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Peter Raul Rubens war ein flämischer Maler, Unternehmer und Diplomat der spanisch-habsburgischen Krone. Wie bei kaum einem anderen Künstler aus der Zeit des Barock wurde sein Name zum Synonym einer ganzen Epoche. Die ersten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er in Köln, wohin seine aus Antwerpen stammenden Eltern im Jahr 1568 emigriert waren.
Peter Paul Rubens wurde am 28.6.1577 als sechstes von sieben Kindern des Anwalts Jan Rubens (1530-1587) und dessen Ehefrau Maria Pypelincx (1538-1608) in Siegen geboren. Beide Elternteile entstammten der Antwerpener Oberschicht, hatten aber 1568 aus religiösen Gründen - Jan Rubens stand den Calvinisten nahe - aus ihrer Heimatstadt fliehen müssen. Wie viele ihrer Landsleute fanden sie in der Reichsstadt Köln Exil. 1571 wurde Jan Rubens wegen des Verdachts einer Affäre mit Anna von Sachsen (1544-1577), der Ehefrau Wilhelms I. von Oranien-Nassau (1533-1584), als deren Berater er seit 1569 tätig gewesen war, auf der Festung Dillenburg gefangen gesetzt. Maria Rubens erwirkte jedoch, dass ihr Mann 1573 aus der Haft entlassen und in Siegen unter Hausarrest gestellt wurde. Erst nach dem Tod Anna von Sachsens wurde Jan Rubens offiziell begnadigt; die Familie konnte 1578 nach Köln zurückkehren.
Das Wissen um die Kindheitsjahre Rubens’ in Köln ist spärlich, die Quellen geben nur wenige Einzelheiten preis. Die nach wie vor vermögenden Eltern hatten ihren Wohnsitz im so genannten Groensfelderhof genommen, einem vornehmen Haus in der Sternengasse 10, in dem später auch die verbannte französische Königin Maria de Medici (1575-1643) lebte und starb. Peter Paul Rubens wurde in der Pfarr- und heutigen Jesuitenkirche St. Peter getauft und dürfte in Köln auch die ersten Jahre schulischer Bildung genossen haben. Zweifellos werden die vielfältigen kulturellen Eindrücke der rheinischen Metropole nicht ohne Wirkung auf ihn geblieben sein. Jedoch übersiedelte er bereits 1589, zwei Jahre nach dem Tod des Vaters, mit seiner Mutter und den Geschwistern nach Antwerpen.
Der Beginn seiner künstlerischen Ausbildung datiert in die beginnenden 1590er Jahre. Rubens hatte bis dahin eine seinem Stand gemäße Ausbildung genossen, in Antwerpen die renommierte Lateinschule des Rumoldus Verdonck (1541-1620) besucht und für einige Monate als Page in den Diensten der Gräfin Marguerite de Ligne (1552-1611) gestanden. Eine akademische oder diplomatische Karriere schien vorgezeichnet. Daher mag die, auch von der Mutter gebilligte, Entscheidung das Malerhandwerk zu erlernen, zunächst überraschen. Über die Gründe schweigen sich die Quellen aus, das außergewöhnliche Talent des jungen Rubens dürfte natürlich eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. In den folgenden Jahren wurde er Schüler der Antwerpener Meister Tobias Verhaecht (1561-1631), Adam van Noort (1562-1641) und Otto van Veen (1556-1629). 1598 wurde er als Freimeister in die Antwerpener Lukasgilde aufgenommen.
Im Jahr 1600 begab sich Rubens für mehrere Jahre nach Italien, um hier die kulturellen Hinterlassenschaften der klassischen Antike zu studieren. Nach einem kurzen Aufenthalt in Venedig trat er in Mantua in den Dienst des kunstsinnigen Herzogs Vincenzo Gonzaga (1562-1612), der sein Talent erkannte und förderte. So entsandte er ihn zur Vertiefung seiner Studien unter anderem nach Genua und Rom. Rubens kopierte die Werke bedeutender Meister der Renaissance, vor allem von Tizian (1477/1490-1576), Paolo Veronese (1528-1588) und Michelangelo (1475-1564). Darüber hinaus porträtierte er Angehörige der italienischen Aristokratie. Im Jahr 1603 schickte ihn Gonzaga als Abgesandten an den spanischen Hof nach Valladolid, um den Transport einer Reihe von Gemälden zu begleiten. Vor Ort fertigte Rubens weitere Gemälde an, unter anderem das berühmte Reiterbild des Herzogs von Lerma Francisco Gómez de Sandoval y Rojas (1553-1625). Nach seiner Rückkehr aus Spanien hielt sich Rubens zunächst nochmals über einen längeren Zeitraum in Mantua auf, zwischen 1606 und 1608 weilte er bei seinem Bruder Philipp (1574-1611) in Rom.
Zweifelsohne erwiesen sich die Jahre in Italien für sein ästhetisches Empfinden und für die Entwicklung seines charakteristischen Malstils als prägend. Die Lehren der griechischen Klassik und der Renaissance von der idealisierten Ebenmäßigkeit körperlicher Darstellung wurden von ihm durchaus übernommen, in ihrer Anwendung zeigte er sich jedoch alles andere als dogmatisch. Er verstand sie als Vorlagen zu nutzen, vor allem aber sie zu variieren. In Italien waren es nicht zuletzt die Schlachtendarstellungen auf antiken Sarkophagen, die ihn nachhaltig inspirierten, aber auch an die von außergewöhnlicher Körperlichkeit und von Dynamik durchdrungenen Hauptwerke des Hellenismus, wie die Laokoon-Gruppe oder der so genannte farnesische Stier des Apollonius von Tralleis. Es waren nicht zuletzt diese Eindrücke, die Rubens zu einem unübertroffenen Meister der bildlichen Erzählkunst werden ließen. Bei den Darstellungen von nackten Körpern, Orgien und Vergewaltigungen zeichnete sich Rubens durch einen schonungslosen, von seinen Auftraggebern durchaus gefürchteten Realismus aus.
Der Tod seiner Mutter veranlasste Rubens, der längst als Künstler von europäischem Rang anerkannt war, im Jahr 1608 nach Antwerpen zurückzukehren und sich dauerhaft dort niederzulassen. Am 23.9.1609 wurde er von den Regenten der spanischen Niederlande Erzherzog Albert VII. von Österreich (1559-1621) und der Infantin Isabella Clara Eugenia von Spanien (1566-1631) zum Hofmaler berufen. Mit seiner Ernennung verband sich nicht nur eine jährliche Honorierung von 500 Gulden, sondern auch die Befreiung von sämtlichen Steuerverpflichtungen. Zudem erhielt er das Recht, seinen Wohnsitz frei wählen zu können. Zwei Wochen später, am 3.10.1609 heiratete Rubens Isabella Brant (1591-1626), die Tochter eines angesehenen Antwerpener Anwalts. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
1610 schuf Rubens mit der „Geißblattlaube“ eines der bedeutendsten autobiographischen Bilder des 17. Jahrhunderts. Es zeigt ihn und seine Ehefrau, standesgemäß elegant gekleidet, jedoch in entspannter Haltung und sich zärtlich berührend vor dem Hintergrund einer Gartenszene. Losgelöst von den formalen kompositorischen Zwängen, denen die Maler jener Zeit bei vergleichbaren Auftragsarbeiten unterworfen waren, entwickelte er hier eine stilbildende neue Ausdrucksform zum Thema Liebe.
Rubens hatte sich mit seiner Heirat endgültig in der städtischen Oberschicht Antwerpens etabliert und wusste auch die mit seiner Stellung als Hofmaler verbundenen Privilegien geschickt für sich zu nutzen. Stets erwies er sich nicht nur als genialer Künstler, sondern auch als ein versierter, die Chancen des Marktes erfassender Geschäftsmann. In den Jahren nach 1609 gelang es ihm, sich ein florierendes Wirtschaftsunternehmen aufzubauen und mit den Erzeugnissen seiner Werkstatt, in der er bedeutende flämische Maler seiner Zeit wie Anthonis van Dyck (1599-1641) oder Abraham von Diepenbeeck (1596-1675) beschäftigte, den gesamten europäischen Kunstmarkt zu bedienen. Rubens’ mehr als 3.000 Arbeiten umfassendes Gesamtwerk ist von einer außerordentlichen Vielfalt geprägt. Ein bislang nicht bekanntes Spiel mit Licht und Farben machten ihn ebenso unverwechselbar wie die Lebendigkeit seiner Figuren und seine die Grenze zum Vulgären oft überschreitende Umsetzung mythologischer Motive. Dabei sind seine Bilder nicht allein Ausdruck barocker Sinnesfreuden, sondern oft auch Spiegelbild einer von Krieg und Elend gezeichneten Epoche. Ein eindrucksvolles Zeugnis legt das 1638 vollendete allegorische Gemälde „Die Schrecken des Krieges“ ab, in dem Rubens wohl auch sein eigenes Scheitern als Diplomat zu Beginn der 1630er Jahre zu verarbeiten suchte.
Im Jahrzehnt nach seiner Rückkehr nach Antwerpen entstanden zahlreiche bedeutende Auftragsarbeiten, wie das zwischen 1611 und 1614 geschaffene Triptychon in der Antwerpener Kathedrale mit der „Kreuzabnahme“ als Mittelbild oder die Gemälde für die Antwerpener Jesuitenkirche. 1622 übernahm Rubens einen Auftrag des französischen Königshauses zur Ausschmückung der Längswände in den Galerien des Palais du Luxembourg in Paris, dem Maria-de-Medici-Zyklus, den er im Februar 1626 vollenden konnte. Auf den künstlerischen und geschäftlichen Triumph folgte noch im gleichen Jahr eine private Tragödie: Bei der Rückkehr nach Antwerpen erkrankte Isabella Rubens an der Pest, der sie im Alter von nur 35 Jahren erlag.
Es folgten die Jahre, in denen Rubens über seine künstlerische und unternehmerische Tätigkeit hinaus als erfolgreicher Vermittler zwischen den rivalisierenden Großmächten Spanien und England auftrat. Zur Beendigung des seit 1624 herrschenden Kriegszustandes begab er sich im Auftrag der Infantin Isabella im Jahr 1628 zunächst an den spanischen Königshof, wo er neben seinen diplomatischen Aktivitäten auch Porträts von König Philipp IV. (Regierungszeit 1621-1665) und anderen Mitgliedern der königlichen Familie anfertigte. 1629 reiste Rubens als Unterhändler Philipps IV. an den Hof des englischen König Karls I. (Regierungszeit 1625-1649) nach London. Der schließlich im November 1630 zwischen Spanien und England geschlossene Waffenstillstand war nicht zuletzt sein Verdienst. 1630 wurde Rubens von Karl I. in den englischen Adelsstand erhoben und zum Ehrendoktor der Universität Cambridge ernannt.
1630 kehrte Peter Paul Rubens nach Antwerpen zurück, wo er, mittlerweile 53 Jahre alt, am 9. Dezember die erst 16-jährige Hélène Fourment (1614-1673) heiratete. Die Tochter des Seidenhändlers Daniel Fourment sollte ihm nicht nur bei vielen seiner Werke Modell stehen, sondern mehr noch zum Inbegriff jenes von ihm favorisierten Frauentypus werden, mit dem Rubensbilder heute im Wesentlichen assoziiert werden. Sie wirkte inspirierend auf ihn, ihr Gesicht und Körper wurden zum beherrschenden Motiv seiner künstlerischen Spätphase. Fünf Kinder gingen aus der Beziehung hervor, das letzte von ihnen kam erst acht Monate nach dem Tod des Vaters zur Welt. Nach einigen Misserfolgen auf diplomatischem Parkett zog sich Rubens 1633 endgültig von der Politik zurück und widmete sich fortan wieder ganz der Malerei. 1635 erwarb Rubens das Landschloss Steen nahe Antwerpen, in die 1630er Jahre fallen auch seine bedeutendsten Landschaftsgemälde.
Inmitten der Wirren des Dreißigjährigen Krieges vollendete Rubens 1638 die „Kreuzigung Petri“ für den Hauptaltar seiner Taufkirche St. Peter in Köln, in der auch sein Vater beigesetzt worden war. Rubens zeigt hier mit der ihm typischen Dramaturgie das Martyrium des Apostels Petrus in seiner ganzen Brutalität. Das Gemälde erfüllt einen programmatischen Zweck, ist als bildgewaltige Allegorie für das Leiden der römischen Kirche in den religiösen Auseinandersetzungen des 17. Jahrhunderts zu verstehen. Gleichsam wird, symbolisiert durch den herab fliegenden Engel mit Lorbeerkranz und Siegespalme, der letztliche Triumph über die Gegner der römischen Kirche, hier dargestellt durch die mordlüsternen Folterknechte, propagiert.
Bei der Annahme des Auftrags für die „Kreuzigung Petri“ hatte Rubens unter anderem geäußert, dass er eine „große Liebe zu Köln“ empfunden habe. Das Gemälde kann somit auch als spätes Zeugnis seiner nie erloschenen emotionalen Bindung zur Stätte seiner Kindheit verstanden werden, die er jedoch niemals wieder sehen sollte.
Peter Paul Rubens starb am 30.5.1640 in Antwerpen an der Gicht. Am 2.6.1640 wurde er in der Gruft der Familie Fourment in der Antwerpener St. Jakobskirche beigesetzt.
Werke (Auswahl)
Selbstbildnis im Kreise der Mantuaner Freunde (um 1602/1604), Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln.
Rubens und Isabella Brant in der Geißblattlaube (1609), Alte Pinakothek München.
Die Kreuzabnahme (1611), Liebfrauenkathedrale Antwerpen.
Juno und Argus (um 1611), Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln.
Venus und Adonis (um 1615), The Metropolitan Museum of Art, New York.
Die Schrecken des Krieges (1638).
Die Kreuzigung Petri (1638), Kirche St. Peter, Köln.
Literatur (Auswahl)
Büttner, Nils, Herr P. P. Rubens. Von der Kunst berühmt zu werden, Göttingen 2006.
Büttner, Nils, Rubens, München 2007.
Feghelm, Dagmar/Kersting, Markus, Rubens Bilder der Liebe, München 2005.
Kränzle, Peter, Artikel "Rubens, Peter Paul", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 8 (1994) Sp. 892-908.
Simson, Otto Georg von, Peter Paul Rubens (1577-1640), Humanist, Maler, Diplomat, Mainz 1996.
Online
Wessely, Artikel „Rubens, Peter Paul“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 29 (1889), S. 423-428. [Online]
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Thomann, Björn, Peter Paul Rubens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-paul-rubens/DE-2086/lido/57cd23a05df528.23093631 (abgerufen am 07.12.2024)