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Hammelsbeck arbeitete zunächst als Pädagoge im Rahmen der Volkshochschularbeit in Saarbrücken in der Volks- beziehungsweise. Erwachsenenbildung. Ab 1936 war er in führender Position Katechet der Bekennenden Kirche in Berlin. Seine Bedeutung für das Rheinland ergibt sich vor allem aus seiner Tätigkeit als Direktor der Pädagogischen Akademie Wuppertal, mit deren Aufbau er 1946 beauftragt wurde und die er bis 1959 leitete.
Hammelsbeck wurde am 22.5.1899 in Elberfeld (heute Stadt Wuppertal) geboren, wuchs aber nach dem Tod der Eltern bei seinem Onkel in Saarbrücken auf. Dort bestand er 1916 das Abitur und meldete sich anschließend als Kriegsfreiwilliger (1916-1918). Ab 1919 studierte er in Heidelberg Philosophie, Nationalökonomie, Soziologie, Geschichte und Kunstgeschichte und schloss das Studium 1923 mit einer volkswirtschaftlichen Dissertation ab. Im gleichen Jahr heiratete er Waltraut Dittrich. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Um den Familienunterhalt zu sichern, arbeitete Hammelsbeck vorübergehend als Geschäftsführer einer Klavierfabrik. 1926 gründete er die Volkshochschule Saarbrücken, die er von 1927 bis 1933 hauptamtlich leitete. 1933 wurde auf Antrag der Nationalsozialisten im Saarbrücker Stadtrat die Volkshochschule aufgelöst, Hammelsbeck zum 31.12.1933 entlassen. Anschließend arbeitete er als Mittelschullehrer für Deutsch und Evangelische Religion, wurde aber am 2.11.1936 auch aus dieser Tätigkeit entlassen.
Ende 1936 wechselte Hammelsbeck in ein neues pädagogisches Metier und wurde in leitender Funktion als Katechet beziehungsweise Religionspädagoge für die Bekennende Kirche in Berlin tätig. 1939 erschien sein Buch „Der kirchliche Unterricht" (2. Auflage 1947), mit dem er sich als einer der maßgebenden Theoretiker der sich auch in der Bekennenden Kirche durchsetzenden religionspädagogischen Konzeption der „Evangelischen Unterweisung" profilierte. 1946 lehnte er eine Ruf auf einen Lehrstuhl für Praktische Theologie in Göttingen ab und übernahm stattdessen den Aufbau der Pädagogische Akademie Wuppertal, die er 13 Jahre lang als Direktor beziehungsweise Rektor leitete. Seit 1951 engagierte sich Hammelsbeck in dem von ihm mitbegründeten Arbeitskreis Pädagogischer Hochschulen, Von 1958 bis 1961 war er Vorsitzender und Präsident des Pädagogischen Hochschultags.
Der Religionspädagogik blieb Hammelsbeck zwischen 1949 und 1965 als Herausgeber der Zeitschrift „Der Evangelische Erzieher" verpflichtet sowie von 1946 bis 1971 durch einen Lehrauftrag für Pädagogik und Katechetik an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. 1950 war er Mitbegründer der „Gemeinschaft Evangelischer Erzieher" im Rheinland (GEE).
Der Zugang zu seinen pädagogischen Vorstellungen in Erwachsenenbildung, Religionspädagogik und Lehrerbildung erschließt sich am besten über den Begriff der „Freiheit", welcher der Schlüssel zu seinem Lebensverständnis war. Freiheit verstand Hammelsbeck als eine Form geistiger Unabhängigkeit. So bezeichnete er die Saarbrücker Volkshochschule als „Hort geistiger Freiheit". Nach ihrer Schließung fand er in der Bekennenden Kirche einen neuen Weg geistiger Freiheit inmitten ideologischer Ansprüche. Er verstand sie nun theologisch, als von Gott geschenkte Freiheit und berief sich dabei auf das Lutherwort von der „Freiheit eines Christenmenschen" und auf die zweite These der Barmer Theologischen Erklärung von 1934, die er als „Magna Charta" von Bildung und Erziehung bezeichnete. Diese Position behielt Hammelsbeck zeitlebens bei. Sie wurde maßgebend für das Schulwort der Evangelischen Kirche von 1958: Die Proklamation, dass die Kirche zu einem freien Dienst in einer freien Schule bereit sei, geht vor allem auf ihn zurück.
1950 gab Hammelsbeck eine „Evangelische Lehre von der Erziehung" (2. Auflage 1958) heraus. Darin sind die Leitlinien formuliert, an denen sich die Ausbildung der Volksschullehrerinnen und -lehrer in Wuppertal orientieren sollte. Hammelsbeck trat für eine konfessionelle Ausbildung der Volksschullehrer ein. Nicht die Schule wollte er an christlichen Normen orientieren, sondern die Erziehungspersonen, um mit deren Hilfe das Evangelium im weltlichen Bereich pädagogisch zur Geltung zu bringen.
Hammelbecks Ausbildungskonzept für Volksschullehrer in Wuppertal war allerdings nicht nur christlich, sondern auch völkisch orientiert, Erziehungsvorstellungen fortschreibend, denen er sich bereits in Saarbrücken und während des „Dritten Reichs" verpflichtet gefühlt hatte. Er plädierte für die Ausbildung von so genannten „Volkslehrern", Volksschullehrern, die die Wert- und Kulturgemeinschaft des deutschen Volkes repräsentierten und befähigt seien, junge Menschen auf kognitivem wie auf emotionalem Wege in sie einzubeziehen: „Je wurzelechter der Lehrer durch die Bildung in der Kultur seines Volkes steht, je besser er sie durch seine persönlich-menschliche Eigenart darstellt, umso lebendiger und verständnisvoller wächst das nachfolgende Geschlecht in sie hinein" (Hammelsbeck, Evangelische Lehre).
Die Pädagogische Akademie hatte nach Hammelsbeck gegenüber der wissenschaftlichen Ausbildung an der Universität in allen Fächern ihre eigene und bleibende Aufgabe. Konsequenterweise lehnte er deshalb in der 1960er Jahren eine Übertragung der Volksschullehrerausbildung auf die Universität ab und beharrte auf der Eigenständigkeit der Pädagogischen Hochschule. Nach der Belastung des Begriffs „Volk" im „Dritten Reich" ist allerdings Hammelsbecks Forderung nach einer Ausbildung von „Volkslehrern" schwer nachzuvollziehen, zumal ein gleichzeitiges und gleichgewichtiges Votum für eine Erziehung zur Demokratie fehlte. Hammelsbeck starb am 14.5.1975 in Detmold.
Werke (Auswahl)
Briefwechsel Karl Jaspers – Oskar Hammelsbeck 1919-1969, hg. und erläutert von Hermann Horn, Frankfurt am Main 1986
Evangelische Lehre von der Erziehung, München 1950, 2. Auflage München 1958
Der kirchliche Unterricht. Aufgabe – Umfang – Einheit, München 1939, 2. Auflage 1947
Pädagogische Autobiographie (Juli 1959), in: Horn, Hermann (Hg.), Kirche, Schule und Staat im 20. Jahrhundert. Oskar Hammelsbecks Bilanz aus dem Nachlaß, [Hagen 1979], S. 9-96
Der Zollanschluss des deutschen Saargebietes an Frankreich, Dissertation Heidelberg 1923
Festschrift
Heuser, Inge/Horn, Hermann (Hg.), Freiheit und Verantwortung in Schule und Hochschule. Oskar Hammelsbeck zum 70. Geburtstag, Wuppertal 1969
Literatur
Beeck, Karl-Hermann, Die evangelische Pädagogische Akademie Wuppertal 1946-1959. Die Aera Hammelsbeck, [Wuppertal 2000].
Crimmann, Ralph P., Erich Weniger und Oskar Hammelsbeck. Eine Untersuchung ihrer pädagogischen und theologischen Anschauungen unter besonderer Berücksichtigung des Normenproblems, Weinheim/Basel 1986.
Rickers, Folkert, Artikel „Hammelsbeck, Oskar", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 24 (2008), Sp. 541-568.
Rickers, Folkert, „Widerstand im Verborgenen"? Der kirchliche Unterricht bei Oskar Hammelsbeck im zeitgeschichtlichen Kontext des Dritten Reiches, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 55 (2006), S. 31-50.
Stubenrauch, Rudolf, Zum Verhältnis von Erziehungslehre und Erziehungswirklichkeit im Werke Oskar Hammelsbecks. Konfessionelle Pädagogik im Widerspruch, DissertationWuppertal 1990.
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Rickers, Folkert, Oskar Hammelsbeck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/oskar-hammelsbeck/DE-2086/lido/57c825d5c9e9b9.06893853 (abgerufen am 05.12.2024)