Beschreibung

Der Generalleutnant Theodor Groppe (16.8.1882-28.4.1973) unterstütze katholische Geistliche und äußerte sich wiederholt kritisch über den von den Nationalsozialisten herbeigeführten "Sittenverfall". Der von den Nationalsozialisten abfällig als "Schwarzer General" betitelte Groppe hatte zu Beginn des Weltkrieges das Kommando der 214. Infanterie-Division übernommen, die 1939 zwischen Merzig und Dillingen stationiert war. Zuvor war Groppe bereits mehrfach in das Blickfeld der Gestapo geraten. So machte er als Landwehrkommandant (ab 1935) in Hanau keinen Hehl aus seiner Ablehnung des Regimes, als er sich  öffentlich weigerte, den Hitlergruß zu leisten. Da er bereits 1933 als "weltanschaulich ungeeignet" eingestuft worden war - er selbst führte dies auf seine katholische Prägung zurück ("Ein Kampf um Recht und Sitte", 1959) - hatte dies zu seiner Entlassung aus dem Militär geführt, die aufgrund des Kriegsausbruchs jedoch nicht mehr vollzogen wurde. Als der regimetreue Feldbischof Franz J. Rarkowski seine Vorstellung äußerte, die Anzahl der wöchentlichen (Feld)Gottesdienste zu beschränken, schaltete sich Groppe in dessen Planungen ein: "Herr Feldbischof, es werden so viele Gottesdienste gehalten, bis auch der letzte Mann seiner Sonntagspflicht genügt hat." Sein Vorhaben hatte Erfolg. Laut einem Divisionstagesbefehl wurden alleine am 10.12. sieben katholische und sechs evangelische Gottesdienste durchgeführt. Gleichzeitig pflegte er intensiven Kontakt mit Geistlichen, die seinem regimekritischen Standpunkt nahe standen. Der Primstaler Pfarrer Nikolaus Rupp - wegen Wehrkraftszersetzung am 17.7.1940 verhaftet, da er katholischen Kriegsgefangenen die Teilnahme an der Sonntagsmesse gewährte - ließ den Generalmajor wissen: "Sie haben vieles mitgemacht, auch seelisch. Aber dass sie als einer der Ersten den Satan durchschaut haben, war damals mein erster Lichtstrahl und ihr bleibender Ruhm." Darüber hinaus half das Bataillon auf Befehl Groppes bei der Bergung verschütteter Messkelche, liturgischer Gewänder, Fahnen und Kirchenbücher, die sich noch in der aufgrund von Evakuierunsmaßnahmen zerstörten Kirche von Niedaltdorf befanden. Im gleichen Zug unterstützte Groppe den Pfarrer Johannes P. Schmitt beim Vorhaben, die Buchbestände der evakutierten Pfarreien zu sammeln - somit vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu schützen - und diese den in den Grenzbunkern liegenden Soldaten zur Verfügung zu stellen. Als der Feldbischof Rarkowski die nicht genehmen Bücher aus den Borromäusbibliotheken durch "nationales" Schriftgut zu ersetzen plante, wurde er von Groppe zurecht gewiesen: "Herr Feldbischof, das geht sie einen Dreck an. Ich bestimme was meine Leute lesen."    Der Befehl Heinrich Himmlers an die ihm unterstellten Männer vom 28.10.1939, in ihrer Zeit an der Front möglichst viele Kinder zu zeugen und sich dabei "über die Grenzen vielleicht sonst notwendig[en] Gesetze und Gewohheiten" hiwegzusetzen, rief bei der Truppe - insbesondere bei Groppe - große Empörung hervor. Zuvor hatte der Generalleutnant heftige Kritik am Vorschlag der Trierer Zivilverwaltung erhoben, hinter der Front Bordelle für die Soldaten einzurichten. In einer Stellungnahme vom 25.10.1939 hieß es diesbezüglich: "Die bei weitem überweigende Zahl der Divisionsangehörigen ist verheiratet. Die Errichtung von Bordellen würde eine Beleidigung braver christlicher Männer bedeuten [...]". Hinsichtlich Himmlers sogenanntem "Fortpflanzungsbefehl" hieß es am 4.1.1940 im "Schwarzen Korps" (Verbandszeitung der SS): "Ein Mädchen, das sich etwa dieser seiner höchsten Verpflichtung auf die eine oder andere Weise [...] entziehen würde, ist genau so fahnenflüchtig wie ein Kriegsdienstverweigerer". Diese neue Form des von Groppe kritisierten "Sittenverfalls" veranlasste den Generalleutnant zu einer weiteren Stellungnahme: "Meine Herren, man hat uns zu Neujahr gesagt, dass das Jahr 1940 die Entscheidung bringen müsste zwischen uns und England. Nachdem, was ich soeben vorgelesen habe, will mir scheinen, dass es zu einer Entscheidung kommen muss zwischen Gott und Satan." Die Denunziation an die zuständigen SS- und Parteistellen ließen Groppe unbeeindruckt, der nach einer Unterredung mit Brauchitsch ein Verfahren gegen den ihm bekannten Spitzel einleitete. Zwischenzeitlich hatte der Ortgruppenleiter von Tholey, sowie weitere SS-Männer ein Memorandum gegen Groppe an die NSDAP-Kreisleitung gerichtet. Wenige Tage später, am 30.1.1940, erfuhr Groppe, dass er abgelöst werden sollte; einen Tag später befahl das Heerespersonalamt die Einstellung des Verfahrens gegen den Denunzianten. Wegen "politischer Unzuverlässigkeit" wurde Groppe am 31.12.1941 entlassen. Die Aberkennung seines militärischen Titels sowie das Verbot, weiterhin seine Uniform zu tragen, erfolgte am 3.5.1942. Auf persönlichen Befehl Himmlers wurde er am 10.8.1944 verhaftet und bis zum 26.4.1945 in Festungshaft gehalten. Wenige Tage zuvor, am 14.4.1945, hatte Himmler erneut persönlich veranlasst, Groppe am 27.4. hinzurichten. Am Vortag gelang ihm und einer Gruppe weiterer inhaftierter Generäle mit Hilfe eines Ordensgeistlichen die Flucht in den Bodenseekreis.

Quellen

BArch Abt. MA N 739, Nr. 58 LHAK 442, Nr. 14623

Literatur

Groppe, Lothar, Theodor Groppe, der "schwarze General" als Widerstandskämpfer, Wien 1985.  Groppe, Theodor, Ein Kampf um Recht und Sitte. Erlebnisse um Wehrmacht, Partei, Gestapo, Trier 1959  Marin, Thomas, Theodor Groppe, der "Schwarze General" - ein katholischer Soldat im Kampf für Recht und Sitte, Bad Schussenried 2008.  Mühleisen, Horst, Theodor Groppe. Ein General im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Kurtrierisches Jahrbuch 27 (1987), S. 145-210.  Schwer, Edgar, Im Dienst des guten Buches - eine mutige Frau und ein couragierter Pfarrer. Zum Gedenken an Frau Alfredine Wawczyniak geb. Nenninger und Pfarrer Johann Peter Schmitt, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 55 (2007), S. 201-246.    

Sicherheit: belegt