst­le­ri­schen Er­fol­ge als viel­mehr als Nach­fol­ge sei­nes Va­ters im Rat der Stadt her­vor, dem er durch­gän­gig von 1564–1576 an­ge­hör­te. Vor 1550 ver­mähl­te er sich mit Ger­trud Pütz (ge­stor­ben 1579/1580), mit der er vier Kin­der hat­te. Von sei­ner Hand sind, bis auf we­ni­ge Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten, so im Auf­trag des Rats der Stadt Köln die Rei­ni­gung des so ge­nann­ten Al­tars der Stadt­pa­tro­ne von Ste­fan Loch­ner in der Rats­ka­pel­le 1568 (heu­te im Köl­ner Dom), kei­ne ei­ge­nen Wer­ke ur­kund­lich über­lie­fert. Die­ser Auf­trag wirft je­doch kein gu­tes Licht auf die bei­den Brü­der, stand er doch im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Ver­fah­ren we­gen Heh­le­rei, in das die Bruyns kurz zu­vor ver­wi­ckelt ge­we­sen wa­ren und wel­ches sie zwang, das Arnt auf­er­leg­te Bu­ß­geld mit Hil­fe die­ses Auf­trags ab­zu­zah­len. Arnts fi­nan­zi­el­le La­ge war au­gen­schein­lich un­güns­tig; wie sei­ne bei­den Schwes­tern war er 1557 ge­zwun­gen, sei­nen An­teil am vä­ter­li­chen Er­be an sei­nen Bru­der Bar­tho­lo­mä­us den Jün­ge­ren zu über­tra­gen. 1563 er­warb er ein Haus. Als er am 17.9.1577 an der Pest starb, hin­ter­ließ er sei­ner Fa­mi­lie be­trächt­li­che Schul­den.

Bartholomäus Bruyn der Jüngere (um 1523/1525–1607/1610)

Der um 1523–1525 ge­bo­re­ne Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re scheint der er­folg­rei­che­re der bei­den Brü­der ge­we­sen zu sein. Weins­berg ur­teil­te 1591 über ihn: Es ist dis­ser Bart­hel Brun, ein kunst­i­ger con­tra­fei­er mit olichs­far­ben, wie auch sin fat­ter war. (Buch Weins­berg, Band 4, S. 109). Nach 1555 hei­ra­te­te Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re die wohl­ha­ben­de Agnes Pat­berg aus Wer­den (ge­stor­ben vor 1623); aus der Ehe gin­gen vier Kin­der her­vor. Agnes be­voll­mäch­tig­te ih­ren Mann am 25.6.1555, Erb­schaf­ten in Wer­den zu ver­kau­fen. Hier­aus und aus dem Um­stand, dass Bar­tho­lo­mä­us schon 1557 in der La­ge war, sei­ne Ge­schwis­ter aus­zu­zah­len, lässt sich sein fort­dau­ern­der Er­folg be­mes­sen, den er als nun al­lei­ni­ger Be­sit­zer der Häu­ser und Werk­statt sei­nes Va­ters er­rang. Spä­ter, 1571, kam noch der An­teil sei­nes Bru­der Ma­thi­as, des Kon­ven­tua­len und Pfar­rers in Wer­den hin­zu.

Be­reits 1556 er­hielt Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re den ers­ten ei­gen­stän­di­gen Auf­trag, und zwar für den Flü­gel­al­tar in der Turm­hal­le von St. Ja­kob in Köln, ei­ne Stif­tung des Her­mann Weins­berg und sei­ner zwei­ten Ehe­frau Weis­gin Rip­gin (Mit­tel­ta­fel im Köl­ni­schen Stadt­mu­se­um, Flü­gel ver­schol­len). Weins­berg be­rich­tet in sei­nem Ge­denk­buch aus­führ­lich über die Ent­ste­hung des Al­tar­werks. Als Auf­trag­ge­ber hat­te er das iko­no­gra­phi­sche Pro­gramm de­tail­liert vor­ge­ge­ben: Ne­ben Ma­ria und Jo­han­nes un­ter dem Kreuz ließ Weins­berg am vor­de­ren Bild­rand links sein ei­ge­nes Stif­ter­bild, ge­gen­über das sei­ner Frau, bei­de mit Wap­pen, ein­fü­gen. Sämt­li­che Hei­li­gen, aus­ge­nom­men Chris­tus, hat Weins­berg be­mer­kens­wer­ter­wei­se mit Por­träts von Ver­wand­ten und Freun­den aus­stat­ten las­sen.

560 folg­te ein wei­te­res, für Bar­tho­lo­mä­us Bruyn den Jün­ge­ren ge­si­cher­tes Werk, das so ge­nann­te Ul­ner-Di­pty­chon (LVR-Lan­des­Mu­se­um Bonn). Die bei­den Ta­feln, die mit­tels Schar­nie­ren zu ei­nem An­dachts­di­pty­chon mit­ein­an­der ver­bun­den sind, zei­gen links das Bild­nis des be­ten­den Pe­ter Ul­ner (1523–1595), Wer­de­ner Mönch und spä­te­rer Abt (ab 1565) des re­for­mier­ten Klos­ters Ber­gen bei Mag­de­burg, rechts den kreuz­tra­gen­den Chris­tus in Halb­fi­gur. Auf der rech­ten Au­ßen­sei­te ist in zu­ge­klapp­tem Zu­stand ei­ne Va­ni­tas-Dar­stel­lung mit To­ten­kopf in ei­ner Ni­sche zu se­hen. Das durch die An­ga­ben in der Kar­tu­sche auf 1560 da­tier­ba­re Di­pty­chon ist das ein­zi­ge si­gnier­te Werk Bar­tho­lo­mä­us Bruyns des Jün­ge­ren (von sei­nem Va­ter Bar­tho­lo­mä­us dem Äl­te­ren sind kei­ne Si­gna­tu­ren be­kannt). An der Plin­the des ge­mal­ten Pfei­lers ist zu le­sen: BAR­THO­LO­MEO BRVN FECIT. Das Bild­nis bil­det da­mit die Grund­la­ge für die Be­ur­tei­lung sei­nes Wer­kes wie für al­le wei­te­ren Zu­schrei­bun­gen an Bar­tho­lo­mä­us Bruyn den Jün­ge­ren. Es gilt zu­gleich als be­deu­ten­des In­diz für sei­ne Nä­he zu den re­for­ma­to­ri­schen Krei­sen, zu de­nen auch sein Bru­der Ma­thi­as (Pau­lus) in Wer­den ge­hör­te. Wie Ute Lan­ger 2006 be­le­gen konn­te (Die kon­fes­sio­nel­le Gren­ze im früh­neu­zeit­li­chen Köln, S. 35), war Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re spä­tes­tens ab 1580 Mit­glied ei­nes ge­hei­men, aber in Köln of­fen­bar ge­dul­de­ten Bun­des, der hoch­deutsch-re­for­mier­ten Ge­mein­de.

Trotz sei­ner Zu­ge­hö­rig­keit zur re­for­mier­ten Kon­fes­si­on wur­de er be­mer­kens­wer­ter­wei­se 1579 in Nach­fol­ge sei­nes ver­stor­be­nen Bru­ders Arnt von der Ma­ler­gaf­fel in den Köl­ner Rat ge­wählt, dem er fort­lau­fend bis zu sei­nem Tod an­ge­hör­te. 1593 nahm Bruyn an der Got­te­s­tracht teil, der be­deu­tends­ten ka­tho­li­schen Pro­zes­si­on in Köln, und über­wand da­mit ei­ne un­sicht­ba­re kon­fes­sio­nel­le Gren­ze im kirch­lich-re­li­giö­sen All­tag. Bruyn stell­te of­fen­bar Ar­beits­all­tag und Pro­fit vor die Kon­fes­si­on (Lan­ger): Für den ka­tho­li­schen Köl­ner Chro­nis­ten Her­mann Weins­berg schuf er ne­ben dem Al­tar für St. Ja­kob wei­te­re Por­träts; zu­gleich mal­te er das Abts­bild­nis des Pe­ter Ul­ner, der sich nach ers­ten Re­form­an­sät­zen im ka­tho­li­schen Wer­de­ner Klos­ter we­ni­ge Jah­re spä­ter als ver­hei­ra­te­ter kon­ver­tier­ter Abt in Mag­de­burg zu ei­nem der ent­schie­dens­ten Pro­tes­tan­ten ent­wi­ckel­te.

Ab 1583 war Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re Fähn­rich sei­nes Spren­gels St. Al­ban, 1587 und 1588 de­ren Haupt­mann, und im Jahr 1591 gab er ein Ban­ner­es­sen als Ban­ner­herr, bei dem er sich laut Weins­berg über sein nach­las­sen­des Au­gen­licht be­klag­te. Ab die­sem Zeit­punkt dürf­te Bruyn der Jün­ge­re sei­ne künst­le­ri­sche Tä­tig­keit weit­ge­hend der Werk­statt über­las­sen ha­ben. 1593 tes­tier­te er ge­mein­sam mit sei­ner Frau, 1599 ist er noch als Kirch­meis­ter sei­ner Pfar­re St. Al­ban be­zeugt. Zwi­schen 1607 und 1610 muss er ge­stor­ben sein. Er starb als an­ge­se­he­ner Mann und hin­ter­ließ sei­ner Fa­mi­lie ein statt­li­ches Er­be.

Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re brach­te es, eben­so wie sein Va­ter, im Ver­lauf sei­nes fast 50-jäh­ri­gen Schaf­fens zu be­trächt­li­cher Re­pu­ta­ti­on: Wäh­rend sein Werk in den ers­ten Jah­ren bis et­wa 1570 noch stark an den Wer­ken des Va­ters ori­en­tiert war, ent­wi­ckel­te er zu­min­dest im Be­reich des Por­träts ei­nen ei­ge­nen, durch­aus qua­li­tät­vol­len Stil. Das tin­ti­ge Ko­lo­rit und der dün­ne Farb­auf­trag brach­ten ihm zeit­wei­se den Not­na­men „Meis­ter mit den blas­sen Ge­sich­tern“ ein. Die we­ni­gen Bar­tho­lo­mä­us Bruyn dem Jün­ge­ren zu­ge­schrie­be­nen Al­tar­wer­ke blei­ben da­ge­gen we­nig in­no­va­ti­ve, hand­werk­li­che Leis­tun­gen epi­go­na­ler Art.

Mit sei­nem Tod ging die fast 100 Jah­re an­dau­ern­de Do­mi­nanz der Ma­l­er­fa­mi­lie Bruyn in Köln zu En­de. Dies lässt, un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­ner Viel­zahl von un­be­kann­ten Künst­lern, die im Stil der Bruyns ar­bei­te­ten, den Na­men Bruyn zu ei­nem „Sam­mel­be­griff der Pro­duk­ti­on ei­ner Epo­che“ wer­den (Wolf­gang Braun­fels 1955).

In der Stel­lung als Ma­ler in Köln lös­te ihn der aus Lö­wen ge­bür­ti­ge Gort­zi­us Gel­dorp (1553–1616) ab. 1610 erst­mals von der Ma­ler­gaf­fel in den Köl­ner Rat ge­wählt, war Gel­dorp schon zu Leb­zei­ten Bruyns des­sen stärks­ter Kon­kur­rent auf dem Por­trät­markt ge­we­sen.

Die Enkelgeneration

Ein Sohn Arnt Bruyns, Bar­tho­lo­mä­us Braun (Bar­tho­lo­mä­us Bruyn, Bar­t­hé­lé­my le Brun?), wird, um 1550/1560 (in Köln?) ge­bo­ren, als Por­trät­ma­ler des loth­rin­gi­schen Her­zogs in Nan­cy ge­nannt. Ab 1590 ist er laut Rats­pro­to­kol­len in Frei­burg im Breis­gau nach­ge­wie­sen; hier wird er 1593 auch als „Bar­tho­lo­meus Braun von Cöln Con­tra­fe­ter“ so­wie im Zunft­buch der Ma­ler ver­merkt. In Frei­burg be­mal­te er die Fas­sa­de des Bas­ler Ho­fes und lie­fer­te für des­sen Ka­pel­le im Auf­trag des Bas­ler Dom­herrn und apos­to­li­schen Pro­to­no­tars Dr. Jo­han­nes Setrich 1594/1595 ein groß­for­ma­ti­ges Lein­wand­bild (Au­gus­ti­ner­mu­se­um Frei­burg), ei­ne Kreu­zi­gung Chris­ti, in die er sein Selbst­bild­nis in his­to­ri­sie­ren­dem Kos­tüm mit dem bruyn­schen Fa­mi­li­en­wap­pen ein­füg­te – ein ro­tes, stei­gen­des Pferd, den „Brau­nen“, auf sil­ber­nem Grund. Wei­te­re Ar­bei­ten sind nicht be­kannt. Von den Fürs­ten­ber­gern zu Do­nau­eschin­gen er­hielt Bar­tho­lo­mä­us Braun Bild­nis­auf­trä­ge. 1603 stand er als Hof­ma­ler im Dienst des pfäl­zi­schen Kur­fürs­ten zu Hei­del­berg. Ur­kun­den wei­sen Braun als ge­walt­tä­ti­gen Mann aus.

Gott­fried von We­dig (1583-1641), ein En­kel müt­ter­li­cher­seits des Jün­ge­ren Bar­tho­lo­mä­us Bruyn, be­grün­de­te die Stil­le­ben­ma­le­rei in Köln. Er gilt, ob­wohl re­for­mier­ten Glau­bens, ne­ben den zu­ge­wan­der­ten Meis­tern – dem Lö­we­ner Gel­dorp, dem Wetz­la­rer Franz Kess­ler (um 1580– um 1650) und dem Ant­wer­pe­ner Hie­rony­mus van Kes­sel (1578–1636) als wich­tigs­ter ein­hei­mi­scher Por­trä­tist der ka­tho­li­schen Köl­ner Ober­schicht im 17. Jahr­hun­dert.

Quellen

Das Buch Weins­berg. Köl­ner Denk­wür­dig­kei­ten aus dem 16. Jahr­hun­dert, Band 1-2 be­arb. von Kon­stan­tin Höhl­baum, Band 3-4 be­arb. von Fried­rich Lau, Band 5 be­arb. von Jo­sef Stein, Leip­zig 1887-1886, Bonn 1897-1898, 1926, Nach­druck Düs­sel­dorf 2000.

Literatur

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zu Pau­lus Bruyn
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zu Bar­tho­lo­mä­us Bruyn dem Jün­ge­ren
Lan­ger, Ute, Die kon­fes­sio­nel­le Gren­ze im früh­neu­zeit­li­chen Köln. Das Zu­sam­men­le­ben von Re­for­mier­ten und Ka­tho­li­ken zwi­schen An­pas­sung und Ab­gren­zung, in: Ge­schich­te in Köln 53 (2006), S. 35–62,
Tüm­mers, Horst-Jo­han­nes, Bar­tho­lo­mä­us Bruyn der Jün­ge­re, in: Wall­raf-Ri­ch­artz-Jahr­buch 32 (1970), S. 113–134.

zu Bar­tho­lo­mä­us Braun
Schaub, Fried­rich, Der Köl­ner Ma­ler Bar­tho­lo­mä­us Braun in Frei­burg 1590–1603, in: Schau-ins-Land 74 (1956), S. 102–114.

Online

Di­gi­ta­le Er­fas­sung so­wie his­to­ri­sche und sprach­ge­schicht­li­che Aus­wer­tung der Auf­zeich­nun­gen des Köl­ner Bür­gers Her­mann Weins­berg (1518–1597) (Pro­jek­t­in­for­ma­ti­on der Ab­tei­lun­gen für Rhei­ni­sche Lan­des­ge­schich­te und Sprach­for­schung am In­sti­tut für ge­schicht­li­che Lan­des­kun­de der Rhein­lan­de 
der Rhei­ni­schen Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät Bonn). [On­line]

DE-2086, LVR_ILR_0000148218.

 
Zitationshinweis

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Löw, Annekatrein, Familie Bruyn, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/familie-bruyn-/DE-2086/lido/57c689c2358108.25294453 (abgerufen am 19.03.2024)