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Peco Bauwens wurde durch seine Leistung als Bauunternehmer, vor allem aber durch seine Tätigkeit als Sportfunktionär zu einer bedeutenden rheinischen Persönlichkeit. In den 1920er und 1930er Jahren galt der studierte Jurist als „König der Schiedsrichter“, von 1949 bis 1963 fungierte er als Präsident des DFB.
Peter Joseph (genannt Peco) Bauwens wurde am 24.12.1886 in Köln geboren. Er war der Sohn des aus dem flämischen Letterhoutem stammenden Bauunternehmers Peter Bauwens (1852-1904) und dessen in Stammheim geborener Frau Sophie Brems (1860-1938). Der Vater hatte mit seinem Bruder Camille Bauwens (1849-1885) im Jahr 1873 in Köln ein Baugeschäft eröffnet, das durch den nach der Reichsgründung in der Rheinprovinz einsetzenden Bauboom einen fortwährenden Aufschwung nahm. Peco Bauwens besuchte die Humboldt-Oberrealschule in Köln, an der er Ostern 1907 die Abiturprüfung ablegte. Im Sommersemester 1907 immatrikulierte er sich an der juristischen Fakultät der Universität Berlin, wechselte aber bereits im Wintersemester 1907/1908 nach Bonn, wo er dem Corps Saxonia beitrat und bis zum 31.3.1910 studierte. Nach eigenen Angaben promovierte er am 14.7.1914 in Leipzig zum Doktor der Rechte, belegen lässt sich dies anhand der im dortigen Universitätsarchiv verwahrten Verzeichnisse jedoch nicht.
1913 trat Bauwens in das elterliche Unternehmen ein, welches nach dem Tod des Vaters von der Mutter sowie den älteren Brüdern Camillus (1882-1954) und Jean (1884-1955) weitergeführt worden war. Noch im gleichen Jahr wurde er mit der Leitung der „Ostabteilung“ der Firma mit ihren Niederlassungen in Königsberg, Graudenz und Posen betraut. Während des Ersten Weltkrieges übernahm Bauwens in Abwesenheit seiner zum Kriegsdienst eingezogenen Brüder die alleinige Führung und wurde in dieser Zeit vor allem mit der baulichen Ausführung einer Reihe strategisch bedeutender Verteidigungslinien wie der Siegfriedstellung betraut. Auch über das Jahr 1918 hinaus fungierte er als kaufmännischer Leiter der Firma, die sich in den 1920er Jahren auf die Errichtung von Binnenschifffahrtskanälen, Kraftwerken und Industrieanlagen zu spezialisieren begann. Unter anderem zeichnete sie für die im Jahr 1930 fertiggestellten Ford-Werke in Köln-Niehl und die Ausführung der Autobahnstrecke Köln-Bonn verantwortlich.
In dieser Zeit begann auch seine Laufbahn als Sportfunktionär, der jedoch bereits eine respektable Karriere als aktiver Fußballer vorangegangen war. Seine Vorliebe für das runde Leder hatte Bauwens in einer Zeit entdeckt, in welcher der Fußball noch geringschätzig als Sport der sozialen Unterschicht angesehen wurde. Im Jahr 1896 war er, gerade zehnjährig, von einem Pferdefuhrwerk erfasst und dabei so schwer verletzt worden, dass eine Amputation des linken Beines unausweichlich erschien. Nur dank der Diagnose eines von den Eltern hinzugezogenen belgischen Spezialisten konnte es gerettet werden. Nach mehr als einjähriger Genesungszeit erwies sich ausgerechnet der verfemte Fußballsport als ideale „Therapie“ zur Kräftigung des Beines. Bauwens wusste später zu berichten, dass er der einzige von 600 Schülern auf der Oberrealschule gewesen sei, der offiziell Fußball habe spielen dürfen. Zwischen 1904 und 1921 kickte er als Aktiver für den VfL Köln 1899 auf der Position des Stürmers und bestritt als solcher am 16.5.1910 in Duisburg auch sein erstes und einziges Länderspiel. Bei der 0:3 Niederlage gegen Belgien vermochte er sich aber nicht für weitere Nominierungen zu empfehlen.
Weitaus bekannter als durch seine Laufbahn als aktiver Fußballer wurde Peco Bauwens durch seine Tätigkeit als Schiedsrichter. National und international galt er in den 1920er und 1930er Jahren als einer der besten seiner Zunft. Berühmtheit erlangte er als Spielleiter im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft am 18.6.1922 zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem Hamburger SV. Die Partie wurde von dem selbst unter Wadenkrämpfen leidenden Bauwens nach mehrmaliger Verlängerung in der 189. Minute beim Stand von 2:2 wegen einbrechender Dunkelheit abgebrochen. Bauwens leitete auch das Wiederholungsspiel am 6.8.1922, das er in der Verlängerung beim Stand von 1:1 abpfiff und zugunsten des HSV entschied. Nach zwei Platzverweisen und zwei verletzungsbedingten Ausfällen hatte Nürnberg nur mehr sieben statt der vorgeschriebenen acht Spieler auf dem Feld gehabt. Die Entscheidung wurde später angefochten, da Bauwens die Partie während der Pause der Verlängerung beendet hatte, was wiederum seinerseits einen Regelverstoß bedeutet hatte. Auf diese Weise fand die Meisterschaft des Jahres 1921/1922 letztlich keinen Sieger. Peco Bauwens leitete insgesamt 82 Länderspiele, darunter auch Partien auf der britischen Insel und am 15.8.1936 das Finale des Olympischen Fußballturniers in Berlin zwischen Italien und Österreich (2:1). Parallel zu seiner Tätigkeit als Schiedsrichter wurde Bauwens bereits 1925 in die Regelkommission und 1932 in das Exekutivkomitee der FIFA gewählt. Während des Zweiten Weltkrieges unternahm er Anstrengungen, den Dachverband unter die Kontrolle der Achsenmächte zu bringen, scheiterte jedoch. Stattdessen wurde Bauwens selbst im Mai 1945 aus dem Exekutivkomitee ausgeschlossen, wogegen er energisch protestierte.
Seine eigene Rolle im „Dritten Reich“ ist von zahlreichen Widersprüchen geprägt. Zwar ging Bauwens wohl in weiten Teilen mit der nationalsozialistischen Weltanschauung konform, hatte aber durch seine am 16.7.1919 geschlossene Ehe mit der jüdischen Kaufmannstochter Elisabeth Gidion (1891-1940) auch unter Repressalien zu leiden. Als „jüdisch versippt“ geltend, wurde sein 1933 gestellter Aufnahmeantrag in die NSDAP abgelehnt, am 5.5.1934 erfolgte der Ausschluss aus dem Corps Saxonia. Das Familienunternehmen florierte hingegen auch im „Dritten Reich“ und in seiner Tätigkeit als Sportfunktionär erwies sich Bauwens stets als ein zuverlässiger Sekundant des Regimes.
Am 16.9.1940 beging Elisabeth Bauwens Selbstmord, die Hintergründe werfen noch immer Fragen auf. Zweifelsohne sah sie sich durch das nationalsozialistische Regime einem starken psychischen Druck ausgesetzt. Peco Bauwens verwies nach 1945 stets auf den Suizid seiner Ehefrau, um sich selbst als ein Opfer des "Dritten Reiches“ darzustellen und seinen Kritikern entgegenzutreten, die ihm eine zu geringe Distanz zum Nationalsozialismus attestierten. Am 1.5.1951 heiratete er Johanna Eleonore Schultheiss, die geschiedene Frau des Schweizer Diplomaten Franz-Rudolf von Weiss (1885-1960), in Paddington. Aus Bauwens erster Ehe stammten die Kinder Peter-Franz (1921-1948) und Lilo (1927-2010).
Bei der Reorganisation des Fußballs in der Bundesrepublik Deutschland sollte Peco Bauwens, nachdem er am 1.7.1949 in das Amt des DFB-Vorsitzenden gewählt worden war, eine zentrale Rolle zufallen. Darüber hinaus fungierte er auch als Vorsitzender des Landessportbundes NRW und der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Sportverbände. 1952 wurde er auch in das wiederbergründete Nationale Olympische Komitee gewählt. Außerhalb seines sportpolitischen Engagements übte er das Amt des Präsidenten der deutsch-luxemburgisch-belgischen Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Köln aus.
An der Spitze des DFB setzte sich Bauwens vor allem für die Rehabilitation des deutschen Fußballs auf internationaler Ebene ein. Er tat dies in einer für die unmittelbare Nachkriegszeit außerordentlich selbstbewussten und undiplomatischen Weise. Bereits 1949 formulierte er: Wir haben draußen wieder viel gutzumachen. Die anderen aber auch einiges an uns. Wenn unsere Jugend in fremde Länder geht, soll und braucht sie es nicht mit niedergeschlagenen Augen zu tun. Sie hat die lautersten Absichten, denn wir wollen in die sportliche Völkerfamilie eintreten als Menschen, die das Recht für sich in Anspruch nehmen, gute Deutsche sein zu dürfen, um gute Europäer und gute Weltbürger werden zu können.
Die Anstrengungen blieben nicht ohne Wirkung, denn schon am 22.9.1950 wurde der DFB wieder in die FIFA aufgenommen. Der überraschende Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 stellte daher nicht zuletzt einen persönlichen Triumph für Peco Bauwens dar, dem er mit einer umstrittenen, nationalistisch gefärbten Rede im Münchener Löwenbräukeller am 6.7.1954 auch unverblümt Ausdruck verlieh. Der Bayerische Rundfunk brach die Hörfunkübertragung dieser Veranstaltung kurzerhand ab. Auch während der Weltmeisterschaft des Jahres 1958 in Schweden geriet Bauwens in die Kritik, nachdem er die umstrittene Halbfinalniederlage gegen den Gastgeber mit antischwedischen Äußerungen kommentiert hatte.
Wenn er dem deutschen Fußball auch frühzeitig die Rückkehr auf die internationale Bühne ebnete, so ist Peco Bauwens dennoch als ein ausgesprochen konservativ denkender und handelnder Präsident einzustufen. Für die Entwicklung des nationalen Fußballs erwies sich vor allem sein striktes Festhalten am Amateurstatut als hinderlich, die von zahlreichen Experten wie Sepp Herberger (1897-1977) oder Franz Kremer geforderte Einführung des Berufsfußballs lehnte er ab. Allein durch das erfolgreiche Abschneiden der Nationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften 1954 und 1958 konnten die Mängel im bundesdeutschen Vereinsfußball kaschiert werden. Erst auf dem letzten von Bauwens geleiteten DFB-Bundestag am 14.7.1962 in Dortmund konnten mit der Einführung der Bundesliga die Weichen für eine professionelle Zukunft des deutschen Fußballs gestellt werden. Der an Leukämie erkrankte Bauwens, der bereits 1949 geäußert hatte, dass er sich nur als Platzhalter für die Jugend sehe, trat an diesem Tag von seinem Amt zurück, wurde aber zugleich zum ersten Ehrenpräsidenten des DFB gewählt. Bereits am 25.7.1959 war er in Anerkennung seiner Leistungen als Schiedsrichter mit dem DFB-Ehrenschild ausgezeichnet worden. Neben zahlreichen weiteren Ehrungen hatte er anlässlich seines 70. Geburtstages 1956 auch das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen.
Peco Bauwens starb am 17.11.1963 in den städtischen Krankenanstalten Köln-Merheim. Er wurde auf dem Friedhof Melaten beigesetzt, die Mitglieder der Weltmeisterelf von 1954 Horst Eckel (geboren 1932), Werner Liebrich (1927-1995), Toni Turek und Fritz Walter (1920-2000) trugen seinen Sarg. Später wurde er Namenspate der Peco-Bauwens-Allee in Köln-Müngersdorf.
Literatur
Baum, Ralf-Joachim, „Wir wollen Männer, wir wollen Taten!“ Deutsche Corpsstudenten 1848 bis heute, Berlin 1998, S. 405-406.
Bauwens, Peter (Hg.), 100 Jahre Bauwens – dem Neuen zugetan, dem Alten verwachsen, Köln 1973.
Havemann, Nils, Fußball unterm Hakenkreuz - Der DFB zwischen Sport, Politik und Kommerz, Frankfurt a. M. 2005.
Online
Dr. Peco Bauwens. Der Schiedsrichter mit dem offenen Wort (Biographie auf der Homepage des DFB). [Online]
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Thomann, Björn, Peco Bauwens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888 (abgerufen am 09.10.2024)