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Ferdinand Langenberg war ein in der Formensprache der Neugotik arbeitender Bildhauer, der für zahlreiche Kirchen am Niederrhein und in den Niederlanden gearbeitet hat. Seine Kunst orientierte sich an bedeutenden Vorbildern aus dem Spätmittelalter und war eher epigonal als künstlerisch-autonom geprägt.
Ferdinand Langenberg wurde am 7.4.1859 in Goch als Sohn eines Kupferschlägers (1815–1878) geboren. Nach dem frühen Tod seiner Mutter verbrachte er viel Zeit bei seinem Großvater, einem Zimmermann in Kalkar. Hier begann seine Affinität zum Material Holz. In Kalkar prägten ihn außerdem die bedeutenden spätgotischen Schnitzaltäre in der Kirche St. Nicolai. Seine Ausbildung begann Langenberg im niederländischen Boxmeer als Lehre bei einem Bildschnitzer. Seine Wanderschaft führte ihn unter anderem durch München und Aachen, wo er als Geselle in die Werkstatt des neugotischen Bildhauers Friedrich Wilhelm Mengelberg (1837-1919) eintrat. 1872 war er wiederum in München, wo er sich 1873 an der Kunstakademie bei Professor Josef Knabl (1819-1881) in der Klasse für christliche Plastik einschrieb.
1876 kehrte er nach Goch zurück und heiratete Henriette Buekers (1848-1925). Er begründete noch im gleichen Jahr gemeinsam mit seinem Bruder Alois (Lebensdaten nicht bekannt) eine Steinbildhauerwerkstatt in der Roggenstraße.
Für die nachfolgenden kirchlichen Aufträge war auch die Bekanntschaft zu dem Kirchenmaler Friedrich Stummel (1850-1919) aus dem benachbarten Kevelaer von Bedeutung. 1885 gelang Langenberg mit der Vorstellung eines Altarmodells in Münster der Durchbruch. Im folgenden Jahr hatte die Gocher Werkstatt, die auf Altarbauten umgestellt wurde, bereits 14 Gesellen. Künstlerisch außerordentlich bedeutend war für Langenberg 1892 der Auftrag zur Restaurierung der spätgotischen Altäre in der Kirche St. Nicolai in Kalkar. Er lernte unter anderem den Düsseldorfer Architekten Caspar Clemens Pickel (1847-1939) kennen. Durch den Düsseldorfer Architekten konnte Langenberg seinen Wirkungskreis auf die rheinischen Großstädte ausdehnen.
Langenberg erhielt zunehmend große Aufträge für Altäre am Niederrhein sowie in den benachbarten Niederlanden. Um 1900 beschäftigte die Werkstatt 30 Mitarbeiter. 1902 erhielt er auf der Düsseldorfer Kunst- und Gewerbeausstellung die Silberne Staatsmedaille für einen Hochaltar in Voerst. Joseph Windhausen (1865-1936), ein vom Dienst befreiter Priester, wurde zum ständigen Berater Langenbergs und zog in sein Gocher Wohnhaus ein. 1925 übergab Langenberg seine Werkstatt an seinen Sohn Josef. Am 17.2.1931 starb Ferdinand Langenberg. Seine Werkstatt löste sich 1936 nach dem Tod Joseph Windhausens auf.
Ferdinand Langenbergs Leistung war es, inmitten einer zunehmend säkularen Zeit die spätgotische Formensprache neu zu beleben. Er orientierte sich dabei eng an den Vorbildern, insbesondere an den Kalkarer Altären. Zahlreiche Mappenwerke in seinem Nachlass belegen das intensive Studium der großen Kathedralen und Kirchen des 14. und 15. Jahrhunderts. Langenberg fertigte im Wesentlichen eigenhändige Entwürfe für seine Altäre an; diese ausgesprochen architektonischen Zeichnungen bildeten den Grundstock für die Übertragung in das Material Holz. Für seine Figuren nutzte Langenberg die Fotografie als Studie, indem er seine Gesellen in den notwendigen Posen und Gruppen fotografierte und diese Aufnahmen als Vorlagen für eine Übertragung in die Dreidimensionalität nutzte. Ausgesprochen freie oder gar autonome Handzeichnungen sind von ihm nicht überliefert.
Die Bedeutung Ferdinand Langenbergs lässt sich nur im Zusammenhang der Neugotik und darüber hinaus der politischen und kulturellen Entwicklung in der Zeit des Kulturkampfes bewerten. Die Katholiken im Rheinland sahen den Bau neugotischer Kirchen und ihre Innenausstattung als kirchenpolitische Haltung und antipreußische Demonstration an. Außerdem lässt sich an und in den rheinischen Kirchen dieser Zeit ein neu erwachtes Selbstbewusstsein der katholischen Kirche im Rheinland erkennen. Ferdinand Langenberg gehörte zu jenen antipreußisch eingestellten Kreisen, die sein Werk nachhaltig geprägt haben.
Literatur
RenaissanceLateinisch-französisch (Wiedergeburt), (1) geistig-kulturelle Bewegung in Europa im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, ausgehend von Italien im 15. Jahrhundert, gekennzeichnet durch eine Rückbesinnung auf Werte und Formen der griechisch-römischen Antike, drückte sich besonders in Literatur, Philosophie, Kunst und Architektur aus, (2) geistig-künstlerische Bewegung, die an ältere Traditionen, insbesondere der griechisch-römischen Antike, anzuknüpfen versucht (zum Beispiel karolingische Renaissance), (3) allgemein Wiederaufleben, neue Blüte. der Gotik. Ferdinand Langenberg. Neugotische Kunst am Niederrhein, Ausstellungskatalog Museum Goch, hg. von Stephan Mann, Goch 1999.
Renaissance der Gotik. Widerstand gegen die Staatsgewalt, hg. von Ulrike Schubert und Stephan Mann. Kolloquium zur Kunst der Neugotik, Museum Goch 2002, Goch 2003.
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Mann, Stephan, Ferdinand Langenberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ferdinand-langenberg-/DE-2086/lido/57c93d68c3f779.77149464 (abgerufen am 08.12.2024)