Kaspar Gropper

Theologe (1519-1598)

Martin Bock (Frechen)

Wappen des Kurfürstentums Köln seit circa 1530, hier in der seit 1989 für das Erzbistum gebräuchlichen Form. (Hansgeorg Molitor, Das Ezbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe 1515-1688, Köln 2008, S.70)

Die Köl­ner Geist­lich­keit des 16. Jahr­hun­derts weist ei­ne Rei­he star­ker Per­sön­lich­kei­ten auf, die prä­gend für kon­fes­sio­nel­le Ent­wick­lung in der Re­gi­on wa­ren. Un­ter ih­nen ragt die Fa­mi­lie Grop­per al­lei­ne schon des­halb her­vor, weil nicht we­ni­ger als sie­ben eng mit­ein­an­der ver­wand­te Mit­glie­der an Schlüs­sel­po­si­tio­nen in Ver­wal­tung und Kir­che ge­lang­ten und so bei­na­he das ge­sam­te Jahr­hun­dert hin­durch we­sent­li­chen Ein­fluss auf die Re­li­gi­ons­po­li­tik der Stadt und de­s Kur­fürs­ten­tums Köln neh­men konn­ten.

 

Von den vier Söh­nen des Soes­ter Bür­ger­meis­ters Jo­han­nes Grop­per (ge­stor­ben 1543) und der An­na Hu­gen war der 1514 ge­bo­re­ne Kas­par Grop­per der jüngs­te. Der äl­tes­te Bru­der Jo­han­nes soll­te als Kar­di­nal und Ge­ne­ral­vi­kar de­s Erz­bis­tums Köln z­um pro­mi­nen­tes­ten Ver­tre­ter der Grop­per-Li­nie avan­cie­ren, aber auch Gott­fried (1507-1571), Ge­hei­mer Rat des Her­zogs von Jü­lich-Kle­ve Berg, und Pa­tro­k­lus Grop­per (1512-1585), Ka­no­ni­ker an St. Se­ve­rin, ka­men zu ei­ge­nen Eh­ren. Der ein­zi­ge der vier Brü­der, der ei­ne Fa­mi­lie grün­de­te, war Gott­fried Grop­per mit sei­ner Frau Ka­tha­ri­na Strauß und sei­nen Söh­nen Jo­han­nes (um 1534-1570), In­ha­ber zahl­rei­cher ho­her kirch­li­cher Pfrün­den, Gott­fried (ge­stor­ben 1598), wie der Va­ter eben­falls im Dienst des Her­zogs von Jü­lich, und Pe­ter (1550-1598), der wie sein On­kel Köl­ner Ge­ne­ral­vi­kar wur­de.

In ei­nem solch star­ken fa­mi­liä­ren Netz­werk war Kas­par Grop­pers Wer­de­gang gleich­sam vor­ge­zeich­net. Wie sei­ne Brü­der ver­brach­te er sei­ne Stu­di­en­zeit an der Uni­ver­si­tät Lö­wen, an der er sich im Jahr 1533 im­ma­tri­ku­lier­te – fi­nan­zi­ell ver­sorgt durch Pfrün­den in Soest und spä­ter, nach­dem die streng alt­gläu­bi­ge Fa­mi­lie die Stadt we­gen re­li­giö­ser Un­ru­hen ver­las­sen hat­te, auch in Köln. Ge­mein­sam mit Pa­tro­k­lus im­ma­tri­ku­lier­te sich Grop­per am 24.10.1537 an der ju­ris­ti­schen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Köln, wo bei­de nach ei­nem Drei­vier­tel­jahr zum Dok­tor der Rech­te pro­mo­viert wur­den, üb­ri­gens durch ih­ren Bru­der Gott­fried, der ih­nen als De­kan und Vi­ze­kanz­ler die Prü­fung ab­nahm. Mit Jo­han­nes Ol­den­dorp (1487-1567) ver­band Kas­par Grop­per ei­ne aka­de­mi­sche Freund­schaft, und Grop­per war Ol­den­dorps re­for­ma­to­ri­schem Geist wohl auch nicht ab­ge­neigt. Die We­ge der bei­den trenn­ten sich je­doch früh, Ol­den­dorp ging nach Mar­burg, Grop­per er­hielt ei­ne Stel­le am Reichs­kam­mer­ge­richt in Spey­er.

Johannes Gropper, Ölgemälde, kölnisch, um 1559. (Kölner Gymnasial- und Stiftungsfond)

 

Da­mit schlug Kas­par Grop­per zu­nächst ei­ne welt­li­che Be­am­ten­lauf­bahn ein, die ihn in den Jah­ren 1541 bis 1546 in der Ge­folg­schaft sei­nes On­kels Gott­fried an den Hof Wil­helms V. von Jü­lich-Kle­ve-Berg (1516-1592) führ­te. Hier ver­trat er ins­be­son­de­re die In­ter­es­sen des Her­zogs im Streit um das nach dem To­d Karl von Eg­monds va­kant ge­wor­de­ne Her­zog­tum Gel­dern; im Ju­ni 1545 nahm er als Jü­lich­scher Ge­sand­ter am Worm­ser Reichs­tag teil, und da­nach ver­han­del­te er er­folg­reich an der rö­mi­schen Ku­rie über die Auf­lö­sung der Ehe Her­zog Wil­helms mit Jean­ne d’Al­bret (1528-1572). Dort wird er sich für sei­ne spä­te­re Lauf­bahn wich­ti­ge Kon­tak­te er­ar­bei­tet ha­ben.

Denn noch wäh­rend sei­ner Tä­tig­keit in her­zog­li­chen Diens­ten ori­en­tier­te sich Grop­per stär­ker in Rich­tung ei­ner geist­li­chen Kar­rie­re. Hier­zu über­nahm er das Amt ei­nes De­chan­ten am St. Vik­tor-Stift in Xan­ten, für des­sen Aus­übung die Pries­ter­wei­he ver­pflich­tend war, die er 1543 emp­fing. 1549 kehr­te er in sei­ne Hei­mat­stadt Soest zu­rück, wo er die Pfarr­stel­le an der Tho­mas­kir­che über­nahm, um sei­nem Bru­der Jo­han­nes bei ei­nem Ver­such bei­zu­ste­hen, die Re­for­ma­ti­on in der Stadt zu­rück­zu­drän­gen. Ein Jahr spä­ter er­nann­te ihn Erz­bi­schof Adolf von Schaum­burg als Of­fi­zi­al zum Lei­ter des erz­bi­schöf­li­chen Ge­richts­we­sens, 1551 konn­te er ei­ne der acht für Nicht­ad­li­ge vor­ge­se­he­nen Dom­stifts­pf­rün­den er­wer­ben. Au­ßer­dem über­nahm er die De­chanei des be­nach­bar­ten Ma­ri­en­gra­den­stifts und für kur­ze Zeit auch das Rek­to­rat der Köl­ner Uni­ver­si­tät.

1558 reis­ten die Brü­der Kas­par und Jo­han­nes Grop­per nach Rom. Der An­lass die­ser Rei­se wird zu­wei­len als um­ge­hen­der Pro­test ge­gen die im Ju­li des Jah­res er­folg­te Wahl Jo­hann Geb­hards von Mans­feld auf den Köl­ner Bi­schofs­stuhl ge­se­hen, in ei­ni­gen Dar­stel­lun­gen so­gar als Flucht in­fol­ge ei­nes At­ten­tats, das Jo­hann Geb­hard auf sei­ne In­tim­fein­de ha­be ver­üben las­sen. Tat­säch­lich fürch­te­te der neue Bi­schof, der den welt­li­chen Ge­nüs­sen sehr zu­ge­tan war und si­cher­lich kein gu­tes Bild ab­gab, von Grop­per des­avou­iert zu wer­den. Zu­nächst ein­mal woll­te die­ser aber sei­nen be­reits 1556 ver­lie­he­nen Kar­di­nals­hut per­sön­lich in Emp­fang neh­men, und au­ßer­dem hat­te er sich ei­nem, wenn auch nicht ernst zu neh­men­den, Hä­re­sie­vor­wurf zu stel­len und ließ sich zu die­sem Zweck von sei­nem Bru­der Kas­par, der auch als sein engs­ter Mit­ar­bei­ter gel­ten darf, be­glei­ten. Von ei­ner bis zum Mord­ver­such rei­chen­den Feind­schaft zwi­schen dem Erz­bi­schof und den Brü­dern Grop­per darf al­so kei­ne Re­de sein.

Jo­han­nes Grop­per starb in­fol­ge sei­ner längst an­ge­schla­ge­nen Ge­sund­heit im Früh­jahr 1559; die To­ten­mes­se in San­ta Ma­ria dell’Ani­ma in Rom, wo Grop­per bis heu­te be­gra­ben liegt, hielt Papst Paul IV. (1476-1559, Pon­ti­fi­kat 1555-1559) per­sön­lich, der bei­den Brü­dern gro­ße Wert­schät­zung ent­ge­gen­brach­te. Nur zwei Ta­ge nach der Be­er­di­gung über­trug Paul al­le Pfrün­den des Ver­stor­be­nen auf des­sen jün­ge­ren Bru­der und er­nann­te Kas­par Grop­per zu­dem zum Au­di­tor der Ro­ta ro­ma­na und da­mit zu ei­nem der höchs­ten Rich­ter der Ku­rie am apos­to­li­schen Ap­pel­la­ti­ons­ge­richts­hof. Hier wirk­te Grop­per über zwölf Jah­re lang mit Sach­ver­stand, Um­sicht und Klug­heit und er­warb sich da­durch all­seits Re­spekt und An­er­ken­nung.

Wilhelm V. Herzog von Kleve, Jülich und Berg (. (LVR-Zentrum für Medien und Bildung)

 

Erst 1573, 15 Jah­re, nach­dem er Köln ver­las­sen hat­te, kehr­te Kas­par Grop­per dort­hin zu­rück. Ge­mein­sam mit Ni­ko­laus El­gard (1547-1587) wur­de er als Ken­ner der deut­schen Ver­hält­nis­se von Papst Gre­gor XIII. (1502-1585, Pon­ti­fi­kat 1572-1585) in die Hei­mat ent­sandt, um ver­schie­de­ne Streit­fäl­le zu klä­ren, dar­un­ter der über das Augs­bur­ger Au­gus­ti­ner­klos­ter und ins­be­son­de­re die Aus­ein­an­der­set­zung über die Müns­te­ra­ner Bi­schofs­wahl, bei der mit Jo­hann Wil­helm von Jü­lich-Kle­ve-Berg (1562-1609) ein min­der­jäh­ri­ger und we­gen der ver­meint­lich re­for­ma­ti­ons­freund­li­chen Po­li­tik sei­nes Va­ters auch sonst als un­ge­eig­net an­ge­se­he­ner Kan­di­dat im Raum stand. Als sich ab­zeich­ne­te, das­s Sa­len­tin von Isen­burg (1532-1610) als Erz­bi­schof von Köln und Bi­schof von Pa­der­born re­si­gnie­ren wür­de, um die Re­gie­rung in sei­nem Ter­ri­to­ri­um Isen­burg-Grenzau zu über­neh­men, wur­de Grop­per auch mit der Be­richt­er­stat­tung über die­sen Vor­gang be­auf­tragt.

Zu die­sem Zweck ließ sich Kas­par Grop­per wie­der im Rhein­land nie­der und leb­te ab­wech­selnd in Bonn und Köln, wo er Häu­ser als Propst des Cas­si­us­stifts be­zie­hungs­wei­se als De­chant von St. Ma­ria ad gra­dus be­saß. In letz­te­rem ver­starb er am 9.3.1594 mit im­mer­hin 80 Jah­ren; sei­ne letz­ten bei­den Le­bens­jahr­zehn­te hat­te er in zu­neh­men­der Ein­sam­keit und wohl auch Schwer­mut ver­bracht, nach­dem die apos­to­li­sche Nun­tia­tur seit den 1580er Jah­ren auf ita­lie­ni­sche Ku­rien­bi­schö­fe über­tra­gen wur­de und Grop­per we­der in Köln noch in Rom mehr Auf­ga­ben er­hielt.

An­ders als sein all­ge­gen­wär­ti­ger Bru­der Jo­han­nes ge­riet Kas­par Grop­per da­mit schon zu Leb­zei­ten zu­neh­mend in Ver­ges­sen­heit. Sein ei­ge­nes Selbst­ver­ständ­nis als dis­kre­ter Di­plo­mat wird da­zu bei­ge­tra­gen ha­ben; be­reits wäh­rend sei­ner Jü­li­schen Zeit hat­te ihn der Kon­stan­zer Bi­schof Jo­hann von Weeze (1489-1548), der Grop­per aus meh­re­ren Reichs­ver­samm­lun­gen als Un­ter­händ­ler ken­nen ge­lernt hat­te, als ver­trau­ens­wür­di­ge, from­me, ver­schwie­ge­ne und dienst­wil­li­ge Per­son cha­rak­te­ri­siert. Dass er nicht das theo­lo­gi­sche Ge­wicht ei­nes Jo­han­nes Grop­per auf­wei­sen konn­te, son­dern in ers­ter Li­nie ein Maß und Mit­te ver­pflich­te­ter Ju­rist blieb und da­mit in der kon­fes­sio­nel­len Ver­schär­fung des aus­ge­hen­den 16. Jahr­hun­derts kei­ne Ver­wen­dung mehr fand, darf je­doch nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass er ei­ner der we­ni­gen deutsch­stäm­mi­gen Ge­lehr­ten war, die über ei­nen lan­gen Zeit­raum hin­weg sehr er­folg­reich an der rö­mi­schen Ku­rie wir­ken konn­ten.

Quellen

Schwarz, Wil­helm Eber­hard, Die Nun­tia­tur­be­rich­te Kas­par Grop­pers nebst ver­wand­ten Ak­ten­stü­cken (1573-1576), Pa­der­born 1898.

Literatur

Greb­ner, Chris­ti­an, Kas­par Grop­per (1514 bis 1594) und Ni­ko­laus El­gard (ca. 1538 bis 1587). Bio­gra­phie und Re­form­tä­tig­keit, Müns­ter 1982.
Schwarz, Wil­helm Eber­hard, Der päpst­li­che Nun­ti­us Kas­par Grop­per und die ka­tho­li­sche Re­form im Bis­tum Müns­ter, in: Zeit­schrift für va­ter­län­di­sche Ge­schich­te 68 (1910), S. 1-96. 

Online

Lipp­gens, Wal­ter, „Grop­per, Kas­par“, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 7 (1966), S. 136. [on­line]

Salentin von Isenburg, Porträt, Kupferstich, um 1570. (Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn)

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Bock, Martin, Kaspar Gropper, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kaspar-gropper/DE-2086/lido/5d66416b140fa1.96961235 (abgerufen am 09.10.2024)