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Randolph von Breidbach-Bürresheim war ein Widerstandskämpfer des Militärs gegen den Nationalsozialismus. Er stand in Kontakt mit den Verschwörern des 20. Juli 1944. Im Erzbistum Köln wird er heute als Märtyrer verehrt.
Randolph von Breidbach-Bürresheim erblickte am 10.8.1912 in Bonn im Wohnhaus der Familie, Venusbergweg 1, als ältestes von vier Kindern des Kavallerieoffiziers und Eskadronchefs im Bonner Husaren-Regiment „König Wilhelm I.“ (1. Rheinisches) Nr. 7 Hubertus von Breidbach-Bürresheim (1875-1956) und seiner Ehefrau Anna-Marie (1888-1972), geborene Gräfin von Wolff-Metternich zur Gracht, das Licht der Welt. Es folgten noch die Schwester Maria-Christine (1917-1922), der Bruder Goswin (1920-1998) und die jüngste Schwester Huberta (geboren 1923).
In den ersten sechs Lebensjahren war der Vater, der im Ersten Weltkrieg mit seinem Regiment kämpfte, kaum anwesend. Die Mutter besuchte in dieser Zeit oft ihre Eltern auf Burg Satzvey bei Mechernich in der Eifel. Im letzten Kriegsjahr 1918 zog die Familie auf das väterliche Familiengut Schloss Fronberg bei Schwandorf in Bayern.
Nach vier Jahren Volksschule wechselte Breidbach-Bürresheim 1922 auf das Humanistische Gymnasium der Benediktiner im niederbayerischen Metten, wo er bis 1926 blieb. Das Abitur bestand er 1931 am Maximiliansgymnasium in München. Er begann an der Universität Münster ein Studium der Rechtswissenschaft, das er später in Königsberg, Bonn, München und Nürnburg-Erlangen fortsetzte. Während der Studienzeit trat er dem deutschnationalen Stahlhelm bei.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war der konservative, Adolf Hitler (1889-1945) kritisch gegenüber eingestellte Vater als Mitglied der Bayerischen Volkspartei einige Tage in Haft genommen worden. Der Student Randolph von Breidbach vermied den direkten Eintritt in die SA beziehungsweise in die SA-Studentenstürme, indem er im November 1933 der SA-Reitertruppe in Münster beitrat. Am Oberlandesgericht Hamm legte Breidbach 1935 das Erste juristische Staatsexamen ab.
Einen freiwilligen Militärdienst leistete der Sohn eines Kavallerieoffiziers danach im 17. (Bayerischen) Reiterregiment (ab 1936 Kavallerie-Regiment 17) in Bamberg ab. Im gleichen Regiment dienten der Berufsoffizier Claus Schenk von Stauffenberg (1907-1944) und weitere Verschwörer des 20. Juli. Als Gerichtsreferendar am Bonner Landgericht promovierte von Breidbach-Bürresheim 1938 an der Universität Erlangen über die Haftung des Binnenschiffers.
Im gleichen Jahr trat Breidbach zur weiteren Vorbereitung auf das Zweite juristische Staatsexamen in die Kanzlei des Rechtsanwaltes Josef Müller (1898-1979) in München ein. Dieser war in der Weimarer Republik Mitglied der Bayerischen Volkspartei (BVP) gewesen und sollte nach 1945 einer der Mitgründer und der erste Vorsitzende der Christlich Sozialen Union (CSU) sein. Müller war seit 1933 Rechts- und Wirtschaftsberater für katholische Kreise und Institutionen. Bald gehörte er dem katholischen Widerstand an und verteidigte Gegner des nationalsozialistischen Regimes vor Gericht. Auf diese Weise erhielt er Kontakt zu dem militärischen Widerstandskreis um den Regierungsrat im Reichsjustizministerium Hans von Dohnanyi (1902-1944), den Leiter des Abwehramtes der Wehrmacht Admiral Wilhelm Canaris (1887-1945) und den Abwehroffizier Hans Oster (1887-1945). Nach Kriegsausbruch beauftragten diese ihn, über den Vatikan Verbindung zu den Westmächten aufzunehmen, um deren Haltung im Falle eines Sturzes Hitlers zu erforschen. Um seine Tätigkeit zu tarnen, wurde Müller im November 1939 als Oberleutnant zur Wehrmacht einberufen und bei deren Abwehrabteilung im Wehrkreis VII tätig. Er leitete die Außenstelle AST Luft und hatte offiziell die Aufgabe, die Lage in Italien zu analysieren. Die Kontakte mit der britischen Regierung von Anfang 1940 fasste Dohnanyi in dem so genannten X-Bericht zusammen, der an den Generalstabschef des Heeres Franz Halder (1884-1972) und den Oberbefehlshaber des Heeres Walter von Brauchitsch (1881-1948) weitergeleitet wurde.
Breidbach war als Unteroffizier der Reserve im Oktober 1939 eingezogen worden und als Ausbilder in einer Kaserne in Dillingen eingesetzt. Im Frühjahr 1940 nahm er als Wachtmeister mit dem Infanterieregiment 246 am Frankreichfeldzug teil. Im September 1940 erhielt er eine Beurlaubung, um sich auf das Zweite juristische Staatsexamen vorzubereiten, das er im Januar 1941 ablegte. Anschließend kehrte er als Leutnant zu seiner in Frankreich stationierten Einheit zurück. Ein Jahr später erfolgte die Verlegung an die Ostfront. Hier fungierte er als Verbindungsoffizier der 88. Infanterie-Division zur Zivilbevölkerung. Im Oktober 1942 erhielt er die Beförderung zum Oberleutnant.
Sowohl in Frankreich als auch in Russland erlebte Breidbach erschütternde Szenen: das furchtbare Elend der Flüchtlinge an der französisch-spanischen Grenze, die gnadenlose Verfolgung und Tötung der Juden sowie die unmenschliche Behandlung der russischen Zivilbevölkerung. Gleichzeitig beobachtete er die zunehmende Korruption und die schlechte, regimekritische Stimmung in der deutschen Truppe.
Auf den 9.9.1942 datiert der erste von drei der so genannten Breidbach-Berichte, die er im Osten anfertigte und an die Kanzlei Müller sandte. Der letzte entstand im November 1942. Darin legte er seine Beobachtungen nieder und dokumentierte so die Verbrechen der Wehrmacht in der von ihr besetzten Gebieten. Er charakterisierte das nationalsozialistische Regime als das „Böse“, sah aber nur die Möglichkeit, es von außen zu stürzen und Europa so zu befreien. Breidbach wog ebenfalls die Vor- und Nachteile des Bolschewismus ab und stellte Überlegungen über die Wiedererrichtung des polnischen Staates an.
Nachdem er im September 1942 während eines Urlaubs einen Besuch bei den Eltern und in München gemacht hatte, erkrankte Breidbach einen Monat später in Russland an Gelbsucht. Er kehrte nach Deutschland zurück und kam in ein Lazarett in Zwickau, von wo er im Januar 1943 zu einem Ersatzbataillon in Würzburg entlassen wurde.
Im März 1943 misslangen der Gruppe um Canaris, Oster und den Rechtsanwalt Klaus Bonhoeffer (1901-1945) Versuche, den Diktator zu töten. Am 5.4.1943 erfolgte die Verhaftung von Hans von Dohnanyi und seines Schwagers, des Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), sowie von Josef Müller. Bei der Durchsuchung der Kanzlei Müllers fand die Gestapo die Berichte Breidbachs sowie einen Plan des so genannten Führerbunkers in Pullach.
Ein Reichsgerichtsrat verhaftete Breidbach am 5.4.1943 in Würzburg. Er kam in ein Untersuchungsgefängnis in Berlin. Der psychisch und physisch geschwächte Breidbach musste am 24.11.1943 in die Krankenabteilung verlegt werden.
Am 3. und 4.3.1944 fand in Berlin die Hochverratsverhandlung wegen Heimtücke vor dem Reichskriegsgericht statt. Josef Müller und Randolph Breidbach-Bürresheim wurden beide „wegen erwiesener Unschuld“ freigesprochen. Ihre militärischen Vorgesetzten hatten ihnen Rückendeckung gegeben und die Handlungen als Teil der Abwehrarbeit definiert. Trotzdem blieben sie weiterhin in Haft, denn das Urteil wurde nicht bestätigt, sondern wieder aufgehoben.
Im Frühjahr 1944 wandte sich die Mutter Breidbachs hilfesuchend an den Regimentskameraden Claus Graf Schenk von Stauffenberg, der ihr im Hinblick auf den geplanten Staatsstreich einen guten Ausgang der Angelegenheit garantierte. Das Attentat auf Hitler und der Umsturz am 20. Juli 1944 scheiterten. Stauffenberg wurde standrechtlich erschossen.
Die Ermittlungen der Gestapo gegen die Verschwörer des 20. Juli weiteten sich auch auf die Angehörigen der Widerstandsgruppe um Canaris und Oster aus, zu denen Breidbach zählte. Am 6.11.1944 wurde er aus der Krankenabteilung des Wehrmachtuntersuchungsgefängnisses Berlin-Buch in das Gefängnis Berlin-Moabit verlegt. Hier versuchte die Gestapo ein Geständnis zu erzwingen, was ihr aber nicht gelang.
Mit einem Sammeltransport von Gefangenen, die im Zusammenhang mit dem 20. Juli verhaftet worden waren, wurde Breidbach am 20.2.1945 in das Konzentrationslager Sachsenhausen transportiert. Bei der Annäherung der Roten Armee trieb die SS am 20./21.4.1945 über 33.000 Häftlinge auf einen Marsch Richtung Ostsee. Der bereits geschwächte Breidbach kam mit Hilfe von Freunden am 21.4.1945 auf die Krankenstation, in der circa 3.000 Personen im Lager zurückblieben. Einen Tag später befreite die Rote Armee diese Häftlinge.
Sowjetische Militärärzte kümmerten sich um die Kranken. Doch Breidbachs Tuberkulose war schon zu weit fortgeschritten, um sein Leben retten zu können. Am 13.6.1945 starb Randolph von Breidbach-Bürresheim an den Folgen der schweren gesundheitlichen Schäden, die er in der Haftzeit erlitten hatte.
Zum Gedenken an ihren Sohn ließ die Familie in der Petruskapelle in Fronberg eine Marmorplatte anbringen. Die zum Schloss Fronberg führende Straße ist nach ihm benannt.
Literatur
Meyer, Winfried, Randolph von Breidbach-Bürresheim, in: Meyer, Winfried (Hg.), Verschwörer im KZ. Hans von Dohnanyi und die Häftlinge des 20. Juli 1944 im KZ Sachsenhausen, Berlin 1999, S. 174-180.
Moll, Helmut, Breidbach-Bürresheim, Randolph, in: Moll, Helmut (Hg.), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, 7. Auflage, Paderborn 2019, S. 295-298.
Müller, Josef, Bis zur letzten Konsequenz. Ein Leben für Frieden und Freiheit, München 1975.
Niesen, Josef, Bonner Personenlexikon, 3. Auflage, Bonn 2011, S. 66.
Rauch, Andreas M., Ein Offizier gegen Hitler. Oberleutnant Dr. Randolph von Breidbach-Bürresheim (1912-1945), Baden-Baden 2007.
Online
Menges, Franz, Müller, Joseph („Ochsensepp“), in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 430-432. [Online]
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Klein, Ansgar S., Randolph von Breidbach-Bürresheim, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/randolph-von-breidbach-buerresheim-/DE-2086/lido/57c5881bc07686.63474847 (abgerufen am 06.12.2024)