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Balthasar Neumann zählt zu den großen Baumeistern des 18. Jahrhunderts. Nach 1740 war er der bekannteste Architekt zwischen Bonn und Konstanz, vom Rhein bis zur Donau.
Balthasar Neumann wurde am 27.1.1687 in Eger (Böhmen) als Sohn des Tuchmachers Christoph Neumann (gestorben 1713) und dessen Frau Rosina Grassold geboren und am 30.1.1687 in der Kirche St. Niklas in Eger getauft. In seiner Geburtsstadt erlernte er das Geschütz- und Glockengießerhandwerk sowie die Brunnenmacherkunst. Als Geselle kam er 1711 nach Würzburg, arbeitete als Gießer, trat in die Fränkische Kreisartillerie ein und bildete sich zum Ingenieur für das Militärbauwesen und zum Architekt für die Zivilbaukunst weiter. Seine Architektenkarriere begann, als der Würzburger Fürstbischof Philipp Franz von Schönborn (Episkopat 1719-1724) ihn mit der Planung und Bauleitung der Würzburger Residenz betraute.
Trotz des Übermaßes an Verantwortung für das gesamte Baugeschehen im Dienst mehrerer Fürstbischöfe von Würzburg und Bamberg, die Neumann ein rastloses Reiseleben abverlangte, bewahrte er sich seine Schöpferkraft für grandiose Sakralbauten wie die Würzburger Hofkirche, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen oder die Benediktinerabteikirche Neresheim. Kein anderer Baumeister des 18. Jahrhunderts schuf phantasievollere Raumgebilde und wagte kühnere Konstruktionen.
Neumanns Ruf als technischer Genius, der die verfahrendsten Bausituationen ins Gegenteil zu verkehren wusste, war weit über das Frankenland hinaus gedrungen, so auch an den Hof des Kölner Kurfürsten Clemens August. Zwischen 1740 und 1745 weilte Neumann mehrmals in Bonn und Brühl, um den Kurfürsten in Bauangelegenheiten zu beraten und um Planungsaufträge entgegenzunehmen. Von jeder Reise an den Rhein berichtete Neumann seinem Dienstherrn, dem Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn (Episkopat 1729-1746), ausführlich in Briefen.
Das Hauptproblem für Neumann 1740 bei seiner ersten Begegnung mit Clemens August im Brühler Schloss Augustusburg war die Planung des Treppenhauses. Sofort nach der Begrüßung führte der Kurfürst den Baumeister und einige Minister in den gantzen bau durch alle fertige vndt unfertige Zimmer und zeigte Neumann die fehler vndt ahnständ. Clemens August versprach, beim Dienstherrn in Würzburg für Neumann, der noch am Abend die Reise nach Köln fortsetzen wollte, einen Reiseaufschub von acht Tagen für Planungsarbeiten zu erbitten. Neumann glaubte, die haubt Idee werde wohl inner 3 vier tagen können gemacht werdten. Er wollte so lange vunterthänigst aufwardten vndt mit meiner wenigen möglichkeit mich darahn machen, so auch geschenen, und er war sicher, daß seine Churfürstl. Durchleicht vergnügen werdten haben.
Begleiter Neumanns war sein bester Zeichner Johann Wolfgang van der Auvera (1708-1756). Von dessen Hand stammen als einzige erhaltene Plandokumente für Brühl aus Neumanns Büro zwei Entwürfe für das Treppenhaus (in der Sammlung Zengeler des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland, Pulheim). Neumann erwähnte mit Hochachtung den örtlichen Hofarchitekten Michael Leveilly, mit dem er vertrauensvoll zusammenarbeitete.
Bei seinem Besuch in Brühl 1741 brillierte Neumann nach einem Diner beim Kurfürsten im Kreis der Gesandten Frankreichs, Sachsens und Bayerns und ihrer Bauberater. Bald uferten ihre Ratschläge in verbalia aus, und Neumann bat die erlauchte Tischgesellschaft zur Ortbesichtigung, trug seine ohnmaßgebliche meinung anhand eines Modells des künftigen Treppenhauses vor und erhielt den Beifall aller Anwesenden: mit hin ich keinen deren gedancken gefolget vndt was bessers gemacht. Schloss Augustusburg erhielt dank Neumann eine verkleinerte souverän gelöste Variante des raumverschwenderischen Treppenhauses der Würzburger Residenz - eine Lösung aber, die in Brühl den vorgegebenen beengten Raum vergessen macht. Als sich Neumann 1741 um die Ernennung zum Obrist der Fränkischen Kreisartillerie bewarb, erwähnte er auch den Besuch kürzlich in Brühl, wo er die gnad gehabt, einige gute unterthänigste dienste zum gnädigsten vergnügen zu tun, und erhielt den Posten.
Beim Besuch in Bonn 1742 kümmerte sich Neumann unter anderem in Begleitung von Leveilly um die Lösung von Problemen mit den Springbrunnen des Brühler Schlossgartens. Im Brief von einer Reise 1744 nach Bonn erwähnt Neumann das Poppelsdorfer Schloss, wo nach längerem Stillstand seit 1744 wieder eine lebhafte Bau- und Ausstattungstätigkeit in Gang gekommen war. Auf Neumann geht wahrscheinlich die körperhaft-plastisch gegliederte Fassadenarchitektur des Nordflügels mit dem Motiv der Doppelsäulen und ehemals flachgedrückten Korbbögen zurück (nach Kriegszerstörung verändert), ferner ist die elegant geschwungene doppelläufige Freitreppe des Gartenflügels Neumann zuzuschreiben. Für die Innenausstattung lieferte er Spiegelglas aus seiner Glashütte in Schleichach, die er als Unternehmer betrieb.
1745 war Neumann gleich zweimal Gast bei Clemens August. Für die Schlosskirche in Brühl gab dieser zu Anfang des Jahres privat bei dem Baumeister einen Hochaltar in Auftrag. Noch gegen Ende des Jahres konnte Neumann den Altar in Gegenwart des Kurfürsten aufsetzen lassen. Es sollte der glanzvollste und originellste unter Neumanns Altarschöpfungen sein.
Bei diesem letzten bekannten Aufenthalt Neumanns plante er in Bonn ein starckes project: einen neuen Marstall oder Teile für eine bestehende Anlage (um 1908 abgerissen). Mit dem Kurfürsten fuhr Neumann in der Kutsche auf den Kreuzberg bei Poppelsdorf, wo an die ältere Wallfahrtskriche eine der vielen Nachbildungen der Heiligen Stiege beim Lateran in Rom zu errichten war. Für die in Würzburg ausgearbeiteten Pläne benutzte Neumann aus seiner Plansammlung eine Bauaufnahme der Heiligen Stiege der Kirche im Karlshof zu Prag. Neumann überarbeitet diese Vorlage, die er für eine musterhafte Formulierung des Bautyps hielt, und brachte sie für die Heilige Stiege auf dem Kreuzberg (Grundsteinlegung 1748) künstlerisch zu letzter Reife.
Nach 1745 sind keine Reisen Neumanns nach Bonn und Brühl mehr überliefert. Die Verbindung zu Clemens August brach aber keineswegs ab. 1747 besuchte Neumann ihn in Mergentheim, wo Clemens August als Hochmeister des Deutschen Ordens residierte. 1750 verzeichnen die extraordinären Kabinettsrechnugen des Kurfürsten noch eine Summe für Glas, die dem obristen neumann von Würzburg gezahlt wurde.
Balthasar Neumann starb am 19.8.1753 in Würzburg. Er wurde drei Tage später mit militärischen Ehren in der dortigen Marienkapelle am Markt beerdigt.
Quellen
Lohmeyer, Karl, Die Briefe Balthasar Neumanns an Friedrich Karl von Schönborn, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg, und Dokumente aus den ersten Baujahren der Würzburger Residenz, Saarbrücken 1921.
Literatur
Hansmann, Wilfried, Balthasar Neumann. Fotografien von Florian Monheim, 2. Auflage, Köln 2003.
Hansmann, Wilfried, Balthasar Neumann in Bonn und Brühl. Zum 225. Todestag des Barockbaumeisters am 19. August 1978, in: Rheinische Heimatpflege 15 (1978), S. 161-167.
Hansmann, Wilfried, Schloss Augustusburg in Brühl. Fotografien von Florian Monheim, Worms 2002.
Sauser, Ekkart, "Neumann, Balthasar", in Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 6 (1993), Sp. 645-647.
Online
Korth, Thomas, "Neumann, Balthasar", in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S.140-142. [Online]
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Hansmann, Wilfried, Balthasar Neumann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/balthasar-neumann/DE-2086/lido/57c953769b9b61.01135351 (abgerufen am 12.10.2024)