Ambrosius von Mailand

Bischof von Mailand (374-397)

Andrea Binsfeld (Luxemburg)

Ambrosius, spätantikes Mosaik in der Kirche St. Ambrogio, Mailand.

Der ver­mut­lich aus Trier stam­men­de Am­bro­si­us von Mai­land war der be­deu­tens­te Pre­di­ger des 4. Jahr­hun­derts. Er war der ers­te der vier gro­ßen Kir­chen­leh­rer und wird auf­grund sei­ner Be­deu­tung für die Leh­ren des Chris­ten­tums seit dem En­de des 13. Jahr­hun­derts auch als Kir­chen­va­ter be­zeich­net. 

Am­bro­si­us wur­de 333/334 oder 339 als Sohn des Prä­to­ria­ner­prä­fek­ten von Gal­li­en, ei­nes ho­hen Ver­wal­tungs­be­am­ten, wahr­schein­lich in Trier ge­bo­ren. Nach dem Tod sei­nes Va­ters sie­del­te er mit sei­ner Mut­ter und sei­nen bei­den Ge­schwis­tern, un­ter an­de­rem der Schwes­ter und spä­te­ren hei­li­gen Mar­cel­li­na (330/335-um 398), nach Rom über. Am­bro­si­us be­gann sei­ne Kar­rie­re in der rö­mi­schen Ver­wal­tung, zu­nächst als ad­vo­ca­tus am Hof des il­ly­ri­schen Prä­to­ria­ner­prä­fek­ten in Sir­mi­um, dann als con­su­la­ris Ae­mi­liae et Li­gu­riae in Mai­land, be­vor er im Jahr 374 spon­tan vom Volk von Mai­land zum Bi­schof ge­wählt wur­de. Zum da­ma­li­gen Zeit­punkt war Am­bro­si­us nicht ein­mal ge­tauft. Als Bi­schof setz­te er sich ve­he­ment für den ni­zä­ni­schen Glau­ben ein und ver­tei­dig­te die Un­ab­hän­gig­keit der Kir­che ge­gen Ein­mi­schun­gen des Staa­tes. Be­zeich­nend für die Auf­fas­sung des Am­bro­si­us über das Ver­hält­nis von Staat und Kir­che ist sei­ne Aus­sa­ge, dass der Kai­ser "in­ner­halb der Kir­che, nicht über ihr" ste­he (Am­br. ep. 75a [21a], 36). 

Zu ei­nem ers­ten Kon­flikt des Am­bro­si­us mit den re­gie­ren­den Kai­sern kam es im Jahr 386, als sich der Mai­län­der Bi­schof wei­ger­te, den "Aria­nern" zwei Kir­chen zu über­las­sen. In die­sem Kon­flikt setz­te sich Am­bro­si­us eben­so durch wie in den Aus­ein­an­der­set­zun­gen um den Wie­der­auf­bau der von Chris­ten zer­stör­ten Syn­ago­ge von Kal­li­ni­kum im Jahr 388 und im Zu­sam­men­hang mit dem Blut­bad von Thes­sa­lo­ni­ki im Jahr 390. Nur in­dem er sich der Kir­chen­bu­ße un­ter­warf, konn­te sich Kai­ser Theo­dosi­us (Re­gie­rungs­zeit 379-394) durch den "Bu­ßakt von Mai­land" von der Schuld be­frei­en, die er durch die Straf­ak­ti­on ge­gen die Be­völ­ke­rung von Thes­sa­lo­ni­ki auf sich ge­la­den hat­te.

 

Der streit­ba­re Mai­län­der Bi­schof wur­de nicht nur in Trier ge­bo­ren, er wur­de dort auch Zeu­ge des ers­ten Ket­zer­pro­zes­ses in der Ge­schich­te des Chris­ten­tums, als er sich in di­plo­ma­ti­scher Mis­si­on in der Stadt auf­hielt. Zwei­mal be­gab sich Am­bro­si­us näm­lich im Auf­trag des in Mai­land re­si­die­ren­den jun­gen Kai­sers Va­len­ti­ni­an II. (Re­gie­rungs­zeit 375-392) nach der Er­mor­dung des Gra­ti­an im Jahr 383 an den Kai­ser­hof nach Trier. Sein Ziel war es, nach der Usur­pa­ti­on des Ma­gnus Ma­xi­mus (Re­gie­rungs­zeit als Usu­pa­tor 383-388) das po­li­ti­sche Über­le­ben Va­len­ti­ni­ans zu si­chern und den neu­en Kai­ser von ei­nem Zug über die Al­pen ab­zu­hal­ten. Die zwei­te Ge­sandt­schaft im Jahr 385 soll­te den Frie­den zwi­schen Mai­land und Trier si­chern und die Her­aus­ga­be des Leich­nams Kai­ser Gra­ti­ans (Re­gie­rungs­zeit 367-383, ge­stor­ben 383) be­wir­ken. Wäh­rend die­ser zwei­ten Ge­sandt­schafts­rei­se wur­de Am­bro­si­us Zeu­ge des Pro­zes­ses ge­gen Pri­scil­li­an (um 340-385) und sei­ne An­hän­ger. Nach Am­bro­si­us' ei­ge­ner Aus­sa­ge miss­bil­lig­te er die­sen Pro­zess und wur­de da­her der Stadt ver­wie­sen. Ne­ben Am­bro­si­us war auch ei­ne zwei­te be­rühm­te Per­sön­lich­keit in den Pri­scil­lia­nis­ten­pro­zess in Trier in­vol­viert: Mar­tin von Tours (um 316 oder 336-397) be­gab sich zwei Mal an den Kai­ser­hof in Trier, um für Pri­scil­li­an und sei­ne An­hän­ger ein­zu­tre­ten – letzt­lich oh­ne Er­folg. An­ge­klagt wa­ren in die­sem Pro­zes­s Pri­scil­li­an, der Bi­schof von Abu­la/Avi­la in Hi­spa­ni­en, und sei­ne An­hän­ger. Pri­scil­li­an stand für ei­ne Glau­bens­rich­tung in­ner­halb des Chris­ten­tums, die sich durch ei­ne be­son­ders as­ke­ti­sche Le­bens­wei­se aus­zeich­ne­te. Ver­brei­tung fand die von Pri­scil­li­an in­iti­ier­te Be­we­gung haupt­säch­lich in Hi­spa­ni­en, das hei­ßt dem heu­ti­gen Spa­ni­en und Por­tu­gal. Pri­scil­li­an hat­te sei­ne An­hän­ger im Volk, beim Kle­rus und so­gar bei ei­ni­gen Bi­schö­fen; er hat­te al­ler­dings auch ent­schie­de­ne Geg­ner, de­nen die Prak­ti­ken der Grup­pe miss­fie­len. Vor­ge­wor­fen wur­de den Pri­scil­lia­nern Ma­nich­äis­mus, Ma­gie und unk­ano­ni­sche Or­di­na­ti­on. Tat­säch­lich gab es Par­al­le­len zwi­schen der ri­go­ro­sen Glau­bens­auf­fas­sung des Pri­scil­li­an und der eben­falls streng as­ke­ti­schen Re­li­gi­on des Ma­ni (216-276/277), ei­ner Be­we­gung mit star­ken An­lei­hen an Ju­den­tum, Chris­ten­tum und der Gno­sis. Fa­tal für die Pri­scil­lia­nis­ten war je­doch, dass der Ma­nich­äis­mus seit Dio­kle­ti­an (Re­gie­rungs­zeit 284-305) un­ter Stra­fe ge­stellt war und dass der Vor­wurf der Ma­gie mit der To­des­stra­fe ge­ahn­det wur­de.

Noch zur Zeit des Kai­sers Gra­ti­an hat­te man ver­sucht, den Kon­flikt auf kirch­li­cher Ebe­ne zu lö­sen. Ei­ne neue Stu­fe er­reich­te der Kon­flikt nach der Usur­pa­ti­on des Ma­gnus Ma­xi­mus. Die­ser such­te an­ge­sichts der noch un­ge­fes­tig­ten Macht­ver­hält­nis­se nach der Er­mor­dung Gra­ti­ans Rück­halt bei Theo­dosi­us (Re­gie­rungs­zeit 379-394), dem Au­gus­tus des Os­tens, und bei den Bi­schö­fen und prä­sen­tier­te sich als Hü­ter des wah­ren Glau­bens. Die Geg­ner Pri­scil­li­ans wie auch Pri­scil­li­an selbst nutz­ten die Si­tua­ti­on und such­ten Un­ter­stüt­zung bei dem neu­en Kai­ser. Pri­scil­li­an und sei­ne Mit­an­ge­klag­ten wur­den dar­auf­hin an den Kai­ser­hof nach Trier vor­ge­la­den. Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die christ­li­che Leh­re wur­den da­mit erst­mals auf die Ebe­ne ei­nes Straf­pro­zes­ses vor dem Kai­ser ver­legt, der mit To­des­ur­tei­len ge­gen Pri­scil­li­an, die Kle­ri­ker Fe­li­cis­si­mus und Ar­me­ni­us, den Dich­ter La­tro­nia­nus und die Wit­we Euch­ro­tia en­de­te, die im Jahr 385 in Trier voll­streckt wur­den 

Die­ser Ket­zer­pro­zess hat­te für Gal­li­en, ins­be­son­de­re für den Zu­sam­men­halt des gal­li­schen Epis­ko­pats, weit rei­chen­de Fol­gen. Bi­schö­fe in Trier wa­ren zu die­ser Zeit zu­nächst Brit­to, dann Fe­lix. Mar­tin von Tours war Zeu­ge der Bi­schofs­wei­he des Fe­lix, als er sich 385/386 nach Trier be­gab, um nach der Hin­rich­tung des Pri­scil­li­an zu ver­hin­dern, dass sei­ne An­hän­ger wei­ter ver­folgt wür­den. Um dies zu er­rei­chen, wil­lig­te er ein, an­läss­lich der Bi­schofs­wei­he des Fe­lix die Ge­mein­schaft mit den geg­ne­ri­schen Bi­schö­fen wie­der auf­zu­neh­men. Die­se Hand­lung be­las­te­te das Ge­wis­sen Mar­tins je­doch so sehr, dass er Zeit sei­nes Le­bens an kei­ner Syn­ode mehr teil­nahm. Fol­ge des Pri­scil­lia­nis­ten­pro­zes­ses war zu­dem ei­ne Spal­tung des gal­li­schen Epis­ko­pa­tes. Der Trie­rer Bi­schof spiel­te bei die­sem Schis­ma ei­ne pro­mi­nen­te Rol­le, da sich die Par­tei­en nach sei­nem Na­men in Fe­li­cia­ner und An­ti­fe­li­cia­ner auf­teil­ten. 

Am­bro­si­us starb am 4.4.397 in Mai­land. Er wird als Hei­li­ger ver­ehrt; sein Fest ist am 7. De­zem­ber. 

Auf ei­nem Re­li­ef des 18. Jahr­hun­derts, das noch heu­te in der Por­ta Ni­gra in Trier zu se­hen ist, ist Am­bro­si­us mit ei­nem Bie­nen­korb dar­ge­stellt. Das Trie­rer Re­li­ef greift da­mit die Sa­ge auf, nach der sich auf dem Ge­sicht des Kin­des Am­bro­si­us ein Bie­nen­schwarm nie­der­ge­las­sen ha­ben soll, was ver­schie­dent­lich als Hin­weis auf sei­ne “ho­nigs­ü­ße Spra­che” ge­deu­tet wur­de. 

Quellen

Sanc­ti Am­bro­si Ope­ra. Epis­tu­lar­um li­ber de­ci­mus (CSEL 82), Wien 1968ff. 

Literatur

Bautz, Fried­rich-Wil­helm, Ar­ti­kel "Am­bro­si­us", in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon I (1990), Sp. 142-144.
Dass­mann, Ernst Ar­ti­kel “Am­bro­si­us”, in: Theo­lo­gi­sche Rea­len­zy­klo­pä­die 2 (1978), S. 362-386.
Dör­ner, Nor­bert, Am­bro­si­us in Trier. Zu den Hin­ter­grün­den der zwei­ten Ge­sandt­schaft bei Ma­xi­mus (Am­bro­si­us, epist. 30[24]), in: His­to­ria 50 (2001), S. 217-244.
Fi­scher, Bal­tha­sar, Ist Am­bro­si­us wirk­lich in Trier ge­bo­ren?, in: Dass­mann, Ernst/Thra­ede, Klaus, Vi­va­ri­um. Fest­schrift Theo­dor Klau­ser zum 90. Ge­burts­tag, Müns­ter 1984, S. 132-135.
Gi­rar­det, Klaus, Trier 385. Der Pro­zeß ge­gen die Pris­zil­lia­ner, in: Chi­ron 4 (1974), S. 577-608.
Hei­nen, Heinz, Früh­christ­li­ches Trier. Von den An­fän­gen bis zur Völ­ker­wan­de­rung. Trier 1996.

Ambrosius in der Initiale eines Gebetbuchs für die Diözese Konstanz, um 1490. Original in der Stadbibliothek Trier. (Stadbibliothek Trier, Hs. 819/10 8°)

 
Zitationshinweis

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Binsfeld, Andrea, Ambrosius von Mailand, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ambrosius-von-mailand/DE-2086/lido/57a9e401693e63.12814344 (abgerufen am 07.10.2024)