Adam Kuckhoff

Mitglied der "Roten Kapelle" (1887-1943)

Jennifer Striewski (Bonn)

Adam Kuckhoff, Porträtfoto, um 1939. (Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

Adam Kuck­hoff war ein er­folg­rei­cher Dra­ma­turg und Schrift­stel­ler. Als wich­ti­ges Mit­glied der Wi­der­stands­grup­pe „Ro­te Ka­pel­le" ge­gen das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Re­gime wur­de er 1943 zum To­de ver­ur­teilt und hin­ge­rich­tet.

Ge­bo­ren am 30.8.1887 in Aa­chen als Sohn des Kauf­manns und Na­del­fa­bri­kan­ten Bern­hard Kuck­hoff und des­sen Ehe­frau Wil­hel­mi­ne Kann, leg­te Kuck­hoff 1905 in sei­ner Ge­burts­stadt das Ab­itur ab. An­schlie­ßend stu­dier­te er Ju­ra, Ge­schich­te, Ger­ma­nis­tik und Phi­lo­so­phie an den Uni­ver­si­tä­ten Frei­burg im Breis­gau, Mün­chen, Hei­del­berg, Ber­lin und in Hal­le an der Saa­le. Hier pro­mo­vier­te er 1912 mit ei­ner Ar­beit über „Schil­lers Theo­rie des Tra­gi­schen bis zum Jah­re 1784" zum Dok­tor der Phi­lo­so­phie und lern­te den spä­te­ren so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Kul­tur­po­li­ti­ker und Wi­der­stands­kämp­fer Adolf Grim­me (1889-1963) ken­nen, mit dem er Zeit sei­nes Le­bens be­freun­det blieb. 1913 be­gann er ei­ne Aus­bil­dung zum Schau­spie­ler und Re­gie­as­sis­ten­ten an der Thea­ter­schu­le Loui­se Du­monts in Düs­sel­dorf.

Hat­te Kuck­hoff wie so vie­le zu­nächst den Be­ginn des Ers­ten Welt­kriegs aus pa­trio­ti­scher Über­zeu­gung be­grü­ßt, ent­wi­ckel­te er sich im Ver­lauf des Krie­ges zum Pa­zi­fis­ten. Da­her trat er 1918 der Un­ab­hän­gi­gen So­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei Deutsch­lands (USPD) bei. In den Jah­ren 1917-1920 ar­bei­te­te Adam Kuck­hoff als Dra­ma­turg am Frank­fur­ter Neu­en Thea­ter, zwi­schen 1920 und 1923 war er In­ten­dant des Frank­fur­ter Künst­ler­thea­ters. Von 1927 bis 1929 war er als Lek­tor beim Eu­gen Di­ede­richs Ver­lag in Je­na be­schäf­tigt, für den er un­ter an­de­rem die Zeit­schrift „Die Tat" her­aus­gab. Sei­nen Re­dak­teurs­pos­ten muss­te er je­doch we­gen un­über­brück­ba­rer Dif­fe­ren­zen mit der kon­ser­va­ti­ven Ver­lags­lei­tung räu­men. Da­her be­sann er sich ab 1930 er­neut auf sei­ne Fä­hig­kei­ten als Dra­ma­turg und ar­bei­te­te in die­sem Be­ruf am Staat­li­chen Schau­spiel­haus in Ber­lin.

Nach der „Macht­er­grei­fung" der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten am 30.1.1933 zog sich Kuck­hoff aus dem öf­fent­li­chen Le­ben zu­rück und ar­bei­te­te als frei­er Lek­tor und Schrift­stel­ler. Er schrieb haupt­säch­lich Thea­ter­stü­cke und Ro­ma­ne, aber auch Es­says, Er­zäh­lun­gen und Ly­rik. Ein gro­ßer Teil sei­ner be­reits wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik ent­stan­de­nen Er­zäh­lun­gen wur­de erst nach sei­nem To­de ver­öf­fent­licht. Die wäh­rend des „Drit­ten Reichs" ver­öf­fent­lich­ten Ro­ma­ne, wie „Der Deut­sche von Bay­en­court" oder „Stro­ga­ny und die Ver­miss­ten" ent­hiel­ten un­ter der durch­aus re­gime­treu­en Ober­flä­che zahl­rei­che An­spie­lun­gen und kri­ti­sche Äu­ße­run­gen ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus.

Be­reits seit An­fang 1933 pfleg­te Kuck­hoff Ver­bin­dun­gen zu lin­ken Wi­der­stands­krei­sen ge­gen die NS-Dik­ta­tur. Zu­sam­men mit sei­ner drit­ten Frau Gre­ta (1902-1981) schloss er sich dem Wi­der­stands­kreis um Ar­vid Har­nack (1901-1942) und der „Ro­ten Ka­pel­le" an, für die Kuck­hoff wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs Flug­blät­ter und Bei­trä­ge für die ver­bo­te­ne Zeit­schrift „Die in­ne­re Front" ver­fass­te.

Die „Ro­te Ka­pel­le" be­stand aus meh­re­ren Wi­der­stands­grup­pen, die wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs Op­po­si­ti­on ge­gen die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten leis­te­ten. Da­zu ge­hör­ten deut­sche Freun­des­krei­se um Har­ro Schul­ze-Boy­sen (1909-1942) und Ar­vid Har­nack (1901-1942) in Ber­lin, von Leo­pold Trep­per (1904-1982) auf­ge­bau­te nach­rich­ten­dienst­li­che Grup­pen in Pa­ris und Brüs­sel und wei­te­re, nicht oder nur lo­se ver­bun­de­ne Grup­pen oder Ein­zel­per­so­nen mit Kon­tak­ten zur So­wjet­uni­on.

Die Ber­li­ner Grup­pe um Ar­vid Har­nack, die sich aus ei­nem seit 1933 be­ste­hen­den op­po­si­tio­nel­len Zir­kel mit Kon­tak­ten nach Eng­land und in die USA ent­wi­ckelt hat­te, üb­te seit 1939 ge­ziel­ten Wi­der­stand durch die Wei­ter­ga­be von In­for­ma­tio­nen über deut­sche Kriegs­vor­be­rei­tun­gen und Ver­bre­chen der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten an die Al­li­ier­ten so­wie durch Hil­fe für Ver­folg­te und die Ver­brei­tung von Flug­schrif­ten und Pla­ka­ten mit re­gime­kri­ti­schen In­hal­ten. Die „Ro­te Ka­pel­le" stand in en­gem Kon­takt zu an­de­ren Op­po­si­ti­ons­krei­sen, wie et­wa der „Wei­ßen Ro­se" um die Mün­che­ner Ge­schwis­ter Scholl und plan­te eben­so wie der „Köl­ner Kreis" ei­ne mög­li­che Nach­kriegs­ord­nung. Ne­ben Kon­tak­ten zur US-Bot­schaft hat­ten Adam Kuck­hoff und die Ber­li­ner Grup­pe der „Ro­ten Ka­pel­le" ab 1940 auch Ver­bin­dun­gen zum so­wje­ti­schen Ge­heim­dienst und der So­wje­ti­schen Bot­schaft und ga­ben In­for­ma­tio­nen über den ge­plan­ten Über­fall auf die So­wjet­uni­on wei­ter. Im Mai er­hiel­ten Kuck­hoff und sei­ne Frau Gre­ta von ei­nem Agen­ten des so­wje­ti­schen Ge­heim­diens­tes zwei Kurz­wel­len­sen­der, um im Kriegs­fall den Kon­takt der Grup­pe zur So­wjet­füh­rung auf­recht­er­hal­ten zu kön­nen. Da die­se je­doch nicht kor­rekt funk­tio­nier­ten, bat die Mos­kau­er Zen­tra­le am 26.8.1941 per Funk ei­nen Agen­ten, Kon­takt mit dem Ber­li­ner Kreis auf­zu­neh­men. Der ver­schlüs­sel­te Funk­spruch ent­hielt auch die Na­men, Adres­sen und Te­le­fon­num­mern von Adam Kuck­hoff und Har­ro Schul­ze-Boy­sen.

Zwar fing die deut­sche Ab­wehr die Funk­sprü­che auf, konn­te sie je­doch zu­nächst nicht ent­schlüs­seln. Erst nach der Fest­nah­me des so­wje­ti­schen Of­fi­ziers Ana­to­li Mar­ko­witsch Gu­r­e­witsch (1913-2009) und der Auf­de­ckung von des­sen Ver­bin­dun­gen zur Ber­li­ner Grup­pe be­gann die Ver­haf­tungs­wel­le ge­gen die „Ro­te Ka­pel­le".

Nach der Ent­schlüs­se­lung des ent­schei­den­den Funk­spruchs vom 26.8.1941 im Au­gust 1942 rich­te­te die Ge­sta­po ei­ne Son­der­kom­mis­si­on „Ro­te Ka­pel­le" un­ter der Lei­tung von Fried­rich Pant­zin­ger (1903-1959) ein. Die Ver­hö­re, Ver­haf­tun­gen und Be­schat­tun­gen wur­den von Horst Kop­kow (1910-1996) ko­or­di­niert. Ins­ge­samt wur­den zwi­schen Sep­tem­ber 1942 und Ju­ni 1943 cir­ca 200 Mit­glie­der der Ber­li­ner Grup­pe der „Ro­ten Ka­pel­le" fest­ge­nom­men, 80 von ih­nen droh­te ein Pro­zess we­gen Hoch­ver­rats und Kriegs­ver­bre­chen.

Nach der Ent­tar­nung der „Ro­ten Ka­pel­le" wur­de Adam Kuck­hoff am 12.9.1942 in Prag von der Ge­sta­po ver­haf­tet, nach­dem sei­ne Te­le­fo­na­te ab­ge­hört wor­den wa­ren. Zu­sam­men mit sechs wei­te­ren An­ge­klag­ten, dar­un­ter sei­ner Frau Gre­ta, wur­de Kuck­hoff im Pro­zess vor dem Reichs­kriegs­ge­richt vom 1. bis 3.2.1943 we­gen „Kriegs­ver­bre­chen" und „Vor­be­rei­tung ei­nes hoch­ver­rä­te­ri­schen Un­ter­neh­mens und we­gen Feind­be­güns­ti­gung" zum Tod durch den Strang ver­ur­teilt.

Ins­ge­samt wur­den 76 der in­haf­tier­ten Wi­der­stands­kämp­fer der „Ro­ten Ka­pel­le" hin­ge­rich­tet. Wei­te­re 13, dar­un­ter Adolf Grim­me, er­hiel­ten mehr­jäh­ri­ge Zucht­haus­stra­fen. Das Ur­teil ge­gen Adam Kuck­hoff wur­de am 5.8.1943 in Ber­lin-Plöt­zen­see voll­streckt.

Ins­be­son­de­re in der DDR er­fuhr Kuck­hoff nach 1945 An­er­ken­nung als ak­ti­ver Wi­der­stand­kämp­fer. In Ber­lin, Aa­chen und Hal­le an der Saa­le wur­den Stra­ßen nach ihm be­nannt. 1969 wur­de Adam Kuck­hoff von der So­wjet­uni­on post­hum mit dem Rot­ban­ner­or­den aus­ge­zeich­net, au­ßer­dem wur­den zwei Tor­pe­do­schnell­boo­te der Volks­ma­ri­ne nach ihm be­nannt.

Werke

Der Deut­sche von Bay­en­court, Ber­lin 1937.
Dis­zi­plin, Ber­lin 1933.
Scher­ry, Frank­furt am Main 1931.
Schil­lers Theo­rie des Tra­gi­schen bis zum Jah­re 1784, Dis­ser­ta­ti­ons­schrift, Hal­le an der Saa­le 1912.
Stro­ga­ny und die Ver­miss­ten, Ber­lin 1941.
Till Eu­len­spie­gel, Ber­lin 1933.

Literatur

Bock, Sig­rid, Kämp­fer vor dem Sieg, in: Sig­rid Bock/ Man­fred Hahn (Hg.), Er­fah­rung Na­zi­deutsch­land: Ro­ma­ne in Deutsch­land 1933-1945, Ber­lin 1987, S. 132-188.
Göt­ze, Die­ter, Ein Idea­list der Lin­ken. Der Schrift­stel­ler Adam Kuck­hoff (1887-1943), in: Ber­li­ni­sche Mo­nats­schrift 6 (1997), S. 71-74.
Kuck­hoff, Gre­ta, Vom Ro­sen­kranz zur Ro­ten Ka­pel­le, Ber­lin 1972.
Ro­sie­j­ka, Gert, Die Ro­te Ka­pel­le. „Lan­des­ver­rat" als an­ti­fa­schis­ti­scher Wi­der­stand, Ham­burg 1986.
Ser­ke, Jür­gen, Die ver­brann­ten Dich­ter, Wein­heim 2002, S.335-336_._    _
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Online

Adam Kuck­hof­f (Bio­gra­phi­sche Kurz­in­for­ma­ti­on auf der Web­site der Ge­denk­stät­te Deut­scher Wi­der­stand). [On­line]
Wil­helm, Ger­trau­de, Ar­ti­kel "Kuck­hoff, Adam", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 13 (1982), S. 163-164. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Striewski, Jennifer, Adam Kuckhoff, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/adam-kuckhoff-/DE-2086/lido/57c93aafe237a2.11988353 (abgerufen am 06.12.2024)