Zu den Kapiteln
August Macke gehört zu den herausragenden Künstlern der Klassischen Moderne und gilt als die zentrale Künstlerpersönlichkeit im Rheinland vor dem Ersten Weltkrieg. Die Entfaltung der Farbe und ihrer Leuchtkraft ist seine bedeutende künstlerische Leistung und Wesensmerkmal seiner Kunst. Form und Farbe sind die spezifischen Ausdrucksmittel, derer sich Macke bediente, um seine Empfindung von der Schönheit des Diesseitigen gleichnishaft in seinen Bildern umzusetzen.
Gemessen an der kurzen Schaffensphase von knapp zehn Jahren hat August Macke mit circa 11.000 Werken, darunter 500 Gemälde, 500 Aquarelle sowie 10.000 Zeichnungen, ein unverwechselbares Oeuvre hinterlassen. Charakteristische Motive seiner paradiesisch anmutenden, alles Negative ausklammernden Bildwelten sind Spaziergänger in Parks, Frauen vor Schaufenstern, Akrobaten, Mädchen- und Kindergruppen sowie sein häusliches Umfeld mit Familie, Frau und Kindern, Freunden, Ausblicke aus seinem Bonner Atelier auf die nächste Umgebung, Landschaften, Bildnisse, Akte und Stillleben. Sämtliche Werke vermitteln Mackes positive Lebensauffassung und Daseinsfreude.
August Macke wurde am 3.1.1887 in Meschede als Sohn des Tiefbauingenieurs und Bauunternehmers August Friedrich Hermann Macke und der aus einer sauerländischen Bauernfamilie stammenden Maria Florentine, geborene Adolph, geboren. Noch im Geburtsjahr zog die Familie nach Köln, wo August Macke seine Kindheit verbrachte und ab 1897 das Kreuzgassengymnasium besuchte. Nach dem Umzug der Familie nach Bonn 1900 wechselte er auf das dortige Realgymnasium in der Doetschstraße. Der junge August hegte schon früh, angeregt durch die Profession seines Vaters – er sammelte Stiche und zeichnete Landschaftsbilder – , den Wunsch Maler zu werden. So verließ er bereits 1904 zum Leidwesen seiner Eltern die Unterprima des Realgymnasiums und begann noch im gleichen Jahr mit Unterstützung guter Freunde und Fürsprecher als 17-jähriger ein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf.
Seine künstlerischen Anfänge sind symbolistisch geprägt und, wie seine frühen Werke mit ihren allegorisch-mythologischen Motiven dokumentieren, von Arnold Böcklin (1827-1901) und Hans Thoma (1839-1924) beeinflusst. Sehr bald jedoch fühlte sich August Macke eingeengt von den Konventionen und den traditionsverhafteten Lehrmethoden der Akademie, so dass er parallel Vorlesungen an der reformwilligen Kunstgewerbeschule in Düsseldorf unter der Leitung von Peter Behrens (1868-1940) besuchte. Dort kam er mit dem Japonismus in Berührung, der seine Sensibilität für die Erfassung des Wesentlichen stärkte. Neben seinem Studium arbeitete er für das Düsseldorfer Schauspielhaus unter der Leitung von Louise Dumont und Gustav Lindemann (1872-1960) und trat dort mit innovativen Bühnendekorationen hervor. Ein Angebot des Schauspielhauses, künstlerischer Leiter zu werden, lehnte Macke jedoch ab. Bereits 1906 kehrte er Düsseldorf den Rücken, da das Spektrum an Kenntnissen, das ihm hier vermittelt werden konnte, erschöpft war.
Von großer Bedeutung für August Mackes persönlichen wie künstlerischen Werdegang war 1903 die Begegnung mit Elisabeth Gerhardt (1888–1978) und ihrer künstlerisch aufgeschlossenen Familie, gut situierte Bonner Kaufleute, die dem jungen Macke wohl gesonnen waren und ihn zeitlebens förderten und großzügig unterstützten. Zur Familie zählte auch der Berliner Industrielle und Kunstsammler Bernhard Koehler (1849-1927), der nicht nur Macke förderte, sondern durch ihn angeregt zum wichtigsten Mäzen der jungen deutschen Kunstszene vor dem Ersten Weltkrieg wurde.
Während eines Aufenthaltes bei seiner ältesten Schwester in Kandern (Südbaden) 1907 stieß August Macke auf das Buch „Impressionisten" von Julius Meier-Graefe (1867-1935), das ihm völlig neue Impulse vermittelte. Kurz darauf ermöglichte Bernhard Koehler Macke die erste Reise nach Paris, die dem Suchenden einer Offenbarung gleichkam. Er besuchte zahlreiche Museen, Galerien, Kunsthandlungen und Privatsammlungen. Besonders beeindruckte ihn die atmosphärische Malweise der Impressionisten mit ihrer kontrastreichen Farb- und innovativen Formgebung, die Leichtigkeit und Lebendigkeit vermittelt. Das Pariser Alltagsleben auf den Boulevards und in den Cafés hielt er in zahlreichen Skizzen und Zeichnungen fest. Der an den französischen Impressionisten orientierte Stil Mackes entwickelte sich in den folgenden Jahren in der Auseinandersetzung mit Künstlern wie Georges Seurat (1859-1891), Paul Gauguin (1848-1903) und Paul Cézanne (1839-1906) weiter. In den Werken der Neoimpressionisten um Seurat erlebte August Macke die Steigerung des impressionistischen Malstils zu einer farb- und lichtgewaltigen Darstellungsweise voller Dynamik. Gleichzeitig beeindruckten ihn die Arbeiten von Cézanne und Gauguin aufgrund ihrer formalen Gestaltung.
Nach seiner einjährigen Militärzeit, die seine künstlerische Arbeit unterbrach, heiratete August Macke im Oktober 1909 Elisabeth Gerhardt. Die Hochzeitsreise führte das Paar über die Schweiz nach Paris und von dort an den Tegernsee. In der Zeit von 1909 bis 1911 entstanden auf das Wesentliche reduzierte und überschaubare Kompositionen, deren leuchtende, expressive Farbkraft und prägnante Formsprache von der Auseinandersetzung mit den Werken Henri Matisses (1869-1954) und der so genannten Fauves zeugen, die Macke in Paris und in München sah. Während der Zeit in Tegernsee lernte August Macke 1910 in München Franz Marc (1880-1916) kennen, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verband. Über Franz Marc entstand die Verbindung zu der Redaktion „Der Blaue Reiter", an deren Almanach Macke mit dem kunsttheoretischen Beitrag „Die Masken" beteiligt war. Der Leitfigur des Blauen Reiters, Wassily Kandinsky (1866-1944), stand Macke von der ersten Begegnung an ambivalent gegenüber. Auf anfängliche Reserviertheit folgte zunächst eine große Bewunderung für Kandinskys gegenstandslose Improvisationen und Kompositionen. Letztlich distanzierte er sich jedoch von ihm, da er dessen geistig-metaphysische und mystifizierende Kunstauffassung nicht teilte. Auch wenn die Auseinandersetzung mit dem Blauen Reiter nur ein kurzes Intermezzo auf Mackes künstlerischem Weg blieb, so trug der junge Künstler nicht unerheblich zum künstlerischen Durchbruch der Gruppierung bei, indem er ihnen den Kontakt zu Bernhard Koehler vermittelte und sich später, als er wieder im Rheinland war, uneigennützig für ihre kunstpolitischen Belange einsetzte.
Ende 1910 kehrten August und Elisabeth Macke mit ihrem Sohn Walter, der im Frühjahr 1910 geboren worden war (gestorben 1927), nach Bonn zurück. Dort hatte ihnen Elisabeths Mutter Sophie Gerhardt das Haus in der heutigen Bornheimer Straße 96 als Wohnhaus zur Verfügung gestellt und im obersten Stockwerk ein Atelier nach den Wünschen Mackes einrichten lassen.
In der Folgezeit war die Beschäftigung mit Kubismus, Futurismus und Orphismus entscheidend für August Mackes weitere künstlerische Entwicklung. Diese Strömungen eröffneten ihm eine Fülle neuer Stil- und Gestaltungsmittel. Bereits in der Kölner Sonderbund-Ausstellung faszinierten ihn die Werke Picassos (1881-1973) und dessen Reduktion des Bildgegenstandes auf stereometrische Formen. Kurz darauf begeisterten ihn die rhythmisch-dynamischen Werke der Futuristen, die im Rheinischen Kunstsalon Otto Feldmanns präsentiert wurden.
1912 unternahm August Macke die letzte seiner vier Paris-Reisen und besuchte Sonja und Robert Delaunay (1885-1941). In Delaunay fand August Macke einen Menschen, der seine Kunstauffassung teilte. Beide verband das gemeinsame Interesse am Phänomen optischer Wahrnehmung. Delaunays „Fenster-Bilder" begeisterten Macke, weil in ihnen durch Simultankontrast der Farben Bewegung hervorgerufen wird, so dass das Auge ständig zwischen den verschiedenen Bildebenen bewegt wird. Auch die durchlichtete Farbgebung Delaunays gab Macke entscheidende neue Impulse.
Als Mitglied des avantgardistischen Künstlerzirkels „Gereonsclub" in Köln engagierte sich August Macke für die junge Kunst und wurde schließlich zur treibenden Kraft der westdeutschen Moderne. Seine vielfältigen Kontakte zu Künstlern, Sammlern, Museumsleuten und Galeristen setzte er dabei zugunsten des nationalen wie internationalen Dialoges der Kunstszene ein. Er war aktiv am Zustandekommen der legendären „Internationalen Sonderbund Ausstellung" 1912 in Köln beteiligt. Mit seiner zupackenden, aufgeschlossenen Art versammelte er im Sommer 1913 in Bonn 16 junge, progressive rheinische Künstler zur „Ausstellung Rheinischer Expressionisten" in der Buch- und Kunsthandlung Cohen, an der unter anderem Heinrich Campendonk, Max Ernst, sein Cousin Helmuth Macke (1891-1936), Heinrich Nauen, Carlo Mense (1886-1965), Adolf Seehaus (1891-1919) und Hans Thuar beteiligt waren. Gleichzeitig unterstützte er Herwarth Walden (1878-1941) maßgeblich bei der Organisation der epochalen Ausstellung des Ersten Deutschen Herbstsalons in seiner Berliner „Sturm"-Galerie.
Im Herbst 1913 zog Macke mit seiner Familie nach Hilterfingen am Thuner See in die Schweiz und blieb hier mit seiner Familie bis zum Sommer 1914. In dieser Zeit bildete Macke seinen unverwechselbaren Stil heraus. Gemeinsam mit Paul Klee (1879-1940) und Louis Moilliet (1880-1962) unternahm er im April 1914 eine zweiwöchige Reise nach Tunesien. Die während und nach dieser Reise entstandenen Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen markieren den Höhepunkt in Mackes sinnlich-expressiver Farblichtmalerei. Die durchsonnte exotische Landschaft und das Leben und Treiben Nordafrikas inspirierten ihn zu Darstellungen Licht durchfluteter Landschaften und Straßenszenen mit Basaren, Moscheen und Caféhäusern. Die Euphorie dieser Reise wirkte auch nach der Rückkehr fort, und zurück in Bonn lösten die neu gewonnenen Eindrücke einen wahren Schaffensrausch aus.
Zu dieser Zeit bereits ahnte August Macke das Unheil, das sich über Europa zusammenbraute. Als am 1.8.1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, gehörte er zu den ersten Jahrgängen, die zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Bereits am 8. August rückte er mit seinem Infanterieregiment 160 an die Westfront nach Frankreich aus. Dort kämpfte er vor allem in der Champagne und wurde am 11. September zum Kompaniechef ernannt. Am 20. September erhielt er das Eiserne Kreuz, sechs Tage später, am 26. September, fiel er bei Perthes-les-Hurlus. „Wir Maler wissen gut, dass mit dem Ausscheiden seiner Harmonien die Farbe in der deutschen Kunst um mehrere Tonfolgen verblassen muß und einen stumpferen, trockeneren Klang bekommen wird. Er hat vor uns allen der Farbe den hellsten und reinsten Klang gegeben, so klar und hell wie sein ganzes Wesen war", schrieb Franz Marc, den 1916 in Verdun das gleiche Schicksal ereilen sollte, tief erschüttert in seinem Nachruf auf seinen Künstlerfreund August Macke.
Mackes Grabstätte befindet sich auf dem Soldatenfriedhof in Souain-Perthes-lès-Hurlus im Département Marne im Nordosten Frankreichs. Auf dem Alten Friedhof in Bonn wurde ihm ein Ehrenmal errichtet.
Abbildungen aus dem Werk
Die Rheinischen Expressionisten: August Macke und seine Malerfreunde. Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung im Städtischen Kunstmuseum Bonn, 30.5.- 29.7.1979, Recklinghausen 1979
Quellen
Frese, Werner/Ernst-Gerhard Güse (Hg.), August Macke. Briefe an Elisabeth, München 1987.
Erdmann-Macke, Elisabeth, Erinnerungen an August Macke, mit einer Einleitung von G. Busch; ungekürzte Ausgabe mit neuer Bildauswahl der Erstauflage von 1962, Frankfurt a.M. 1992.
Werkverzeichnisse
August Macke. Die Skizzenbücher. Werkverzeichnis, hg. von Ursula Heiderich, 2 Bände, Stuttgart 1987.
August Macke. Zeichnungen. Werkverzeichnis, hg. von Ursula Heiderich, Stuttgart 1993.
August Macke. Aquarelle. Werkverzeichnis, hg. von Ursula Heiderich, Ostfildern 1997.
August Macke. Die Gemälde. Werkverzeichnis. Von Ursula Heiderich, Ostfildern 2008.
Literatur
August Macke – Biographie, Verzeichnis der Schriftenreihe des Vereins August Macke Haus e. V., Band 3, 3. Auflage, Bonn 2007 (1. Auflage Bonn 1992).
Online
August Macke und die Rheinischen Expressionisten (Information auf der Homepage des Kunstmuseums Bonn, Sammlungen). [Online]
Homepage des August-Macke-Haus Bonn. [Online]
Gollek, Rosel, Artikel "Macke, August", in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 617-618. [Online]
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Bornemann, Sandra, August Macke, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/august-macke/DE-2086/lido/57c9469241d290.28232784 (abgerufen am 12.11.2024)