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Louise Henriette von Oranien-Nassau war die erste Frau des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688, Regierungszeit 1640-1688). Sie zeichnete sich durch Frömmigkeit und Wohltätigkeit aus. Auch wirkte sie als Kulturmittlerin zwischen den Niederlanden und Brandenburg-Preußen. In ihrem von Reisen geprägten Leben machte sie auch für einige Jahre im Herzogtum Kleve Station, das zu Brandenburg-Preußen gehörte.
Geboren wurde sie am 7.12.1627 in Den Haag als Tochter des niederländischen Generalstatthalters Friedrich Heinrich von Oranien-Nassau (1584-1647) und seiner Gattin Amalia zu Solms-Braunfels (1602-1675). Louise Henriette war nach ihrem Bruder Wilhelm II. (1626-1650) das zweite Kind der Statthalterfamilie. Ihre Schwestern Albertine Agnes (1634-1696), Henriette Katharina (1637-1708) und Maria (1642-1688) erreichten als einzige der sieben weiteren Geschwister das Erwachsenenalter. Louise Henriette wurde in einer Phase geboren, in der die Oranier-Dynastie auf eine enge Verflechtung mit deutschen Fürstentümern setzte. So wurden alle vier Töchter mit deutschen Fürsten verheiratet. Das Haus Oranien-Nassau, welches seit dem späteren 16. Jahrhundert einen Bedeutungs- und Machtzuwachs erlebt hatte, wollte seinen Einfluss weiter steigern und betrieb daher eine offensive Heiratspolitik. Dabei erwies sich Amalia zu Solms-Braunfels in den Heiratsverhandlungen ihrer Kinder als geschickte Diplomatin.
Auch bei der Verheiratung von Louise Henriette verfolgte Amalia ambitionierte Ziele. Zunächst war keine Verbindung mit den Hohenzollern angestrebt worden, sondern der Heirat Louise Henriettes mit dem jungen Kurfürsten Friedrich Wilhelm gingen gescheiterte Versuche voraus, sie hochrangig zu verheiraten. Ihre erste Verlobung mit Heinrich Casimir I. von Nassau-Diez (1612-1640) wurde geschlossen, als Louise Henriette 13 Jahre alt war. Heinrich fiel jedoch 1640 in der Schlacht bei Hulst, und Louise Henriette machte sich Hoffnungen, den französischen Prinzen Henri Charles de La Trémoille (1620-1672) zu ehelichen, in den sie sich verliebt hatte. Das wurde ihr jedoch von ihrer Mutter deutlich untersagt. Auch Verhandlungen, Louise Henriette mit dem englischen Thronfolger Charles II. (1630-1685) zu verheiraten, schlugen fehl, da eine solche Verbindung eine dauerhafte Verpflichtung der Oranier gegenüber England bedeutet hätte, wovor diese jedoch zurückschreckten. Die langen Verhandlungen mit England verliefen schließlich im Sande, wohingegen sich die verhandelnden Parteien schnell einigen konnten, als es um die Eheschließung zwischen dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und der jungen Oranierin ging. Bereits im September 1646 – man verhandelte erst seit rund zwei Monaten − wurde die anstehende Hochzeit bekannt gegeben. Nicht nur die englischen Verhandlungsteilnehmer waren über diese Wendung wenig erfreut, auch Louise Henriette soll der Verbindung wenig glücklich entgegengesehen haben.
Die Hochzeit zwischen Louise Henriette und dem Kurfürsten fand am 7.12.1646 statt, vorgezogen wegen der ernsthaften Erkrankung des Vaters der Braut. Louise Henriette blieb bis zum Ableben des Vaters am 14.3.1647 in Den Haag. Anschließend zog das junge Paar nicht direkt nach Berlin, sondern nach Kleve und residierte dort bis 1650.

Doppelporträt Louise Henriettes von Oranien-Nassau und des Großen Kurfürst Friedrich Wilhelm I. (1620-1688), Ölgemälde von Pieter Nason (1632-1690) aus dem Jahr 1666, heute Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. (Gemeinfrei)
Der Aufenthalt in Kleve hatte politische Gründe, die die Präsenz des Kurfürstenpaares in ihrem rheinischen Territorium erforderten. Zum einen liefen Bündnisverhandlungen mit der Republik der Vereinigten Niederlande. Der Kurfürst erhoffte sich durch ein Bündnis mit den Generalstaaten eine bessere Verhandlungsposition beim Westfälischen Friedenskongress, um seine Ansprüche auf Pommern gelten zu machen. Zum anderen musste auch das Verhältnis zwischen den klevisch-märkischen Ständen und dem brandenburgischen Landesherrn ausgelotet werden. Nach dessen Klärung durch einen Landtagsabschied vom 9.10.1648 brach der Kurfürst nach Berlin auf. Louise Henriette folgte ihm kurze Zeit später mit dem im Mai des Jahres geborenen Thronfolger Wilhelm Heinrich. Auf dem Weg nach Berlin erfuhr Louise Henriette jedoch einen schweren Schicksalsschlag: Der einjährige Wilhelm Heinrich starb am 24.10.1648 in Wesel nach einer kurzen Krankheit. Louise Henriette reiste zurück nach Den Haag, um bei ihrer Mutter Trost zu finden. Erst 1650 zog die Kurfürstin in das renovierte Schloss in Cölln an der Spree.
Louise Henriettes Leben war von Umbrüchen und vielen Reisen geprägt. Die Eheschließung mit Friedrich Wilhelm entwickelte sich für die Oranierin zu einer glücklichen Partnerschaft. Die Kurfürstin war Zeit ihres Lebens eine wichtige Beraterin und Stütze ihres Mannes und verbrachte viel Zeit damit, ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Sie folgte Friedrich Wilhelm sogar bis zu den Kriegsschauplätzen des Nordischen Krieges (1655-1660).
In der Forschung wurde lange die politische Rolle und beratende Funktion Louise Henriettes unterschätzt. So ist ihre Leitungsfunktion am kurfürstlichen Hof in der herrscherlichen Repräsentation und höfischen Kommunikation als besonders erfolgreich hervorzuheben. Otto von Schwerin (1616-1679), später Oberpräsident der kurfürstlichen Regierung, war beispielsweise zuerst als Hofmeister für Louise tätig. Der Briefwechsel mit Schwerin bietet den wichtigsten Quellenbestand über den kurbrandenburgischen Hof in dieser Zeit und die Ansichten der Kurfürstin. In ihren Briefen berichtet sie über ihre Bauvorhaben für das Amt Bützow und die Gestaltung des Schlosses Oranienburg, welches ihr der Kurfürst 1650 geschenkt hatte, aber auch über die Liebe zum Kurfürsten und zu ihren Kindern sowie ihren großen Wunsch, möglichst viel Zeit mit der Familie verbringen zu dürfen und ihre Kinder aufwachsen zu sehen.
Louise Henriette gebar Friedrich Wilhelm sechs Kinder, von denen drei das Kindesalter überlebten. Nach dem Tod des ersten Sohnes und einer folgenden Fehlgeburt blieb die Thronfolge für kurze Zeit, bis zur Geburt Karl Emils (1655-1674) und endgültigen Absicherung der Nachfolge mit der Geburt Friedrichs (1657-1713, Regierungszeit 1688-1713), offen. Die Kurfürstin tat sich als liebende Mutter hervor, und besonders der spätere erste preußische König, Friedrich I., schätzte seine Mutter sehr. So berichtet bereits der Erzieher der Prinzen, Otto von Schwerin, von der engen Bindung zwischen Mutter und Sohn. Friedrich unterstrich diese besondere Beziehung lange nach dem Tod seiner Mutter nachhaltig dadurch, dass er das Schloss Oranienburg zum Gedenken an die Mutter neu herrichten ließ.

Denkmal der Louise Henriette von Oranien-Nassau von Friedrich Wilhelm Wolff (1816-1887) aus dem Jahre 1858 vor dem Schloss Oranienburg, 15.07.2018, Foto: Margret Wensky. (Privatbesitz)
Louise Henriettes Verbindung zu ihrer niederländischen Heimat und zum Niederrhein war eine Konstante in ihrem Leben. So trieb sie den Kulturtransfer zwischen Brandenburg-Preußen und den Niederlanden maßgeblich voran. Sie ließ ab 1651 das Schloss Oranienburg in Namen und Stil zum Andenken an ihre oranische Herkunft errichten. So erhielt das Schloss 1663 das für die Niederlande zeitgenössisch typische Porzellankabinett, welches das erste seiner Art in Brandenburg war. Auch in den Bereichen Gartenbau, Landwirtschaft, Architektur und Kunstpolitik nutzte Louise Henriette die Verflechtungen ihrer Dynastie und bereicherte die Heimat ihres Ehemannes entscheidend. Der von ihr angeregte Austausch war sowohl nachhaltig als auch hochwertig, wie sich an den Veränderungen und Innovationen beispielsweise des Amtes Bötzow und den von Louise Henriette nach niederländischem Vorbild initiierten landwirtschaftlichen Neuerungen zeigt.
Über ihre Vermittlertätigkeit hinaus konzentrierte Louise Henriette sich vor allen Dingen auf ihr religiöses Leben. Sie war eine fromme reformierte Christin. Wie auch in den Niederlanden und anderen reformierten Gebieten üblich, stiftete Louise Henriette ein Waisenhaus in Oranienburg, das 1665 im Wesentlichen fertiggestellt war. Sie setzte sich auch für die Rechte der Reformierten in den brandenburgischen Territorien ein. Dies hängt unter anderem mit der Prädestinationslehre des reformierten Glaubens und den daraus resultierenden Ansprüchen an das irdische Leben der Gläubigen zusammen. Nicht zu bestätigten ist jedoch die lange gehegte Vermutung, Louise Henriette sei die Autorin einiger calvinistischer Kirchenlieder gewesen.

Schloss Oranienburg von Johann Gregor Memhardt (1607-1678), 1689-1694 von Johann Arnold Nehring (1659-1695) erweitert,13.1.2013. (CC BY-SA 3.0 / Avda)
Louise Henriette folgte ihrem Mann 1665 ein weiteres Mal in das Rheinland, abermals hatte der Aufenthalt des Kurfürstenpaares politische Gründe. Die geographische Lage der Besitzungen und die militärischen Kapazitäten des Kurfürsten waren für den Niederländisch-Englischen Seekrieg (1665-1667) mit Beteiligung des Fürstbistums Münster auf der Seite Englands von Bedeutung. Die jeweiligen Konfliktparteien versuchten in Kleve, den Kurfürsten für ihre Seite zu gewinnen. Doch dieser führte durch sein vermittelndes Eingreifen den Frieden herbei, der am 18.4.1666 in Kleve geschlossen wurde. Während der Verhandlungszeit in der niederrheinischen Residenzstadt war Louise Henriette vor allem in das repräsentative und kommunikative Geschehen mit ausländischen Gesandtschaften eingebunden, welche zu den Bündnis- und Friedensverhandlungen aus ganz Europa in das Rheinland gekommen waren.
Louise Henriettes Wunsch, ihre Kinder weiter aufwachsen zu sehen, ging nicht in Erfüllung. Tief betrauert von ihrem Gatten, ihren Kindern und dem Hofstaat, starb sie am 18.6.1667 in (Berlin-)Cölln im Alter von nur 39 Jahren an Schwindsucht (Tuberkulose). Ihr Grab befindet sich in der Hohenzollern-Gruft im Berliner Dom.
Die Oranierin blieb weit über ihren Tod hinaus nicht nur als Mutter des ersten preußischen Königs im kollektiven Gedächtnis lebendig. Besonders in Stadt und Schloss Oranienburg, wo auf dem Schlossvorplatz seit 1858 ihr lebensgroßes Standbild, geschaffen von Wilhelm Wolff (1816-1887), steht, wird die Erinnerung an ihre Gründerin und „Namenspatronin“ intensiv gepflegt. Im niederrheinischen Moers, das 1701/1702 aus ihrem Erbe an Preußen fiel, ist Louise Henriette seit 1904 durch ihre markant vor dem Schloss errichtete Statue – ein Werk des Bildhauers Heinrich Baucke (1875-1915) – präsent. Louise Henriette ist allerdings nie in Stadt und Grafschaft Moers gewesen.
Seit der Jahrtausendwende rückte die Kurfürstin auch als eigenständige Person in das Blickfeld der interessierten Öffentlichkeit und gewann im Rahmen der Gender- und Frauenforschung wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Die Oranierin blieb zeit ihres Lebens stets mit ihren niederländischen Wurzeln verknüpft; es gelang ihr durch eben diese Verbindung, die sich nicht zuletzt auch auf den niederrheinischen Raum erstreckte, nachhaltig emotionalen und politischen Einfluss auf ihren Ehemann zu nehmen.
Quellen
Orlich, Leopold von, Geschichte des preußischen Staates im siebzehnten Jahrhundert. Mit besonderer Beziehung auf das Leben Friedrich Wilhelm’s des Großen Kurfürsten. Aus archivalischen Quellen und vielen noch ungekannten Original-Handschriften, 3 Teile, Berlin 1838-1839.
Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, 23 Bände, Berlin/Leipzig 1864-1930.
Literatur
Hammer, Ulrike, Kurfürstin Luise Henriette. Eine Oranierin als Mittlerin zwischen den Niederlanden und Brandenburg-Preußen, Münster [u.a.} 2001.
Hantsche, Irmgard, Die Niederrheinlande und Brandenburg-Preußen. Der niederländische Einfluss auf Brandenburg-Preußen am Niederrhein, in: Mölich, Georg/Pohl, Meinhard/Veltzke, Veit (Hg.), Preußens schwieriger Westen. Rheinisch-preußische Beziehungen, Konflikte und Wechselwirklungen, Duisburg 2003, S. 27-61.
Kaiser, Michael/Luh, Jürgen/Rohrschneider, Michael (Hg.), Machtmensch – Familienmensch. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688). Unter redaktioneller Mitarbeit von Jonas Bechtold. Bildredaktion: Jessica Korschanowski, Münster 2020.
Vetter, Klaus, Oranien-Nassau und die Hohenzollern im 17./18. Jahrhundert. Zur Charakterisierung einer Beziehung, in: Onder den Oranje boom. Niederländische Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen Textband, hg. v. Horst Lademacher, München 1999, S. 213-224. Zuerst in: Lademacher, Horst (Hg.), Oranien-Nassau, die Niederlande und das Reich. Beiträge zur Geschichte einer Dynastie, München 1995, S. 97-124.

Das von Louise Henriette gestiftete, 1912 erweiterte, ehemalige Waisenhaus in Oranienburg, 10.4.2009. (CC BY-SA 3.0 / Dreizung)
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Ovesiek, Rahel, Louise Henriette von Oranien-Nassau, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/louise-henriette-von-oranien-nassau/DE-2086/lido/5f2001ca6f1711.51635451 (abgerufen am 11.02.2025)
Veröffentlicht am 28.07.2020, zuletzt geändert am 04.08.2020