Wolfgang Graf Berghe von Trips

Rennfahrer (1928-1961)

Susanne Harke-Schmidt (Kerpen)

Wolfgang Graf Berghe von Trips in Rennbekleidung. (Historisches Archiv der Porsche AG)

Wolf­gang Graf Berg­he von Trips, auf­ge­wach­sen auf der Burg Hem­mers­bach bei Ker­pen als Sproß ei­ner rhei­ni­schen Adels­fa­mi­lie, war ein be­deu­ten­der Renn­fah­rer der Nach­kriegs­zeit, der aber nicht al­lein auf­grund sei­ner mo­tor­sport­li­chen Er­fol­ge zu den her­aus­ra­gen­den Per­sön­lich­kei­ten der deut­schen Sport­ge­schich­te zählt. Ein töd­li­cher Un­fall beim Gro­ßen Preis von Mon­za setz­te sei­ner glanz­vol­len Kar­rie­re 1961 ein tra­gi­sches En­de.

Wolf­gang Alex­an­der Berg­he von Trips kam am 4.5.1928 in der Köl­ner Süd­stadt zur Welt. Er war der ein­zi­ge Sohn des Reichs­gra­fen Edu­ard Berg­he von Trips (1893-1971), der 1925, ent­ge­gen sei­nes im Erb­ver­trag ge­mach­ten Ver­spre­chens, ei­ne Ad­li­ge zu ehe­li­chen - die bür­ger­li­che Jo­han­na Adel­heid (ge­nannt Thes­sa) Mel­zer (1895-1978) ge­hei­ra­tet hat­te.

1751 war des­sen Ur­ur­gro­ßva­ter Franz Adolph An­selm Graf Berg­he von Trips (1732-1792) durch den Her­zog von Jü­lich-Berg mit Burg und Un­ter­herr­schaft Hem­mers­bach be­lehnt wor­den. Ob­wohl die Adels­fa­mi­lie mit dem En­de des An­ci­en Ré­gime ih­re lan­des­herr­li­che Funk­ti­on ver­lo­ren hat­te, blie­ben ih­re Mit­glie­der bis weit in das 20. Jahr­hun­dert prä­gend für die wei­te­re Ent­wick­lung des Or­tes. Auch Wolf­gang von Trips nahm ei­ne be­son­de­re Stel­lung in­ner­halb der ört­li­chen Ge­sell­schaft ein – schon vor sei­ner bei­spiel­lo­sen Renn­fah­rer­kar­rie­re.

 

1932, als Wolf­gang vier Jah­re alt war, zog die Fa­mi­lie mit den El­tern sei­ner Mut­ter auf die Burg Hem­mers­bach. Edu­ard über­nahm dort die Lei­tung des land­wirt­schaft­li­chen Be­trie­bes, der zu den grö­ß­ten im da­ma­li­gen Kreis Berg­heim (heu­te Rhein-Erft-Kreis) ge­hör­te.

Nach ei­ge­nen Wor­ten ver­leb­te Wolf­gang ei­ne herr­li­che Kind­heit auf der Burg Hem­mers­bach. Un­be­rührt von den Fol­gen der Wirt­schafts­kri­se, die zahl­rei­che Fa­mi­li­en in Deutsch­land in gro­ße ma­te­ri­el­le Not stürz­te, wuchs er als Ein­zel­kind vor dem Schul­be­such iso­liert von an­de­ren Ju­gend­li­chen auf. Von der Hor­re­mer Volks­schu­le wech­sel­te er zum Berg­hei­mer Gym­na­si­um. Seit 1935 be­glei­te­te er sei­ne renn­sport­be­geis­ter­ten El­tern, die im Ju­ni 1927 das Er­öff­nungs­ren­nen an der neu­en Renn­stre­cke in der Ei­fel be­sucht hat­ten, bei Be­su­chen auf dem Nür­burg­ring. Da­mit weck­ten sie Wolf­gangs In­ter­es­se an Tech­nik, der heim­lich schon in die­sem Al­ter die Au­tos auf dem el­ter­li­chen Be­sitz steu­er­te. Trotz­dem hiel­ten nicht nur sei­ne El­tern, son­dern auch er selbst an dem Ziel fest, den land­wirt­schaft­li­chen Be­trieb in Hem­mers­bach zu über­neh­men.

Wolf­gangs schu­li­scher Wer­de­gang wur­de durch lang­wie­ri­ge Krank­hei­ten und schlie­ß­lich den Zwei­ten Welt­krieg un­ter­bro­chen. Die Be­woh­ner der Burg er­leb­ten nicht nur die Schre­cken des Luft­krie­ges, der in der un­mit­tel­ba­ren Nä­he zu Köln deut­lich zu spü­ren war, son­dern mehr­fach auch Ein­quar­tie­run­gen der Wehr­macht. We­gen der nä­her rü­cken­den Front ver­ließ die Fa­mi­lie En­de 1944 ih­ren Stamm­sitz und ver­brach­te das Kriegs­en­de und die un­mit­tel­ba­re Nach­kriegs­zeit im rechts­rhei­ni­schen Re­der­scheid bei Bonn.

Bei der Rück­kehr nach Hem­mers­bach fan­den Edu­ard, Thes­sa und Wolf­gang ei­ne von ame­ri­ka­ni­schen Sol­da­ten be­setz­te und zum Kriegs­en­de schwer ver­wüs­te­te Burg vor. Wäh­rend sich sei­ne El­tern um den Wie­der­auf­bau des land­wirt­schaft­li­chen Be­triebs und die Er­schlie­ßung al­ter­na­ti­ver Er­werbs­zwei­ge küm­mer­ten, be­such­te Wolf­gang das Päd­ago­gi­um in Go­des­berg (heu­te Stadt Bonn) und schlie­ß­lich ei­ne Wal­dorf­schu­le im nie­der­säch­si­schen Be­ne­feld.

Wolfgang Graf Berghe von Trips bei der Mille Miglia 1957. (Historisches Archiv der Porsche AG )

 

Nach ers­ten sport­li­chen Er­fah­run­gen und Er­fol­gen auf dem Mo­tor­rad tausch­te Berg­he von Trips par­al­lel zum Be­ginn sei­ner land­wirt­schaft­li­chen Aus­bil­dung das Mo­tor­rad ge­gen ei­nen BMW 328, den le­gen­dä­ren Vor­kriegs-Sport­wa­gen, ein. Dem BMW folg­te 1954 ein 356er Por­sche. Der Ge­winn der Deut­schen Meis­ter­schaft im glei­chen Jahr mar­kier­te den Be­ginn sei­ner pro­fes­sio­nel­len Renn­fah­rer­kar­rie­re, ob­wohl er zeit­gleich auch sein Ex­amen zum Di­plom­land­wirt be­stand. In den fol­gen­den Jah­ren mach­te sich der „Renn­graf" mit zahl­rei­chen Sie­gen auch in­ter­na­tio­nal ei­nen Na­men, sie wa­ren je­doch auch ge­prägt von ei­ni­gen schwe­ren Un­fäl­len. 1957 gab er mit ei­nem sechs­ten Platz beim Grand Prix von Ar­gen­ti­ni­en ein er­folg­rei­ches De­büt in der For­mel 1. In die­ser Zeit fuhr Wolf­gang von Trips für Por­sche, für Mer­ce­des und schlie­ß­lich als ers­ter Deut­scher für den ita­lie­ni­schen Renn­stall Fer­ra­ri. Im Ein­woh­ner-Adress­buch des Krei­ses Berg­heim von 1958, in dem sei­ne El­tern für die ver­schie­de­nen land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­te des Hem­mers­ba­cher Be­triebs war­ben, ist Wolf­gang von Trips als „Renn­fah­rer" ver­zeich­net.

Cha­rak­te­ris­tisch für sei­ne Per­sön­lich­keit sind zwei Epi­so­den, die zei­gen, wie er mit kon­kur­rie­ren­den Renn­fah­rer­kol­le­gen um­ging - bei­spiel­haf­te Ver­hal­tens­mus­ter, die im heu­ti­gen, stark kom­mer­zia­li­sier­ten Renn­sport un­denk­bar wä­ren. Auf der Mil­le Miglia des Jah­res 1957 lag Trips hin­ter dem füh­ren­den Ita­lie­ner Pie­ro Ta­ruf­fi (1906-1988), der zum letz­ten Mal ver­such­te, das be­rühm­te Ren­nen zu ge­win­nen. Et­wa 200 Ki­lo­me­ter vor dem Ziel zwan­gen tech­ni­sche Pro­ble­me den Ita­lie­ner, das rest­li­che Stre­cken­stück im vier­ten Gang zu fah­ren. Wolf­gang von Trips, der ihn als ein­zi­ger hät­te über­ho­len kön­nen, be­merk­te die Pro­ble­me und blieb bis zum Ziel hin­ter Ta­ruf­fi, weil er die­sen Kampf als un­fair an­sah.

Die zwei­te Epi­so­de spiel­te sich 1958 ab. Beim 24-Stun­den-Ren­nen von Le Mans ret­te­te er dem Fran­zo­sen Jean He­bert ver­mut­lich das Le­ben, weil er sein Ren­nen un­ter­brach und He­bert nach ei­nem schwe­ren Un­fall aus des­sen bren­nen­dem Fahr­zeug half. Die­se Tat blieb zeit sei­nes Le­bens un­be­kannt, weil Trips nie ein Wort dar­über ver­lor. Erst nach sei­nem Tod wur­de in sei­nem Nach­lass ein Dan­kes­brief des Fran­zo­sen ge­fun­den. Bei­spiel­haft war auch sein Be­mü­hen um die Ju­gend. So stif­te­te er der von ihm ge­grün­de­ten „Scu­de­ria Co­lo­nia" ei­nen For­mel-Ju­ni­or-Sport­wa­gen, um we­ni­ger be­gü­ter­ten Ju­gend­li­chen den Ein­stieg in den Mo­tor­sport zu er­mög­li­chen. Zu­sam­men mit dem Jour­na­lis­ten Gün­ter Isen­bü­gel (1922-1996) im­por­tier­te er 1961 die ers­ten Karts aus den USA nach Deutsch­land. Lan­ge vor dem Er­lass der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung er­kann­te Wolf­gang von Trips die Be­deu­tung der Si­cher­heit im Stra­ßen­ver­kehr.

Erst in der Sai­son 1961 wur­de Wolf­gang von Trips in ei­nem kon­kur­renz­fä­hi­gen Fer­ra­ri zu ei­nem ernst­haf­ten Ti­tel­an­wär­ter. Nach sei­nen bei­den ers­ten Sie­gen in der For­mel 1 schien der Ge­winn der Welt­meis­ter­schaft greif­bar na­he. Als Füh­ren­der der Ge­samt­wer­tung ging Wolf­gang von Trips am 10.9.1961 in das Ren­nen um den Gro­ßen Preis von Ita­li­en in Mon­za. In der zwei­ten Run­de vor der Ein­fahrt in die Cur­vet­ta kol­li­dier­te er mit dem Lo­tus von Jim Clark (1936-1968). Der Fer­ra­ri über­schlug sich, Wolf­gang von Trips wur­de aus dem Wa­gen ge­schleu­dert und töd­lich ver­letzt. Mit ihm star­ben 14 Zu­schau­er.

Die pos­tu­me Aus­zeich­nung zum Sport­ler des Jah­res nah­men sei­ne trau­ern­den El­tern in Emp­fang. Zu sei­nem An­denken grün­de­ten sie die Gräf­lich Berg­he von Trips’sche Sport­stif­tung zu Burg Hem­mers­bach. Graf Edu­ard starb am 12.3.1971. Kurz da­nach be­zog Grä­fin Thes­sa die im Park der Burg ge­le­ge­ne, neu er­bau­te „Vil­la Trips", in der seit Mai 2000 das Renn­sport­mu­se­um der von Wolf­gangs El­tern ge­grün­de­ten Stif­tung sei­nen Sitz hat. Im Jahr 2008 wur­de Wolf­gang Graf Berg­he von Trips in die „Hall of Fa­me des Deut­schen Sports" in Ber­lin auf­ge­nom­men.

227 Jah­re nach der Be­leh­nung Franz Adolph An­selms Berg­he von Trips 1751 durch den Her­zog von Jü­lich-Berg en­de­te mit dem Tod von Grä­fin Thes­sa im Jahr 1978 die Ge­schich­te der Fa­mi­lie Berg­he von Trips auf Hem­mers­bach. Es bleibt Auf­ga­be der Stif­tung, die Stif­tungs­zwe­cke zu er­fül­len, zu de­nen auch das wür­di­ge An­denken an die Ge­schich­te und Tra­di­ti­on der rhei­ni­schen Adels­fa­mi­lie Berg­he von Trips ge­hört.

Literatur

Fö­disch, Jörg Tho­mas / Louis, Rein­hold, Graf Berg­he von Trips. Ei­ne deut­sche Renn­fah­rer­kar­rie­re, Schin­del­legi 1991.
Fran­ken­berg, Ri­chard von, Wolf­gang Graf Berg­he von Trips, Stutt­gart 1962.
Har­ke-Schmidt, Su­san­ne / Kretz­sch­mar, Frank, Burg Hem­mers­bach. Rit­ter­sitz, Herr­schafts­gut, Köln 2002.
Hars­ter, Her­mann, Das Ren­nen ist nie zu En­de. Die Ge­schich­te des Gra­fen Berg­he von Trips, Frank­furt 1969.
Louis, Rein­hold, Wolf­gang Graf Berg­he von Trips, Köln 1989.

Online

Ers­ter Welt­klas­se-Renn­fah­rer der Nach­kriegs­zeit (Wür­di­gung auf der Home­page der Hall of Fa­me des deut­schen Sports). [On­line]

Wolfgang Graf Berghe von Trips in einem Porsche 718 RSK während des Rennens Ollon Villars 1958. (Historisches Archiv der Porsche AG)

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Harke-Schmidt, Susanne, Wolfgang Graf Berghe von Trips, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/wolfgang-graf-berghe-von-trips/DE-2086/lido/57c57ba1764fe4.97111766 (abgerufen am 15.10.2024)