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Franz Maria Jansen, geborener Franz Lambert, war bildender Künstler und bedeutendes Mitglied der rheinischen Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg. Als Reaktion auf die gesellschaftlichen Kriegsauswirkungen schloss er sich der seit 1918 aufkommenden sozialistischen Kunstbewegung an, wandte sich nach deren Abflauen ab 1927 jedoch vermehrt der Landschaftsmalerei zu. In der Zeit des Nationalsozialismus ließ er seine Kunst durch Propagandazwecke vereinnahmen.
Franz Lambert Jansen wurde am 4.2.1885 als ältestes von neun Kindern des Exportkaufmanns Peter F. Jansen (1855-1924) und dessen Frau Maria Margaretha, geborene Manstetten (1856-1931), in Köln geboren. Jansens Vorfahren mütterlicherseits stammten aus dem niederrheinischen Erftgebiet, wo sie am Gillbach über 300 Jahre einen Bauernhof geführt hatten, der von Jansens Großeltern aufgrund eines fehlenden Stammhalters aufgegeben wurde. Der niederrheinische Urgroßvater väterlicherseits war in der Gerberei tätig, durch die er sein ganzes Vermögen verlor. Sein ältester Sohn, Jansens Großvater, erlernte nach dem Tod des Vaters das Metzgerhandwerk, um die Geschwister ernähren zu können. Das von ihm eröffnete Metzgereigeschäft wurde später von Jansens Onkel weitergeführt.
1887 zog die gutbürgerliche, katholische Familie Jansen in das von ihr neugebaute Haus am Hansaring 45 in Köln. 1891 wurde der junge Franz in der nahe gelegenen Volksschule am Klingelpütz eingeschult, wo er sich zu einem guten Schüler entwickelte, so dass er 1894 auf das katholische Marzellengymnasium wechselte, welches er nach Wiederholung der 10. Klasse 1901 mit der Mittleren Reife abschloss. Da Jansens Vater dem Wunsch des Sohnes, aufgrund seines zeichnerischen Talents Maler zu werden, skeptisch gegenüber stand, begann dieser im gleichen Jahr als Vorbereitung auf ein Architekturstudium eine Maurerlehre. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besuchte Jansen ab 1903 die Königliche Gewerbeschule zu Köln und absolvierte anschließend bei dem seit 1904 wieder in der Domstadt tätigen renommierten Architekten Franz Brantzky (1871-1945) ein Volontariat. 1905 folgte ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Karlsruhe bei den Professoren Max Laeuger (1864-1952) und Carl Schäfer (1844-1908). Ermutigt durch Studienausflüge mit Laeuger, bei denen dieser die Studenten Zeichnungen und Aquarelle anfertigen ließ, wandte sich Jansen zunehmend der Malerei zu. Sein Architekturstudium setzte er 1906 unterdessen an der Wiener Akademie der Künste bei Otto Wagner (1841-1918) fort, an der er nach Vorlage einer Entwurfsmappe angenommen wurde. Eine Studienreise im Jahr 1907 unter anderem nach Bosnien, Montenegro und Italien, die Jansen durch ein Stipendium der Hochschule ermöglicht wurde, verstärkte den Wunsch Künstler zu werden. In Wien beschäftigte er sich seit 1908 mit der Porträtmalerei und entwickelte, beeinflusst durch die zeitgenössische Wiener Kunst, einen von der Secession geprägten Stil.
1908/1909 lernte Jansen seine spätere Ehefrau Mathilde Kreutzer, genannt Fifi (1891-1977), kennen, die seit 1905 Malunterricht bei dem Düsseldorfer Künstler Ernst Hardt (1869-1917) genommen und 1908 mehrere Monate bei Verwandten in London verbracht hatte. Aus Liebe zu seiner Freundin fügte Jansen seinem Namen den Vornamen Kreutzers hinzu, welchen er später jedoch in Maria abwandelte. Entschlossen, sich als Künstler autodidaktisch weiterzubilden, brach Jansen Ende 1909 sein Architekturstudium ab und kehrte in sein Elternhaus nach Köln zurück, wo er sich zuvor in einer Mansarde ein Atelier eingerichtet hatte, das schnell zum künstlerischen Diskussionsforum für Freunde avancierte. In den Werken dieser Zeit setzte sich Jansen in steigendem Maße mit dem postimpressionistischen Stil Vincent van Goghs (1853-1890) sowie dem in Frankreich aufgekommenen Fauvismus auseinander, die in der Zeit ab 1911 die jugendstilistischen Elemente in Jansens Bildern zunehmend verdrängten. Abstrakten Strömungen, wie dem Kubismus, stand der Künstler sein Leben lang kritisch gegenüber
Eine erste breite öffentliche Plattform für sein Werk erhielt Jansen 1910 nach Vermittlung des Kunsthistorikers Alfred Hagelstange (1874-1914) durch die Teilnahme mit 34 Arbeiten an der 2. Ausstellung des „Kölner Künstlerbundes“, welche ihm jedoch miserable Kritiken und den Ausschluss aus dem Künstlerbund einbrachte. Im gleichen Jahr begann er durch den Leiter des „Kölnischen Kunstvereins“, Walter Klug (1873-192), bestärkt, mit ersten Versuchen in der Radierkunst. Aufgrund des Ausstoßes aus dem Künstlerverein gründete Jansen Anfang 1911 gemeinsam mit den befreundeten Künstlerinnen Olga Oppenheimer (1886-1941) und Emmy Worringer (1878-1961) den „Gereonsklub“, der als privates Kulturforum zur europäischen Kunst der Moderne bis zu seiner Auflösung 1913 eine der wichtigsten Institutionen im Rheinland bildete. Ende 1911 zählte Jansen zudem zu den Gründungsmitgliedern der „Kölner Sezession“, einer Vereinigung mit Ausstellungsforum, die, ähnlich wie der „Gereonsklub“, nur zwei Jahre Bestand hatte. Die Mitgliedschaften in beiden Vereinigungen festigten Jansens Platz in der rheinischen Kunstszene, schufen ein Kontaktnetzwerk zu anderen Kunstschaffenden und ermöglichten die Beteiligung an bedeutenden Kunstausstellungen der Zeit, wie der Internationalen Sonderbundausstellung in Köln 1912, der Ausstellung rheinischer Expressionisten im Bonner Kunstsalon Cohen 1913 und der Deutschen Werkbund-Ausstellung in Köln 1914. Dennoch bereiteten finanzielle Probleme dem Künstler 1912 Sorgen, die dazu geführt haben könnten, dass er sich der Arbeit an seinem ersten graphischen Zyklus zuwandte. Im gleichen Jahr wurde er in die Berliner Sezession aufgenommen. Ab 1913 setzte er sich verstärkt mit dem Thema Industrie auseinander, was sich in der Mitgliedschaft in der rheinisch-westfälischen Industriedichtergruppe „Werkleute auf Haus Nyland“ sowie in zwei Radier-Zyklen niederschlug, die er während eines gemeinsamen Aufenthalts mit dem Künstler Ernst Isselmann (1885-1916) im Brückenturm der Duisburg-Homberger Rheinbrücke geschaffen hatte. Die Zusammenarbeit mit den „Werkleuten“ blieb auch in den folgenden Jahren bestehen. So entwarf Jansen zum einen den Einband für die 1918 von der Gruppe herausgegebene Zeitschrift. Zum anderen tagten seit 1919 Mitglieder der „Werkleute“ im Haus Lindenhof (bei Bröleck), das Jansens Parteigenossen Walter Linke gehörte. 1913 erhielt der Maler seine erste Einzelausstellung in der Kunsthandlung Schames in Frankfurt, der 1914 eine weitere im Wallraf-Richartz-Museum in Köln folgte. Während des ersten Weltkriegs wurde Jansen Anfang 1915 aufgrund einer nicht auskurierten Lungenentzündung vom Militärdienst zurückgestellt. Stattdessen berief man ihn als ehemaligen Architekturstudenten in das Militärbauamt in Koblenz, wo er als Zeichner tätig war. Einen Schicksalsschlag erlebte Jansen 1915 durch den Tod des Bruders Bernhard Peter, der im August in Russland gefallen war, woraufhin er die Arbeit an dem kriegskritischen Holzschnittzyklus „Der Krieg“ begann, den er 1917 abschloss. In diesem Jahr heiratete Jansen seine Freundin Fifi Kreutzer, deren Eltern die Verbindung jahrelang nicht guthießen. Das Ehepaar ließ sich in Winterscheid (heute Gemeinde Ruppichteroth) nieder, wo es bis 1922 wohnte. Die Kriegserlebnisse rückten Jansen zunehmend in das Umfeld revolutionärer Bewegungen. Bereits 1917 hatte er den gleichaltrigen Schriftsteller und Aktivisten Kurt Hiller (1885-1972) kennengelernt, 1919 wurde er Mitbegründer und stellvertretender Vorsitzender des Sozialdemokratischen Vereins in Winterscheid und trat 1924 der „Roten Gruppe“, einer Vereinigung kommunistischer deutscher Künstler, bei. Angeregt durch die sozialen Bevölkerungsprobleme der Nachkriegszeit wandte sich Jansen seit 1920 vermehrt gesellschaftskritischen Themen zu, die soziale Ungleichheit und Armut anprangerten. Eine wachsende Bedeutung in Jansens Bildern nahmen bis zur Mitte der 1920er Jahre gesellschaftskritische Sujets zur bürgerlichen Kultur in der Weimarer Zeit ein, die sich stilistisch zunehmend durch eine neusachliche, veristische Malweise auszeichneten.
1922 zog die Familie Jansen in ein Haus in der Nähe des Lindenhofs. Das Gebäude gehörte ebenfalls dem befreundeten Genossen Walter Linke und wurde dem Paar kostenlos zur Verfügung gestellt. 1925 entstand der 32-teilige Zyklus „Der Rhein“, ein Landschaftsgebiet, dem sich Jansen in den folgenden Jahren immer mehr widmete. Die Teilnahme an der Ausstellung revolutionärer Kunst des Westens in Moskau 1926 markierte indessen den Schlusspunkt von Jansens sozialkritischer Phase. Nach 1927 wurden Landschaftsmotive, für die er 1928 mit dem Preis der Rheinischen Provinzialverwaltung (für das Gemälde Bröltallandschaft) und 1930 mit der Befreiungsplakette des Reichspräsidenten (für das Gemälde Frühling im Bröltal II) ausgezeichnet wurde, das bestimmende Themengebiet in seinem Werk. Diese Arbeiten entsprechen in ihrem Stil einer romantischen und klassizistischen, neusachlichen Malweise, die in ihrer akkuraten Technik Jansens Architektenausbildung offenbaren. Als Illustrator für die Kölnische Zeitung entstanden ab 1931 zahlreiche landschaftliche Grafiken als Begleitung zu Zeitungsberichten. Trotz dieser Tätigkeit musste Jansens Bruder Kurt (1890-1954) den Künstler 1932 finanziell unterstützen. Der Bau des Eigenheims in Büchel (Ruppichteroth) 1934 zeigt jedoch, dass sich die pekuniäre Situation des Paares erheblich gebessert haben muss, was wohl auch in der Beauftragung mit öffentlichen Arbeiten in der NS-Zeit begründet lag.
Seine nach Mitte der 1920er Jahre vollzogene Hinwendung zu einer traditionelleren Malweise mit heimatlichen Themen ermöglichte es Jansen, unter dem Regime künstlerisch tätig zu bleiben. Schon zu Beginn der NS-Herrschaft im Jahr 1933 war er der Reichskulturkammer und dem „Bund für junge deutsche Kunst“ beigetreten. Anders als viele seiner ehemaligen Künstlerkollegen unterwarf er sich somit der dekorativ-propagandistischen Kunstpolitik. Seine Teilnahme 1934 an einem Wettbewerb der Universität Köln für ein Wandbild mit dem Entwurf „Deutsche Rasse“ wirft die Frage auf, ob Jansens Annäherung an die NS-Kunstpolitik lediglich der Aufrechterhaltung seiner beruflichen Tätigkeit diente, oder vielmehr für eine ideologische Nähe zum Regime spricht. Jansens Haltung brachte ihm in jedem Fall seit 1934 mehrere Aufträge für öffentliche Wandgestaltungen ein. Diese von den Nationalsozialisten oft genutzte Kunstform, welche inhaltlich der Unterstützung der Propaganda, äußerlich der Ausschmückung monumentaler NS-Architektur diente, ermöglichte es dem Künstler, seine architektonischen Erfahrungen mit den malerischen Kenntnissen zu verknüpfen. Die vorzeitig beendete Architektenausbildung sowie die Tatsache, dass er bereits vor 1917 erste Wandmalereien angefertigt hatte und zu großformatigen Bildern neigte, begünstigten ihn sicherlich bei der Auftragsvergabe. Eine Abwendung vom Nationalsozialismus scheint beim Maler auch im Zuge der Aktion Entartete Kunst 1937, als 157 seiner Werke beschlagnahmt wurden, nur bedingt eingesetzt zu haben. Zwar trat er noch im gleichen Jahr aus dem Bund für junge deutsche Kunst aus und zog sich 1938 nach Streitigkeiten aus der 1934 von ihm mitbegründeten „Woensam-Presse“, einer Vereinigung zur Verbreitung nationalsozialistisch gesinnter Künstlergrafiken, zurück. Jedoch nahm er im Jahr vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs an der Ausstellung „Kraft durch Freude“ teil und erhielt 1942 einen letzten öffentlichen Auftrag im deutschbesetzten Moosburg (heute Przedecz, Polen). Neben seinen thematisch und stilistisch stark an der Blut- und Bodenkunst orientierten Wandgemälden, offenbaren auch seine naiv anmutenden Ölbilder der 1930er Jahre in der Beschäftigung mit bäuerlichen Themen eine Auseinandersetzung mit dem plumpen Blut- und Bodenstil.
Wohl aufgrund des mit dem Austritt aus der „Woensam-Presse“ einhergehenden zwischenzeitlichen Verlusts von Aufträgen geriet das Ehepaar Jansen nach Kriegsausbruch in derartige finanzielle Nöte, dass sie zum Erhalt von Nahrungsmitteln in der Landwirtschaft aushelfen mussten. Im Folgejahr wurde der Künstler zwischenzeitlich von der Gestapo inhaftiert, weil man in seinen Skizzen Spionagebemühungen zu erkennen glaubte. Durch Vermittlung des Bruders Fritz, einem SA-Mitglied, wurde Jansen jedoch kurze Zeit später wieder entlassen. 1944 zog Kreutzers Schulfreundin Sophie Gerl (geboren 1891) in das Haus der Jansens ein, obwohl diese zu Ende der zwanziger Jahre ein Verhältnis mit dem Künstler hatte. Im gleichen Jahr wurde dieser mit 60 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen, erkrankte jedoch schwer und wurde in einem Lazarett untergebracht, aus dem er Anfang 1945 entlassen wurde. Gleichzeitig erfolgte die Entlassung aus dem Militärdienst aufgrund von Kriegsuntauglichkeit. Nach Kriegsende gründete er 1946 mit seiner Frau, Carlo Mense und weiteren Kollegen den „Rheinisch-Bergischen Künstlerkreis“, der wohl ebenso, wie seine Vorstandstätigkeit im „Landesberufsverband der bildenden Künstler“, der Konsolidierung der beruflichen Zukunft diente. Trotz dieser Bemühungen und verschiedener Ausstellungsteilnahmen seit 1946, wie beispielsweise einer Einzelausstellung im Kölner Kunstverein 1947, blieb die finanzielle Lage des Paares bis 1951, als Jansen vom Kultusministerium einen jährlichen Ehrensold erhielt, prekär. Auch in den folgenden Jahren besserte sich die finanzielle Situation aufgrund von ausbleibenden Verkäufen nicht, so dass das Ehepaar 1955 ihr Haus auf Rentenbasis an ihren Arzt verkaufen musste. Nach langer Zeit gesundheitlicher Probleme starb Jansen am 21.5.1958 in Büchel.
In seinen Werken der ersten Nachkriegsjahre verarbeitete Jansen die Erfahrungen des Weltkriegs und der Zeit nach dem Niedergang des NS-Regimes. Seit den frühen fünfziger Jahren setzte er sich in seinen Bildern wieder vermehrt mit der Landschaftsmalerei auseinander, die sich in dieser Phase durch eine surreale Atmosphäre auszeichneten.
Schriften
Aktivistische Malerei, in: Das Ziel 4 (1920), S. 35-38.
Über den Expressionismus, in: Volksmund 3.8.1918.
Revolution der Kunst. Selbstgespräche eines Malers, in: Der Osten 2, 2/4 (1919), S. 20-22.
Von damals bis heute. Lebenserinnerungen, (ed.) von Magdalena Moeller, Köln 1981.
Literatur
Bodensieck, Karl Heinz, Der Maler F. M. Jansen, in: Kunst und Antiquitäten Rundschau 4 (1936), S. 101-104.
Brues, Otto, Der Weg des Malers Franz M. Jansen. Von der Linie zur Farbe, in: Deutsche Grenzlande 12 Nr. 6 (1933), S. 180-183.
Franz M. Jansen. Frühe Zyklen 1912-1914, in: Schriftenreihe des Vereins August Macke Haus e. V. 14, Bonn 1994.
Franz M. Jansen. Zwischen Symbolismus und Sachlichkeit, in: Schriftenreihe des Vereins August Macke Haus e. V. 52, Bonn 2008.
Merholz, Ulrike, Franz M. Jansen, Das graphische Werk 1910-1956, Düsseldorf 1994.
Moeller, Magdalena, F. M. Jansen und die Kölner Secession, in: Köln 1 (1983), S. 32ff.
Nellman, Katja, F. M. Jansen (1885-1958). Die Gemälde, 2 Bände, Phil. Diss. Bonn 2007.
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Pesch, Martin, Franz Maria Jansen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-maria-jansen/DE-2086/lido/5f58c2385911f7.35528681 (abgerufen am 05.12.2024)