Beschreibung

Der katholische Pfarrer Leonhard Jansen, geboren am 23.03.1870 in Ophofen, kritisierte scharf Reichspräsidenten von Hindenburg und die NS-Regierung. Jansen hatte sich am 04.12.1933 im Zug von Aachen nach Geilenkirchen gegenüber einem Kaufmann über den Reichspräsidenten und die NS-Regierung insgesamt ausgelassen. Er erklärte, "das Herz täte ihm im Leibe weh, dass er auf seine alten Tage diese traurigen Zustände in Deutschland miterleben müsse". Im neu gewählten Reichstag "seien nur 24 Arbeitervertreter, alles übrige sei Gesindel." Ferner betonte er, dass die NS-Regierung nichts für das deutsche Volk getan und durch Sammlungen es um sein Geld gebracht hätte. Er berichtete, dass nur in der letzten Woche in Bayern 40 katholische Priester verhaftet worden seien und sich insgesamt 400 Priester in Konzentrationslagern befänden. Auch hätte Hitler Michael Kardinal von Faulhaber (1869-1952) ausweisen lassen wollen. Lobend äußerte sich Jansen über einen Zeitungsartikel des ehemaligen preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (1872-1955) in "Die Volksstimme" vom 24.11.1933, in dem dieser die Regierung Hitler attackiert hätte. Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934) und Hitler "trieben überhaupt den größten Schwindel". Dessen Vizekanzler Franz von Papen (1879-1969) bezeichnete er als "Schuft am Zentrum und Verräter". Reichslandwirtschaftsminister Walther Darré belüge "nach Strich und Faden" die Bauern. Gegen Jansen erging am 18.01.1934 Haftbefehl. In der Vernehmung gab der Geistliche, der von der Polizei für einen Querulanten gehalten und vom Polizeipräsidenten in Aachen der Greulpropaganda wie Spionage verdächtigt wurde, an, dass sein Gesprächspartner ihn missverstanden und seine Aussagen entstellt habe. Der Oberstaatsanwalt erhob am 1.03.1934 Anklage wegen Verstoßes gegen die Verordnung des Reichspräsidenten vom 21.03.1933, dem Vorgänger des Heimtückegesetztes. Der Ausgang des Verfahrens ist nicht bekannt. Die Akte enthält eine handschriftliche Notiz über eine Verurteilung zu sechs Monaten Gefängnis und Unterbringung in einer Heilanstalt wegen eines ärztlich bescheinigten Nervenleidens.

Quellen

LAV NRW Abt. Rheinland Gerichte Rep. 112 Nr. 16533

Literatur

Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische und statistische Erhebung, bearb. von Ulrich von Hehl und Christoph Kösters, 4. durchgesehene und ergänzte Auflage, Paderborn u.a. 1998, S. 281. Fettweis, Klaus, Zwischen Herr und Herrlichkeit. Zur Mentalitätsfrage im Dritten Reich an Beispielen aus der Rheinprovinz (Veröffentlichungen des Bischöflichen Diözesanarchivs Aachen Bd. 42), Aachen 1989, S. 197.

Sicherheit: belegt