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Willi Ostermann war ein Dichter, Komponist und Sänger aus Köln. Mit humoristischen, patriotischen und melancholischen Liedern avancierte er bereits zu Lebzeiten zu einem der populärsten Repräsentanten seiner rheinischen Heimat. Ostermanns bilderreiche und pointierte Schilderungen skurriler Figuren und Episoden des Kölner Milieus erfreuen sich auch im frühen 21. Jahrhundert einer ungebrochenen Beliebtheit.
Wilhelm Ostermann wurde am 1.10.1876 in Mülheim am Rhein (heute Stadt Köln) geboren. Er war das jüngste von vier Kindern des in Diensten der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft stehenden Weichenstellers Peter Ostermann (1838-1909) und dessen Ehefrau Gertrud Paas (1848-1927). Ökonomische Erwägungen veranlassten die Familie im Jahr 1879 zum Umzug nach Deutz (heute Stadt Köln). Peter Ostermann wurde hier zu verbesserten Bezügen bei der Modernisierung des rechtsrheinischen Schienennetzes eingesetzt.
Von 1883 bis 1891 besuchte Willi Ostermann die katholische Volksschule in Deutz und begann danach auf Weisung seines Vaters eine Lehre zum Elektriker. Allerdings brach er diese bereits nach wenigen Wochen wegen eines von ihm verursachten Kurzschlusses ab. Wesentlich erfolgreicher verlief seine dreijährige Ausbildung zum Stereotypeur und Galvanoplastiker bei der Diez- und Baum’schen Druckerei in Köln, die er auf Vermittlung seiner Mutter erhalten hatte und 1894 zum Abschluss brachte.
Bereits in diesen Jahren schrieb und komponierte Ostermann humoristische Lieder, die er im Verwandten- und Bekanntenkreis zum Vortrag brachte. Zudem hatte er als Schüler ein Puppentheater gegründet und seine schauspielerische Begabung unter anderem im Laienspieltheater des Marianischen Jünglings-Vereins unter Beweis gestellt. Den Beginn seiner Karriere als Vortragskünstler und Krätzchensänger datierte er später auf einen umjubelten Auftritt beim Deutzer Schützenfest im Jahr 1899, bei dem er erstmals das Lied „Et Düxer Schötzefeß“ präsentierte. Der nun einsetzende künstlerische Erfolg gab ihm die Gelegenheit, seinen erlernten Beruf aufzugeben und sich spätestens seit 1900 den Lebensunterhalt offiziell als „Humorist“ zu verdienen.
Im Jahr 1907 feierte Willi Ostermann mit dem Lied „Däm Schmitz sing Frau eß durchgebrannt“ ein triumphales Debüt im Kölner Karneval. Mit dem nicht minder populären Titel „Wer hätt dat von der Tant gedacht“ errang er 1908 den ersten Preis für das beste Mundartlied der renommierten Kölner Blumenspiele. Bereits in dieser Phase begeisterte Ostermann sein Publikum durch die Fähigkeit, die charakteristische Atmosphäre des Kölner Milieus in seinen Liedern einzufangen. Diese handelten nicht selten von Missgeschicken und menschlichen Unzulänglichkeiten, die er jedoch in eine heitere Form zu fassen verstand, ohne dabei boshaft oder zotig zu wirken. Dieser Stil sollte sich für viele rheinische Mundartgruppen bis in die Gegenwart hinein als prägend erweisen. Darüber hinaus gelang es ihm mit seinen augenzwinkernden Schilderungen, die Identifikation der Kölner mit ihrer Stadt nachhaltig zu fördern.
In den Jahren seines beruflichen Aufstiegs fand Willi Ostermann auch sein privates Glück. Zwar hatte er bereits am 18.6.1903 die aus Heven in Westfalen stammende Katharina Maria Striebeck (1878-1958) geheiratet, doch war diese Ehe schon nach kurzer Zeit geschieden worden. Über die Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem Kapellmeister Emil Palm (1890-1960) lernte er dessen Schwester Katharina „Käte“ Palm (1884-1959) kennen, die er er am 13.1.1911 heiratete. Sie entstammte einer alteingesessenen Kölner Familie und zählte den als „Urjels-Palm“ bekannt gewordene Maler und Straßenmusikanten Johann Joseph Palm (1801-1882) zu ihren Vorfahren. Beide Ehen Ostermanns blieben kinderlos.
Nachdem er im Ersten Weltkrieg verschiedene patriotische Lieder in Kölner Mundart verfasst hatte und auch in der Truppenbetreuung aktiv gewesen war, stieg Willi Ostermann in den 1920er Jahren zum populärsten Stimmungssänger seiner Heimatstadt auf. In dieser Zeit entstanden zeitlose Gassenhauer wie „Wie kütt die Mösch en de Köch“, „Kölsche Mädcher künne bütze“ oder „Kutt erop! Bei Palm’s do eß de Pief verstopp“. 1930 schrieb Ostermann den Titel „Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia“ für die Karnevalsrevue „Die Fastelovendsprinzessin“. Der melancholische Abgesang auf die durch fremde Einflüsse verdrängte „Eigenart“ seiner Heimatstadt zählt noch heute zu den bekanntesten rheinischen Liedern.
Bei der Vermarktung seiner Werke bewies Ostermann ein ausgeprägtes unternehmerisches Geschick. Bereits im Jahr 1910 hatte er einen eigenen Verlag gegründet und sein Repertoire in den 1920er Jahren um hochdeutsche Lieder erweitert, in denen er vor allem die Schönheiten des Rheinlandes besang. Zu diesen kommerziell überaus erfolgreichen Werken zählen die Titel „Rheinische Lieder, schöne Frau`n beim Wein“ (1929), „Wenn du eine Schwiegermutter hast“ (1928) und „Einmal am Rhein und dann zu zwei’n alleine sein“ (1930). Schallplattenaufnahmen und Rundfunkübertragungen ließen ihn weit über die Grenzen des Rheinlands hinaus bekannt werden. Gastspiele in deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg, Dortmund oder Düsseldorf, aber auch im europäischen Ausland trugen wesentlich zu seiner Popularität bei. Daneben verfasste er Werbetexte und schrieb Lieder für Filme und Revuen. Kein Erfolg war dem von ihm zwischen 1930 und 1931 herausgegeben humoristischen Wochenblatt „Willi Ostermann’s Tünnes und Schäl“ beschieden, das sich wegen der großen Konkurrenz nicht durchsetzte.
Im Privaten zeigte Willi Ostermann eine große Leidenschaft für das Glücksspiel und für Pferdewetten. Er war jedoch nicht nur ein häufig gesehener Gast auf der Rennbahn in Weidenpesch, sondern verfolgte auch mit Begeisterung die Radsportveranstaltungen in der Rheinlandhalle in Ehrenfeld (heute Stadt Köln). Erholung fand er auf seinen Urlaubsreisen an den Lago Maggiore oder an die Riviera, aber auch im Zuge seiner Sommergastspiele in den Seebädern Norddeutschlands. Die von ihm unter Beteiligung zahlreicher bekannter Bühnenkünstler des Kölner Karnevals organisierten „Rheinischen Abende“ erfreuten sich großer Beliebtheit.
Der Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft hinterließ im künstlerischen Wirken Ostermanns keine nachhaltige Zäsur. Über seine persönliche Einstellung zur nationalsozialistischen Weltanschauung schweigen sich die Quellen aus. Seine Lieder atmeten stets eine konservative, aber zumeist unpolitische Grundhaltung. Für eine Mitgliedschaft in der NSDAP finden sich keine Beweise. Als Angehöriger der Reichskulturkammer stand er dem Regime jedoch für die Unterhaltungsprogramme der Organisation Kraft durch Freude (KdF) zur Verfügung.
Im Juli 1936 erlitt Ostermann nach einem Auftritt im Kurhaus von Bad Neuenahr einen Schwächefall. Er wurde in die Krankenanstalt Lindenburg in Köln eingewiesen, wo er sich einer Magenoperation unterziehen musste. Eine Besserung seines Zustandes stellte sich jedoch nicht ein. Ostermann war sich der Ernsthaftigkeit seiner Lage vollauf bewusst, begegnete ihr aber dennoch mit Humor und dem ihm eigenen Optimismus. In den letzten Tagen vor seinem Tod dichtete er sein letztes Lied, das unter dem Titel „Heimweh nach Köln“ mit dem Refrain „Ich möch zo Foß nach Kölle jon“ zu Beginn der Karnevalssession 1936/1937 veröffentlicht und im Zweiten Weltkrieg zum Inbegriff der emotionalen Verbundenheit der Kölner mit ihrer schwer gezeichneten Heimatstadt wurde.
Willi Ostermann starb am 6.8.1936 in der Klinik in Lindenburg. Seine Beisetzung am 10.8.1936 geriet zu einem städtischen Großereignis. Nachdem der Leichnam des Verstorbenen zunächst in seiner Wohnung am Neumarkt 33 aufgebahrt worden war, wurde er in einem von schätzungsweise 35.000 Menschen gesäumten Trauerzug auf den Friedhof Melaten überführt. Hier fand Ostermann in einem Ehrengrab seine letzte Ruhestätte.
Die Erinnerung an den bedeutenden Volkssänger und sein Werk wird bis heute intensiv gepflegt. Bereits am 16.2.1939 konnte der vom Bildhauer Willy Klein gestaltete Ostermannbrunnen im Kölner Martinsviertel eingeweiht werden. Der aus einem Muschelkalkblock gefertigte Brunnen überstand den Krieg weitgehend unbeschädigt und bildet heute den zentralen Punkt des Ostermannplatzes. Am 28.2.1967 erfolgte die Gründung der Willi Ostermann Gesellschaft e.V., die das Andenken ihres Namengebers auf vielfältige Weise fördert und seit 1969 für die offizielle Eröffnung der Karnevalssession verantwortlich zeichnet. Im Jahr 1991 wurde das Figurenensemble am Kölner Rathausturm durch eine vom Bildhauer Herbert Paul Labusga gefertigte Statue Ostermanns erweitert. Seit 1967 wird die Goldene Willi-Ostermann-Medaille für besondere Verdienste um das Brauchtum und das Liedgut der Stadt Köln verliehen.
Literatur
Krupp, Hans W., Willi Ostermann. Mundartdichter und Liedersänger, Köln 1986.
Krupp, Hans W., Willi Ostermann. 'En Kölle am Rhing...'. Eine Biographie, neu hg. v. Anne Krupp, Köln 1995.
Liessem, Thomas, Willi Ostermann. Leben und Wirken des rheinischen Volksliederdichters, Köln 1936.
Liessem, Thomas, Willi Ostermann. Ein Leben für den Frohgesang am Rhein, Köln 1958.
Oelsner, Wolfgang, Willi Ostermann, in: Soénius, Ulrich S./Wilhelm Jürgen (Hg.), Kölner Personen-Lexikon, Köln 2008, S. 408-409.
Staffel, Wilhelm, Willi Ostermann, Köln 1976.
Online
Willi Ostermann Gesellschaft Köln 1967 e.V. (Informationen zur Biographie Willi Ostermanns sowie zur Geschichte und Tätigkeit der Willi Ostermann Gesellschaft). [Online]
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Thomann, Björn, Willi Ostermann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/willi-ostermann/DE-2086/lido/57c9573558c2b9.31692405 (abgerufen am 06.12.2024)