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Friedrich war Landrat der Landkreise Hattingen (1920-1929) und Düsseldorf-Mettmann (1929-1931), Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal (1931-1937) und Dezernent bei der Regierung Düsseldorf (1938-1950). Julius Friedrich war ein versierter Verwaltungsjurist mit großer Erfahrung und ein national-konservativer Kommunalpolitiker, der sowohl Steigbügelhalter als auch Opfer der nationalsozialistischen Diktatur war.
Julius Friedrich wurde am 1.8.1883 als Sohn des Direktors der Rheinischen Stahlwerke AG in Essen, Oskar Friedrich und seiner Frau Charlotte, geborene Koch in Duisburg geboren. Am 5.7.1911 heiratete der evangelische Friedrich in Berlin-Charlottenburg Hella Spangenberg, Tochter des Oberverwaltungsgerichtsrates Hans Spangenberg (1851-1919) und dessen Frau Frieda, geborene Finnström.
Friedrich bestand 1901 die Abiturprüfung am Gymnasium in Duisburg und studierte zwischen 1901 und 1904 in Genf und Bonn Rechtswissenschaft. Nach der ersten juristischen Staatsprüfung wurde er Gerichtsreferendar im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm (Westfalen) und ab 1906 Regierungsreferendar in Breslau. Im Anschluss an die Assessorenprüfung arbeitete Friedrich ab 1909 als wissenschaftlicher „Hilfsarbeiter“ beim Landrat in Gnesen (Posen) und ab 1910 beim Landrat des Landkreises Essen. Friedrich nahm am gesamten Ersten Weltkrieg teil. Er erhielt das Eiserne Kreuz II. Klasse. 1918 wurde er als Hauptmann der Reserve außer Dienst gestellt.
Bereits 1917 war seine Ernennung zum Regierungsrat erfolgt. 1919 war er kurzzeitig Referent im Reichsernährungsamt, wechselte aber rasch zur Regierung in Düsseldorf. Von dort aus übernahm er, zunächst kommissarisch, für die Jahre 1920-1929 das Amt des Landrats in Hattingen (Westfalen). Im Januar 1923 wurde Friedrich im Zuge der Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen vom „Interalliierten Hohen Ausschuss für die Rheinlande“ (Rheinlandkommission) ausgewiesen. Bis zu seiner Rückkehr im Jahr 1924 verwaltete er den Landkreis Barmen (heute Stadt Wuppertal) aus. Zwischen 1923 und 1925 mussten zahlreiche Steinkohlenzechen im Ruhrgebiet geschlossen werden, so auch im Landkreis Hattingen. Die dadurch entstandenen Steuerausfälle stellten den Bestand des Kreises in Frage. Nach dessen Auflösung durch die kommunale Neuordnung zum 1.8.1929 übernahm Friedrich, zunächst kommissarisch, das neue Landratsamt Düsseldorf-Mettmann. Friedrich war zugleich stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen GmbH (VEW) in Dortmund und Mitglied des Aufsichtsrats der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG (RWE) in Essen.
Die Wuppertaler Stadtverordneten wählten den Landrat am 24.2.1931 zum Nachfolger für den zurückgetretenen ersten Oberbürgermeister Dr. Paul Hartmann (1869-1942). Mitten in der Weltwirtschaftskrise kämpfte Friedrich um die Existenz Wuppertals. Er sah sich mit einer tiefen Konjunkturkrise der Textil- und Bekleidungsindustrie am Ort und einer prekären sozialen Lage konfrontiert. Im Sommer 1933 waren rund 30 Prozent der Erwerbspersonen ohne Beschäftigung. In der Folge stiegen die städtischen Wohlfahrtsausgaben steil an. Zugleich brachen die Steuereinnahmen ein und konnten nur teilweise durch staatliche Zuweisungen ersetzt werden. Die Integration der verschiedenen früheren Gemeindeverwaltungen zu einem homogenen Ganzen städtischer Verwaltung war eine weitere anspruchsvolle Herausforderung. Das politische Klima in der Stadt war aufgeheizt. Straßen- und Saalschlachten zwischen Links- und Rechtsextremisten in bürgerkriegsähnlichen Zuständen forderten zahlreiche Tote und Verletzte. Im Jahr 1933 beförderte Friedrich als Oberbürgermeister die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Wuppertal. Obwohl die Nationalsozialisten die Kommunalwahl am 12.3.1933 zu ihren Gunsten beeinflusst hatten, verfehlten sie knapp die absolute Mehrheit der Mandate, konnten aber nach der Ausschaltung der KPD die Mehrheit erreichen. Im vorauseilenden Gehorsam gegenüber den neuen Machtinhabern wurden auf den städtischen Gebäuden Hakenkreuzfahnen gehisst, eine Ansprache des NSDAP-Kreisleiters Rudolf Feick (1900-1945) vom Balkon des Rathauses Barmen zugelassen und unliebsame Beschäftigte der städtischen Verwaltung durch Parteigenossen ersetzt. Noch vor der Bekanntgabe des Wahlergebnisses teilte Friedrich die Beurlaubung zweier SPD-Dezernenten mit. Friedrichs weiteres Agieren nach dem nationalsozialistischen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ blieb ambivalent. Bereits vor dem Judenboykott am 1.4.1933 untersagte er städtische Aufträge an Warenhäuser und jüdische Geschäfte. Die NSDAP betrieb Friedrichs Ablösung noch nicht. Dessen Verbleib im Amt des Oberbürgermeisters einer Großstadt über 200.000 Einwohnern war eine Ausnahme. Sie traf nur noch auf die konservativen Stadtoberhäupter von Leipzig und Hannover sowie Berlin zu, die – wie Friedrich – in den Jahren 1935 bis 1937 zurücktraten und durch Nationalsozialisten ersetzt wurden.
Im Machtkampf vor Ort kühlte sich das Verhältnis zwischen dem national gesinnten Friedrich und den Nationalsozialisten ab. Am 21.1.1937 beantragte Friedrich seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Kurzzeitiger Nachfolger Friedrichs wurde der „Alte Kämpfer“ und Neusser Oberbürgermeister Wilhelm Gelberg (1894-1940).
Der 54-jährige Friedrich wurde auf seinen Antrag hin zum Regierungsrat degradiert und erhielt nun eine Stelle bei der Regierung Düsseldorf. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 wurde Friedrich für seine künftige Verwendung als Stadtkommissar nach Kattowitz in Polen beordert. Nach wenigen Monaten in diesem Amt kehrte Friedrich nach Düsseldorf zurück, wo er vermutlich wegen seines anhaltenden Widerstandes gegen geplante Einsätze in besetzten Gebieten bleiben konnte. Jedoch wurde Friedrich wegen politischer Bedenken der NSDAP-Parteikanzlei nicht zum Oberregierungsrat befördert, obwohl er Fürsprecher hatte.
Nach dem Krieg sah sich Friedrich durch die britische Besatzungsmacht großen Schwierigkeiten gegenüber. Er wurde wegen seines kurzzeitigen Amts in Kattowitz als Beamter entlassen, sein Vermögen beschlagnahmt, Gehalt und Pension wurden gesperrt. Friedrich wehrte sich, zumal er zwei unterhaltsbedürftige Töchter hatte. Er sei nie Mitglied der NSDAP gewesen. Weil er die NS-Politik abgelehnt hätte, sei er als Oberbürgermeister 1937 gleichzeitig mit dem Leipziger Kollegen Carl Friedrich Goerdeler (1884-1945) zurückgetreten. Friedrich besaß das Wohlwollen seiner deutschen Dienstvorgesetzten. Der evangelische Generalsuperintendent der Rheinprovinz, Dr. Emil Ernst Stoltenhoff, stellte ihm einen „Persilschein“ aus. Mit dem 15.12.1945 nahm Friedrich sein Amt als Regierungsrat in Düsseldorf wieder auf. Nun konnte er seine Verwaltungslaufbahn fortsetzen. Am 10.12.1947 wurde er zum Oberregierungsrat ernannt. Er war Leiter des Gewerbedezernats, verwaltungstechnischer Dezernent für die Hochbauabteilung und Justitiar der Medizinalabteilung. Außerdem organisierte er die Überleitung der Bezirkswirtschaftsämter auf die Bezirksregierung. Mit seiner Erfahrung war Friedrich fast unersetzbar, weshalb sein Ruhestand bis zum 1.7.1950 hinausgeschoben wurde. Danach übernahm Friedrich die Aufgabe eines Schatzmeisters und Vorstandsmitglieds der Diakonissenanstalt Kaiserswerth in Düsseldorf. Am 9.4.1977 starb er zurückgezogen in Hamburg.
Quellen
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland, NW 110, Nr. 461.
Literatur
Eckardt, Uwe, „Der Bonzentraum ist ausgeträumt, im Rathaus wird nun aufgeräumt!“ Zur Verwaltungsgeschichte 1933 bis 1937, in: Goebel, Klaus (Hg.), Wuppertal in der Zeit des Nationalsozialismus, Wuppertal 1994, S. 27-42.
Romeyk, Horst, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten in der Rheinprovinz 1816-1945, Düsseldorf 1994, S. 449-450.
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Weiß, Lothar, Julius Friedrich, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/julius-friedrich/DE-2086/lido/57c6c03dad7ba0.73108575 (abgerufen am 05.12.2024)