Der „Klosterlandschaft" Rheinland in den Grenzen des Landesteils Nordrhein von NRW ist das auf fünf Bände angelegte „Nordrheinische Klosterbuch" (NRKB) gewidmet. Es versteht sich als Grundlagenwerk für die vor 1800 entstandenen geistlichen Institute in diesem Raum, die in vier Bänden abgehandelt werden, während der fünfte Band die nach 1815 neu gegründeten Klöster umfassen soll, zuzüglich der Einrichtungen, die über die Zeit der Säkularisation hinaus weiter bestanden, weil sie dem Schulunterricht oder der Krankenpflege dienten.
Eine klösterliche Vielfalt zeichnete das nördliche Rheinland vor 1800 mit fast 70 unterschiedlichen Gemeinschaften aus. In rund zwölf Jahrhunderten entstanden dort – mit unterschiedlicher Dauer – über 400 Konvente (ohne die Beginenniederlassungen, die keine Regel angenommen hatten), allein auf Köln entfielen 70 geistliche Institute, gefolgt von der Stadt Aachen mit etwas weniger als der Hälfte. Der Raum zeichnete sich auch durch eine größere Zahl früher Gründungen aus, von denen das Bonner Cassiusstift, das Kloster und spätere Stift des heiligen Suitbert in Kaiserswerth, Maria im Kapitol in Köln, das Aachener Marienstift, die Abtei Werden, das Xantener Viktorstift, die Gründung des Klosters Inda (Kornelimünster) durch Ludwig den Frommen für den Mönchsreformer Benedikt von Aniane, oder das Kölner Domkapitel und die Stifte von Sankt Severin, Sankt Gereon oder Kunibert erwähnt seien. Einige Orden gründeten im nördlichen Rheinland ihre ersten Niederlassungen im Alten Reich: so die Zisterzienser in Kamp (1122), die Karmeliter (Mitte 13. Jahrhundert), die Jesuiten (1544), die Ursulinen in Köln (1639) oder waren zumindest mit frühen Niederlassungen dort vertreten. Das 17. Jahrhundert zeigte sich besonders gründungsfreudig: Fast 100 neue Institute, zum Teil auch neuer Orden, wurden im Geiste der Gegenreformation oder katholischen Reform allein im Nordrheinischen gegründet. Neben den Kölner Erzbischöfen als Initiatoren und Förderern taten sich dabei auch die katholischen Landesherren von Jülich-Berg hervor.
Das Konzept des neuen Grundlagenwerks zeigt der erste, Ende 2009 erschienene Band, der die Klöster von Aachen bis Düren behandelt. Die einzelnen Institute, die nach der heutigen kommunalen Zugehörigkeit geordnet sind, werden nach einem differenzierten Gliederungsschema bearbeitet, das weitgehend dem des „Westfälischen Klosterbuchs" (2 Bände, hg. von Karl Hengst, Münster 1992/1994) entspricht, so dass Vergleichbarkeit nicht nur innerhalb des jeweiligen Landesteils gegeben ist, sondern auch mit den westfälischen Teilen der alten Erzdiözese Köln.
Das Gliederungsschema reicht – um nur einige zentrale Gliederungspunkte zu erwähnen – von der Lage und kirchlichen Zugehörigkeit und den Patrozinien über die Rechtsform und Verfassung des jeweiligen Konvents, die allgemeine geschichtliche Entwicklung, die Stellung im Orden, eventuelle Filiationen, die Konventsgröße, die kulturellen Beziehungen, die spirituelle und liturgische Ausrichtung, die Besitzverhältnisse und die wirtschaftliche Ausstattung wie Betätigung, die baulichen Verhältnisse, die Ausstattung mit Altären, Orgeln, liturgischen Geräten, Handschriften und Bibliotheken sowie einem Archiv, bis hin zu Angaben über das geistliche Personal (Äbte, Pröpste beziehungsweise Äbtissinnen und Pröpstinnen oder so genannte Mütter bei den Frauenklöstern, Beichtväter, Dekane bei den Domkapiteln und Stiften). Eingangs wird das jeweilige Institut kurz charakterisiert, so dass dessen Dauer und Bedeutung sofort erkennbar werden. Der Hinweis auf die Forschungslage lässt auf den Kenntnisstand, der dem Artikel zugrunde liegt, schließen, zumal wohl nur in Ausnahmefällen auf ungedruckte Quellen zurückgegriffen worden ist. Angemerkte Desiderate können als Anregung für weitere Forschungen dienen.
Die ganze Bandbreite der erwähnten klösterlichen Vielfalt repräsentieren schon die in Band 1 bearbeiteten Konvente von Aachen bis Düren, zu denen beispielsweise das von Karl dem Großen gegründete Marienstift in Aachen, das Jahrhunderte lang als Krönungsstift diente, und das im Frühmittelalter entstandene, bedeutende und mit reicher Grundherrschaft im ganzen Rheinland ausgestattete Bonner Cassiusstift ebenso gehören wie die Niederlassungen der Ritterorden, der Bettelorden, der Pflegeorden, der weiblichen Schulorden, die sich seit dem 17. Jahrhundert der Mädchenbildung annahmen, oder der aus der religiösen Frauenbewegung des Mittelalters heraus entstandenen Gemeinschaften, aber auch viele kleine, bestenfalls lokal oder kleinräumig-regional bedeutende Klöster, über die bislang kaum etwas bekannt war.
Dem Band sind eine Übersichtskarte der Kommunen mit Klöstern und Stiften der Bände 1-4, die allerdings in der Darstellung grenzwertig, weil kaum lesbar ist, sowie Pläne der Stadtkerne von Aachen, Bonn und Düren, der drei in dem Band behandelten Städte mit der höchsten Konventsdichte, beigeben.
Den Herausgebern ist zu wünschen, das sie das Ziel der zügigen Veröffentlichung der ausstehenden Bände erreichen. Der Landesteil Nordrhein wird dann um ein wichtiges historisches Grundlagenwerk reicher sein, das nachhaltig zur Sicherung und Wahrung des kulturellen Erbes des Rheinlands beiträgt.
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Wensky, Margret, Groten, Manfred/Mölich, Georg/Muschiol, Gisela/Oepen, Joachim (Hg.), Nordrheinisches Klosterbuch. Lexikon der Stifte und Klöster bis 1815, Teil 1: Aachen bis Düren (Studien zur Kölner Kirchengeschichte 37, 1), Siegburg 2009, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Verzeichnisse/Literaturschau/groten-manfredmoelich-georgmuschiol-giselaoepen-joachim-hg.-nordrheinisches-klosterbuch.-lexikon-der-stifte-und-kloester-bis-1815-teil-1-aachen-bis-dueren-studien-zur-koelner-kirchengeschichte-37-1-siegburg-2009/DE-2086/lido/57d15eeb677e89.20912922 (abgerufen am 09.10.2024)