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Arno Breker war ein Bildhauer, Architekt und Graphiker, dessen Schaffensperiode sich von der Weimarer Republik über die Zeit des Nationalsozialismus sowie über vier Jahrzehnte der westdeutschen Nachkriegsgeschichte erstreckte. Als einer der wichtigsten und stilbildenden Repräsentanten nationalsozialistischer Kunstanschauung und als bevorzugter Bildhauer Adolf Hitlers (1889-1945) gehört er heute, trotz großem internationalem Ansehen, zu den umstrittensten deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts.
Arno Breker wurde am 19.7.1900 als ältester Sohn des Steinmetzen Arnold Breker und dessen Frau Luise in Elberfeld (heute Stadt Wuppertal) geboren. Wie er, sollte auch sein jüngerer Bruder Hans Breker (1906-1993) das Handwerk des Bildhauers erlernen. Als der Vater 1916 zum Kriegsdienst eingezogen wurde, übernahm Arno Breker für die Zeit seiner Abwesenheit die Leitung des elterlichen Unternehmens. Von 1916 bis 1920 besuchte er die Kunstgewerbeschule in Elberfeld und studierte von 1920 bis 1925 an der Kunstakademie Düsseldorf, wo er Schüler des Bildhauers Hubert Netzer (1865-1939) wurde und darüber hinaus von dem renommierten Architekten Wilhelm Kreis (1873-1955) in der Bauformenlehre unterwiesen wurde. Das für seine späteren Arbeiten charakteristische Gespür für das harmonische Zusammenwirken von Architektur und Plastik erfuhr bereits in dieser Zeit seine entscheidende Ausprägung.
In der Mitte der 1920er Jahre begründete Breker seinen Ruf als einer der führenden Porträtisten Deutschlands. Herausragende frühe Werke sind die Büsten des Malers Otto Dix (1891-1969) sowie des Reichspräsidenten Friedrich Ebert (Amtszeit 1919-1925), seiner ersten öffentlichen Auftragsarbeit. In den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft schuf er unter anderem Büsten des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (Amtszeit 1925-1934), Adolf Hitlers und Albert Speers (1905-1981). Nach dem Zweiten Weltkrieg porträtierte er die Bundeskanzler Konrad Adenauer und Ludwig Erhard (Amtszeit 1963-1966), ranghohe ausländische Politiker wie Charles de Gaulle (1890-1970) oder den äthiopischen Kaiser Haile Selassi (1892-1975) sowie eine Vielzahl bedeutender Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Industrie und Kultur.
1927 übersiedelte Breker nach Paris. Die hier geschlossenen Freundschaften mit Künstlern wie Aristide Maillol (1861-1944), Charles Despiau (1874-1946) oder François Pompon (1855-1930) sollten sein weiteres Leben entscheidend prägen. Stilistisch markierte das Jahr 1927 auch den Beginn seiner so genannten „klassischen" Schaffensperiode - der endgültigen Abkehr vom Surrealismus hin zu dem für ihn charakteristischen, durch die Arbeiten Michelangelos (1475-1564) und Auguste Rodins (1840-1917) beeinflussten, idealisierenden Realismus, bei dem er in Plastik und Relief vor allem die anatomische Ästhetik des Menschen zu inszenieren suchte. Dabei orientierte er sich bevorzugt an den Schönheitsidealen der griechischen Klassik und der Renaissance und verlieh seinen Werken eine von ihm entwickelte glatte Oberflächenbehandlung, die auch in seinen abstrakten Werken der unmittelbaren Nachkriegszeit sein Markenzeichen bleiben sollte.
Der Aufstieg zum bevorzugten Bildhauer Adolf Hitlers gelang Arno Breker erst einige Jahre nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Auf Drängen seines Gönners Max Liebermann (1847-1935) übersiedelte er 1934 von Paris nach Berlin, stieß hier jedoch zunächst wegen seines langjährigen Aufenthalts in Frankreich auf Ablehnung. Seine Werke wurden von Ausstellungen ausgeschlossen, offizielle Aufträge blieben aus. Erst mit den Entwürfen für zwei Bronzeplastiken („Zehnkämpfer" und „Die Siegerin") zur Gestaltung der Freilichtbühne des Berliner Olympiageländes gewann er 1936 die Aufmerksamkeit Hitlers und seines Generalbauinspektors Albert Speer. Bei der olympischen Kunstausstellung des Jahres 1936 wurde er für diese Arbeiten hinter dem italienischen Bildhauer Farpi Vignoli (1907-1997) zudem mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.
1937 wurde Breker, der nach eigenen Angaben mit seinen Werken stets den Menschen und nicht ein politisches System zu verherrlichen versucht habe, Mitglied der NSDAP. Er erhielt eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und etablierte sich neben Joseph Thorak (1889-1955) als führender Bildhauer im „Dritten Reich". Im gleichen Jahr heiratete er die Griechin Demetra Messala und zeichnete auf der Weltausstellung in Paris für die figürliche Ausgestaltung des deutschen Pavillons verantwortlich. Zahlreiche Staatsaufträge verhalfen ihm zu ungeahnten künstlerischen Entfaltungsmöglichkeiten. Die sich ins überdimensionale steigernden Arbeiten der Jahre 1937 bis 1944 verbanden sich mit den Monumentalbauten Albert Speers zu einer stilistischen Symbiose, die bis heute das Bild nationalsozialistischer Architektur und Bauplastik entscheidend prägt.
Zu Brekers wichtigen Werken in den ausgehenden 1930er Jahren zählen die Großplastiken im Ehrenhof der Neuen Reichskanzlei („Fackelträger", „Schwertträger") und auf dem Reichsparteifeld in Nürnberg („Künder" und „Bereitschaft"). Wie bei keinem anderen Bildhauer im „Dritten Reich" ließen sich seine allegorischen Plastiken und Reliefs im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung interpretieren. Seine Nähe zu den höchsten Repräsentanten des NS-Regimes nutzte er jedoch auch, um verfolgte Künstler vor Repressalien und der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu schützen. So bewahrte er nicht nur seinen Freund Pablo Picasso (1881-1973) vor der Verhaftung durch die Gestapo, sondern erwirkte bei Hitler im Februar 1945 auch die Freilassung des im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftierten Verlegers Peter Suhrkamp (1891-1959).
Nach der militärischen Niederlage Frankreichs gehörte Breker zu den Begleitern Hitlers bei dessen überraschendem Parisbesuch in den Morgenstunden des 23.6.1940. Der von diesem in der Folge mit Nachdruck forcierte Umbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania" sollte Breker und seine Mitarbeiter im neu eingerichteten Atelier in Berlin-Dahlem in den nächsten Jahren vorrangig beschäftigen. Unter anderem war er mit den Entwürfen für den zentralen „Großen Brunnen" und der Fertigung eines insgesamt 240 Meter langen Reliefsprogramms für den geplanten riesigen Triumphbogen an der künftigen Nord-Süd-Achse der Stadt befasst. Kriegsbedingt atmeten diese 24, jeweils zehn Meter hohen Arbeiten einen dramaturgisch übersteigerten, martialischen Charakter.
Weniger durch unmittelbare Kriegseinwirkung, sondern vielmehr durch die mutwillige Zerstörung durch marodierende Soldaten der Siegermächte gingen nach Angaben Brekers ab 1945 90 Prozent seiner Arbeiten aus den Jahren 1937 bis 1944 verloren. Er selbst floh bei Kriegsende nach Wemding in Bayern. Im Rahmen seines Entnazifizierungsverfahrens wurde er von den amerikanischen Behörden lediglich als „Mitläufer" eingestuft, wobei ihm die nachweisliche Unterstützung für Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes bei der Beurteilung zugute kam. 1950 übersiedelte er nach Düsseldorf, wo er sich ein neues Atelier einrichtete. 1958, zwei Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, heiratete er die 26 Jahre jüngere Charlotte Kluge.
Obwohl er bis in die 1970er Jahre von deutscher Seite keine öffentlichen Aufträge mehr erhielt, erwies sich Brekers ökonomische Situation auch nach dem Zweiten Weltkrieg als günstig. Breker porträtierte nun vor allem hochrangige Vertreter aus Industrie und Wirtschaft und betätigte sich auch als Architekt beim Wiederaufbau der kriegszerstörten Großstädte. Unter anderem war er an Entwurf und Ausführung des neuen Hauptgebäudes des Gerling-Konzerns in Köln sowie an verschiedenen Bauprojekten in München, Essen, Siegen und Düsseldorf beteiligt.
In Brekers plastischen Arbeiten lässt sich in den 1950er Jahren eine scharfe stilistische Zäsur beobachten. An die Stelle der noch über das Kriegsende hinausreichenden von ihm bevorzugten detaillierten Darstellung überlebensgroßer menschlicher Körper trat nun eine Phase der Reduktion des Körperlichen auf abstrakte, kubische Formen. Prägnante Beispiele stellen die Plastik „Pallas Athene" (1956/ 1957) sowie die Kleinbronze „Dialog der Mädchen" (1959) dar.
In der deutschen Öffentlichkeit verfemt und vor allem bei seinen architektonischen Arbeiten zur Anonymität gezwungen, hatte sein Ansehen im Ausland keinen tief greifenden Schaden genommen. Erneut wandte sich Breker daher nach Paris, wo er sich zu Beginn der 1960er Jahre ein Atelier einrichtete. Christliche und mythologische Motive wurden, beeinflusst durch seinen Freund Jean Cocteau (1889-1963), in der Folgezeit zu seinen bevorzugten Themen. Im Gegensatz zu den linienförmigen, zweidimensional erscheinenden Werken der 1950er Jahre gewannen seine Plastiken nun wieder an Volumen und bildeten durch die stark zerklüftete Oberflächenbehandlung und die gänzliche Abkehr von antiken Schönheitsidealen einen überraschenden Gegenpol zu den Werken seiner „klassischen" Periode. Die Bronzen „Der Prophet" (1962), „Ecce Homo" (1968) und „Ikarus" (1969) zählen zu den wichtigsten Arbeiten dieser Jahre.
Nur allmählich näherte sich Arno Breker am Ende der 1960er Jahre wieder der naturnahen Darstellungsweise seiner „klassischen" Periode an. In das Jahr 1974 datiert der Beginn der Künstlerfreundschaft mit Salvador Dalí (1904-1989) und Ernst Fuchs (geboren 1930), die von Dalí als das „goldene Dreieck der Kunst" bezeichnet wurde. Sowohl Dalí als auch Fuchs wurden von ihm porträtiert: Diese ausdrucksstarken Arbeiten zählen zu den herausragenden Werken seines Spätwerkes. 40 Jahre nach seinen Plastiken für das Berliner Olympiagelände, nahm Breker 1976 mit seinem „Olympia Zyklus", bei dem ihm bedeutende deutsche Sportler Modell standen, auch das Motiv des anatomisch präzise wiedergegebenen Athleten erneut auf.
Bis zu seinem Tod war Breker künstlerisch tätig, sah sich aber auch bis zuletzt wegen seiner ideologischen Vereinnahmung und seiner privilegierten Position im „Dritten Reich" schweren Vorwürfen ausgesetzt. Ein Selbstporträt markierte 1991 den Schlusspunkt seines umfang- und facettenreichen Gesamtwerkes.
Am 13.2.1991 starb Arno Breker in Düsseldorf an einer Grippe. Er wurde auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof beigesetzt. Sein künstlerisches Vermächtnis sorgte zuletzt im Jahr 2006 bei einer Werkausstellung in Schwerin für Aufsehen und heftige Kontroversen. Die Verfemung Brekers in Deutschland steht im Gegensatz zu seiner hohen Reputation im Ausland. Bereits 1961 war er vom französischen Kritiker Georges Hilaire als einer „der kultiviertesten Künstler des Jahrhunderts" bezeichnet worden. Der amerikanische Bildhauer Alexander Calder (1898-1976) nannte ihn 1974 den „bedeutendsten Bildhauer der klassischen Tradition unserer Zeit".
Schriften (Auswahl)
Bilder unserer Epoche, Dorheim 1972.
Hitler et moi, Paris 1970.
Im Strahlungsfeld der Ereignisse 1925-1965. Leben und Wirken eines Künstlers. Porträts, Begegnungen, Schicksale, Oldendorf 1972.
Schriften, Bonn 1983.
Literatur (Auswahl)
Bressa, Birgit, Nachleben der Antike. Klassische Bilder des Körpers in der NS-Skulptur Arno Brekers, Tübingen 2001.
Conrades, Rudolf (Hg.), Zur Diskussion gestellt. Der Bildhauer Arno Breker, Schwerin 2006.
Fuchs, Ernst, Arno Breker. Der Prophet des Schönen, Skulpturen aus den Jahren 1920-1982, München 1982.
Probst, Volker G., Der Bildhauer Arno Breker. Eine Untersuchung, Bonn/ Paris 1978.
Probst, Volker G., Das Bildnis des Menschen im Werk von Arno Breker, Bonn/ Paris/ New York 1981.
Online
Ein Leben für das Schöne in der Kunst (Homepage Museum Arno Breker). [Online]
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Thomann, Björn, Arno Breker, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/arno-breker-/DE-2086/lido/57c588931407c9.59614223 (abgerufen am 06.12.2024)