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In seinen ersten Lebensjahrzehnten war Robert Pferdmenges ein rheinischer Spitzenbankier, der unter anderem in der Führung des Schaaffhausenschen Bankvereins und des Kölner Privatbankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie tätig war. Nach 1945 startete er eine politische Karriere, während der er sich als Mitgründer und Mitgestalter der CDU und als wirtschaftspolitischer Berater Bundeskanzler Adenauers profilierte.
Robert Pferdmenges wurde am 27.3.1880 in Mönchengladbach als Sohn des Textilindustriellen Wilhelm Albert Pferdmenges (1844-1898) und dessen Frau Helene, geborene Croon (1851-1930) geboren. Nach der Schulzeit an der Oberrealschule und anschließender Banklehre in seiner Heimatstadt wechselte Pferdmenges 1902 nach Berlin zur Disconto-Gesellschaft, der damals zweitgrößten Bank Deutschlands. Diese entsandte ihn 1905 an ihre Londoner Filiale. 1909 heiratete er Dora Bresges (1887-1970); aus der Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor.
Im Februar 1914 erhielt Pferdmenges den Auftrag, in Antwerpen eine weitere Filiale der Disconto-Gesellschaft aufzubauen. Nach kurzer Zeit als Soldat übernahm er 1916 einen Posten beim Schaaffhausenschen Bankverein, einer bedeutenden rheinischen Regionalbank und Tochter der Disconto-Gesellschaft mit Sitz in Köln; 1919 wurde er Vorstand. Unter seiner Mitwirkung schlossen sich 1929 in der bisher größten Bankenfusion der deutschen Geschichte die Disconto-Gesellschaft und die Deutsche Bank zusammen. Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte er sich in dieser Zeit als Förderer der Kölner Universität und als Presbyter der evangelischen Gemeinde in Köln-Bayenthal.
Da er sich eher als Mann des Mittelstands als der Großbanken verstand, wechselte er 1931 als Teilhaber in das renommierte Kölner Privatbankhaus Sal. Oppenheim jr. & Cie. Damit tauschte er die Rolle des angestellten Managers mit der des selbständigen Unternehmers. Bereits 1932 wandte er schweren Schaden von der Bank ab, als er mit der Reichsbank eine stille Abwicklung des zahlungsunfähigen Bankhauses A. Levy vereinbarte, mit dem Sal. Oppenheim in einer Interessengemeinschaft verbunden war. Vor allem bewährte er sich, als das Bankhaus während der nationalsozialistischen Herrschaft wegen der jüdischen Wurzeln der inzwischen christlichen Familie Oppenheim zur Zielscheibe des Antisemitismus wurde. Als sich 1938 der politische Druck verstärkte, stellte sich Pferdmenges vor die Familie und die Bank, der er nun seinen Namen gab: „Pferdmenges & Co.". Die Bank galt damit als „arisiert". Die Familie Oppenheim blieb indes Haupteigentümer, hielt sich geschäftlich jedoch im Hintergrund. Im Zuge der Verhaftungswelle nach dem gescheiteren Hitlerattentat am 20.7.1944 wurde Pferdmenges von der Gestapo festgenommen, nach Intervention seiner Familie jedoch entlassen und auf seinem Gut in der Mark Brandenburg unter Hausarrest gestellt.
Nach Kriegsende engagierte sich Pferdmenges an der Spitze des Bankhauses, das seit 1947 wieder den alten Namen trug, für den Wiederaufbau der rheinisch-westfälischen Industrie. Bei seinen Protesten gegen die Demontagepolitik scheute er auch den Konflikt mit den Alliierten nicht. Besonders eng ist sein Wirken mit dem Thyssen-Konzern verbunden. Auf seinen Rat hin gründete die Familie 1959 die Thyssen-Stiftung als erste gemeinnützige Einzelstiftung privaten Rechts in Deutschland. Seit 1945 engagierte sich Pferdmenges daneben erneut in der Politik - während der Bankenkrise von 1931 hatte er bereits Reichskanzler Heinrich Brüning (Amtszeit 1930-1932) als Berater gedient. Er wurde Mitgründer der rheinischen CDU (1945), die er zusammen mit Konrad Adenauer als überkonfessionelle, marktwirtschaftlich orientierte, mit der christlichen Arbeitnehmerschaft kooperierende Volkspartei konzipierte. 1947 entsandte ihn die CDU in den Frankfurter Wirtschaftsrat, das wichtigste deutsche Gremium der Bizone.
1950 zog Pferdmenges als Nachrücker in den ersten deutschen Bundestag ein, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Seine Tätigkeit als Bankier gab er zugunsten der Politik weitgehend auf. Höhepunkte seiner politischen Arbeit waren die Mitwirkung an der Verflechtung der deutschen und französischen Stahlindustrie in der Montanunion, die zum Vorläufer der heutigen Europäischen Union wurde, und an der Einführung der Mitbestimmung in der deutschen Montanindustrie. Er war enger wirtschaftspolitischer Berater von Bundeskanzler Adenauer und nahm in dieser Rolle häufig an den Sitzungen des Kabinetts teil. Obwohl er nie ein politisches Amt innehatte, war er damit in den 1950er Jahren eine der politisch einflussreichsten Persönlichkeiten der jungen Bundesrepublik. Dies trug ihm den Ruf einer „grauen Eminenz" ein, mehrfach war er Zielscheibe von Hetzkampagnen. Aufgrund seines Sachverstands, seines Verhandlungsgeschicks und seiner persönlichen Bescheidenheit genoss er jedoch auch jenseits der Parteigrenzen Anerkennung.
Am 28.9.1962 verstarb Pferdmenges im Alter von 82 Jahren in Köln, beigesetzt wurde er in seiner Heimatstadt Mönchengladbach.
Literatur
Herbers, Winfried, Robert Pferdmenges und Johannes Albers: zwei Welten - eine Partei. Facetten im Makrokosmos der Kölner CDU der vierziger und fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts, in: Geschichte in Köln 52 (2005), S. 207-234.
Silber-Bonz, Christoph, Pferdmenges und Adenauer. Der politische Einfluss des Kölner Bankiers, Bonn 1997.
Stürmer, Michael/Teichmann, Gabriele/Treue, Wilhelm, Wägen und Wagen. Sal. Oppenheim jr. & Cie. Geschichte einer Bank und einer Familie, München 1994.
Teichmann, Gabriele, Robert Pferdmenges, in: Pohl, Hans (Hg.), Deutsche Bankiers des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2008, S. 311-327.
Treue, Wilhelm, Das Schicksal des Bankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie. im Dritten Reich, Wiesebaden 1983.
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Teichmann, Gabriele, Robert Pferdmenges, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/robert-pferdmenges/DE-2086/lido/57c95919a5f734.45962801 (abgerufen am 05.12.2024)