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Kurt Hackenberg war Journalist und Kulturpolitiker. Als Beigeordneter für Kultur und Volksbildung der Stadt Köln prägte er 24 Jahre lang das Kulturleben "seiner" Stadt, die er aus der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg in eine Spitzenposition unter den internationalen Kulturmetropolen führte. Neben der Profilierung von Bühnen, Orchester und Museen förderte er experimentelle Ansätze wie die weltweit erste Messe für zeitgenössische Kunst, den "Kölner Kunstmarkt" (heute "Art Cologne"), der 1967 erstmals stattfand.
Hackenberg wurde am 22.9.1914 in Barmen (heute Stadt Wuppertal) als Sohn eines Bänderfabrikanten geboren. Er hatte fünf Brüder. Die Familie war evangelisch. 1934 legte er das Abitur ab. Es folgte eine kaufmännische Lehre und ab 1937 ein Studium der Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte, Theater- und Zeitungswissenschaft in Berlin und Köln. 1940 promovierte er in Köln "Über die Anfänge des Wuppertaler Zeitungswesens 1788-1834". Während des Zweiten Weltkriegs war er von 1941 bis 1945 Soldat (Pionier) und geriet 1945 in französische Kriegsgefangenschaft. 1946 wurde er Leiter des Wuppertaler Presse- und Werbeamtes, 1947 zusätzlich Geschäftsführer der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Bergisch Land. Seit 1950 leitete er zugleich das Wuppertaler Archiv. 1948-1951 schrieb er für „Die Welt“, das „Rhein-Echo“ (Düsseldorf) und die „Neue Rhein Zeitung“ (Köln).
Verheiratet war er mit Gertrud Hackenberg; das Ehepaar hatte zwei Kinder, Claudia und Georg Martin.
Nicht alle in Köln waren mit dem von der SPD (zuvor war Hackenberg für kurze Zeit Mitglied der FDP gewesen) nominierten Protestanten für die Kölner Kultur einverstanden. Doch am 6.10.1955 wählte ihn der Rat mit 43 von 58 abgegebenen Stimmen bei 13 Enthaltungen zum Beigeordneten der Domstadt. 1967 wurde er für weitere zwölf Jahre im Amt bestätigt. In den Jahren 1974 und 1975 verwaltete er zusätzlich interimistisch das Schuldezernat. Als Mitglied im Kulturausschuss des Deutschen Städtetages - als dessen Vertreter war er auch Mitglied der deutschen UNESCO-Kommission - und Vorsitzender des Kulturausschusses im Städtetag Nordrhein-Westfalen gewann er auch überregional großen Einfluss.
In Köln traf der 41-jährige neue Dezernent auf eine Kulturlandschaft, in der Grundlagen des Wiederaufbaus schon gelegt waren. In einer Phase des Ausbaus in der wirtschaftlich aufblühenden Bundesrepublik konnte er seine Vorstellungen und Konzepte für die städtischen Kultureinrichtungen, wenn auch oft gegen erhebliche Widerstände, umsetzen. Tatkräftige Unterstützer fand er zunächst in Oberstadtdirektor Max Adenauer (1910-2004, Amtszeit 1953-1964) und im SPD-Fraktionsvorsitzenden John van Nes Ziegler (1921-2006), dem späteren Landtagspräsidenten (1966-1970) und Oberbürgermeister der Stadt Köln (1973-1980).
Zunächst wandte sich Hackenberg dem weiteren Ausbau der Theaterlandschaft zu. Als Generalintendanten konnte er 1959 den legendären Oskar Fritz Schuh (1904-1984) nach Köln holen, dem 1964 Arno Assmann (1908-1979) folgte und schließlich ab 1968 Claus Helmut Drese (1922-2011). Mit dem Gürzenichkapellmeister und zeitweiligem Generalmusikdirektor Günter Wand (1912-2002), den er seit Schultagen kannte, kam er allerdings weniger gut zurecht. Hackenberg versuchte eine Neuordnung des Kölner Musiklebens mit dem ungarischen Dirigenten István Kertész (1929-1973) durchzusetzen, der 1964 Opernchef in der Nachfolge von Wolfgang Sawallisch (1923-2013) wurde. Doch nach dem plötzlichem Unfalltod von Kertész 1973 musste er neue Lösungen finden. Für das Gürzenich-Orchester verpflichtete er 1975 Yuri Ahronovitch (1932-2002), einen israelischen Dirigenten russischer Herkunft, Chefdirigent der Oper wurde 1978 Sir John Pritchard (1921-1989).
Das Kölner Schauspiel jener Jahre ist mit dem Namen Hansgünther Heyme (geboren 1935) verknüpft, den Hackenberg trotz heftigster Kontroversen, die dessen politisches Theater provozierte, stets stützte. Als Opernintendant kam schließlich im Jahre 1975 Michael Hampe (geboren 1935) hinzu. Aurel von Millos (1906-1988), den er für die Jahre 1959 bis 1963 als Ballettchef verpflichten konnte, führte das Ballett zu internationaler Bedeutung. Später förderte er die Gründung des Kölner Tanz-Forums (1970-1995), seit 1979 unter alleiniger Leitung von Jochen Ulrich (1944-2012).
Auch den Ausbau der reichen Kölner Museumslandschaft trieb er voran. Mit dem Generaldirektor Hugo Borger plante er die seinerzeit vorbildliche Gestaltung des weltweit Beachtung findenden Römisch-Germanischen-Museums, das 1974 eröffnet wurde. Es folgten das Museum für Ostasiatische Kunst (1977) und die Eröffnung des Kulturzentrums am Neumarkt mit der Kunsthalle, der Stadt-Bibliothek und dem VHS-Forum.
Besonderes Aufsehen erregte die Ausstellung der Pop-Art-Sammlung von Peter Ludwig (1925-1996) im Wallraf-Richartz-Museum im Jahre 1967. Diesen bedeutenden Sammler konnte er an Köln binden, indem er einen neuen Museumskomplex am Dom konzipierte. 1986 wurde das Doppelmuseum Wallraf-Richartz-Museum/Museum Ludwig eröffnet. Auch die Integration der Philharmonie war sein Verdienst. Von Hackenberg geförderte Großausstellungen wie "Die Parler und der Schöne Stil" des Schnütgen-Museums in der Kunsthalle (1979) und "Tut-Ench-Amun" im Kölnischen Stadtmuseum (1980) sowie "Westkunst", konzipiert von Kasper König (geboren 1943) im Jahre 1981 in der Kölner Messe, waren Großereignisse mit zigtausend Besuchern.
Für den Kölnischen Kunstverein favorisierte er eine eher experimentelle Ausrichtung. Die skandalträchtige Ausstellung "Happening und Fluxus" (1970) gilt noch heute als legendär. Mit dem jungen 28-jährigen Kunstvereinsdirektor Wulf Herzogenrath (geboren 1944) fand er 1973 eine Persönlichkeit, die diese offene Haltung umsetzte. Außerdem unterstützte er die Avantgarde-Filmer Birgit (geboren 1942) und Wilhelm Hein (geboren 1940) bei der Veranstaltung ihres "XScreen-Festivals" im Rohbau der U-Bahnhaltestelle Neumarkt im Jahre 1968.
Während seiner Amtszeit erhielt auch das Historische Archiv der Stadt Köln einen Neubau an der Severinstraße, der 1971 eröffnet wurde. Das Gebäude stürzte am 3.3.2009 im Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau ein.
Hackenberg war Mitgründer der Kölner Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit sowie der Bibliothek "Germania Judaica. Kölner Bibliothek zur Geschichte des Judentums" (heute in der Zentralbibliothek am Josef-Haubrich-Platz).
Nach seiner Pensionierung am 31.5.1979 war er von November 1979 bis November 1980 Mitglied des Gemeinderats Odenthal. Ab November 1980 war er Leiter des Planungssekretariats für eine große Ausstellung zur Industriekultur des Landes Nordrhein-Westfalen: „Politik-Arbeit-Gesellschaft. 1813-1983“.
Kurt Hackenberg erhielt mehrere Orden: 1967 das Offizierskreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik, 1969 das Komturkreuz des Ordens der Sonne von Peru und 1973 das Offizierskreuz des Ordens "Leopold II." Er starb am 28.2.1981 an einem Leberleiden in der Klinik Köln-Merheim. Beigesetzt wurde er in seinem Wohnort Odenthal.
Die Stadt Köln ehrte ihn, indem sie den vor dem Museum Ludwig und der Philharmonie nach ihm benannte (Kurt-Hackenberg-Platz). Die Freie Volksbühne vergibt seit 2007 den Kurt-Hackenberg-Preis für Politisches Theater.
Werke (Auswahl)
(Hg.), Das Bergische Land. Eine Monographie. Deutsche Industrielandschaft, Wuppertal 1951.
[zusammen mit] Walter Schwaegermann (Hg.), Vom Theater in Wuppertal. Ein Souvenir. Historie und Histörchen, Wuppertal o.J. [1956].
(Hg.), Wuppertal. Ein Panorama Poeten, Politiker, Philosophen und andere Virtuosen betrachteten das Wuppertal. Literarische Zierleiste zu einem Stadtbild, Wuppertal 1955.
Jahrhundertfeier für Gerhart Hauptmann 15.-21. November 1962 (Redaktion: Kurt Hackenberg u.a.), Köln 1962.
Verantwortung des Theaters, Verantwortung für das Theater. Vortrag von Kurt Hackenberg für den Verein der Kölner Bühnen e.V., 12. Dezember 1963, in: Theaterwissenschaftliche Schriftenreihe des Vereins der Freunde der Kölner Bühnen e.V., Heft 1.
[zusammen mit] Konrad Schilling] (Hg.), Monumenta Judaica: 2000 Jahre Geschichte und Kultur am Rhein, 2 Bände, Köln 1963; Fazit einer Ausstellung, Ergänzungsband, Köln 1964.
500 Jahre Buch und Zeitung in Köln, Köln 1965.
[zusammen mit] Gert von der Osten, Ars Multiplicata. Vervielfältigte Kunst seit 1945, Köln, Wallraf-Richartz-Museum 1968.
Quellen
Der Nachlass von Kurt Hackenberg befindet sich im Historischen Archiv der Stadt Köln, Bestand 1505.
Literatur
Begegnungen mit Kurt Hackenberg. Grußworte zum Abschied, Köln 1979.
Deutscher Städtetag: Bildungs- und Kulturpolitik in der Stadt, Empfehlungen und Stellungnahmen 1970-1974, Köln 1975.
Kunst und Kultur in Köln nach 1945. Musik, Theater, Tanz Literatur, Museen, hg. vom Historischen Archiv der Stadt Köln, Köln 1996.
Keller, Horst (Hg.), Kunst, Kultur, Köln. Notizen zu dreißig Jahren, 2 Bände, Köln 1979.
Kilp, Birgit, Alle für Kultur. Die Ära Kurt Hackenberg in Köln 1955-1979, Köln 2009.
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Kilp, Birgit, Kurt Hackenberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kurt-hackenberg/DE-2086/lido/5cd1612a78c135.48717049 (abgerufen am 07.12.2024)