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Luise Albertz war eine der bekanntesten SPD-Politikerinnen der Nachkriegszeit. Sie war die erste Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt, der Stadt Oberhausen, die sie während der wechselvollen ersten drei Jahrzehnte nach 1945 maßgeblich mitprägte. Wegen ihres großen sozialen Engagements wurde sie auch als „Mutter der Bedrängten" bezeichnet.
Luise Albertz wurde als Tochter des preußischen SPD-Landtagsabgeordneten Hermann Albertz (1877-1945) am 22.6.1901 in Duisburg geboren. Ihr Vater kam im Zuge der so genannten „Aktion Gitter" – einer Verhaftungswelle gegen Politiker der Weimarer Parteien – im August 1944 in das Konzentrationslager Bergen-Belsen und wurde dort von den Nationalsozialisten ermordet. Nach dem Besuch der Volks- und Handelsschule absolvierte sie eine Lehre bei der Stadtverwaltung Oberhausen. Danach war sie von 1921 bis 1933 Filialleiterin bei den "Neuesten Nachrichten" und von 1934 bis 1939 Devisenbuchhalterin. Luise Albertz blieb ledig und ohne Kinder.
In der politischen Einstellung folgte Luise Albertz dem Vorbild ihres Vaters. Sie engagierte sich in der Arbeiterbewegung und trat schon als Jugendliche 1915 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend, der sie bis 1921 angehörte, sowie der SPD bei. Mitglied der SPD war sie bis zur Auflösung der Partei im Jahre 1933 durch die Nationalsozialisten. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie als Sachbearbeiterin im städtischen Fürsorge- und Wohlfahrtsamt Oberhausen dienstverpflichtet und war dort stellvertretende Dienststellenleiterin. Auch nach dem Krieg blieb sie in der Oberhausener Stadtverwaltung tätig und wurde Sekretärin des Oberbürgermeisters. Der ehrgeizigen Sozialdemokratin gelang durch die Übernahme einflussreicher Ämter ein schneller politischer Aufstieg. Sie wurde Mitglied des SPD-Ortsvereinsvorstandes und des Kreisvorstandes des DGB. 1946 wurde sie in den Rat der Stadt Oberhausen und von diesem zur ersten Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt gewählt.
Nach der von der britischen Besatzungsmacht geprägten neuen Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen von 1946 übernahm sie in einer Zeit großer Not den ehrenamtlichen Vorsitz in der Gemeindevertretung und repräsentierte Oberhausen im höchsten städtischen Amt. Die Aufgaben, die Stadt und Oberbürgermeisterin erwarteten, waren groß: Oberhausen hatte 4.800 gefallene Wehrmachtsoldaten zu beklagen, außerdem mit Kriegszerstörungen, Demontagen, Flüchtlingsströmen, Hunger und Wohnungsnot zu kämpfen. 1956 wählte der Rat der Stadt Oberhausen Luise Albertz erneut in das Amt der Oberbürgermeisterin, das sie bis 1979 innehatte. Sie übernahm zahlreiche Ehrenämter, die mit der Kommunalpolitik zusammenhingen, wie beispielsweise den Vorsitz der Oberhausener Arbeiterwohlfahrt. In den Jahren ihrer zweiten Amtszeit erlebte die Stadt einen grundlegenden Strukturwandel. Die Krise des Ruhrbergbaus brach 1958 offen aus. Die Ruhrkohle war international nicht mehr wettbewerbsfähig und stand in Konkurrenz mit dem billigen Erdöl. Es kam zum Zechensterben und zu Massenentlassungen. In den 1970er Jahren wurde Oberhausen auch von der Stahlkrise erfasst. Die Stadt litt unter starker Luftverschmutzung und hoher Arbeitslosigkeit.
Gleichzeitig mit dem Beginn ihres kommunalpolitischen Engagements gewann Frau Albertz auch Einfluss auf die Politik des jungen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Sie beteiligte sich am Aufbau der Landes-SPD, war von 1947 bis 1948 stellvertretendes Mitglied im Zonenbeirat der Britischen Zone und übernahm Mandate im Rundfunkrat wie im Verwaltungsrat des NWDR und seines Nachfolgers WDR. 1950 wurde sie außerdem in den SPD-Bundesvorstand gewählt. Aber auch im parlamentarischen Bereich errang sie früh Erfolge: So gewann sie bei der ersten Landtagswahl in NRW 1947 das Direktmandat des Wahlkreises Oberhausen, gehörte dem Landtag jedoch nur bis 1950 an. 1949 wurde Luise Albertz über die Landesliste in den ersten deutschen Bundestag gewählt. Das Direktmandat im Wahlkreis Oberhausen errang sie allerdings erstmals bei ihrer letzten Kandidatur für den Bundestag 1965 mit einem Stimmenanteil von 52,6 Prozent. Ihr Einsatz für Bedürftige und Benachteiligte drückte sich ab 1949 im zehnjährigen Vorsitz des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages aus.
Obwohl Luise Albertz zahlreiche landes- und bundespolitische Ämter wahrnahm, blieb sie stets in der Kommunalpolitik Oberhausens verankert. In den Jahren ihres politischen Wirkens bis zu ihrem Tode behielt sie ihr Mandat als Ratsmitglied ihrer Heimatstadt. Luise Albertz starb am 1.2.1979 in Oberhausen. Nach ihr ist in Oberhausen die Luise-Albertz-Halle des Kongresszentrums sowie in der Neuen Mitte der Luise-Albertz-Platz benannt. Außerdem trägt eine Seniorenwohnanlage der Arbeiterwohlfahrt in Oberhausen ihren und den Namen ihres Vaters.
Literatur
Haunfelder, Bernd, Nordrhein-Westfalen. Land und Leute. Ein biographisches Handbuch, Düsseldorf 2006, S. 38.
Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen (Hg.), 60 Jahre Landtag Nordrhein-Westfalen. Das Land und seine Abgeordneten, Düsseldorf 2006, S. 153.
Stadt Oberhausen (Hg.), Luise Albertz 1901-1979. 25 Jahre Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen, Oberhausen 1981.
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Weiß, Lothar, Luise Albertz, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/luise-albertz/DE-2086/lido/57a9ddf7aa78b6.86619954 (abgerufen am 09.10.2024)