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Otto Brandenburg war ein erfolgreicher Eishockeyspieler. Mit dem Verein "Preußen Krefeld" gewann er 1951 die deutsche Eishockeymeisterschaft und wurde mit der deutschen Nationalmannschaft 1953 Vizeweltmeister. Als Unternehmer betrieb er in Köln zusammen mit seinem Vater die Firma „Nova-Lux“.
Otto Brandenburg wurde am 11.2.1923 als Sohn des Unternehmers Clemens Brandenburg in Köln geboren. Der Vater hatte in Köln-Braunsfeld die Firma „Nova Lux Tages-Spar- Licht Gesellschaft Brandenburg &Co.“, die auf Industrieleuchten spezialisiert war, begründet und aufgebaut (Slogan: „Nova Lux verlängert den Tag“).
Als Jugendlicher entdeckte Brandenburg seine Leidenschaft für Eishockey auf den zugefrorenen Weihern im Stadtwald in Köln-Lindenthal, bevorzugt auf dem Decksteiner Weiher. Einen Eishockey-Verein gab es in Köln noch nicht - der wurde erst gegründet, nachdem am 12.12.1936 das Eisstadion an der Lentstraße eröffnet worden war. Das Eröffnungsspiel mussten deshalb die beiden Vereine „Altona 93“ und „HG Nürnberg“ bestreiten.
Brandenburgs erste Versuche auf dem Kunsteis endeten mit einem Sturz: „Auf Klammer-Schlittschuhen habe ich erstmal der Länge nach das Eis abgemessen.“ Dennoch absolvierte er mit 14 Jahren seine ersten Spiele für den neugegründeten Verein, den "Kölner Eisklub" (KEK); eine landesweite Liga gab es noch nicht. Gespielt wurde gegen die westdeutschen Rivalen aus Krefeld, Düsseldorf, Essen und Dortmund. Im Frühjahr 1939 reiste die junge KEK-Mannschaft zu den Deutschen Jugendmeisterschaften nach Garmisch Partenkirchen. Brandenburg erzählte später: „Dort fielen wir erst mal unangenehm auf, denn wir hatten – aus Sicht der damaligen Machthaber - alle viel zu lange Haare und wurden auf Befehl des auf der Tribüne sitzenden Reichsjugendführers Baldur von Schirach erst mal zum Haare schneiden geschickt. Wir waren total frustriert.“
1941 meldete sich Otto Brandenburg freiwillig zur Marine. Zweimal entging er knapp dem Tod: Ein erstes Mal, als er nach dem Untergang des Minensuchers, auf dem er stationiert war, zwölf Stunden lang in der kalten Nordsee trieb, bis er gerettet wurde. Er überlebte, weil er durchtrainiert und ein guter Schwimmer war. Später wurde er während eines Gefechtes durch Granatsplitter schwer verletzt und auf ein Riff geschleudert. Französische Partisanen retten ihn und brachten ihn in ein Nonnenkloster, wo er gesund gepflegt wurde; anschließend wurde er den Amerikanern übergeben. 1946 floh er aus der Gefangenschaft in Le Havre und kehrte nach Köln zurück. Er fand nicht nur seine Heimatstadt, sondern auch das Familienunternehmen in Trümmern, das er in den folgenden Jahrzehnten gemeinsam mit dem Vater erfolgreich wiederaufbaute.
1947 nahm Brandenburg wieder das Eishockey-Training auf. Ab 1948 spielte sein Verein, der KEK, um die deutsche Meisterschaft mit sowie ab der Saison 1948/1949 in der neugegründeten Eishockey-Oberliga. Bis 1950 war Brandenburg für den KEK aktiv, dann wechselte er nach langem Zögern zu "Preußen Krefeld", weil dort die sportlichen Perspektiven durch das große finanzielle Engagement des Mäzens Willi Münstermann (1903-1982) besser waren. So spielten in Krefeld auch starke Ausländer wie der schwedische Nationalspieler Gösta Johansson (1929-1997). Der KEK hingegen galt damals lediglich als „Punktelieferant“ für die anderen Mannschaften.
Mit "Preußen Krefeld" gewann Brandenburg 1951 die deutsche Meisterschaft; in der Finalrunde entschied die Mannschaft die Meisterschaft mit 16:0 Punkten für sich. Die Zeitschrift "Ski Bob Eis" kommentierte: „Zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Eishockeysportes hat eine Krefelder Mannschaft den Titel des Meisters nach Westdeutschland geholt und damit in die Hegemonie die Südens eingegriffen.“ Sportlich bezeichnete Brandenburg selbst die Zeit in Krefeld als seine schönste, betonte aber: „Dem Herzen nach bin ich immer Kölner geblieben.“
Neunmal lief Otto Brandenburg für die deutsche Nationalmannschaft auf das Eis und war damit der erste Eishockeynationalspieler aus Köln. In diesen neun Spielen erzielte er ein Tor: Vor 10.000 Zuschauern in Basel steuerte er dieses Tor zum 7:3 Sieg gegen die Schweiz im entscheidenden Spielen bei den Eishockey-Weltmeisterschaften 1953 bei. Im vorhergegangen „Hinspiel“ gegen die Schweiz hatte die deutsche Mannschaft noch 2:3 verloren. Das "Sport Magazin" schrieb: „Lassen Sie mich vorwegnehmen, wie es zu dieser Entscheidung kam: Brandenburg, der blonde Krefelder, hatte etwa drei Minuten vor Schluß das Pech, daß sein Stock brach. In der Hitze des in voller Schärfe entbrannten Endkampfes (es hieß 2:2) vergaß er die Regel, nach der Spiel mit gebrochenem Stock verboten ist, und wurde für zwei Minuten auf die Strafbank geschickt.“ Während Brandenburg auf der Bank saß, fiel das 2:3.
Brandenburg hätte um ein Haar nicht an dem WM-Turnier teilnehmen können, weil er sich in einem Meisterschaftsspiel verletzt hatte. Ein Mitspieler hatte ihm bei einer Kollision mit den Kufen seines Schlittschuhs drei Sehnen in der Kniekehle durchtrennt. Gegen den Rat der Ärzte reiste er in die Schweiz und nahm an der Weltmeisterschaft teil, die allerdings eine „Rumpf-WM“ war: So starke Nationen wie die USA, Kanada oder Polen fehlten, und die Mannschaft der CSSR reiste mitten im Turnier ab, weil der damalige Staatspräsident Klement Gottwald gestorben war, so dass nur noch drei Mannschaften – Schweden, Schweiz und Deutschland – übrig blieben. Weltmeister wurde Schweden.
Durch seine kämpferische Spielweise als Stürmer erwarb sich Otto Brandenburg in den Zeitungen den Spitznamen „Atom-Otto“, „den Namen verdankte ich wohl meiner robusten Spielweise – ich war immer mitten drin im Getümmel“, die Fans riefen ihn von den Tribünen „Ötsch“. Der langjährige Weggefährte Dr. Wolfgang Utsch (geboren 1925) charakterisierte ihn: „Er war ein sehr starker Charakter mit Charisma, eine Führungspersönlichkeit von hoher Intelligenz. Ein toller Kerl eben. Otto, das war der härteste Spieler, den ich kannte.“ Anfang der 1960er Jahre schrieb eine Zeitung über den großgewachsenen blonden Sportler: „Wäre er Playboy oder Filmschauspieler geworden, dann hätte er einen Hauptdarsteller in den Träumen schwärmerischer junger Damen abgegeben.
1955 kehrte Brandenburg als Spieler zum KEK zurück, engagierte sich aber auch als Trainer und Zweiter Vorsitzender des Vereins. Zeitlebens betrieb er Eishockey als Amateur, daneben war er als Junior-Chef in der väterlichen Firma tätig. Die Firma „Nova Lux“ stellte regelmäßig einen Firmen-LKW zur Verfügung, der die Mannschaft des KEK zu den Liga-Spielen transportierte.
1958 schien Otto Brandenburgs Karriere nach einer schweren Kieferverletzung, die er nach einem unbeabsichtigten Stockcheck eines Mitspielers im Training erlitten hatte, beendet zu sein. Doch nach monatelanger Pause kehrte „Atom-Otto“ aufs Eis zurück, um dann aber 1961 nach Unstimmigkeiten mit der Eisstadion-Verwaltung nicht nur als Spieler, sondern auch vom Amt des Zweiten Vorsitzender zurückzutreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er rund 600 Eishockey-Matches absolviert.
Nach einem schweren Autounfall, den Brandenburg glimpflich überstand, verkauften sein Vater und er 1976 ihr Unternehmen „Nova Lux“, das inzwischen 1.000 Mitarbeiter hatte und dessen Produkte etliche Design-Preise eingeheimst hatten, an den niederländischen Konzern Philips. Heute existiert der Standort in Köln nicht mehr.
Otto Brandenburg betrieb weiterhin intensiv Sport, vor allem Skifahren, Schwimmen und in späteren Jahren Golf; er war ein begeisterter Jäger und Hochseefischer. Sein bevorzugter Sport war jedoch Tennis, und dieser Sport brachte ihm in verschiedener Hinsicht Glück. So wurde er mit der Mannschaft des "TG Deckstein" 1986 Westdeutscher Mannschaftsmeister. Durch diesen Sport lernte er 1977 seine dritte Ehefrau Helga, geborene Kirchmann (geboren 1944), kennen, mit der er bis zu seinem Tod glücklich verheiratet war. Auch Helga Brandenburg war und ist bis heute sehr sportlich: So lief sie seit 1988 zahlreiche Marathons und Halb-Marathons, und ihr Mann begleitete sie oft auf ihren Reisen rund um die Welt, um an Läufen etwa in New York oder Honolulu teilzunehmen.
Besonders stolz war Otto Brandenburg auf seine Berufung in die „Eishockey Hall of Fame Deutschland“, den Ehrenbereich im Eishockey-Museum in Augsburg. Im Oktober 2009 besuchte er zum letzten Mal ein Heimspiel der „Kölner Haie“ und feierte ein Wiedersehen mit vielen seiner ehemaligen Mannschaftskameraden. Er starb am 24.1.2010 nach kurzer Krankheit im Alter von 86 Jahren und liegt auf dem Kölner Melaten-Friedhof begraben.
Quellen
Interview mit Helga Brandenburg, der Witwe von Otto Brandenburg (15.3.2013), Interview mit Dr. Wolfgang Utsch, langjähriger Mitspieler und Freund (6.3.2013).
Keßler, Hans-Hubert, Zeitzeuge Saison 52/53: Otto Brandenburg. unveröffentliches Manuskript.
Literatur
Pollheim, Axel/Dost, Ulrich, Als die Haie beißen lernten, Köln 1978, S. 66–71.
Zeitungsartikel
Ski Bob Eis, 4.4.1951, S. 298.
Sport Magazin, 18.3.1953.
Müller, Jupp, „Otto Brandenburg – 12 Stunden in der Nordsee“, in: Kölner Stadt-Anzeiger, Zeitungsausschnitt aus einer Privatsammlung, circa 1963.
Online
Die deutsche Eishockey-Datenbank. [Online]
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Franz, Renate, Otto Brandenburg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/otto-brandenburg-/DE-2086/lido/57c586aa1dae40.09455916 (abgerufen am 08.09.2024)