Zu den Kapiteln
Eduard von Moeller war ein preußischer Spitzenbeamter, der hohe Verwaltungsämtern als Regierungspräsident und vor allem als Oberpräsident zwei in dem 1866 an Preußen gekommenen Hessen-Nassau und ab 1871 der Reichslande Elsass-Lothringen. Er bewährte sich auch in diesem Amt - einem der schwierigsten Ämter, die das Deutsche Reich seinerzeit zu vergeben hatte.
Eduard von Moeller wurde am 3.6.1814 zusammen mit Zwillingsbruder Adolf in Minden als Sohn des Arztes, Regierungsmedizinalrats und schaumburg-lippischen Hof- und Leibarztes Friedrich Wilhelm Moeller (1758-1842), Besitzer der preußischen Domäne Schlüsselburg/Weser, und der Friederike Arnoldine geborene Woermann (1775-1857) geboren. Die Mutter entstammte der Bielefelder Großkaufmannschaft, der Vater einer alten Medizinerfamilie. Die Familie war evangelischer Konfession und 1805 nobilitiert worden. Moeller blieb unverehelicht.
Nach Hausunterricht und dem Besuch von Gymnasien in Minden und Bielefeld (Reifeprüfung 1832) studierte Moeller 1832-1833 Rechts- und Kameralwissenschaften in Heidelberg und gehörte dem Corps Guestphalia an. Im Sommer 1833 rief die preußische Regierung alle preußischen Studenten an süddeutschen Universitäten wegen des so genannten Frankfurter Attentats zurück. Moeller bereitete sich daraufhin privat in Minden und dann in Berlin auf das Auskultatorexamen vor, das er 1835 „mit gutem Erfolg“ in Berlin ablegte. Ostern 1835 wurde er Auskultator am Kreisgericht Minden, am 29.8.1837 als Gerichtsreferendar dem Oberlandesgericht Paderborn überwiesen. Da er die Verwaltungslaufbahn einschlagen wollte, wurde er im gleichen Jahr als Regierungsreferendar zur Regierung Koblenz versetzt. Noch als Regierungsreferendar wurde er am 26.3.1840 vertretungsweise mit der Verwaltung des Landratsamts Simmern beauftragt, die Bestallung als Landrat erfolgte am 23.11.1840 unter dem Vorbehalt der genügend zu bestehenden großen Prüfung. Diese legte er am 15.2.1842 in Berlin ab, wurde am 17. März definitiv zum Landrat in Simmern ernannt und trat das Amt am 20. April an.
Am 13.1.1844 wurde Landrat von Moeller zum kommissarischen Staatskommissar der Köln-Mindener Eisenbahn ernannt, ein Jahr später definitiv. Des Weiteren wurden ihm auch die Eisenbahnkommissariate für die Düsseldorf-Aachener, die Ruhrort-Krefelder, die Aachen-Maastrichter und Oberhausen-Weseler Eisenbahngesellschaften übertragen. Die Eisenbahnkommissare waren bis zur Errichtung einer staatlichen Eisenbahnverwaltung 1848 zuständig für die Ausübung des Aufsichtsrechts über die Privatbahnen nach dem Gesetz vom 3.11.1838. Insbesondere hatten sie die Rechte des Staates gegenüber den Eisenbahngesellschaften und die Interessen der Eisenbahnunternehmungen als gemeinnützige Anstalten sowie die Interessen des die Eisenbahn benutzenden Publikums zu wahren. Moeller setzte sich für den Ausbau des Eisenbahnnetzes ein, was damals noch manchen Anfeindungen unterworfen war. Die Vollendung der Strecke Köln-Minden-Hannover-Berlin 1848 hat er noch im Amt erlebt.
Am 21.9.1848 erreichte Moeller die Ernennung zum Regierungspräsidenten und der Auftrag, kommissarisch das Oberpräsidium in Koblenz zu verwalten, als Oberpräsident Franz Eichmann vorübergehend als preußischer Innenminister amtierte. Moeller vertrat ihn in Koblenz vom 29.9.-12.11.1848. Einen Monat später, am 11.12.1848, wurde Moeller zum Regierungspräsidenten in Köln ernannt, trat die Stelle aber zunächst nicht an, da ihm vom 18.12.1848-23.2.1849 vertretungsweise die Verwaltung der Stelle des Regierungspräsidenten in Düsseldorf übertragen wurde. So übernahm er das Regierungspräsidium Köln erst am 9.5.1849. Hier galt der Verkehrspolitik weiterhin sein besonderes Interesse. Nicht nur wurde ein neues Eisenbahnkommissariat für die Eisenbahnen im Rheinland der Regierung in Köln beigegeben, auch setzte sich der Regierungspräsident mit Nachdruck für den Bau einer festen Eisenbahnbrücke über den Rhein ein (errichtet 1855-1859), wobei starke Wiederstände der hierdurch angeblich beeinträchtigten Rheinschifffahrt zu überwinden waren. Weiterhin unterstützte er im Rahmen seiner Möglichkeiten den Weiterbau des Kölner Doms. Da Regierungspräsident von Moeller manchen Kreisen in Berlin als (zu) liberal galt, gab es Bestrebungen, ihn nach Gumbinnen zu versetzen. Der Prinz von Preußen, der spätere König Wilhelm I. (Regentschaft ab 1858, König 1861-1888, ab 1871 Deutscher Kaiser), der als Kommandierender General in Koblenz residierte, schätzte Moeller indes und konnte die (Straf-)Versetzung abwenden. 1849 gehörte von Moeller der preußischen zweiten Kammer in der ersten Wahlperiode als Abgeordneter der „Rechten“ für den Wahlkreis Düsseldorf 1 an.
Nach dem Deutschen Krieg 1866 wurde Moeller nach Berlin berufen. Er sollte zunächst in der Verwaltung des besetzten Königreichs Hannover verwendet werden, sodann in dem ebenfalls noch okkupierten Sachsen. Schließlich wechselte von Moeller in die Verwaltung der von Preußen annektierten Gebiete in Nordhessen. Am 21.6.1866 wurde er zum Ziviladministrator für Kurhessen ernannt, am 22.2.1867 zum Regierungspräsidenten in Kassel, zugleich beauftragt mit den Funktionen eines Oberpräsidenten für die Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden. Zum Oberpräsidenten für den durch Erlass vom 7.2.1868 unter der Bezeichnung „Provinz Hessen-Nassau“ gebildeten Oberpräsidialbezirk für die staatliche Verwaltung wurde er am 8.4.1867 ernannt. Am 4. September erfolgte die ehrenvolle Verleihung des Charakters des Wirklichen Geheimen Rats mit dem Prädikat „Exzellenz“. Moeller wurde zudem Ehrenbürger von Kassel (1866) und Wiesbaden.
Vom Amt des Oberpräsidenten von Hessen-Nassau wurde er am 24.8.1871 entbunden, weil sich ihm eine neue Aufgabe stellte, eine der schwierigsten, die das Deutsche Reich in dieser Zeit zu vergeben hatte: die des Oberpräsidenten in Elsass-Lothringen. Die staatsrechtliche Vereinigung Elsass-Lothringens mit dem Deutschen Reich wurde ab dem 29.6.1871 wirksam. Das neue Gebiet war unmittelbares Reichsland, indes kein Staat wie die übrigen Gliedstaaten des Reiches, weswegen eine Vertretung im Bundesrat zunächst ausgeschlossen war. Bis zur Einführung der Reichsverfassung 1874 erfolgte die Gesetzgebung quasi durch eine „Diktatur des Kaisers“[1], der bei der Rechtsetzung lediglich an die Zustimmung des Bundesrates gebunden war. Oberste Verwaltungsbehörde in Elsass-Lothringen war der Oberpräsident mit Sitz in Straßburg. Dieses Amt hatte von Moeller seit dem 4.9.1871 inne und war damit unmittelbar dem Reichskanzler unterstellt. Der Reichskanzler war somit die oberste Spitze der Verwaltung. Die Befugnisse des Oberpräsidenten umfassten unter anderem alle, nicht dem Reichskanzler vorbehaltenen Angelegenheiten, welche mehrere Bezirke betrafen und eine örtliche Trennung nach Grenzen der Bezirke nicht zuließen, alle örtlichen Anstalten, die für mehrere Bezirke bestimmt waren, Strombauten des Rheins und der Mosel sowie der Schifffahrtskanäle, ferner alle Angelegenheiten, welche das Ressort oder das Interesse der Militär- und Zivilbehörden gemeinsam betrafen und militärischerseits zur Kompetenz des Kommandierenden Generals gehörten. Darüber hinaus konnte ihm der Reichskanzler Zuständigkeiten übertragen, die nach den weiterhin geltenden französischen Gesetzen von den Ministern auszuüben waren. Schließlich waren dem Oberpräsidenten weitgehende Befugnisse bei drohender Gefahr eingeräumt.
Oberpräsident von Moeller war durchaus der richtige Mann am richtigen Platz, auch wenn die Anforderungen gewaltig waren. Er bemühte sich, trotz weiterbestehender Vorbehalte vieler Elsass-Lothringer, das Reichsland schrittweise in das Deutsche Reich einzugliedern. Wichtige Funktionen übten dabei neben der Verwaltung das Schul- und Justizwesen sowie der 1877 zur Volksvertretung erhobene Landesausschuss für Elsass-Lothringen aus, der eine Vorstufe für den 1911 geschaffenen Landtag des Reichslandes darstellte. Viele seiner Vorschläge wurden erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt verwirklicht. Manche Probleme gab es mit der Organisation und den Zuständigkeiten für die elsass-lothringischen Angelegenheiten in Berlin. Da Elsass-Lothringen im Bundesrat nicht vertreten sein konnte, räumte Preußen 1875 eine seiner Stimmen im Bundesrat dem Oberpräsidenten von Moeller ein, möglicherweise auf Veranlassung Kaiser Wilhelms I. Moeller ist jedoch nie im Bundesrat erschienen. Wenn er am Ende seiner Amtszeit dennoch unzufrieden wirkte, lag dieses, so Heinrich von Poschinger[2] „vorwiegend in seiner nicht bloß bureaukratisch, sondern autokratisch angelegten Natur“. Mit der Änderung der Verfassung von Elsass-Lothringen 1879, mit der das Reichsland einem kaiserlichen Statthalter unterstellt wurde, wurde Moeller am 30.9.1879 zur Disposition gestellt, Hintergrund war wohl die Annahme, dass Bismarck es „für ausgeschlossen hielt, dass [von Moeller] unter dem Statthalter Frhr. v. Manteuffel und den veränderten Verhältnissen in Elsaß-Lothringen weiter zu amtiren geneigt sein werde“[3].
Während seiner Amtszeit in Straßburg verliehen ihm die juristische und die philososophischen Fakultät der unter seiner Ägide 1872 eröffneten Reichsuniversität Straßburg Ehrendoktorate.
Eduard von Moeller starb am 3.11.1880 in Kassel und wurde auf dem dortigen Hauptfriedhof begraben (Ehrengrab).
Nachlass
Eduard von Möllers Nachlass befindet sich im Bundesarchiv in Berlin.
Literatur
Bär, Max, Die Behördenverfassung der Rheinprovinz seit 1815, Bonn 1919, Nachdruck Düsseldorf 1998.
Fischbach, Oscar, Das öffentliche Recht des Reichslandes Elsaß-Lothringen, Tübingen 1914.
Haunfelder, Bernd, Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1949-1867, Düsseldorf 1994, S. 178.
Hiery, Hermann, Reichstagswahlen im Reichsland. Ein Beitrag zur Landesgeschichte von Elsaß-Lothringen und zur Wahlgeschichte des Deutschen Reiches 1871-1918, Düsseldorf 1986.
Klein, Thomas, Leitende Beamte der allgemeinen Verwaltung in der preußischen Provinz Hessen-Nassau und in Waldeck 1867–1945, Darmstadt/Marburg 1988, S. 174-175.
Krieg, Martin, Eduard von Moeller, in: Westfälische Lebensbilder 2 (1931), S. 472-502.
Lilla, Joachim, Föderalismus in historisch-vergleichender Perspektive, Band 1: Der Bundesrat 1867–1919, Baden-Baden 2014.
Poschinger, Heinrich von, Fürst Bismarck und der Bundesrat, Band 3: Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1874–1878), Stuttgart/Leipzig 1898, S.
Preibusch, Sophie Charlotte, Verfassungsentwicklungen im Reichsland Elsass-Lothringen 1871-1918. Integration durch Verfassungsrecht?, Berlin 2006.
Romeyk, Horst, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten deer Rheinprovinz 1816–1945, Düsseldorf 1994, S. 635.
Wolfram, Georg (Hg.), Verfassung und Verwaltung von Elsass-Lothringen 1871-1918 (Das Reichsland Elsass-Lothringen 1871–1918, Band 2, Teil 1), Frankfurt a.M. 1936.
Online
Hartmann, Stefan, Möller, Eduard von, in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 638-640. [online]
Wippermann, Karl, Möller, Eduard von, in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 132-140. [online]
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Lilla, Joachim, Eduard von Moeller, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/eduard-von-moeller/DE-2086/lido/5bd6db13e221f6.25546546 (abgerufen am 09.12.2024)