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Gerhard Storm war ein katholischer Priester, der wegen seiner regimekritischen Predigten während des Zweiten Weltkriegs von der Gestapo festgenommen und im Konzentrationslager Dachau interniert wurde, wo er am 20.8.1942 starb.
Geboren am 1.4.1888 in Sonsfeld bei Haldern (heute Stadt Rees), wuchs Gerhard Storm zusammen mit zwei Schwestern bei seinem Vater auf, da die Mutter bei seiner Geburt ums Leben gekommen war. Storm besuchte zunächst die Schule in Venlo und Birkenfeld und studierte anschließend an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Theologie.
Nachdem er am 8.3.1913 im Dom zu Münster die Priesterweihe empfangen hatte, wirkte er bis 1920 als Kaplan der Pfarrgemeinde Sankt Martini in Wesel. Am 19.5.1920 begann Storm seine Tätigkeit als Kaplan der Pfarrgemeinde Sankt Adelgundis in Emmerich, wo er unter anderem mit der Redaktion der Kirchenpresse betraut wurde.
In Emmerich engagierte sich Storm insbesondere in der Jugendarbeit; ab 1925 gab er neben seinen seelsorgerischen Tätigkeiten an den Berufsschulen der Stadt Emmerich „lebenskundlichen Unterricht", der auf ein reflektiertes und ethisch verantwortungsvolles Handeln und Entscheiden seiner Schüler abzielte.
Am 1.4.1931 schloss die Stadt Emmerich mit Storm einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, den Unterricht bis zu seinem 65. Lebensjahr durchzuführen. Zusätzlich zum „lebenskundlichen Unterricht" an den Berufsschulen sollte er laut Vertrag auch den Religionsunterricht am katholischen Lyzeum übernehmen. Gerhard Storm wurde bald zum Seelsorger und geistlichen Begleiter für viele junge Menschen. Neben seiner Lehrtätigkeit setzte er sich intensiv für die katholische Jugend ein und beteiligte sich an der Errichtung eines katholischen Jugendheimes.
Nach der „Machtergreifung" der Nationalsozialisten am 30.1.1933 sollte dieser Vertrag jedoch mit Bezug auf das „Gleichstellungsgesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7.4.1933 aufgelöst werden. Dagegen klagte Storm in einem Prozess gegen die Stadt die ihm durch die Kündigung des Vertrages entgangenen Gehalts- beziehungsweise Pensionsbezüge bis 1936 erfolgreich ein. Während des zwei Jahre dauernden Verfahrens lebte Storm aus Mitteln des Kirchenvorstandes und engagierte sich vermehrt in der Pfarrseelsorge.
Bis zu seinem Schreibverbot durch die Nationalsozialisten am 25.3.1936 zeichnete Storm verantwortlich für die Textgestaltung des „Katholischen Kirchenblattes Bezirk Nördlicher Niederrhein" der Diözese Münster. In den Kirchenzeitungen veröffentliche er immer wieder Artikel, die sich mit der Frage nach der Legitimation des Nationalsozialismus und dem Verhältnis von Kirche und Staat befassten. Wegen seiner kritischen Äußerungen gegenüber dem NS-Regime stand Storm seit dem 28.11.1935 unter Beobachtung der Gestapo-Leitstelle Düsseldorf. 1936 musste Storm auf Druck der Nationalsozialisten auch seine Tätigkeit als Schriftleiter und Autor des Emmericher Kirchenblattes aufgeben.
In Folge des Verbots kirchlicher Jugendverbände 1938 verteilte Strom jeden Monat an die ihm anvertrauten Jugendlichen einen selbstverfassten Rundbrief, um ihnen in einer schweren Zeit Unterstützung und eine Orientierungshilfe zu bieten.
Am 29.4.1939 versuchte die Gestapo, Storm wegen des Aufrufs zu einer Lebensmittelsammlung für karitative Zwecke zu verhaften. Gegen ihn wurde wegen Übertretung des Sammlungsverbotes ermittelt, doch kam es zu keiner Anklage. Gerhard Storm galt als „politisch unzuverlässig", die Überwachung durch die Gestapo verschärfte sich. Seit August 1941 wurde auch seine Post kontrolliert. Anhaltspunkte für eine Verhaftung fanden sich jedoch zunächst nicht.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Gerhard Storm in Emmerich als Lazarettpfarrer verpflichtet. Mit einer Predigt zum Fest der Heiligen Familie am 11.1.1942 bot Storm den Nationalsozialisten schließlich doch einen Grund für eine Festnahme. Besonders die Stelle "Genau so ginge es einem Staate, der durch Gesetze und Verordnungen das morsche Staatsgebilde künstlich aufputzte und so weiter. Auch dieses Staatsgebilde bräche zusammen, wenn die Zeit da sei" hob die Gestapo hervor und wertete sie als direkten Angriff auf das Regime.
Bei den anschließenden Hausdurchsuchungen wurden die Originale der Predigten vom 11.1.1942, die Predigt „Das Heil kommt von den Juden" aus dem Jahr 1938 sowie 95 weitere Predigten beschlagnahmt. Außerdem erfolgte am 25.3.1942 eine Vernehmung Storms in Emmerich. Am 15.5.1942 wurde er schließlich festgenommen und im Emmericher Polizeigefängnis inhaftiert und am 18.5.1942 in das Männergefängnis Düsseldorf gebracht, von wo aus er am 23.7.1942 ins Konzentrationslager Dachau überführt wurde. Von einem Lungenleiden stark geschwächt, starb Gerhard Storm dort am 20.8.1942 an den Folgen der Haft.
Seine Urne wurde zunächst an seine beiden Schwestern übergeben und auf dem Friedhof in Haldern beigesetzt, bevor sie am 3.9.1966 in die Gedenkstätte für neuzeitliche Märtyrer in der Krypta des Xantener Domes überführt wurde. In Emmerich wurde eine Straße nach Storm benannt.
Literatur
Bettray, Alex, Vor fünfzig Jahren: Schreibverbot für den Priester und Religionslehrer Gerhard Storm, in: Kalender für das Klever Land 36 (1986), S. 32-36.
Gollnick, Rüdiger, Die Überwachung der Kirchen in Emmerich, Speerlberg und Hadeln am 23.8.1942 wurde veranlasst…, in: Kalender für das Klever Land 35 (1985), S. 20-23.
Gollnick, Rüdiger, Vom Winde nicht verweht: Gerhard Storm, Prophet und Rebell, Bad Honnef 1988.
Kloidt, Franz, KZ-Häftling Nr. 32281: Blutzeuge Gerhard Storm, Xanten 1966.
Moll, Helmut, Zeugen für Christus: das deutsche Martyrologium des 20.Jahrhunderts, Paderborn 1999, S. 449-452.
Seeger, Hans-Karl, "Storm, Gerhard", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 21 (2003), Sp. 1472-1474.
Steeger, Karl-Heinz, Gerhard Storm, in: Rundbrief Internationaler Karl-Leisner-Kreis 36 (1997), S. 49-51.
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Striewski, Jennifer, Gerhard Storm, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/gerhard-storm/DE-2086/lido/57c95690273fd6.37954499 (abgerufen am 05.12.2024)