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Eduard Rhein erfand ein Füllschriftverfahren für Schallplatten und führte die Rundfunkprogrammzeitschrift „Hör zu!“ als Chefredakteur zu Millionenauflagen. Er selbst bezeichnete sich selbst als „Jahrhundertmann“.
Rudolph Eduard Rhein wurde am 23.8.1900 in Königswinter als Sohn des Gastwirts Eduard Rhein (1867-1934) und seiner Ehefrau Therese Hoy (1872-1952) als das zweite von fünf überlebenden Kindern geboren und katholisch getauft. Der Vater war der Besitzer der am Aufstieg zum Drachenfels gelegenen Sommerwirtschaft „Zum Vater Rhein“. Die Mutter stammte aus München. Die Familie musste die Gaststätte wenige Jahre später aus finanziellen Gründen aufgeben und zog 1906 nach Beuel (heute Stadt Bonn), wo Eduard Rhein bis zum Abitur 1917 die Schule besuchte. Nach dem Tod des Großvaters kehrte die Familie nach Königswinter zurück.
Im letzten Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges drohte Rhein die Einziehung zum Militärdienst. Der technisch begabte Rheinländer las sich intensiv in die Thematik der Luftschifffahrt ein und meldete sich freiwillig für den Einsatz bei der Betreuung von Luftschiffen, um so dem Schützengraben zu entgehen.
Sein Berufsziel war Schriftsteller. Am 25.4.1918 erschien in der Königswinterer Lokalzeitung „Echo des Siebengebirges“ seine Kurzgeschichte „Die Schminke“. Nach Kriegsende entschied er sich jedoch aus praktischen Erwägungen für ein Volontariat bei der Elektrofirma „Arthur Leser & Co.“ in Köln. Von 1920 bis 1923 studierte er an der größten privaten Ingenieursschule in Mittweida bei Chemnitz Physik und Elektrotechnik, wo er mit dem Diplom abschloss. Nach dem Studium fand er rasch den Einstieg in die Elektrotechnische Branche. Er zog nach Berlin und arbeitete in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der elektrische Kleinbeleuchtungsanlagen produzierenden Ziegenberg AG, die allerdings im gleichen Jahr Insolvenz anmelden musste. Zwischenzeitlich schlug sich der Geige spielende Rhein mit drei Studenten der Musikhochschule als Tanzkapelle in Bars vornehmer Hotels durch. Bei der AEG war er bald darauf im Bereich Werbung und Patentwesen tätig. Zwischen 1925 und 1930 war er Assistent in der Normenstelle des Zentralverbandes der Deutschen Elektrotechnischen Industrie.
Bereits 1926 erschienen erstmals journalistische Texte aus seiner Feder. Als Freier Mitarbeiter von Zeitschriften wie „Funk“, „Funkschau“, „Sendung“ und „Berliner Funkstunde“ begleitete er das neue, sich rasch entwickelnde Medium seiner Zeit: den Rundfunk.
Im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure verfasste er 1927 das Buch „Normierung im Rundfunk“, in dem er sein besonderes Talent zeigte: komplizierte technische Zusammenhänge auch für Laien verständlich zu erläutern. Als Wissenschaftsredakteur war er seit 1931 bei dem renommierten Ullstein-Verlag in Berlin tätig. Hier blieb er über die Enteignung und Umbenennung in Deutscher Verlag im Jahre 1937 hinweg bis zum Frühjahr 1945. Er schrieb für Rundfunkzeitungen - von 1931 bis 1939 für „Sieben Tage“ und von 1936 bis 1941 für „Hier Berlin und alle deutschen Sender“ - und veröffentlichte weitere Bücher, die Bestseller wurden: 1937 erschien „Wunder der Wellen“ und 1940 „Du und die Elektrizität“.
Nebenbei schrieb er 1941 für seinen persönlichen Freund, den Komponisten Eduard Künneke (1885-1953), das Libretto für dessen Operette „Traumland“.
Sein berufliches Themengebiet war die Entwicklung der Radio- und der aufkommenden Fernsehtechnik. Gleichzeitig war er selbst auf diesem Gebiet forschend und erfindend tätig. Insgesamt meldete er zeit seines Lebens 50 Patente an. 1942 entwickelte er einen Radioschnellstarter, der danach auch in Fernsehgeräten Verwendung fand. Ebenfalls während des Krieges baute er den Prototypen des Radargerätes „FK1“, doch die Erfindung kam 1944 zu spät und ging nicht mehr in die Serienproduktion. Seine bedeutendste und lukrativste Erfindung gelang ihm 1949: das so genannte Rhein´sche Füllschriftverfahren verdoppelte die Spieldauer einer Schallplatte. Damit war Rhein der Erfinder der Langspielplatte geworden.
Auf sein journalistisches Talent war auch der Verlegersohn Axel Springer (1912-1985) aufmerksam geworden. Er beauftragte den politisch unbelasteten Rhein im Sommer 1946, eine Rundfunkprogrammzeitschrift zu entwickeln. Am 11.12.1946 erschien die erste Ausgabe der „Hör zu!“. Die Zeitschrift brachte nicht nur den Abdruck der Programme, sondern auch Berichte über den Sender NWDR, Neuigkeiten aus der Rundfunk- und Fernsehtechnik, Porträts von Radiomoderatoren und den Technischen Fragekasten, der bei der Reparatur der Rundfunkgeräte half.
Nach der Währungsreform 1948 und der Freigabe des Programmabdrucks öffnete sich die „Hör zu!“ durch Lebensberatung und Prominentenberichterstattung zu einer Publikums- und vor allem Familienzeitschrift, welche bald mit ihrer Millionenauflage die führende Marktposition in Europa einnahm.
Eduard Rhein führte die von den aus München stammenden Brüdern Diehl erfundene Trickfilm-Igelpuppe als Comicfigur „Mecki“ in die „Hör zu!“ ein und steigerte so beider Popularität. Sie avancierte zum Maskottchen der Zeitschrift und erhielt bald einen Kultstatus. Es erschienen Bücher mit ihren Abenteuern, der Verkauf von Meckipuppen in allen Größen florierte und in der Modebranche hieß ein bestimmter Haarschnitt „Meckifrisur“. Der beliebte Igel rief sogar als Star in Werbespots zur Beteiligung an der Bundestagswahl auf.
Rhein selbst entwickelte und schrieb die Mecki-Bücher sowie 16 in der „Hör zu!“ abgedruckte Fortsetzungsromane. Die unter Pseudonymen wie Hans Ulrich Horster, Adrian Hülsen und Klaus Hellmer erschienen Bücher mit den Titeln „Ein Herz spielt falsch“, „Suchkind 312“ und „Der rote Rausch“ waren Bestseller und wurden rasch mit bekannten deutschen Schauspielern verfilmt.
Anfang der 1960er Jahre allerdings brachen das Anzeigenaufkommen und die Auflage der „Hör zu!“ ein. Rhein, dessen Verhältnis zu Springer sich getrübt hatte, verlor – für ihn selbst unverständlich – als verantwortlicher Chefredakteur im November 1964 seinen Posten. Als Pension ließ sich Rhein für jedes Jahr bis zu seinem Lebensende 50 Prozent des Gegenwertes von acht Anzeigenseiten garantieren.
Der nunmehrige Rentner bewohnte in bester Lage an der Außenalster einen modern ausgestatteten Neubau, doch bald zog es ihn an die Côte d´Azur. Hier erwarb er am Cap Ferrat in der Nähe von Antibes ein großzügiges Anwesen, von wo aus er – finanziell bestens abgesichert – seinen vielen Interessen nachging.
Eduard Rhein rief zwei Stiftungen ins Leben. 1976 gründete er in Hamburg die Eduard-Rhein-Stiftung, die wissenschaftliche Forschung, Bildungsforschung, Erziehung, Kunst und Kultur im In- und Ausland fördert. Sie verleiht Preise in den Kategorien Grundlagen, Technologie, Kultur und Jugend, letzteres im Rahmen des Jugend-forscht-Wettbewerbs. Leiter der Stiftung ist sein Neffe Rolf Gartz (geboren 1940). Die 1987 entstandene Professor-Rhein-Stiftung hat ihren Sitz in Königswinter. Die Stadtverwaltung verwaltet sie als Treuhänder. Die Stiftung fördert Kunst, Kultur und Bildung in der Stadt durch die Vergabe von Stipendien an Studenten der Natur- und Ingenieurwissenschaft aus Königswinter, durch die Unterstützung des Siebengebirgsmuseums und der Arbeit der Heimatvereine.
Eduard Rhein verstarb am 15.4.1993 in Cannes, wo er in einer Eigentumswohnung am Boulevard de La Croisette mit seinem Lebensgefährten lebte. Beigesetzt ist er auf dem Friedhof am Palastweiher in seiner Heimatstadt Königswinter.
Ihm sind zahlreiche Orden verliehen und Ehrungen zuteil geworden. Das Bundesverdienstkreuz erhielt er 1958 und mit Stern 1985, die Hansestadt Hamburg verlieh ihm 1990 die Medaille für Kunst und Wissenschaft. 1990 wurde er Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Königswinter. Sie benannte ebenso wie Hamburg 2004 eine Straße nach ihm. An seinem Geburtshaus am Drachenfels ist eine Gedenkplakette angebracht worden.
Werke
Normung im Rundfunk, 1927.
Das mechanische Hirn, 1928.
Die Jagd nach der Stimme, 1938.
Du und die Elektrizität, 1940.
Verse und Libretto der Operette „Traumland“, 1942.
Ein Herz spielt falsch, 1950 (verfilmt 1953).
Die Toteninsel, 1951.
Der Rote Rausch, 1952.
Wie ein Sturmwind, 1954.
Verlorene Träume, 1956.
Herz ohne Gnade, 1956.
Ein Augenblick der Ewigkeit, 1958.
Ein Student geht vorbei, 1959.
Eine Frau für tot erklärt, 1960.
Verschattete Heimkehr, 1960.
Ehe-Institut Aurora, 1961.
Karussell der Liebe, 1964.
Ein Sohn nach seinem Ebenbild, 1981.
Haus der Hoffnung, 1985.
Briefe aus dem Jenseits, 1986.
100 Jahre Schallplatte, 1987.
Der Jahrhundertmann, 1990 (Autobiographie).
Literatur
Mitt, Daiana, Eduard Rhein, in: Königswinter in Zeit und Bild, 18. Teillieferung, Königswinter 2009.
Scheuren, Elmar, Aus dem Leben eines Tausensassas – Der Königswinterer Ehrenbürger Eduard Rhein, in: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 2008, S. 14-27.
Online
Lindner, Erik, "Rhein, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 486-487. [Online]
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Klein, Ansgar S., Eduard Rhein, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/eduard-rhein-/DE-2086/lido/6033b2b35f6f86.53301790 (abgerufen am 06.12.2024)