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Willy Schneider erlangte als „Sänger vom Rhein und Wein" nationale und internationale Berühmtheit. Seine bereits in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich" beliebten, oftmals nachdenklichen Lieder machten ihn auch in der Nachkriegszeit zu einem der erfolgreichsten deutschen Interpreten und zu einem Sympathieträger der jungen Bundesrepublik im Ausland. Seine Popularität blieb bis ins hohe Alter ungebrochen.
Willy Schneider wurde am 5.9.1905 als Sohn der Eheleute Joseph und Bertha Schneider in Köln-Ehrenfeld geboren. Nach dem Besuch der Volks- und Mittelschule ging er ab 1921 in der elterlichen Metzgerei in die Lehre. Als der Vater im Jahr 1927 starb, wurde Schneider die Verantwortung für die Weiterführung des Betriebes übertragen. Ab 1928 besuchte er die Praktische Fleischer-Schule Köln, wo er am 28.2.1929 die Prüfungen zum Diplom zur Herstellung feiner Fleisch- und Wurstwaren mit Auszeichnung bestand. Zu seinem Lebensinhalt sollten der erlernte Beruf und das väterliche Erbe jedoch nicht werden. Vielmehr eröffneten sich ihm am Ende der 1920er Jahre günstige Perspektiven zum Beginn einer Gesangskarriere, die ihn schließlich dazu veranlassten, den Metzgerladen in Ehrenfeld zu verkaufen.
Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Josef, der sich als Sänger an der Breslauer Oper einen Namen machen sollte, wurde der nicht weniger talentierte Willy Schneider für den Rundfunk entdeckt: Am 24.1.1930 fand er als Bassist unter 354 Bewerbern Aufnahme in den Kammerchor des Reichssenders Köln, dem er bis 1937 angehörte. Seine gesangliche Ausbildung erhielt er bei den Kölner Kantoren Hermann Fleischmann und Clemens Glettenberg (1898-1969).
Die solistischen Auftritte in der vom Reichssender Köln ausgestrahlten Sendung „Der frohe Samstagnachmittag" begründeten zu Beginn der 1930er Jahre Schneiders weit über das Rheinland hinausreichende Popularität. Zeitlebens sollte sich sein Repertoire auf sämtliche Facetten der leichten Unterhaltungsmusik erstrecken: Es umfasste unter anderem Stimmungs- und Liebeslieder, traditionelle Volksweisen und die Operette. 1935 nahm Schneider seine erste Schallplatte auf: Das „Schwalbenlied" wurde mit 300.000 verkauften Tonträgern auch zu einem großen kommerziellen Erfolg. Erste Tourneen nach Belgien, Rumänien und in die Schweiz folgten. Mit dem von Gerhard Jussenhoven (1911-2006) komponierten und von Jupp Schlösser (1902-1983) getexteten Gassenhauer „Kornblumenblau" (1937), der bis heute zu den bekanntesten Karnevalsliedern zählt, festigte Schneider seinen Ruf als Botschafter rheinischen Frohsinns. Eine enge Zusammenarbeit pflegte Schneider mit den Komponisten Robert Stolz (1880-1975) und Leo Kowalski (1911-1984). Zu seinen bekanntesten Liedern dieser Zeit zählen „Gerda Marie, nichts ist so süß, so goldig wie sie" (1935), „Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen" (1937), „Das kannst du nicht ahnen" (1937) und „Grün ist die Heide" (1938). Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Schneider wie andere populäre Unterhaltungskünstler in den Dienste der Frontunterhaltung gestellt und war in dieser Zeit vor allem durch Volks- und Soldatenlieder präsent. Zu einem bis heute beliebten Evergreen avancierte der im Original von Wilhelm Strienz (1900-1987) gesungene, aber auch von Schneider erfolgreich interpretierte Titel „Heimat deine Sterne" (1942).
Am 18.11.1947 heiratete Willy Schneider die aus Köln stammende Hanny Osslender (1915-1996). Zeitgleich konnte er seine Rundfunkkarriere beim NWDR in Köln erfolgreich wiederaufnehmen. Großer Beliebtheit erfreuten sich sowohl seine gefühlvollen Interpretationen traditioneller Kölner Volkslieder, vor allem von Willi Ostermann, aber auch neuere Werke wie der von August Schnorrenberg (1896-1973) komponierte Titel „Am Dom zo Kölle, zo Kölle am Rhing" anlässlich des 700-jährigen Domjubiläums im Jahr 1947. Sie wirkten einerseits wie wehmütige Rückblicke auf die Vergangenheit der zerbombten rheinischen Metropole, brachten andererseits aber inmitten der Trümmerwüste auch den Mut und den Willen ihrer Bevölkerung zum Neuanfang zum Ausdruck.
Mit seinen Liedern traf Schneider schließlich auch in der gesamten Bundesrepublik Deutschland den Nerv der Zeit: Heitere Titel wie „Wenn das Wasser im Rhein gold’ner Wein wär" (1950) bildeten dabei nur eine Seite seines Repertoires. Es waren auch hier vor allem nachdenkliche, gleichzeitig aber Optimismus verbreitende Titel wie „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein" (1952) und „Man müsste noch mal zwanzig sein" (1953), die ihn zu einem der erfolgreichsten Sänger der frühen 1950er Jahre werden ließen. 1960 erhielt er seine erste Goldene Schallplatte.
Von dem hohen Ansehen, das Willy Schneider auch im Ausland genoss, zeugen nicht zuletzt seine weltweiten Tourneen, unter anderem durch die USA in den Jahren 1961 und 1964. Sein Auftritte im Madison Square Garden und in der Carnegie Hall in New York zählen zu den Glanzlichtern seiner Karriere. Unter dem Titel „I remember Germany" erschien in den Vereinigten Staaten auch eine Langspielplatte mit seinen Liedern in deutscher Fassung.
In den folgenden Jahrzehnten war Schneider durch zahlreiche Auftritte in Sendungen wie „Im blauen Bock", „Musik ist Trumpf" oder „Melodien für Millionen" auch im Fernsehen präsent. Ende 1984 erhielt er im Vatikan eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. (Pontifikat 1978-2005), womit sich ein Lebenstraum erfüllte. Seinem Beruf ging Schneider bis in die letzten Lebensjahre mit großer Disziplin nach. Mittlerweile als ein Grandseigneur des Volksliedes geachtet, nahm er im Alter von 82 Jahren seinen letzten Titel „Geschenkte Jahre" (1988) auf, der als eine Hommage an seine Ehefrau zu verstehen ist. Schneider galt zeitlebens als bodenständig, pflichtbewusst und verlässlich - Charakterzüge, die seinen Liedern zusätzlich ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit verliehen. Er selbst urteilte über den Grund seines Erfolges: "Ich habe mir immer zu eigen gemacht, was ich gesungen habe. Das war keine Masche! Bei allen meinen Liedern bin ich mit dem Herzen dabei gewesen."
Am 12.1.1989 starb Willy Schneider in seiner Heimatstadt Köln an den Folgen eines Herzinfarktes. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof im Stadtteil Junkersdorf, in dem das Ehepaar Schneider seit 1956 lebte. Während seiner sich über sechs Jahrzehnte erstreckenden Karriere besang Willy Schneider circa 800 Schallplatten und verkaufte über 18 Millionen Tonträger. Er wurde unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, der Ostermann-Medaille und dem Deutschen Weinkultur-Preis ausgezeichnet. An der Stelle seines mittlerweile abgerissenen Wohnhauses in Junkersdorf erinnert eine Gedenkplakette ebenso an ihn, wie der 2002 nach ihm benannte „Willy-Schneider-Weg". Auch ein Rheinschiff trägt seit 1987 seinen Namen.
Online
Willy Schneider (Homepage mit ausführlicher Biographie, Fotographien, Dokumenten sowie Ton- und Filmmaterial). [Online]
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Thomann, Björn, Willy Schneider, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/willy-schneider/DE-2086/lido/57c948aea16d41.32919276 (abgerufen am 11.11.2024)