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Abgesehen vom spätneolithischen Feuersteinbergbau auf dem Lousberg (3600 bis 3200 v. Chr.) ist Aachen als Siedlungsplatz erst wieder in römischer Zeit seit dem 1. Jahrhundert nach Christus fassbar, und zwar als Militärbad sowie Handels- und Gewerbeplatz. Der im Mittelalter gebräuchliche lateinische Name „Aquisgranum" wird vom römisch-keltischen Gott Apollo Grannus hergeleitet. Im 4. und 5. Jahrhundert erholte sich die Siedlung von den Einfällen der Franken des 3. Jahrhunderts. Im Jahre 765 wird Aachen erstmals in schriftlichen Quellen erwähnt, 769 als Pfalz. Diese wurden wegen ihrer Thermalquellen seit 794 zum Daueraufenthaltsort Karls des Großen (um 742-814) und zu einem kulturellen Mittelpunkt. Zur Pfalz gehörte die bis um 800 über einem älteren christlichen Sakralbau errichtete Marienkirche, deren Oktogon vom ersten großen Kuppelbau nördlich der Alpen überwölbt ist. In ihr wurde Karl der Große an bis heute umstrittener Stelle beigesetzt, seine Söhne und Enkel wurden hier 813 und 817 gekrönt.
Nach 830, besonders nach der Teilung des Karolingerreiches im Vertrag von Meersen 870, geriet Aachen in eine Randlage. Daraus trat es erst unter Otto dem Großen und den 936 einsetzenden Krönungen römisch-deutscher Könige wieder heraus (bis 1531: 28 Krönungen). Unter Otto III. kam es 997 zur Gründung eines Frauenklosters auf dem Salvatorberg und des Kanonikerstifts St. Adalbert, 996/998 der Abtei Burtscheid und im Jahre 1000 zur Öffnung des Grabes Karls des Großen. Dieser wurde 1165 unter Kaiser Friedrich Barbarossa (um 1122-1190) heilig gesprochen.
Seit dem 12. Jahrhundert traten die im Gewerbe tätigen und mit Tuch Handel treibenden Bürger mehr und mehr hervor. Nach halbjähriger Belagerung durch den Gegenkönig Wilhelm von Holland 1248 nahm ihre Bedeutung neben den bis dahin alles bestimmenden Amtleuten des Stauferkönigs Friedrich II. weiter zu. In den 1260er Jahren erlangten sie das Selbstverwaltungsrecht, erkennbar in den Institutionen von Bürgermeistern und Rat. 1267 wurde das erste Rathaus errichtet (Grashaus am Fischmarkt). Der Mauerring von 1171/1175 wurde seit etwa 1250 erweitert.
Aachen war in ganz Europa Ziel für Pilgerreisen. Seit 1349 wurden dort alle sieben Jahre die aus dem Schatz Karls des Großen herrührenden Heiligtümer gezeigt. Aachens Tuche wurden in dieser Zeit bis nach Nowgorod und Ungarn gehandelt. Seit 1351 garantierte Aachen mit anderen den Frieden zwischen Maas und Rhein. Seit den 1330er Jahren entstand am Markt das große Rathaus mit dem Reichssaal für die Krönungsfestmähler.
Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts erblühte in Aachen die Messingindustrie und damit verbunden die Herstellung von Waffen. Das 16. und 17. Jahrhundert standen im Zeichen religiöser Unruhen. Nach dem Sturz des protestantischen Rates 1598 und dem gescheiterten Aufstand von 1614 regierten, anerkannt im Westfälischen Frieden (1648), ausschließlich Katholiken. Die Abwanderung des von Protestanten beherrschten Gewerbes (Messing- und Waffenindustrie, Teile des Tuchgewerbes) leitete den wirtschaftlichen Niedergang der Stadt ein. Er verschärfte sich durch Kontributionen (Zwangsabgaben) in den zahlreichen Kriegen jener Zeit sowie durch den Stadtbrand vom 2.5.1656. Mit dem gezielten Ausbau des Kur- und Badewesens und der Anlage eines Kurviertels in der heutigen Komphausbadstraße wurde die Grundlage für Aachens Ruhm als Modebad Europas gelegt. Deshalb wurden hierher 1668 und 1748 Friedenskongresse gelegt. Am Ende des 18. Jahrhunderts war Aachen durch die so genannte Mäkelei von politischen Unruhen erschüttert, die erst mit dem Einrücken französischer Revolutionstruppen (1792) beziehungsweise deren Rückkehr 1794 beendet wurden. Aachen war nun eine besetzte Stadt, in der militärische Belange Vorrang hatten, bis 1798 mit der Einrichtung des Roerdepartements und Aachen als Verwaltungssitz die zivile Organisation in den Vordergrund rückte. Im Frieden von Lunéville 1801 wurde Aachen völkerrechtlich eine französische Stadt, 1802 Bischofssitz, erlebte 1804 den Besuch von Napoleon (1769-1821) und der Kaiserin Josephine (1763-1814) und hatte Teil am allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung. In dessen Gefolge stieg die Bevölkerung von 23.500 im Jahre 1800 auf 30.200 im Jahre 1812/1813 an. Nach den Befreiungskriegen (1813/1814) fand die französische Zeit in Aachen am 17.1.1814 ihr Ende. Auf dem Wiener Kongress kam Aachen 1815 an Preußen, wurde 1816 Sitz eines Regierungspräsidenten (bis 1972) und erhielt eine Militärgarnison. 1818 fand in Aachen der Monarchenkongress statt. Das französische Bistum wurde 1821 zugunsten Kölns aufgelöst. Sein Ansehen als internationales Bad konnte Aachen durch die Verbesserung der Infrastruktur und durch verschiedene Bauten und Kultureinrichtungen festigen: Stadttheater (1822/1825), Elisenbrunnen (1822/1827), Badehäuser, Promenaden und neue Wohnviertel, 1882 Suermondt- (seit 1977 Suermondt-Ludwig-Museum), Internationales Zeitungsmuseum (1885).
Aachen war Einfallstor für die Industrialisierung Deutschlands (1817 erste Dampfmaschine) mit der Schattenseite von Kinderarbeit und frühindustriellem Proletariat (Arbeiterunruhen 1830). Deren Folgen suchten vor allem der „Soziale Katholizismus" und entsprechend orientierte neue Orden zu lindern. Aachen wurde Zentrum privater Finanzwirtschaft (Feuerversicherung 1825), an das Eisenbahnnetz von Köln nach Antwerpen angeschlossen (1841/1843) und erlebte den Aufschwung von Textil-, Nadel- und Maschinenindustrie, den Bau einer Waggonfabrik (1841) wie von Hütten- und Walzwerken (seit 1847). Süßwaren und Automobile wurden hier seit dem Ende des Jahrhunderts hergestellt. Die 1870 eröffnete Rheinisch-Westfälisch-Technische Hochschule entwickelte sich zu einem bedeutenden Forschungszentrum (RWTH heute: circa 30.000 Studenten), das zusammen mit anderen Hochschulen einen für Aachen wesentlichen Wirtschaftsfaktor darstellt.
1897 und 1906 wurden die Stadt Burtscheid und die Gemeinde Forst nach Aachen eingemeindet. Den Ersten Weltkrieg überstand Aachen ohne wesentliche Schäden, litt aber unter der folgenden wirtschaftlichen Abschnürung und unter der erst 1929 beendeten belgischen Besatzung, während der hier 1923 für wenige Tage die „Rheinische Republik" ausgerufen worden war. Das 1864 gegründete Hüttenwerk „Rothe Erde" musste 1926 wegen der neuen Zollgrenze zu Luxemburg geschlossen werden. Statt dessen siedelten sich niederländische, belgische und französische Firmen der Elektro-, Glas- und Reifenindustrie an. 1930 wurde das zweite Bistum Aachen eingerichtet.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Aachen durch Luftangriffe zu mehr als 60 Prozent zerstört. Die Kapitulation vor amerikanischen Truppen erfolgte bereits am 21.10.1944. Der von diesen eingesetzte Oberbürgermeister Franz Oppenhoff (geboren 1902) wurde am 25.3.1944 von einem „Werwolf"-Kommando der SS ermordet. Nach dem um 1960 abgeschlossenen Wiederaufbau und dem im Westen beschrittenen Weg der Einigung Europas, den der 1950 von Aachener Bürgern gestiftete Karlspreis unterstützte, ging die Grenzlage verloren, was einen wirtschaftlichen Aufschwung bewirkte. Mit der Eingliederung von sieben Nachbargemeinden im Jahre 1972 vergrößerte sich das Stadtgebiet auf etwa 16.000 Hektar. Den Niedergang der Textil- und Nadelindustrie versuchte man durch die Ansiedlung von Forschungseinrichtungen sowie technologisch hoch entwickelter Firmen auszugleichen. Dieser Prozess hält bis heute an. Aachen zählt circa 259.000 Einwohner.
Seit Oktober 2009 bildet die Stadt Aachen zusammen mit dem ehemaligen Kreis Aachen die Städteregion Aachen.
Literatur
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Online
Website der Stadt Aachen. [Online]
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Kraus, Thomas R., Stadt Aachen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/stadt-aachen/DE-2086/lido/57d11ee6c78f89.85456777 (abgerufen am 12.10.2024)