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Robert war seinen Brüdern ein nützlicher Helfer bei ihren vielfältigen Erfindungen, durch sein gewinnendes Wesen öffnet er ihnen viele Türen, sogar die des Weißen Hauses. In Marokko erwies er sich als ebenso wagemutiger wie erfolgreich und nachhaltig wirtschaftender Großfarmer.
Robert wurde am 14.4.1865 als fünfter Sohn und siebtes Kind des erfolgreichen Stahl- und Feilenfabrikanten Reinhard Mannesmann und seiner Ehefrau Klara, geborene Rocholl, in Remscheid-Bliedinghausen geboren. Die Familie war evangelisch-lutherisch. Anders als alle seine Brüder kränkelte Robert etwas und wurde daher vom Vater und den Geschwistern geschont und von der Mutter bis ins Erwachsenenalter verwöhnt. Zwar war auch er früh in der vom Vater geleiteten Fabrik zu finden, allerdings nur, um seine Neugier zu befriedigen; in der Produktion brauchte er nicht mitzuhelfen. Seine schulische Ausbildung verlief unauffällig. Die modernen Sprachen scheinen ihm im besonderen Maße gelegen zu haben. Nach dem Abitur und einigen Semestern an der Technischen Hochschule ging er als junger Mann, der zu einer stattlichen Erscheinung herangewachsen und wie seine Brüder überdurchschnittlich groß war, in die USA. Dort versuchten seine Brüder Reinhard, Alfred und Carl zur Verwertung der im Familienbesitz befindlichen Auslandspatente eine Röhrenfabrikation nach dem Mannesmann-Verfahren in Gang zu bringen und entsprechende Aufträge zu erhalten. Besonders bei der Akquisition versprach man sich von Robert vorteilhafte Unterstützung.
Der Name Mannesmann stand nach der Präsentation des Schrägwalz-Verfahrens zur Herstellung von nahtlosen Stahlrohren aus dem massiven Stahlblock allein durch Walzen auf der Weltausstellung von 1893 in Chicago und auf der Landesausstellung in San Francisco in hohem Ansehen. Der berühmte Erfinder Thomas Alva Edison (1847-1931) war voll des Lobes gewesen und einflussreiche Unternehmer wie Richard T. Crane (1832-1912) und John Fritz (1822-1913) von den Bethlehem Steel Works gehörten nun zu den Bekannten und Freunden der Erfinder. Robert ist sogar mehrmals mit seinem Bruder Reinhard ins Weiße Haus eingeladen worden. Einem Schreiben von Alfred vom April 1898 an die Mutter ist zu entnehmen, dass die Nichte des Präsidenten Gefallen an Robert gefunden hatte, das dieser jedoch nicht erwiderte. Offensichtlich scheint es sich um einen der in einem früheren Schreiben genannten zwanglosen Empfangsnachmittage gehandelt zu haben, zu denen die Töchter aus gutem Hause „zum Tee in Gehröcken von 4-6 p. m.“ einluden. Für die enge Beziehung zum damaligen wirtschaftsfreundlichen Präsidenten William McKinley (1843-1901, US-Präsident 1897-1901) und seiner Frau, bei denen die Nichte nach dem frühen Tod der beiden gemeinsamen Töchter lebte, spricht auch, dass Robert mit seinen Brüdern am 10.4.1898 die Rede des Präsidenten zum Ausbruch des Spanisch-Amerikanischen Krieges von der Senatorenloge aus miterleben durften.
Unglückliche Umstände sowie die vor Gericht ausgetragene Auseinandersetzung mit den Anteilseignern der Deutsch-Österreichischen Mannesmannröhren-Werke AG, vor allem der auch jenseits des Atlantiks einflussreichen Deutschen Bank, um den Wert der Erfindungen beziehungsweise die Mitwirkungsrechte der Familie Mannesmann in Aufsichtsrat und Generalversammlung ließen einen Erfolg des Engagements in den USA nicht zu. Anfang 1899 kehrten sie nach Remscheid zurück. Robert beteiligte sich nun an den Experimenten der Brüder, ohne jedoch sonderlich durch eigene Ideen aufzufallen. Immer wenn jemand gebraucht wurde, ob in Remscheid oder beim Patentbüro in Berlin oder bei den Lizenznehmern, stand er zur Verfügung und erfüllte die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft.
1908 ging er nach Marokko, wo sein Bruder Reinhard seit 1906 tätig war und wohin nun auch seine Brüder Alfred und Otto übersiedelten; die Brüder Max und Carl waren an den Familienunternehmen finanziell oder wie Letzterer zusätzlich in der Geschäftsführung beteiligt; beide blieben jedoch in Deutschland wohnen. Wie Alfred und Otto widmete sich Robert der landwirtschaftlichen Erschließung Marokkos. Im Süden des Landes, im Hinterland der Hafenstadt Safi, erwarb er zwei große Farmen, die er nach modernem europäischen Muster bewirtschaftete. Zum großzügigen Haupthaus und den Wohnhäusern für Verwalter und die Arbeiter mit ihren Familien gehörten Stallungen, Tränken, Brunnen, Silos, Schmiede, Stellmacherei, Kalkbrennerei und feste Straßen.
Der Boden war außerordentlich fruchtbar. Selbst bei nur eingeschränkter Bewirtschaftung mit hölzernem Pflug und ohne Kunstdünger sowie der Ernte des Getreides mit der Sichel wurde ein 17-20facher Ertrag erzielt. Robert Mannesmann erzielte dank besserem Saatgut, moderner Maschinen für Aussaat, Bearbeitung und Ernte sowie Bewässerung und mineralischer Düngung noch weit bessere Ergebnisse. Auch von ihm ist bekannt, dass er Versuche mit neuen Fruchtsorten unternahm und seine Betriebe auf eine nachhaltige Bewirtschaftung ausrichtete. Allerdings waren ihm nur wenige Jahre vergönnt.
Öffentlich ist Robert während seiner Zeit in Marokko nur einmal in Erscheinung getreten: Am 9.5.1912 bildete ihn die Berliner Illustrierte Zeitung auf der Titelseite ab. Das Bild zeigt ihn in Begleitung seines Bruders Otto neben dem Scheich von Tarudant in der Sus. Während Otto Mannesmann einen Tropenhelm trug, schützte Robert seinen Kopf durch einen Filzhut mit breiter Krempe; auch im Übrigen war er wie ein wohlhabender europäischer – oder was seinen Binder anbetrifft – wie ein nordamerikanischer Farmer gekleidet. Er starb am 8.7.1913 auf der Farm Krakra bei Safi/Südmarokko und hat auch dort seine letzte Ruhestätte gefunden. Für die ihm gehörende Katazekenfarm GmbH, Safi, bestimmte das Reichsentschädigungsamt nach dem Krieg einen Wert von 632.000 Goldmark.
Quellen
Salzgitter AG-Konzernarchiv/Mannesmann-Archiv, Mülheim an der Ruhr.
Literatur
Brandt-Mannesmann, Ruthilt, Dokumente aus dem Leben der Erfinder, Remscheid 1965.
Mannesmann, Claus Herbert, Die Unternehmungen der Brüder Mannesmann in Marokko, Leipzig 1931.
Wessel, Horst A., Die Techniker der Familie Mannesmann, in: Weber, Wolfhard (Hg.), Ingenieure im Ruhrgebiet, Münster 1999, S. 123-148.
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Wessel, Horst A., Robert Mannesmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/robert-mannesmann/DE-2086/lido/5dbffc62da3a94.07006777 (abgerufen am 05.12.2024)