Beschreibung

Der Bergmann Josef Mayer (geboren am 7.6.1909) stand der Kommunistischen Partei nahe. Im Sommer 1935 soll er an mehrere Persönlichkeiten des Saarlandes anonyme Briefe geschrieben haben. Einen Teil der Briefe hatte er mit den Unterschriften von in Saarwellingen ansässigen Bewohnern versehen. Einer der Briefe richtete sich an den Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes. Diesem anonymen Schreiben vom 8.7.1935 lagen Zeitungsausschnitte über ausländische Politiker bei. Außerdem stand darin, dass es jeden Tag im Saarland schlechter werde, "die Lebensmittel und der Tabak sind aufgeschlagen und die Knappschaftsbeiträge und die Lohnsteuer sind erhöht worden". Dazu kämen noch Beiträge zur Arbeitsfront und zur NSV. Wörtlich heißt es dann weiter: "Der Deutsche Staat ist bankrott. Die 15 Jahre bei den Franzosen hatten wir goldene Zeiten. Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da. Der Hitler ist ein Ausländer, er soll mich am Arsch lecken, ich habe Ihnen ein Bild beigelegt, wo Lavall, Mussolini, Macdonald und Flandin drauf sind. Das sind andere Minister wie die Deutschen. Hitler ist ein Arbeitermörder. Vizekanzler Papen wurde vom Hitler abgesetzt. Es lebe Thälmann unser Führer. Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da. Ortsgruppenleiter Maas ist in dem großen Bergarbeiterstreik 1921 angefahren. Mit deutschem Gruß! Rot Front! Frei Saar! Saarwellingen. In der Fremdenlegion war es doch besser wie beim deutschen Militär. Rot Front! Frei Saar!". Den Kreisleiter der NSDAP in Saarlouis erreichte am 24.6.1935 dagegen ein Brief mit folgendem Inhalt: "Der Hitler hat noch nichts geschafft für die Arbeiterschaft. Vor der Abstimmung hieß es immer im Rundfunk, 'der arme Saarbergmann bekommt mehr Lohn'. Hitler kann gut prahlen, aber er hat nichts geleistet für den armen Saarbergmann. Ortsgruppenstellervertreter Puhl hat in der Versammlung gesagt, ich gebe nichts für Hitler, bis er den Beamten anderes Gehalt gibt. Da hat man Puhl als Ortsgruppenleiter und seinen Sohn Hansi als SA-Führer abgesetzt. Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da. Hitler war ein Dummer, weil er den Juden verstößt. Die Juden waren die Steuerzahler, sie waren ebenfalls im Feld wie Hitler. Den letzten Schluck Kaffee haben sie unter mir geteilt. Sie haben gesprochen von der Kameradschaftlichkeit, in Wellingen ist einer dem andern sein Teufel. Dem armen Arbeiter ist nichts mehr erlaubt. Die Zigarren, der Tabak, der Schnaps, die Lebensmittel, alles schlägt auf. Separatist Bürckel hat im Rundfunk gesagt, es müsste besser werden für den Saarbergmann. Die vergangenen 15 Jahre hatten wir goldene Zeiten. Man schraubt uns immer niedriger. Hätten wir wieder abzustimmen, dann würden wir für den Status-quo stimmen. Hitler ist ein Arbeitermörder, ich grüße nicht mit Heil Hitler und grüße auch keine Fahne. Vor der Abstimmung hatten wir freien Willen, jetzt heißt es den Schnabel halten, oder man wird eingesperrt. Der Deutsche Staat ist bankrotter als der französische. Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da." In einem zweiten an den gleichen Kreisleiter der NSDAP gerichteten Brief heißt es unter anderem, Ortsgruppenleiter Maas habe seinem Schwager eines der von der NSV in Saarwellingen verteilten zwei Betten gegeben, dieser Schwager verdiene monatlich 300 Mk, es sei immer noch wie früher. Er sei dagegen Familienvater von sieben Kindern und hätte das Bett besser gebraucht als der Schwager von Maas. Wörtlich geht es weiter: "Separatistenführer Bürckel hat immer gesagt, der arme Saarbergmann bekommt bessere Löhne. Hitler kann schöne Reden halten. Er hat den Beamten noch kein Gehalt reduziert. Als ich in die Schule ging, kämpfte man für die Freiheit. Jetzt hat man nicht mehr die Freiheit. Wenn man was sagt gegen den Ausländer, dann wird man verhaftet. Bürckel soll machen, dass der Bergmann mehr Lohn bekommt. Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da." Ein anderer Brief ging an den damaligen Stadtbürgermeister in Saarlautern. In diesem kamen neben der Wiederholung der des Satzes "Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da" auch folgende Äußerungen vor: "Auf dem Arbeitsamt in Saarlouis geht’s wie's geht. Wenn man dahin geht, wird man gefragt, was für einer Formation gehören Sie an, ich sagte Sanitätskolonne. Da hieß es: "SA geht vor allem". Hätten wir noch einmal abzustimmen, dann würden wir für den Status-quo stimmen. Hitler ist ein Arbeitermörder, ist ein Ausländer, ist nicht von arischer Abstammung." Zum Schluss heißt es wieder "Mit Deutschem Gruß! Rot Front! Frei Saar!". Um die gleiche Zeit wurde auch dem Ortsgruppenleiter der NSDAP, Maas, in Saarwellingen, ein Schreiben zugestellt: "Vor der Abstimmung in Wellingen war die rote Hilfe, da bekamen nur die Armen etwas. Wer 1800 Frs verdiene, der habe nichts bekommen. Die braune Front werde entzweigeschlagen. Die Kommunistische Partei marschiert, Thälmann ist der Führer und Hitler unser Feind. Dieser Hungerkanzler will unsern Glauben zerstören, Deutsch ist die Saar, wäre der 13. Jan wieder da. Hitler ist ein Arbeitermörder, er ist ein brauner Dobermann, wir Juden grüßen keine Henkersfahne, die Henkersfahne zu grüßen, bleibt uns Juden gänzlich verboten, es wird von Tag zu Tag immer schlechter. Die 15 Jahre bei den Franzosen hatten wir goldene Zeiten, in der Wellinger Verkaufsstelle konnte man für 10 Frs viel kaufen. Die Kugel für diesen Hungerkanzler ist schon gegossen, in der SA sind alles Status-quoler: Johann Hild, Dennemärker. Deutsch ist die Saar, wär der 13. Januar wieder da! Auf der Grube Saarschacht steht das viel auf den Wagen geschrieben." Der Brief ist unterschrieben mit "Die jüdische Volksgemeinschaft von Saarwellingen". Außerdem erhielt auch der ehemalige Kassenwart der Deutschen Front in Saarwelligen einen Brief. In ihm stand, dass der frühere Kaplan Müller von Wellingen verhaftet worden sei. Auch in Fraulautern seien zwei Kapläne verhaftet worden. Im Ganzen säßen zehn Geistliche in Haft. Für die Verhaftung des Kaplan Müller sei Maas verantwortlich. Hitler habe im Reichskonkordat erklärt, er werde die Religion nicht angreifen. Pastor Dahm habe aber selber erklärt, es komme zu einem Religionskrieg. Die braunen Bonzen von Wellingen seien schuld, dass Kaplan Müller verhaftet worden sei. Hitler könne schöne Reden halten. Die KPD bestehe in Wellingen weiter. "Ein Dreifaches Rot-Front auf unseren Führer Ernst Thälmann, er kämpft heute noch für die Arbeiterschaft. Mit deutschem Gruß! Rot Front! Frei Saar!" beendete den Brief. Ähnliche Schreiben erhielten um die gleiche Zeit noch ein weiterer Zeuge, dem vorgeworfen wurde, er habe 200 Arbeitern die Papiere verschafft und habe dem Obersteiger erklärt, seine Stimme sei für den Status-Quo gesichert. Eine weitere Personin aus Saarwellingen erhielt eine offene Postkarte, auf der stand, dass in der Feuerwehr noch Statusquoler seien und in der Wehr werde der Kommunismus noch hochgehalten. Im Juli 1935 erhielt Johann Klein einen Brief, demzufolge sein Sohn und Maas daran schuld seien, dass der Kirchenküster von Saarwellingen seine Stelle verloren habe. Die Gestapo verhaftete Mayer am 9.8.1935. Das Sondergericht Saarbrücken verurteilte ihn am 27.5.1936 wegen Vergehens gegen §1 des Heimtückegesetzes, teilweise in Tateinheit mit übler Nachrede und Urkundenfälschung zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr. Die acht Monate der Untersuchungshaft wurden auf die Strafe angerechnet. Josef Mayer wurde am 27.9.1936 aus dem Gefängnis Saarbrücken entlassen.

Quellen

LA Saar StAnw 117 LA Saar GenStAnw SLS 172, Bl. 189 - 198

Sicherheit: belegt