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Bruno III. von Berg war ein ranghoher Kleriker der Kölner Kirche, der der mächtigen Adelsfamilie der Grafen von Berg entstammte, für die er erfolgreich politisch Einfluss nahm. Gegen Ende seines Lebens erreichte er die Erzbischofswürde, musste sie aber nach nur wenigen Monaten gesundheitsbedingt wieder niederlegen.
Erzbischof Bruno III. von Köln entstammte der einflussreichen Familie der Grafen von Berg, deren zentrale Herrschaftsräume sich rechtsrheinisch zwischen Sieg und Ruhr befanden. Als vermutlich fünfter Sohn seines Vaters Adolf II. von Berg (Regierungszeit 1115-1160, gestorben spätestens 1170) und einer anonymen Schwarzenburgerin war für ihn eine geistliche Laufbahn vorgesehen. Sein ältester Halbbruder Adolf starb während des Zweiten Kreuzzugs im Jahr 1148 vor Damaskus, seine Brüder Everhard (geboren circa 1130, Graf von Altena 1161-1180) und Engelbert (Graf von Berg 1161-1189) traten im westfälischen beziehungsweise rheinischen Teil der Grafschaft Berg nach 1160 die Nachfolge ihres Vaters Adolf II. an. Sein Bruder Friedrich bekleidete von 1156 bis 1158 als Friedrich II. den Kölner Erzstuhl. Bruno hatte zudem einen jüngeren Bruder namens Adolf, der zwischen 1193 und 1197 als Vogt des Stifts Dünnwald belegt ist. Weitere verwandtschaftliche Verbindungen bestanden mit den Linien der Grafen von Altena aus dem Haus Berg (Altena-Mark, Altena-Isenberg) und den Grafen von Tecklenburg, im Rheinischen unter anderem mit den Grafen von Geldern, Loon, Flandern und den Herzögen von Brabant und Limburg.
Brunos geistliche Karriere begann spätestens im Jahr 1156. In diesem Jahr ist er zum ersten Mal als Propst des bergisch dominierten Kölner Georgsstifts nachgewiesen, wo er die Nachfolge seines älteren Bruders Friedrich angetreten hatte. Von 1168 bis 1191 amtierte er als Kölner Dompropst, zudem ist er ab 1179 als Domkustos belegt. Die Krönung seiner Laufbahn erfuhr er im Jahr 1191, als er in einer umstrittenen Wahl zum Erzbischof von Köln gewählt wurde. Mittlerweile alt und schwach, resignierte er nur zwei Jahre später, indem er die Amtsinsignien auf dem Altar von St. Peter niederlegte. Seine letzten Tage verbrachte er zurückgezogen als Mönch im Kloster Altenberg, das seiner Familie nahe stand. Das Jahr seines Todes ist unbekannt, die letzte Ruhe fand er in eben jenem Kloster.
Bruno III. von Berg ist von der Forschung bislang weitgehend auf seinen kurzen Episkopat reduziert worden, während dessen er zeitweilig unter starken Druck geriet. Bereits seine Wahl war Ausdruck einer tiefen Spaltung, die jeweils zwischen regionalem Adel und Klerus verlief. Auf der einen Seite standen die Grafen von Are-Hochstaden mit ihren Anhängern, die zudem die Mehrheit des Priorenkollegs hinter sich wussten. Mit ihnen konkurrierten die Grafen von Berg mitsamt ihren Freunden und Verwandten, unterstützt von der Mehrheit des Domkapitels. Zwar ist eine scharfe Trennung der Gruppen nicht immer möglich, in der Tendenz trifft diese Beobachtung allerdings zu. Nach dem Tod Philipps von Heinsberg gelang es der Gruppe um die Grafen von Are-Hochstaden zügig, ihren Nachfolgekandidaten, Lothar von Hochstaden (gestorben 1194), zum Erzbischof von Köln wählen zu lassen. Dieses Ergebnis fochten die Berger an, denn ein Erzbischof aus dem Lager ihrer Gegner konnte sich auf die Entfaltung der eigenen Grafschaft und das politische Gewicht der Familie negativ auswirken. Die bergische Intervention war letztlich erfolgreich, denn durch die Mobilisierung ihrer mächtigen Verwandtschaft aus den Häusern Brabant, Limburg und Henneberg(-Flandern) schüchterten sie Lothar derart ein, dass dieser die Wahl ablehnte. Durch diesen offiziellen Verzicht Lothars stand der Wahl Brunos von Berg nichts mehr im Weg. Am 13.1.1192 investierte ihn Kaiser Heinrich VI. (Regierungszeit als römisch-deutscher König 1169-1197, ab 1191 als Kaiser) und belehnte ihn mit dem rheinischen und westfälischen Dukat. Bereits als Elekt hatte Bruno die erzbischöflichen Mittel genutzt, um seine Familie und ihr nahestehende Institutionen zu fördern. Davon profitierte unmittelbar die Abtei Altenberg, der er ein umfangreiches Geldgeschäft bestätigte. Kaum in Amt und Würden, wurde Bruno mit der politisch sensibel zu regelnden Nachfolge im Bistum Lüttich konfrontiert, die den Großteil seines kurzen Episkopats bestimmte. Dort waren aus einer zwiespältigen Wahl Albert von Löwen (um 1165-1192), der Prätendent aus der Familie der Herzöge von Brabant, und Albert von Rethel (um 1150-1195), Kandidat der Grafen von Flandern-Hennegau, als electi hervorgegangen. Bruno entschied sich, die Angelegenheit gemäß den Bestimmungen des Wormser Konkordats dem Kaiser zur Entscheidung zu überlassen. Der reagierte durchaus überraschend, indem er beide Kandidaten kassierte und den bei der Kölner Wahl noch unterlegenen Lothar von Hochstaden investierte. Der nachvollziehbare Protest der Brabanter gegen die Entscheidung Heinrichs erreichte Rom und fand dort Gehör. Papst Coelestin III. (Pontifikat 1191-1198) wies Bruno an, Albert von Löwen zu investieren und Lothar zu exkommunizieren, doch war er Realist genug, um dem Berger die Delegation dieser Handlungen an den Erzbischof von Reims zu gestatten, wenn er sich vor der Rache des Kaisers fürchte. Diese elegante Lösung nutzte der Berger, doch richtete sich der Zorn des Kaisers auch gegen Köln und Bruno, denn Heinrich schnitt die Rheinmetropole von ihrer ökonomischen Lebensader ab, indem er den Rhein sperren ließ. In der Folge entwickelte sich ein bewaffneter regionaler Konflikt, den Bruno prägend mitgestaltete. Er schmiedete mit den Herzögen von Brabant und Limburg sowie anderen Großen der Region ein Bündnis, das sich gegen den Kaiser und seine Parteigänger, vor allem die Grafen von Are-Hochstaden richtete. Diese Koalition handelte rasch und erfolgreich; alle Burgen ihrer Gegner wurden eingenommen, bis auf die Burg Are selbst, die sich Bruno aber kurz darauf zu Lehen auftragen ließ. Das Ergebnis dieses Konflikts bestand nicht nur in der Beendigung des Lütticher Schismas, sondern auch in einer Neuverteilung der Machtverhältnisse in der Kirchenprovinz Köln. Die Grafen von Are-Hochstaden waren als Konkurrenten der Berger mittelfristig ausgeschaltet, die Reichsgewalt am Niederrhein deutlich in ihre Schranken gewiesen worden. Dazu hatte Bruno maßgeblich beigetragen.
Gerade zu Beginn des Lütticher Schismas wirkt Bruno von Berg tatsächlich ohnmächtig, allerdings befand er sich in der unmittelbaren Nähe des Kaisers, weshalb sein Spielraum ohnehin arg begrenzt war. Diese – vorübergehende – Untätigkeit hat wohl zu der vornehmlich negativen Bewertung Brunos geführt, doch wird diese Einschätzung seiner Person nur bedingt gerecht. Sobald er sich dem direkten Zugriff Heinrichs entzogen hatte, vertrat er die Interessen des Erzstifts und seiner Familie energisch und erfolgreich. Seine Resignation im Jahr 1193 scheint eher auf rapide nachlassende geistige und körperliche Kräfte zurückzuführen zu sein als auf eine mangelnde Eignung für das höchste Kirchenamt der Region. Die positiven Folgen seines Handelns fielen der bergischen Grafenfamilie zu, denen es ohne größeren Widerstand anderer Geschlechter gelang, ihren Kandidaten Adolf von Altena als Nachfolger Brunos durchzusetzen.
Die Bedeutung Brunos von Berg lässt sich jedoch nicht auf sein kurzes Episkopat beschränken. Bereits in den Jahren zuvor bekleidete er als Propst von St. Georg, dann auch als Dompropst und Domkustos wichtige Ämter und Würden, wobei man die kirchlichen Würdenträger dieser Zeit nicht von ihren Familien entkoppeln sollte. Seit seiner Wahl zum Propst von St. Georg im Jahr 1156 war er permanenter Vertreter der bergischen Familieninteressen am Hof der Kölner Erzbischöfe. Die Möglichkeiten der Einflussnahme des Bergers werden besonders in den zahlreichen Urkunden Rainalds von Dassel und Philipps von Heinsberg deutlich, in denen Bruno als Zeuge angeführt wird. Gerade in den unsicheren Zeiten der Sukzession in der bergischen Grafschaft durch Engelbert nach 1160 und dessen Sohn Adolf III. (Regierungszeit 1189-1218) um 1190 war Bruno derjenige, der bedingt durch seine kölnischen Ämter für Kontinuität in den Beziehungen zwischen dem erzbischöflichen Hof und den Grafen von Berg sorgen konnte.
Der Rang Brunos innerhalb des Kölner Klerus wird nicht nur anhand seiner Ämter, sondern auch während einer Gesandtschaft des Jahres 1167 deutlich. Während Rainald von Dassel in Italien weilte, entsandte jener eine repräsentative Gruppe von Emissären nach Magdeburg, um dort ein gegen Heinrich den Löwen gerichtetes Bündnis mit Wichmann von Magdeburg (Episkopat 1154-1192), Albrecht dem Bären (um 1100-1179), Ludwig II. von Thüringen (Regierungszeit 1140-1172) und anderen zu bekräftigen. Für den gesamten Kölner Klerus entsandte er Bruno von Berg (und nicht den nominellen Vertreter des Erzbischofs, den Dompropst Hermann von Hengebach). Auf diese Weise gelang es den Bergern, ihre Bedeutung als äußerst einflussreiche Fraktion innerhalb der Kölner Kirche auch nach außen, in höchsten Fürstenkreisen, zu vermitteln.
Das Heilige Land übte auf die Grafen von Berg seit der Zeit des Zweiten Kreuzzugs (1147-1149) eine starke Anziehungskraft aus. Brunos älterer Halbbruder Adolf war vor Damaskus gefallen, und auch Bruno selbst besuchte die heiligen Stätten, wovon eine Schreinskarte des Kölner St. Martinsschreins berichtet. Heinz Wolter hat den Zeitraum dieser Pilgerfahrt überzeugend auf die Jahre 1172-1174 eingegrenzt. Zwar ist ansonsten nichts über diese Episode in Erfahrung zu bringen, doch sind zwei Befunde auffällig: Zum einen ist kein anderer Domdignitär dieser Zeit als Jerusalempilger nachweisbar (was allerdings der Überlieferungssituation anzulasten sein mag), zum anderen hielt man die Reise des Bergers für derart außergewöhnlich, dass man sie zu Datierungszwecken nutzte. In bergischen Zusammenhängen reiht sich die Wallfahrt Brunos nahtlos in die Kreuznahmen seiner Geschwister Adolf und Graf Engelbert sowie seiner Neffen Graf Adolf III. und Engelbert, dem späteren Erzbischof von Köln, ein.
Bruno von Berg war über knapp 40 Jahre lang ein ranghohes Mitglied der Kölner Kirche, schließlich versah er sogar das Amt des Kölner Erzbischofs. Als solcher geriet er zwar unter kaiserlichen Druck, konnte sich jedoch kraft seiner Bündnispolitik letztlich gegen die Reichsgewalt und die regionalen Gegner seiner Familie durchsetzen. Sein fortgeschrittenes Alter und seine nachlassenden Kräfte bewogen ihn schließlich dazu, als Erzbischof zu resignieren; der Zeitpunkt seines Rückzugs war wohl gewählt, denn mittlerweile hatte die bergische Fraktion innerhalb der wahlberechtigten Kölner Kleriker Brunos Neffen Adolf von Altena als Nachfolger durchsetzen können. Die konfliktfreie Übernahme der Erzbischofswürde durch ein weiteres Mitglied des bergischen Grafenhauses war auch Frucht der kontinuierlichen und erfolgreichen probergischen Politik Brunos.
Quellen
Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 2: 1100-1205, bearb. v. Richard Knipping, Bonn 1901, S. 286-293.
Literatur
Berner, Alexander, Kreuzzug und regionale Herrschaft: die älteren Grafen von Berg 1147-1225, Köln 2014.
Burkhard, Stefan, Mit Stab und Schwert: Bilder, Träger und Funktionen erzbischöflicher Herrschaft zur Zeit Friedrich Barbarossas. Die Erzbistümer Köln und Mainz im Vergleich, Stuttgart 2008.
Kraus, Thomas R., Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt an der Aisch 1981.
Janssen, Wilhelm, Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191-1515, Teil 1, Köln 1995 (Geschichte des Erzbistums Köln 2, 1).
Wolter, Heinz, Kreuzfahrer und Pilger in der Kölner Schreinsüberlieferung, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 68 (1997), S. 51-78.
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Berner, Alexander, Bruno III. von Berg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/bruno-iii.-von-berg-/DE-2086/lido/57c58a4536f806.42744210 (abgerufen am 12.11.2024)