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Prälat Ludwig Wolker war eine der herausragenden Persönlichkeiten der katholischen Jugendpastoral in Deutschland und des deutschen Sports. Obwohl immer eng seiner bayerischen Heimat verbunden, war sein Lebens- und Arbeitsmittelpunkt über Jahrzehnte das Rheinland, dem er auch nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst 1952 treu blieb.
Ludwig Wolker wurde am 8.4.1887 als zweites von vier Kindern des Oberzollrats Ludwig Wolker (1856-1933) und seiner Ehefrau Maria (1863-1947), einer Brauerstochter, in München geboren. Der Vater war evangelisch, die Mutter katholisch. Nach dem Abitur am Königlichen Luitpold-Gymnasium (heute Albert-Einstein-Gymnasium) begann er 1906 ein Studium der Theologie und Philosophie in München und Innsbruck. Bereits in seinen Innsbrucker Studienjahren zeigten sich sein Organisationstalent und sein Interesse an sozialen Fragen. Nach der Priesterweihe am 29.6.1912 im Dom zu Freising und ersten Stationen als Gemeindepriester in Oberaudorf und Salzburghofen (heute Freilassing) kehrte er in seine Heimatstadt München zurück. Rasch erwarb er sich den Ruf eines guten Kinder- und Jugendpredigers. Nach dem Wechsel als Lehrer an Münchner Berufsschulen wurde Ludwig Wolker 1925 Diözesan- und Landespräses der katholischen Jugendvereine Bayerns. Damit war der Weg zum Jugendseelsorger außerhalb der Arbeit in einer Pfarrgemeinde endgültig beschritten.
Nach dem überraschenden Tod des Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD), Carl Mosterts, im Jahr 1926 wurde Wolker noch im gleichen Jahr zu dessen Nachfolger gewählt und stand somit an der Spitze eines der größten Jugendverbände Deutschlands. Mit der Wahl wurde er gleichzeitig 1. Vorsitzender des DJK-Sportverbandes, der 1920 aus dem KJMVD hervorgegangen war. Der Dienstsitz für beide Einrichtungen war das Jugendhaus Düsseldorf. Damit galt es für Ludwig Wolker, von Bayern in das Rheinland umzuziehen, wo er mit Unterbrechung während des Zweiten Weltkriegs bis zu seinem Tod 1955 lebte.
Wolker führte Mosterts‘ Arbeit in beiden Verbänden fort und setzte rasch auch neue eigene Akzente. Entgegen allen Erwartungen arbeitete er sich in das ihm fremde Arbeitsfeld Sport gut ein, prägte zunehmend die erzieherische Arbeit der DJK und verfasste grundlegende Texte zum Thema Ethos und Sport. In seiner jugendpastoralen Arbeit im KJMVD ging es ihm vor allem um die Stärkung der Stellung der Jugendlichen im Verband. Sie sollten zu Führungspersönlichkeiten herangebildet werden, um Verantwortung im und für den Verband übernehmen zu können. Dazu diente vor allem das im Bergischen Land gelegene Haus Altenberg (Gemeinde Odenthal), das seit 1922 zur Bildungsstätte ausgebaut worden war. Der KJMVD erhielt eine klare Verbandsstruktur von der Pfarr- und Diözesan- bis auf Reichsebene und wurde nach Altersstufen in drei Gruppen gegliedert (Jungschar, Jungenschaft und Jungmannschaft). Auf verschiedene gesellschaftspolitische Fragen wurden unter Wolker in den Jahren der Weimarer Republik Antworten gegeben: eine Jugendbank als Antwort auf die oftmals schwierige finanzielle Situation von Jugendlichen und der Freiwillige Arbeitsdienst, mit dem der hohen Jugendarbeitslosigkeit begegnet werden sollte.
Das Erzieherische in Wolkers Werk stand im Einklang mit den Zielen des KJMVD. Er sah es als Aufgabe der Kirche an, die Jugendlichen zu selbstbewussten Christen zu erziehen, die ihre Aufgabe in Kirche, Staat und Familie erfüllten. Sie sollten keine Jasager sein, aber dennoch treu und folgsam zur Kirche stehen. Wolker scheute Auseinandersetzungen nicht und verstand es, seine Ziele durchzusetzen. Gleichzeitig stand er auch zu denen, deren Meinung er nicht teilte. Das galt für den Verband wie für den deutschen Episkopat. Trotz Differenzen blieb Wolker stets ein Diener seiner Kirche, und trotz seiner Stellung als KJMVD-Generalpräses war für ihn die kirchliche Hierarchie und die übergeordnete Position der Bischöfe, deren Entscheidungen und Anordnungen zu befolgen waren, unstrittig. Treue und Gehorsam galt es nicht nur Gott und der Kirche entgegenzubringen, sondern auch Volk und Staat - in dieser Reihenfolge.
Bemühungen der katholischen Jugend, innerkirchlich Veränderungen herbeizuführen, wurden von Wolker aufgegriffen und unterstützt. So gab er das Buch „Kirchengebet“ heraus, in dem den lateinischen Texten der Messfeier die deutschen Übersetzungen gegenüberstanden. Dadurch waren die Jugendlichen in der Lage, die Messe mitzubeten, was seinerzeit nicht selbstverständlich war. Wolker brachte für die Skeptiker unter den Klerikern zwar Verständnis auf, aber er kritisierte auch das „Mißtrauen [...] aus einer falschen Grundhaltung kirchlichen Denkens und religiöser Pädagogik, die sich oft fast grundsätzlich gegen alles Neue, Junge, Lebendige im religiösen Bereich wandte.“[1]
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hoffte Wolker zunächst wie viele Verantwortliche in der katholischen Kirche, dass das 1933 geschlossene Konkordat zwischen Vatikan und Deutschem Reich Rechtssicherheit brächte und die weitere Arbeit sicherstellte. 1935 verfasste Wolker aber eine Denkschrift an die Fuldaer Bischofskonferenz zur Situation der Verbände, in der er auf zahlreiche Probleme hinwies. Dass nicht alle Jugendlichen die vielen Beschränkungen hinnahmen, zeigen zahlreiche Berichte über Schikanen und Verhaftungen, die Wolker und die Zentrale in Düsseldorf erreichten. Die Nationalsozialisten erschwerten die Arbeit des DJK-Sportverbandes und verboten den Verband bereits 1935. Besonders schmerzlich war die Ermordung des DJK-Reichsführers Adalbert Probst (1900-1934), den Wolker selbst nach Düsseldorf geholt hatte, durch die Nationalsozialisten im Jahr 1934.
Wolker bemühte sich, die Geschicke des KJMVD so zu leiten, dass er möglichst unbeschadet und uneingeschränkt seine Arbeit fortführen konnte. Konflikte mit den Machthabern blieben dabei nicht aus. So gehörte er 1936 zu den im Rahmen des „Berliner Katholikenprozesses“ verhafteten Priestern und Laien. Während andere wie Kaplan Joseph Rossaint (1902-1991) und Franz Steber (1904-1983) zu Zuchthausstrafen verurteilt wurden, kam Wolker aus der Untersuchungshaft wieder frei und konnte seine Arbeit fortsetzen. Immer wieder wurde das Jugendhaus Düsseldorf geschlossen, Akten wurden beschlagnahmt und die Verbandszeitschriften zeitweise verboten. Schließlich kam für den Verband das endgültige Verbot am 6.2.1939.
Wolker verließ nun für einige Jahre das Rheinland und kehrte nach Bayern zurück. Von dort aus beschritt er neue Wege in der kirchlichen Jugendarbeit. Er schulte Priester und die Mitarbeitenden in den neu errichteten Diözesanjugendämtern und unterstütze den von den deutschen Bischöfen mit der Sorge um die Jugend betrauten Mainzer Bischof Albert Stohr (Episkopat 1935-1961) im „Dreierrat für Jugendseelsorge“. So gut es ging, hielt Wolker Kontakt zu „seinen“ Jugendlichen. Per Brief und durch Publikationen versuchte er weiterhin als Seelsorger an ihrer Seite zu sein.
Nach Mai 1945 galt Wolkers Sorge der deutschen Jugend, die nach Nationalsozialismus und Krieg an nichts mehr glauben mochte und deren Zukunftshoffnungen auch durch die daniederliegende Wirtschaft düster zu sein schien. Doch musste der Seelsorger oftmals hinter dem Organisator zurücktreten. Im Auftrag der deutschen Bischöfe begann er mit dem Wiederaufbau der katholischen Jugendarbeit und bezog dazu ein Zimmer in Haus Altenberg. Dort gesellten sich andere Mitstreiter wie Hermann Klens (1880-1972), bis 1939 Generalpräses des größten katholischen Mädchenverbandes, dazu. Während die Bischöfe die Jugendarbeit weiterhin als Aufgabe der Diözesen ansahen, schufen zahlreiche Verbände mit ihren Wiederbegründungen andere Fakten. Wolker oblag es nun, einen Weg zu finden, der für alle gangbar war. Schließlich gelang es ihm bei einem Treffen in Hardehausen bei Paderborn nach langen, teilweise hitzigen Diskussionen und zähen Verhandlungen mit den Vertretern der Verbände eine „Einheit in Vielfalt“ zu erreichen: der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) wurde gegründet und Ludwig Wolker zum ersten BDKJ-Bundespräses Mannesjugend gewählt.
Im Bereich des Sports setzte sich Wolker nach 1945 dafür ein, dass dieser selbständig und nicht nur innerhalb des BDKJ tätig werden konnte, so dass im Oktober 1947 in Düsseldorf die DJK konstituiert wurde. Bis zu seinem Ausscheiden aus seinem DJK-Amt arbeitete Wolker vor allem an der Satzung, die auf dem Verbandstag im November 1953 in Bonn verabschiedet wurde. Daneben engagierte er sich auch bei der Gründung des Deutschen Sportbundes und war Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees.
Bei den zahlreichen Aufgaben im Bereich der katholischen Jugend(verbands)arbeit und des deutschen Sports zeigte sich zunehmend, dass seine Kräfte nachließen und die Zeit eine neue Sprache erforderte. Als er im Sommer 1952 einen Herzinfarkt erlitt, lösten ihn daher die deutschen Bischöfe von seinen Ämtern ab und bestimmten den bisherigen Diözesanjugendseelsorger von Limburg, Willy Bokler (1909-1974), zu seinem Nachfolger. Dennoch zog Wolker sich nicht ganz von den Aufgaben des Jugendseelsorgers zurück. So warb er beispielsweise um Autoren für die Zeitschrift „Jugendseelsorger“ und arbeitete an einer Darstellung seines jugendpastoralen Konzepts, der Pastorale Altenbergense. Ludwig Wolker starb überraschend während eines Italienurlaubs am 17.7.1955 in Cervia (Provinz Ravenna). Seine letzte Ruhestätte fand er neben seinem Amtsvorgänger Carl Mosterts, seinem Weggefährten Adalbert Probst und dem früheren Reichsobmann des KJMVD, Albert Steiner (1907-1944) und dessen Familie, auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof.
Werke
Flammendes Wort, Recklinghausen 1939.
Die leiblichen Werke der Barmherzigkeit, Freiburg 1946.
Die Barmherzigkeit und das Almosen, Freiburg 1946.
Kirchengebet für den Gemeinschaftsgottesdienst, Berlin/Freiburg 1946.
Jugendkraft. Vom Ziel und Aufbau des Sports in katholischer Gemeinschaft, Altenberg 1948.
Eine Generation findet zum Mysterium der Hl. Messe, in: Bischöfliche Hauptstelle für Jugendseelsorge (Hg.), Eucharistische Erziehung (Werkheft für Jugendpastoral, Altenberger Werkhefte Heft 4), Düsseldorf 1959, S. 14-28.
Berger, Walter (Hg.), Worte von Ludwig Wolker, Buxheim o.J.
Söll, Martin (Hg.), Geist und Ethos im Sport. Reden und Aufsätze von Prälat Ludwig Wolker im deutschen Sport, Düsseldorf 1958.
Literatur
Bundesvorstand des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend und Bischöfliche Arbeitsstelle für Jugendseelsorge (Hg.), Mosterts - Wolker – Schreeb, Düsseldorf 1976.
Jürgen Schmidt, Das Konzept der Jugendseelsorge des Ludwig Wolker und des Hauses Altenberg, Buxheim 1978.
Wego, Maria, Ludwig Wolker. Seelsorger und "General", in: Düsseldorfer Jahrbuch 76 (2006), S. 208-250.
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Wego, Maria, Ludwig Wolker, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ludwig-wolker/DE-2086/lido/5afc1c4697d983.01300482 (abgerufen am 06.12.2024)