Das rheinische Schützenwesen. Ursprünge, Traditionen und Entwicklungslinien
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1. Einführung
Obwohl die verschiedenen Ausformungen des Schützenwesens im Rheinland wenigstens genauso zum regionalen Brauchtum gehören wie der Karneval – und dabei noch wesentlich älteren Ursprungs sind – haben sich Geschichtswissenschaft und Volkskunde kaum mit dem Phänomen befasst. Einige wenige Studien bilden immer noch den einschlägigen Literaturkanon[1], insgesamt bleibt es bei mikrogeschichtlichen Arbeiten[2], die aber die Frage nach dem Verbindenden, den Ursprüngen und den gemeinsamen Entwicklungslinien durchweg nicht zu beantworten suchen.[3]
Gewiss sind die bis in die Gegenwart gepflegten Traditionen zuweilen höchst unterschiedlich, und von daher mag die Unübersichtlichkeit der Quellenlage eine Rolle für das Desiderat spielen. Dennoch gibt es durchaus evidente Gemeinsamkeiten:
- Das Tragen und Verwenden der Schusswaffe
- Die Durchführung gemeinsamer Feiern und Festveranstaltungen, insbesondere des Vogelschusses
- Die Uniformierung.
Die Schusswaffe als Merkmal der Schießenden, der Schütze als ihr Träger begründen die Selbstbezeichnung und nicht etwa eine gerade in vielen Vereinschroniken, Festschriften und dergleichen unterstellte Schutzfunktion zum Beispiel einer Kirche, einer Gemeinde oder anderer dinglicher Werte.[4] Die verschiedenen Anlässe für Zeiten gemeinschaftlicher Geselligkeit sind in nahezu allen Schützenordnungen enthalten und damit ein konstitutives Element des Schützenwesens, und der Vogelschuss ist ein überregional bekanntes, wenn auch kaum erforschtes Brauchtumselement. Eine Uniformierung, gerade im militärischen Sinn, gab es bei den Schützenbruderschaften bis ins 18. Jahrhundert in der Regel nicht; zuweilen wurde die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung durch uniform getragene einzelne Kleidungsstücke wie ein Halstuch gekennzeichnet. Erst mit der Übernahme und Ausprägung eines soldatischen Habitus im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Schützenuniform flächendeckend eingeführt.
Häufig kommt die Rückbindung an die christliche Konfession hinzu, entweder formal, wenn die Vereine als Schützenbruderschaften konstituiert sind, oder in der Regel auch dann faktisch, wenn sie als (Bürger-)Schützenvereine auftreten.
Ausgehend von diesen Beobachtungen versucht die vorliegende kleine Studie, die historische Entwicklung des Schützenwesens im Rheinland nachzuzeichnen. Dabei können zumindest zwei Quelllinien identifiziert werden: eine mittelalterliche, christliche Tradition, die sich bis heute in der äußeren Gestalt der Bruderschaft manifestiert, sowie eine diese ältere Linie ab dem 19. Jahrhundert teils überlagernde, teils umformende national-militärische Tradition, die den Schützenvereine gerade um 1900 den Charakter vaterländischer Gesellschaften gab. Für diese beiden Linien gibt es in der Regel hinreichendes, wenn auch in Qualität und Quantität sehr heterogenes Quellenmaterial.
Das gilt nicht für eine denkbare dritte Linie, die als heidnisch bezeichnet werden könnte und die Hans-Thorald Michaelis in die Forschung eingeführt hat.[5] Dabei geht er zu Recht von einem wesentlichen, wenn nicht dem herausragenden Merkmal des Schützenwesens, dem Vogelschuss, aus, für den er Erklärungsmodelle durch Analogiebildung zu verschiedenen vorchristlichen Bräuchen sucht. Obwohl diese Linie damit zeitlich an erster Stelle stehen würde, sollen zunächst im Folgenden die christliche und die national-militärische Entwicklungslinie als gesicherte Erkenntnisse näher vorgestellt werden.
2. Das Bruderschaftswesen
2.1 Korporation und Gebetsverbrüderung
Die Entwicklung der Bruderschaften speiste sich ihrerseits aus zwei unterschiedlichen Prozessen: zum einen aus dem für die mittelalterliche Gesellschaftsordnung konstitutiven Genossenschaftswesen in seinen sehr unterschiedlichen Ausprägungen mit ständischen, berufsständischen, ortsbezogenen, geistlichen oder andere Vereinigungen und einer ausgeprägten Binnenhierarchie, zum anderen aus frühen monastischen Sodalitäten mit dem Zweck des Totengedenkens.
Bereits im Jahr 762 war auf der Synode von Attigny eine zeitlich begrenzte Gebetsverbrüderung geschlossen worden; das gegenseitige Gedächtnis zunächst innerhalb der in der Regel ohne Nachkommen bleibenden Geistlichkeit sollte das Seelenheil im Todesfall befördern.[6] Bis ins 11. Jahrhundert, vereinzelt auch schon früher, verstetigten sich diese Verbindungen und weiteten sich auf die Laien aus. Für diese Verbindungen finden sich unterschiedliche Bezeichnungen: amicitia, familiaritas, societas, zuweilen auch convivium und am häufigsten (con)fraternitas.
Die Attraktivität der Mitgliedschaft in einer solchen Verbindung war für den vormodernen Menschen hoch, denn die Angst unvorbereitet, das heißt ohne Nachlass der Sünden, zu sterben und deshalb die Qualen der Hölle oder des Fegefeuers erleiden zu müssen, war groß.[7] Das Wissen um eine dauerhaft geregelte Totenfürsorge etwa in Gestalt der von den Vereinigungen beauftragten Seelenmessen vermittelte den Menschen ein Gefühl von Sicherheit und brachte den anfangs kaum organisierten Bruderschaften enormen Zulauf. In den Zünften und Gilden, deren Ursprünge bis ins Altertum reichen und die sich dann ab etwa 1100 etwa zeitgleich mit den Gebetsverbrüderungen stärker ausdifferenzierten[8], fanden sie geeignete Vorbilder für die Herausbildung einer funktionierenden inneren Ordnung.
Bis ins frühe 15. Jahrhundert lässt sich in der Folge eine reziproke Entwicklung der genossenschaftlichen Vereinigungen und der auf die memoria zielenden Verbrüderungen feststellen. Während sich diese Strukturen mit Brudermeistern an der Spitze, Brüderboten und Pedellen entwickelten, übernahmen jene zusätzlich zu ihrer meist gewerbeordnenden Funktion auch das Totengedenken und andere religiöse Elemente wie etwa die besondere Verehrung eines Schutzpatrons.[9]
Besonders in den Städten gewannen die Bruderschaften durch diese Verschmelzung erheblich an Gewicht. Die Zünfte und Gilden hatten nicht mehr nur einen rein gewerblichen Charakter, sondern auch eine zusätzliche moralische Legitimation, und die ursprünglich rein religiösen Bruderschaften profitierten von einer starken und geordneten Mitgliedschaft, an deren Spitze in der Regel die vornehmen Bürger des Gemeinwesens standen. Gleichzeitig erlaubte die Bruderschaft auch den stärkenden Zusammenschluss nicht nur berufsständischer, sondern auch funktionaler Gruppen und Eliten, von denen eine die Schützen waren.
2.2 Frühe Schützenbruderschaften
Schützenbruderschaften entstanden als Vereinigung der waffentragenden Bürger – nur im Einzelfall auch bediensteter Stadtsoldaten – vorwiegend ab dem 15. Jahrhundert. Walter M. Plett weist für das Rheinland im 11. und 12. Jahrhundert sechs Bruderschaftsgründungen nach[10], für das 13. Jahrhundert zehn und für das 14. Jahrhundert 42. Im 15. Jahrhundert verdreifacht sich die Zahl auf 135, um sich dann im 16. Jahrhundert auf 76 zu halbieren. Im 17. Jahrhundert ist ein erneuter Anstieg auf 133 zu verzeichnen, um im 18. Jahrhundert auf 76 zurückzusinken.
Der hohe Wert im 15. Jahrhundert markiert den Zeitpunkt, zu dem sich die Bruderschaften zu einer wirkungsvollen Korporation im Gemeinwesen entwickelt hatten, die dem Bürgertum verschiedene Möglichkeiten der religiösen und damit auch sozialen Repräsentation bot.[11] Inwiefern Kriege und Krisen die Entstehung von Bruderschaften begünstigten, lässt sich nur schwer einschätzen. Dass gerade im 16. Jahrhundert mit den Glaubenskriegen, der „Kleinen Eiszeit“ und ihren spürbaren Auswirkungen oder dem beginnenden 80-jährigen Krieg ein so signifikanter Rückgang zu verzeichnen ist, spricht jedenfalls nicht dafür. Vielmehr scheint ein gewisser religiöser Eifer, der sowohl ins 15. Jahrhundert wie auch in das im Rheinland erst im 17. Jahrhundert wirklich beginnende konfessionelle Zeitalter passt, eine Triebfeder gewesen zu sein.
Beispielhaft sei aus der Gründungsurkunde der Neusser St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, deren Tradition heute von der Neusser Scheibenschützen-Gesellschaft von 1415 e.V. gepflegt wird, vom 1.11.1415 zitiert:
„Im Namen Gottes Amen! Zum Lobe und zu Ehren Christus Jesus, unseres Herrn, Mariä, Seiner lieben Mutter, und dem hochgelobten Märtyrer Sankt Sebastianus zu Diensten, so haben die Schützengesellen in der Stadt Neuss beschlossen, unter sich eine Bruderschaft von jetzt an immerfort bis in fernste Tage zu halten und alle Jahre am Tag des heiligen Märtyrers zu begehen und durchzuführen dermaßen als hernach geschrieben steht.“[12]
Das Gründungsdatum, das Allerheiligenfest, verweist auf den ursprünglichen Zweck des gegenseitigen Totengedenkens. Im Übrigen stellten sich die Schützengesellen, deren Kreis später noch enger definiert wird als diejenigen, „die binnen Neuss wohnen und Jahr und Tag ansässig sind, sofern sie von gutem Rufe sind und ehrbar in ihrem Wandel und in ihren Hantierungen“[13], in den Dienst an der Kirche und unter den Schutz des heiligen Sebastian, der selbst mit Pfeil und Bogen erschossen worden und von seinen Wunden durch die Pflege der frommen Witwe Irene genesen war. Gleichzeitig galt Sebastian als Pestheiliger; seine Beliebtheit als Patron von Schützenbruderschaften – von 1.297 Bruderschaften im Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften im Jahr 2009 führten über 400 oder rund 32 Prozent Sebastian im Namen, mit deutlichem Abstand folgt der heilige Hubertus mit rund 250 Bruderschaften (= 19 Prozent)[14] – scheint doch auch mit den Pestepidemien des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit zu korrelieren.[15]
So findet sich in der Neusser Urkunde im ersten Abschnitt die Bitte, der heilige Märtyrer möge die Schützenbrüder „beschirmen vor der Pest, vor Blattern, vor dem jähen Tode, vor Geschossen und anderen Leibesnöten.“ Interessant ist, dass hier neben den allgemeinen Gefahren durch Krankheit die spezifische Gefahr des Schützen, die Schussverletzung, mit aufgenommen wurde. Die weiteren Bestimmungen heben fast ausschließlich auf religiöse und soziale Verhaltensweisen ab; so wurde die Verpflichtung, armen Schützenbrüdern Almosen zu spenden und für ein würdiges Begräbnis zu sorgen, ebenso festgeschrieben wie die Zahl der Seelenmessen, die im Todesfall für ein verstorbenes Mitglied zu lesen waren. Am Sebastianustag, dem 20. Januar, sollte zudem ein Brudermahl stattfinden. Regelungen über das Schießen finden sich, anders als in späteren Quellen, nicht. Dass die Bruderschaften dennoch Schießübungen und mehr noch Schießspiele durchführten, ergab sich damit nicht aus ihrem eigenen Wesen und Zweck heraus, sondern aus der Tatsache, dass in ihr Menschen organisiert waren, die Umgang mit der Waffe hatten. Gleichwohl begann dieses äußere Element den Charakter der Schützenbruderschaften bald zu überlagern.
3. Das Schützenwesen in der Frühen Neuzeit
Einer starken religiös-sittlichen Verwurzelung in Verbindung mit korporativen, mittelalterlichen Strukturen stehen die Pflege der Geselligkeit und des Schießspiels gegenüber, wie sie sich seit dem 16. Jahrhundert verstärkt in den Quellen finden. So fand etwa im Jahr 1501 in Köln ein Schießspiel oder auch Schützenfest statt, bei dem weder der Kirchgang noch eine andere religiöse Handlung eine Rolle spielten, sondern vor allem die Volksbelustigungen wie etwa eine Lotterie.[16] Deshalb versuchte die Kirche, die sich vor allem auch an den Ess- und Trinkgelagen störte, das Bruderschaftswesen einzudämmen, allerdings mit mäßigem Erfolg.[17] Vielmehr verfestigte sich im Laufe der Frühen Neuzeit die Pflege eines Brauchtums, dessen Herkunft im Wesentlichen ungeklärt ist und das an dieser Stelle noch im Abschnitt über die möglichen heidnischen Traditionen behandelt werden wird, und das nur der äußeren Form nach sich noch an den Regeln einer christlichen Bruderschaft orientierte.
So wird der Ablauf von Schützenfesten im Herzogtum Jülich um 1720 wie folgt beschrieben:
„Das Vogelschießen pflegt ebenfalls in jeder Stadt und in jedem Dorf auf einen gewissen für ewig dazu bestimmten Tag kurz vor der Gottestracht angestellt zu werden. Man richtet nämlich auf einem Baum oder auf einer zu dem Ende unterhaltenen Vogelstange einen großen hölzernen Vogel auf, nach welchem sodann von den Einwohnern desselben Ortes, die dazu Lust haben, mit Feuerrohren und Flinten oder auch an einigen Orten mit Bogen und Armbrüsten geschossen wird. Niemand erhält hierbei etwas für seine Bemühung als nur allein derjenige, welcher das Glück hat, das letzte Stück vom Vogel herabzuschießen. Dieser wird mit großem Frohlocken zum König ausgerufen, man umhängt seinen Körper mit allerhand silbernen Schildern, die zu dem Ende verwahrt werden, man setzet ihm einen Federbusch auf den Hut, man begleitet ihn von dem einen Haus zu dem anderen, wo man ihn allenthalben mit einem frischen Krug Bier bewillkommnet, ja, welches am meisten zu bewundern ist, man führet ihn sogar an unterschiedlichen Orten in die Kirche, allwo ‚Gott, dich Herr‘ gesungen wird und von dem Pastor der sakramentliche Segen gegeben wird […].“[18]
Es wird deutlich, dass der unterhaltsame Teil des Vogelschießens im Mittelpunkt des Schützenwesens stand und der religiöse Aspekt zwar noch vorhanden, aber deutlich in den Hintergrund getreten war. Diese Beobachtung findet sich in zahlreichen Schützenordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts, und zwar vorwiegend im ländlichen Raum, bestätigt. Dieses letztliche Fehlen eines starken Frömmigkeitsaspekts und der schon eingangs formulierte Ausschluss des Gedankens einer Wehrvereinigung scheinen für das Verständnis des kulturellen Transfers zwischen Stadt und Land in der Frühen Neuzeit von Bedeutung zu sein. Wenn der funktionsständische Zusammenschluss einer Bruderschaft von Schützen im Sinne wehrhafter Bürger im städtischen Raum sich mit der eine wahrscheinlich ältere Tradition pflegenden Gemeinschaft, die standesübergreifend konstituiert war, durch wechselseitige Beeinflussung verbunden hätte, könnte dies ein geeignetes Erklärungsmodell für die Genese des Schützenwesens in seiner modernen Form sein, dessen jeweiligen Gemeinschaften primär weder religiösen noch militärischen Charakter hatten, sondern in erster Linie die Menschen einer dörflichen Gemeinschaft im Rahmen einer althergebrachten Tradition und über die Grenzen von Stand, Vermögen und übrigens auch Geschlecht hinaus miteinander verband, denn vielfach wurden zumindest in den ländlichen Schützenbruderschaften auch Frauen als Mitglieder geführt.[19] Damit würde dann eine zwar nicht allseits akzeptierte, aber durchaus denkbare vorchristliche Traditionslinie aufscheinen.
4. Heidnische Bräuche als Erklärungsmodelle für Schützentraditionen
In der Entwicklung des Schützenwesens vom Mittelalter bis in die Gegenwart sind mit dem Brudermahl, der gemeinsamen, häufig ausgelassenen Feier und dem Vogelschuss zwei Konstanten erkennbar, die sich weder mit den christlichen Ursprüngen noch der national-militärischen Überlagerung im 19. Jahrhundert erklären lassen. Mag die gesellige Gemeinschaft noch als Merkmal menschlicher Interaktion in einem sehr übergreifenden Sinn zu verstehen sein, kann das Schießen eines Vogels beziehungsweise einer Vogelattrappe nur schwer eingeordnet werden. Als Schießübung jedenfalls wird es kaum geeignet gewesen sein, war als solche in einigen Landesteilen sogar seit 1658 untersagt[20], und dort, wo die Schießübung expliziter Bestandteil einer Schützentradition ist, findet sich in der Regel das Scheibenschießen als zur Einübung zielgenauen Schießens zweckdienliche Methode. Dass es primär eine Volksbelustigung war, mögen dann auch die Worte der Prinzessin in Karl Gottlieb Samuel Heuns (1771-1854) Lustspiel „Das Vogelschiessen“ aus dem Jahr 1822 zeigen: „Beim Schießen fällt mir ein, es soll heute hier in der Nachbarschaft ein Vogelschießen sein; solch ein Volksfest möchte‘ ich wohl einmal mit ansehen […]“. Woraufhin ihr Vater, der Fürst, antwortet: „Unsere Anwesenheit würde diese Art Menschen nur in ihrer Freude stören, und sie haben der Freude und der Feste so wenig.“[21] Heun charakterisierte das Schützenfest mit dem Vogelschießen literarisch damit durchaus zutreffend als Fest der einfachen Leute, das vor allem der Jugend ein großes Vergnügen bot. Gleichwohl gehörte die Einbindung adliger, geistlicher oder bürgerlicher Honoratioren zum Beispiel durch die Abgabe von Ehrenschüssen immer zum Ablauf von Schützenfesten.
Hans-Thorald Michaelis verweist im Zusammenhang mit dem Vogelschießen der Schützenbruderschaften auf eine im keltischen Raum anzutreffende Tradition der rituellen Vogeltötung. Dabei wurde von einer bestimmten Gruppe, meist den jungen Männern eines Dorfes oder einer Sippe, ein Vogel, oftmals ein Zaunkönig, erlegt, dem vorher alle bösen Geister und Flüche auferlegt worden waren. Das tote Tier wurde dann in einer lebhaften Prozession durch den Ort getragen; derjenige, der es erlegt hatte, wurde bis zur nächsten Vogeltötung König genannt und mit königlichen Insignien ausgestattet. Meist genoss er zahlreiche gesellschaftliche Vorteile. Auf der Isle of Man soll diese Tradition noch im 18. Jahrhundert gepflegt worden sein.[22]
Tatsächlich scheint es offenkundige Analogien zum Schützenbrauchtum zu geben. Vielfach fanden und finden Schützenfeste im Frühjahr, zum Beispiel nach Ostern oder um Pfingsten statt. Die besondere, auch als Königtum bezeichnete Ehre ist ebenso bekannt wie die damit verbundenen sozialen Vorteile; so war ein Schützenkönig in aller Regel für die Dauer eines Jahres von Steuern sowie Hand- und Spanndiensten befreit.
Auch der Begriff der „Gilde“, der im Altnordischen synonym für ein Trink- oder Opfergelage gebraucht wird und der etymologisch auf eine „Abgeltung“ verweist, könnte auf eine vorchristliche Wurzel hindeuten, die sich im Schützenwesen erhalten hat. Interessant ist dabei, dass die Intention eines solchen Opferfestes, das einen fast gottesdienstlichen Charakter hatte, auf das andauernde Totengedenken zielte, ein deutlicher Anklang an den Zweck der frühen christlichen Bruderschaften. Insofern könnten durchaus, wie es auch aus anderen Zusammenhängen wie den Festen des Kirchenkalenders bekannt ist, heidnische und christliche Vorstellungen in eine Wechselwirkung getreten sein.[23] Immerhin erhielten sich die sonst aus der Entwicklung des Schützenwesens heraus kaum erklärbaren Elemente auch über die Säkularisation hinaus, während der religiöse Aspekt deutlich an Gewicht verlor.
5. Nationaler Aufbruch und vaterländische Vereinigungen
Der Einmarsch der französischen Revolutionstruppen und die Besetzung und Annexion des Rheinlandes bis 1814/1815 bedeuteten für die allermeisten rheinischen Schützengesellschaften eine tiefe Zäsur. Sowohl der christliche Bezug als auch der Umgang mit Waffen führten häufig zu ihrem zumindest zeitweisen Verbot.[24] Allerdings wurden Brauchtumsfeiern, auch Schützenfeste, ab etwa 1805 durchaus häufig wieder zugelassen und sogar erwünscht. Beim Besuch Napoleon Bonapartes im Herzogtum Berg etwa und der dabei stattfindenden Durchreise durch Mülheim bei Köln ordnete der dortige Stadtdirektor ein Spalier uniformierter Schützen und ihrer Fahnen an.[25] So markiert eher das Ende der Franzosenzeit den Bruch in der historischen Kontinuität des Schützenwesens, denn in einem deutlich stärkeren säkularen Umfeld konnten viele ältere Bruderschaften nicht mehr an die Zeit davor anknüpfen.
Das Brauchtum des Vogelschießens und der damit verbundenen Volksbelustigungen lebte jedoch weiter, uferte ohne die zugrunde liegenden Ordnungsstrukturen aber zuweilen aus, weshalb sich schon bald neue Schützenvereinigungen gründeten, die entweder den preußischen Militarismus in Anlehnung an die gegen die Franzosen gerichteten Landwehren als „Bürger in Uniformen“ imitierten oder auch verballhornten – nicht von ungefähr fallen beispielsweise die Gründung der festordnenden Komitees in Köln, hier für den Karneval, und Neuss, dort für das Schützenfest, im Jahr 1823 zeitlich zusammen.
Auch aus mancher Bürgerwehr im Umfeld der Revolution von 1848 entwickelten sich Schützenvereine[26], und endgültig ordneten sich die Schützengesellschaften mit der Reichsgründung in den Kreis der vaterländischen Vereine ein. Insgesamt wurden im 19. Jahrhundert mit 432 Vereinen fast ebenso viele gegründet wie vom 11. bis zum 18. Jahrhundert zusammen genommen. Zudem strahlte das ursprünglich stark auf das Rheinland konzentrierte Schützenwesen weit in andere Regionen des zusammenwachsenden Deutschen Reiches aus: so wurden in Westfalen im 19. Jahrhundert 431 Schützenvereine gegründet und im übrigen Deutschland 559 – insgesamt also über 1.400 Vereine; alleine in der Zeit bis 1939 kamen noch einmal über 1.700 Vereine dazu, die sich mit 441 auf das Rheinland, 335 auf Westfalen und 947 auf das übrige Deutschland verteilten.[27]
Trotz dieses signifikanten quantitativen Zuwachses hat sich die historische Forschung mit dem Schützenwesen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts weniger im Sinne eines vergleichenden Überblicks beschäftigt als mit den Bruderschaften des Ancien Régime. Barbara Stambolis führt das auf Berührungsängste mit dem „schillernd[en], folkoristisch[en] und somit leicht als tendenziell unseriös“ empfundenen Gegenstand zurück.[28] Tatsächlich hatte sich das Schützenwesen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts häufig auf den Erhalt hergebrachter Volksfeste und Kirmessen reduziert.
Erst im Zusammenhang mit der nationalen Einigung Deutschlands formte sich in vielen Schützenvereinen wieder eine stärkere inhaltliche Ausrichtung, wobei an die Stelle der christlich-religiösen Verwurzelung die patriotische Gesinnung trat. Nachdem sich ein im Vorfeld der Revolution von 1848 ins Leben gerufener „Allgemeiner Landes-Schützen-Bund für Preußen“ nicht hatte etablieren können[29], gründete sich 1861 in Gotha der Deutsche Schützenbund, dessen erster Ehrenvorsitzender, der Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha[30] , anlässlich der Gründungsversammlung am 11.7.1861 die Verbandziele wie folgt formulierte:
„[...] Wir Schützen haben Veraltetes verschwinden lassen, um mit dem alles bewegenden Geist vorwärts zu schreiten. Lassen Sie uns vergessen, wo unsere Wiegen standen, ob im Norden oder Süden, im Osten oder Westen Deutschlands. Lassen Sie uns einen großen, gemeinsamen deutschen Schützenbund gründen, einmal, um gemeinsame Normen zu finden für die größeren und kleineren Schützenfeste, [...] zum anderen Male, um die ganz große Schar der Schützen des großen Bundes der bewaffneten und gut geschulten Jugend als eine Ehrenreserve der Armee an die Seite zu stellen.“[31]
Auffällig ist, dass der Herzog damit die jahrhundertealte Tradition des Schützenwesens gänzlich unerwähnt ließ und stattdessen die Schützen zur Avantgarde des nationalen Einigungsprozesses proklamierte. Bürgerliches Fortschrittsdenken und die Forderung nach der nationalstaatlichen Einheit Deutschlands kommen in seiner Ansprache ebenso zum Ausdruck wie die Anlehnung an den preußischen Militarismus, der bis heute in Hofstaaten mit Rittern, Kommandanten, Adjutanten und Orden, Militärkapellen und Fahnenparaden seinen sichtbaren Ausdruck findet.[32]
Kurz nach der Reichsgründung formierte sich 1873 in Düsseldorf auch der Rheinische Schützenbund mit ähnlicher Ausrichtung wie der nationale Dachverband.[33] Die auf diese Weise organisierten Zusammenkünfte und Vergleichswettkämpfe führten die Schützenvereine aus ihrem jahrhundertelang auf einen Ort oder ein Kirchspiel beschränkten Wirkungskreis heraus.
Ähnlich wie die zeitgleich entstehenden zahlreichen kameradschaftlichen Kriegervereine legten die Schützenvereine während des Kaiserreichs großen Wert auf Kaiser- und Vaterlandstreue. Vielfach wurden die ursprünglich im Frühjahr oder zum Namenstag des Schutzpatrons – so man sich auf einen solchen überhaupt noch berief – stattfindenden Festlichkeiten in Richtung der nationalen Feiertage wie dem Kaisergeburtstag oder dem Sedanstag verschoben.[34]
Trotz dieser nach außen demonstrierten Vaterlandsliebe fielen viele Bürger- und Schützenvereine nach dem Vollzug der nationalstaatlichen Einheit und dem damit verbundenen Wegfall einer wesentlichen Zielsetzung in ein eher unpolitisches Stadium. Besonders in kleineren Orten wurden sie wie schon vor 1848 zu Fest- und Feiergemeinschaften, wobei nicht mehr der zwanglose, volksbelustigende Charakter im Vordergrund stand, sondern zumindest das Bild einer anständigen und sittsamen bürgerlichen Vergnügung.[35]
Auf dieser starken Grundlage bedeutete der Erste Weltkrieg keinen derart tiefen Einschnitt wie etwa die französische Besatzungszeit oder der Zweite Weltkrieg. Das aktive Vereinsleben war zwar stark beeinträchtigt und Schützenfeste und sportliche Wettkämpfe fielen auch über das Kriegsende hinaus aus. Erst in einem mühsamen Prozess erhielten die Vereine und Verbände wieder die Erlaubnis zum Sportschießen, mussten allerdings mit Waffen vom Ende des 19. Jahrhunderts auskommen, wenn sie überhaupt eine geeignete Schießanlage hatten.[36] Aber der Geist des Zusammenhalts auf dem Fundament nationalkonservativer Ideen führte das Schützenwesen in den 1930er Jahren zu einer neuen Blüte.
6. Das Schützenwesen im „Dritten Reich“
Ein für viele Schützenvereine immer noch prekärer Zeitabschnitt ist das „Dritte Reich“. Vielfach wurde versucht, unter Verweis auf die historischen christlichen Wurzeln und die weitgehende Einstellung von Vereinsaktivitäten ab 1939 eine gewisse Regimeferne zu suggerieren, vor allem auch, um Legitimationsprobleme nach 1945 zu vermeiden. Tatsächlich widersetze sich die 1928 gegründete Erzbruderschaft vom Hl. Sebastian, die Vorläuferin des heutigen Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften[37], zunächst den nationalsozialistischen Vereinnahmungsversuchen. Sie knüpfte auf Initiative des Theologen Peter Louis bewusst an die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Schützenbruderschaften an und führte die Begriffe „Glaube, Sitte, Heimat“ in das Milieuvokabular ein und trat damit durchaus auch in eine Konkurrenzsituation zum rein weltlichen und infolge der Entpolitisierung auf das Schießsportliche konzentrierten Deutschen beziehungsweise Rheinischen Schützenbund.[38] Allerdings blieben viele Schützen „im Herzen Monarchisten“[39]; es verwundert daher nicht, wenn sie – trotz einer starken Einbindung in das katholische Milieu – zu denjenigen Kräften gehörten, die durch eine Art „passiven Widerstand“ am Scheitern der Weimarer Republik wesentlichen Anteil hatten und sich in den neuen Verhältnissen nach 1933 recht bald zurechtfanden. Deshalb wird man eine Rede von Peter Louis aus dem Jahr 1934 wohl teils dem Willen zur als notwendig betrachteten Anpassung an die Zeitumstände, teils aber auch tatsächlicher Überzeugung zuschreiben können. Als gemeinsame Ziele von Erzbruderschaft und Nationalsozialismus identifizierte Louis „die Überwindung des Bolschewismus, […] Abwehr der liberalen Ideen, […] Aufrichtung der Volksgemeinschaft und des Führerprinzips, […] die ständische Ordnung.“[40]
Schon 1928 hatte der Vorsitzende des Deutschen Schützenbundes Johann Peter Lorenz (1866-1944) mit deutlichen Anklängen an deutschnationale und völkische Parolen erklärt: „Unsere nationale Schwäche wurde mir so recht zum Bewußtsein gebracht; und nur die Hoffnung auf baldige Befreiung, die in jedem deutschen Herzen brennt, gab mir Trost in unserer gegenwärtigen Lage. […] Das Ideal, dem wir zustreben, heißt ‚Vaterland’, das alle Parteien umfaßt und eint. Zur Nation wird unser Volk erst werden durch ein gemeinsames Ideal, an das jeder Volksgenosse glaubt und sich durch die Tat bekennt.“[41]
Spätestens 1934 waren sowohl die Schützenvereine wie auch die Dachverbände mit dem „Führerruf an die Schützen zur neuen Zeit“[42] gleichgeschaltet worden. Im März 1936 wurde die Erzbruderschaft aufgelöst. Unzählige Fotos und Dokumente belegen, dass Schützenfeste im Lichte nationalsozialistischer Propaganda gefeiert wurden und zumindest für die Funktionsträger eine regimekritische Haltung undenkbar war. Allerdings bestand keineswegs die Absicht, das Schützenwesen insgesamt zu verbieten; im Gegenteil erkannte man das ihnen innewohnende Wehrpotential[43] , alleine die kirchlichen Anklänge wurden als störend empfunden. Ralph Trost zitiert einen Gestapobericht aus dem Jahr 1936: „[…] Es wäre im Interesse der Heimatbewegung zu bedauern, wenn das alte Brauchtum und die alten Volksfeste, die im Rheinland tief verwurzelt sind, im nationalsozialistischen Deutschland lediglich wegen ihres kirchlichen Namens ausgemerzt werden sollen. Die Schützenvereine und die alten Volksfeste bilden einen wesentlichen Bestandteil der alten rheinischen Heimatkultur, die gerade in der Gegenwart nur die größtmögliche Förderung verdienten.“[44]
Trotzdem ergingen in der Folge mehrere Erlasse, die die Selbständigkeit und Individualität der einzelnen Schützentraditionen erheblich einschränken sollten. So zielte der Deutsche Schützenbund in einem Rundschreibend des Jahres 1938 auf die Einführung von Einheitsuniformen und den Verzicht militärischer Rangabzeichen, da man vermeiden wollte, Wehrmachts- und SS-Abzeichen unbeabsichtigt zu persiflieren.[45] Zu einer letztlichen Umsetzung dieser Pläne kam es jedoch nicht mehr, da mit Beginn des Zweiten Weltkriegs die Vereinsaktivitäten ganz überwiegend eingestellt und viele Mitglieder der Schützenvereine zum Wehrdienst einberufen wurden, von denen etliche ihr Leben lassen mussten.
7. Rheinische Schützengesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg
Der Wiederbeginn des Schützenwesens nach 1945 war daher viel schwieriger als nach den vorangegangenen Einschnitten. Außerdem wiederholte sich die aus der französischen Besatzungszeit und der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bekannte Situation des Verbots und Vorbehalts seitens der Alliierten. In gleichem Maße war aber das Brauchtum lebendig und, vermutlich ungleich stärker als zu Beginn des 19. Jahrhunderts und nach 1918, vor allem auch der Wille und die Notwendigkeit in der Bevölkerung, durch die Rückkehr zu gewohnten Festlichkeiten ein Stück Normalität zurück zu gewinnen.
Die sich zunächst im privaten Kreis wieder zusammen findenden Schützen organisierten daher in den ersten Jahren nach 1945 interne Feiern, zuweilen auch öffentliche Umzüge im Zivilanzug und ohne Kapellen. Formal kehrten viele vor 1939 in säkularer Form bestehende Vereine zur äußeren Form der Bruderschaft zurück, indem sie an teilweise bestehende ältere Traditionen anknüpften und sich damit das Gesicht einer kirchlichen Vereinigung gaben, gegen die seitens der Besatzungsmächte keine Vorbehalte bestanden.[46] Erst nach Gründung der Bundesrepublik kehrte dann ein Teil der Vereine wieder zur säkularen Form zurück, während andere die Bruderschaftsform bis heute bewahren.
Bei den ersten Schützenfesten nach dem Zweiten Weltkrieg musste wie schon nach 1918 häufig auf historische Waffen wie Armbrüste oder ungefährliche Waffen wie Luftgewehre zurückgegriffen werden. Bei Umzügen wurden statt Gewehren und Degen Holzgewehre oder sogar Blumen getragen. Dennoch erholte sich das Schützenwesen recht schnell und erfreute sich mit seinen Schützen- und Volksfesten bis in die 1980er Jahre großer Beliebtheit in der Bevölkerung. Seitdem kann ein stärkerer Mitgliederschwund beobachtet werden, der von beiden heute noch bestehenden Dachverbänden im Rheinland mit dem Versuch, historisch gewachsene und traditionelle Werte wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen, beantwortet wird.
So betont der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften seinen Charakter als kirchliche Vereinigung, während der Rheinische Schützenbund zum Beispiel mit dem 2009 eingeführten Protektorat des Fürsten Carl zu Wied an eine Einrichtung aus seiner Entstehungszeit anknüpft und sich überdies in einem Brauchtumsausschuss stärker mit dem Vogelschießen beschäftigt[47], das damit auch in der Gegenwart seine in allen Epochen zentrale Bedeutung zu behalten scheint.
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Tönsmeyer, Hans Dieter, Die Marsberger Schützen in kurkölnischer Zeit, 1998.
Trost, Ralph, Eine gänzlich zerstörte Stadt. Nationalsozialismus, Krieg und Kriegsende in Xanten, Münster 2004.
- 1: Die einzige Dissertation zum Thema stammt von Walter M. Plett, deren Schwachstelle jedoch in der quantifizierenden und auf Selbstauskünften der heute bestehenden Schützenvereine beruhenden Herangehensweise liegt. Daneben ist das Werk von Theo Reintges von 1963 zu erwähnen. Jüngere bekanntere Arbeiten, vorwiegend für den westfälischen Raum, stammen von Barbara Stambolis. Für Westfalen ist auch auf die Veröffentlichung von Norbert Kirchner (1992) zu verweisen. Für das Rheinland existieren einige ältere, meist überblicksartige Veröffentlichungen wie die von Wilhelm Ewald (1933) und Joseph Klersch (1967). Mit dem Problem des Verhältnisses zum Nationalsozialismus beschäftigte sich neuerdings Henning Borggräfe (2010).
- 2: Gelungene und für den jeweiligen Kontext profunde Arbeiten: Bers/Kröber, Nohn, Tönsmeyer, Schulte.
- 3: Umso mehr ist ein Forschungsprojekt des Rheinischen Schützenmuseums Neuss zu begrüßen, das sich der frühneuzeitlichen rheinischen Schützenbruderschaften in vergleichender Perspektive annimmt.
- 4: So sieht Tallau, S. 17, die Anfänge der Schützenbruderschaften „hauptsächlich als kirchliche, handwerkliche, bürgerliche Not- beziehungsweise Schutz(Wehr)gemeinschaften […]“. Sander, Sebastianusbruderschaft von 1683 (S. 49-50), bezeichnet die Schützenbruderschaft von Großkönigsdorf in der Pfarre Buschbell als „Privatarmee“ des Grundherrn.
- 5: Michaelis.
- 6: von Mallinckrodt, S. 49.
- 7: Ariès, Philippe, Geschichte des Todes, 6. Auflage, München 1993, S. 20.
- 8: Zum Zunftwesen vgl. unter anderem Schulz, Knut, Handwerk, Zünfte und Gewerbe. Mittelalter und Renaissance, Darmstadt 2010; Kluge, Arnd, Die Zünfte, Stuttgart 2007; Schwineköper, Berent (Hg.), Gilden und Zünfte. Kaufmännische und gewerbliche Genossenschaften im frühen und hohen Mittelalter, Sigmaringen 1985.
- 9: von Mallinckrodt, S. 53-56.
- 10: Der Nachweis erfolgt allerdings in der Regel unter Bezug auf Selbstauskünfte zum Zeitpunkt der Erstellung der Statistik bestehenden Vereinen und Bruderschaften; die Datengrundlage hat Walter M. Plett in einem unveröffentlichten Handbuch zu seiner Dissertation zusammengetragen, das dem Autor freundlicherweise vom Institut für Historische Sozialforschung der Universität Köln zur Verfügung gestellt wurde.
- 11: von Mallinckrodt, S. 51.
- 12: Zitiert nach Lange, S. 24.
- 13: Lange, S. 24.
- 14: Eigene Zählung aufgrund des Vereinsverzeichnisses auf www.bund-bruderschaften.de vom 27.05.2009, abgerufen am 4.11.2014.
- 15: von Mallinckrodt, S. 51, sieht den Zusammenhang nicht und verweist auf zwei erst im 17. Jahrhundert erfolgte Bruderschaftsgründungen, die ausdrücklich im Zusammenhang mit einer Pestepidemie erfolgten.
- 16: Vgl. Leiverkus, Yvonne, Köln, Bilder einer spätmittelalterlichen Stadt, Köln 2005, S. 326.
- 17: von Mallinckrodt, S. 74.
- 18: Zitiert nach Göbels, Karl, Scheiben-Schnepper-Schützen. Eine historische Plauderei über das Schützenwesen, in: Bock, Martin [u. a.], 350 Jahre Frechener Schützenverein, S. 13-23, hier S. 15.
- 19: So ist zum Beispiel von der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft zu Großkönigsdorf in der Pfarre Buschbell eine umfangreiche Schwesternliste erhalten; vgl. dazu Bock, Martin, Die Bruderschaftslisten des 18. Jahrhunderts, in: Bock/Sander, Schützenwesen, S. 67-74.
- 20: Plett, Schützenvereine, S. 517.
- 21: Heun, Karl Gottlieb Samuel, Das Vogelschiessen. Ein Lustspiel in fünf Aufzügen, Dresden 1822.
- 22: Michaelis, S. 15-34. Auf „uralte, bis weit in die Vorzeit zurückreichende Vorstellungen“ verweist auch Nohn, S. 68.
- 23: Hegel, Karl, Städte und Gilden der germanischen Völker im Mittelalter, Band 1, Leipzig 1891, S. 4-5; Meyer, Elard Hugo, Mythologie der Germanen, Straßburg 1903, S. 123.
- 24: Artus, Helmut M., Vereine in Deutschland. Vom Geheimbund zur freien gesellschaftlichen Organisation, Bonn 1993, S. 232.
- 25: Heeg, Egon, 350 Jahre und älter! Die Anfänge des Frechener Schützenwesens in: Bock [u. a.], 350 Jahre Frechener Schützenverein, S. 25-49, hier S. 43-44.
- 26: Beispielsweise in Frechen; vgl. dazu Heeg, Egon/Richartz, Hans, Der Frechener Schützenverein. Ein Spross der Deutschen Revolution von 1848, in: Bock [u. a.], 350 Jahre Frechener Schützenverein, S. 51-72.
- 27: Alle Zahlen nach Plett, Handbuch.
- 28: Stambolis, Schützenvereine, S. 171.
- 29: „Einladung und Votum, betreffend die Bildung eines Allgemeinen Landes-Schützen-Bundes für Preußen“, 31.10.1847, Stadtarchiv Düsseldorf XX 401.
- 30: Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha (1818-1893), war ebenfalls Protektor des Ersten Deutschen Turn- und Jugendfestes im Jahr 1860 in Coburg sowie des Deutschen Sängerbundes.
- 31: Zitiert nach Römlinghoven/Louis, S. 5.
- 32: Plett, Schützenvereine, S. 374-375, ist zwar ebenfalls der Auffassung, dass der Deutsche Schützenbund im bürgerlich-liberalen Geist entstanden ist, sieht aber seinen Schwerpunkt auf dem sozialen und wirtschaftlichen und ausdrücklich nicht auf dem militärischen Aspekt liegen.
- 33: Römlinghoven/Louis, S. 47.
- 34: Stambolis, Schützenvereine, S. 191.
- 35: Diese Haltung veranschaulicht beispielhaft der Artikel „Zum Schützenfeste darfst du ruhig gehen, böse Menschen sind da nicht zu sehen“, Frechener Volkszeitung v. 12.8.1911. Vgl. dazu auch Bock in: Bock [u. a.], 350 Jahre Frechener Schützenverein, S. 88.
- 36: Bock in: Bock [u. a.], 350 Jahre Frechener Schützenverein, S. 87.
- 37: Zur Geschichte der Erzbruderschaft vgl. neben Baumann (2004) vor allem die Kölner Magisterarbeit von Uta Kirsten Remmers (1992).
- 38: Plett, Schützenvereine, S. 393-394; Stambolis, Schützenvereine, S. 198.
- 39: Mosse, S. 181; vgl. dazu auch Stambolis, Schützenvereine, S. 198-199.
- 40: Zitiert nach Trost, S. 127.
- 41: Zitiert nach Deutsche Schützenzeitung, o. Nr., o. D., 1928.
- 42: Franz zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (Hg.), Führerruf an die Schützen zur neuen Zeit: Vorträge, Köln 1934.
- 43: Trost, S. 130.
- 44: Trost, S. 126.
- 45: Trost, S. 129-130.
- 46: Hier sind Vergleiche der von Ewald 1933 zusammengetragenen Gründungsdaten der Vereine mit Plett, Handbuch, aufschlussreich. Der Buschbeller Schützenverein von 1910 berief sich so etwa auf die ältere Sebastianus-Schützenbruderschaft von 1683 und firmiert bis heute so. Der Frechener Schützenverein von 1848 nannte sich nach dem Zweiten Weltkrieg kurzzeitig „St. Audomar-Schützengesellschaft“, in Anlehnung an den örtlichen Pfarrpatron, kehrte dann aber zum ursprünglichen Namen zurück. Heute ist die Jahreszahl durch „vor 1655“ ersetzt, da man sich wieder auf eine ältere Tradition beruft. Vgl. dazu Bock/Sander, Schützenwesen; Bock [u. a.], 350 Jahre Frechener Schützenverein.
- 47: So betont der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften seinen Charakter als kirchliche Vereinigung, während der Rheinische Schützenbund zum Beispiel mit dem 2009 eingeführten Protektorat des Fürsten Carl zu Wied an eine Einrichtung aus seiner Entstehungszeit anknüpft und sich überdies in einem Brauchtumsausschuss stärker mit dem Vogelschießen beschäftigt.
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Bock, Martin, Das rheinische Schützenwesen. Ursprünge, Traditionen und Entwicklungslinien, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/das-rheinische-schuetzenwesen.-urspruenge-traditionen-und-entwicklungslinien/DE-2086/lido/5ca49fdc63ad57.90122432 (abgerufen am 07.10.2024)