Beschreibung

Einige Mitglieder der Edelweißpiraten verteilten am Abend des 21.11.1942 verbotene Flugschriften in Köln. Der Inhalt war "Leistungswoche der Bündischen Jugend/ Bezirk 1-3/ Kommt zurück/ Jugend erwache." Der Grund für diese Schriften war die sogenannte Leistungswoche der HJ. Es wurden 2000 Exemplare an Hauswände, unter Haustüren und auf der Straße verteilt. 50 Exemplare gingen an öffentliche Einrichtungen. Durch den SA-Sturmmann Wilhelm B., der als V-Mann in den Kreisen der Edelweißpiraten tätig war, wurden zwei als Treffpunkt genutzte Gaststätten aufgedeckt ("Zur harten Faust", Weyerstraße 73; "Jakob Schmidt", Eifelplatz 4). Am 5.12.1942 wurden die beiden Gastwirtschaften von der Gestapo geräumt. Es wurden verschiedene Jugendliche unter dem Vorwurf der Bündischen Betätigung festgenommen. Das Verhör von Hans Schilli (geb. am 23.1.1925), Eduard Lindner (geb. am 19.8.1921), Heinz Cramer (geb. am 14.3.1923) und Willi Weinstock am 8.12.1942 brachte hervor, dass Wilhelm Thieme (geb. am 8.7.1929) verantwortlich für den Druck und das Verteilen war. Er wurde am 10.12.1942 im HJ-Wehrertüchtigungslager Schleiden festgenommen und verhört. Bei der Durchsuchung seiner Stube wurde unter anderem die Vorlage der Flugschriften gefunden. Bei weiteren Verhören gestand Thieme die Tat. Außerdem gestand er, dass er den Inhalt selbst erfunden habe. Er begründete die Tat damit, dass er etwas gegen die HJ tun wollte und die Bündische Jugend "das richtige Werkzeug dazu" sei. Er habe aber nie gedacht, dass diese Schriften die HJ zerschlagen könnten. Es wurde auch herausgestellt, dass Thieme Unterstützung von Fritz Dietrich (geb. am 4.2.1926), Johann Grollmann (geb. am 17.6.1925), Heinrich Kessler (geb. am 6.7.1915), Wilhelm Mertens (geb. am 3.3.1925), Harry Schwabe (geb. am 25.2.1927) und Heinz Cramer (geb. am 11.3.1925) hatte. Alle genannten Personen wurden festgenommen und in das Gefängnis Klingelpütz verlegt. In einem Brief schrieb Heinich Kessler an seine Familie (1.5.1943), dass sie alle in Einzelhaft seien und es eine Freude für jeden einzelnen sei, wenn man einem Kadetten begegnet, jedoch sei das Sprechen verboten. Kessler schrieb außerdem, dass "dieses Warten von Tag zu Tag, von Woche zu Woche [...] viel Verbitterung, Kummer, Leid und Heimweh" mit sich bringe. Er schrieb auch, dass das Deutsche Reich ein schwaches Fundament besitzen müsse, wenn man wegen Jungensstreichen zum politischen Feind der Nationalsozialisten erklärt werde. Er wisse nicht, "wann wir rauskommen und ob wir die Ehre haben werden, für ein glücklicheres Deutschland unter Adolf Hitler kämpfen zu dürfen". Grollmann beklagte sich am 25.5.1943, dass das "Einsperren den Herren" wohl Spaß mache. Am 6.4.1944 wurde Grollmann zu einem Jahr und drei Monaten, Mertens zu zehn Monaten Haft verurteilt. Der Arbeiter Heinz Cramer wurde am 15.9.1943 zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Thieme erhielt eine Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten, Fritz Dietrich erhielt sechs Monate.

Quellen

LAV NRW R, Gerichte Rep. 112, Nr. 18704, 18705, 18706, 18707, 18708, 18709.

Sicherheit: belegt