Franz Gielen

Oberbürgermeister von Neuss und Mönchengladbach (1867-1947)

Lothar Weiß (Frechen)

Franz Gielen. (Stadtarchiv Mönchengladbach)

Schlagworte

Franz Gie­len war ein lang­jäh­ri­ger Ober­bür­ger­meis­ter in Neuss un­d Mön­chen­glad­bach im ers­ten Drit­tel des 20. Jahr­hun­derts. Ihm ge­lang es durch weit­sich­ti­ge ­wirt­schafts- und kul­tur­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen so­wie kom­mu­na­le Neu­glie­de­run­gen bei­den Städ­ten Ent­wick­lungs­chan­cen für die Zu­kunft zu er­öff­nen. Sein Au­gen­merk war auf den Aus­bau und die Mo­der­ni­sie­rung der Ver­kehrs­in­fra­struk­tur ge­rich­tet. Gie­len hat­te gro­ßen Ein­fluss auf die Po­li­tik der rhei­ni­schen Zen­trums­par­tei. Er galt als ge­schick­ter Fi­nanz­ex­per­te un­ter sei­nen Amts­kol­le­gen.   

Al­bert Ber­nard Franz Gie­len wur­de am 27.2.1867 in Aa­chen als Sohn des Kauf­manns und Zi­gar­ren­fa­bri­kan­ten Carl Vic­tor Ema­nu­el Jo­seph Gie­len (1825-1887) und des­sen Frau The­re­se Gie­len (1832-1911), ge­bo­re­ne Mens­hau­sen, ge­bo­ren. Die Fa­mi­lie war ka­tho­lisch. Sein Va­ter war von 1878 bis 1887 Reichs­tags­ab­ge­ord­ne­ter des Wahl­krei­ses Aa­chen-Stadt für die Zen­trums­par­tei.

Gie­len be­such­te Gym­na­si­en in Aa­chen und Bre­men. Er be­stand die Ab­itur­prü­fung in Bre­men, wo­hin die Fa­mi­lie um­ge­zo­gen war und wo sein Va­ter ei­nen er­folg­rei­chen Ta­bak­han­del be­trieb. Da­nach stu­dier­te Gie­len zu­nächst vier Se­mes­ter Che­mie in Aa­chen und Bonn, ab 1889 Ju­ra in Bonn un­d ­Straß­burg. Wäh­rend der Stu­di­en­zeit war er ak­tiv im „Kar­tell­ver­band ka­tho­li­scher deut­scher Stu­den­ten­ver­ei­ne“ (KV). Un­ter an­de­rem auf ihn geht die Her­aus­ga­be der „Aka­de­mi­schen Mo­nats­blät­ter“ des KV  zu­rück. In der Ar­mi­nia Bonn wur­de er 1890 Erst­char­gier­ter (Spre­cher, Vor­sit­zen­der) und über­nahm im Win­ter­se­mes­ter 1890/1891 als „Vor­ort-Prä­si­den­t“ die Ge­schäfts­lei­tung des Ak­ti­ven­bun­des im KV .

1889 trat Gie­len als frei­wil­li­ger Ein­jäh­ri­ger in das In­fan­te­rie­re­gi­ment Nr. 99 in Straß­burg ein. Nach Be­för­de­run­gen zum Un­ter­of­fi­zier 1890 und zum Vi­ze­feld­we­bel der Land­wehr Aus Wäl­len und Grä­ben be­ste­hen­de Be­fes­ti­gung grö­ße­rer räum­li­cher Be­zir­ke (Kirch­spie­le, Ge­rich­te, städ­ti­sche Feld­mark, Ter­ri­to­ri­um). 1891 wur­de er in ei­ner Übung als Of­fi­zier­saspi­rant 1891 in Trier feld­dienst­un­fä­hig ent­las­sen.

1899 hei­ra­te­te Gie­len stan­des­ge­mäß mit Ber­tha Hoffsüm­mer (1879-1959) die Toch­ter ei­nes Pa­pier­fa­bri­kan­ten in Dü­ren. Aus der Ehe gin­gen fünf Söh­ne und ei­ne Toch­ter her­vor. Sein äl­tes­ter Sohn Carl Franz Vik­tor (1900-1987) war von 1948 bis 1960 Of­fi­zi­al de­s Erz­bis­tums Köln und von 1960 bis 1978 Dom­propst des Köl­ner Doms. 

Nach dem ers­ten Ju­ris­ti­schen Staats­ex­amen beim Ober­lan­des­ge­rich­t Köln be­gann Gie­len am 21.11.1893 das Ge­richts­re­fe­ren­da­ri­at im Be­zirk de­s­ ­Land­ge­richts Aa­chen be­zie­hungs­wei­se des Ober­lan­des­ge­richts Köln. Wäh­rend­des­sen hör­te er in Aa­chen volks­wirt­schaft­li­che Vor­le­sun­gen. Am 11.5.1898 be­stand er das As­ses­sor­ex­amen. Zwei Mo­na­te spä­ter be­gann Gie­lens Kar­rie­re in Müns­ter in West­fa­len als be­sol­de­ter Bei­ge­ord­ne­ter. Er blieb dort nur kur­ze Zeit: Am 29.10.1901 wur­de zum Nach­fol­ger von En­gel­bert Til­mann (1860-1935) zum haupt­amt­li­chen Bür­ger­meis­ter in Neuss ge­wählt (Be­stä­ti­gung am 15.3.1902, Amts­ein­füh­rung am 12. Ju­ni). Der tief im rhei­ni­schen Ka­tho­li­zis­mus ver­wur­zel­te Gie­len konn­te sich auf ei­ne bür­ger­lich-ka­tho­li­sche Mehr­heit stüt­zen. 1914 be­stand der Stadt­rat nach dem Drei-Klas­sen-Wahl­recht aus 30 Mit­glie­dern, von de­nen 22 dem ka­tho­li­schen Zen­trum an­ge­hör­ten und 18 (!) sich als „Kauf­man­n“ be­zeich­ne­ten. Neuss war ein gu­ter Han­dels- und Ha­fen­stand­ort. Ge­han­delt wur­den vor­nehm­lich Öl­saa­ten und Öl­pro­duk­te; be­deu­ten­de Ge­trei­de­müh­len hat­ten sich dort an­ge­sie­delt. Der Ei­sen­bahn­ver­kehr war er­heb­lich, der Ha­fen stand in ei­nem er­folg­rei­chen Wett­be­werb mit sei­nen Nach­barn in Düs­sel­dorf und Köln. Die Kul­tur in der Stadt konn­te sich ent­fal­ten. 1912 wur­de ein Mu­se­ums­bau für ei­ne Ge­mäl­de- und Al­ter­tums­samm­lung er­öff­net, der den Na­men des Neus­ser Fa­bri­kan­ten und Mä­zens Cle­mens Sels (1822-1893) er­hielt.

Un­ter Gie­len schritt der Aus­bau der Stadt vor­an (Ka­na­li­sa­ti­on, Ar­bei­ter­woh­nun­gen, öf­fent­li­che An­la­gen, Ver­kehrs­we­sen). 1913 schied Neuss aus dem Land­kreis aus und bil­de­te ei­nen selb­stän­di­gen Stadt­kreis. Nach sei­ner Wie­der­wahl am 12.8.1913 für die Amts­zeit ab 1914 er­hielt Gie­len nach der Be­stä­ti­gung am 26.9.1913 den Ti­tel „Ober­bür­ger­meis­ter“. Bis zum En­de sei­ner Neus­ser Zeit im Jahr 1920 er­warb er sich den Ruf ei­nes kom­pe­ten­ten Fi­nanz- und Wirt­schafts­po­li­ti­kers. Gie­len ver­kauf­te das städ­ti­sche Elek­tri­zi­täts­werk an die „Rhei­nisch-West­fä­li­sche Elek­tri­zi­täts­werk Ak­ti­en­ge­sell­schaf­t“ (RWE) we­gen des­sen Un­wirt­schaft­lich­keit. Das Pro­jekt ei­nes Rhein-Maas-Schel­de-Ka­nals wur­de ge­för­dert. 

Gie­len ver­wen­de­te viel En­er­gie auf die Neu­ord­nung der kom­mu­na­len Gren­zen. Er sah ih­re stra­te­gi­sche Be­deu­tung für die wirt­schaft­li­che Ex­pan­si­on der Stadt am Rhein bei gleich­zei­ti­ger Ab­wehr von Am­bi­tio­nen Düs­sel­dorfs auf das lin­ke Rhein­ufer. Hier konn­te Gie­len ei­nen Teil­er­folg er­zie­len. Mit­ Düs­sel­dorf er­reich­te Neuss 1909 ei­ne Über­ein­kunft be­züg­lich sei­nes Ha­fens und der Ge­mein­de Heerdt. Das kreis­freie Neuss dräng­te – wie auch an­de­re Groß­städ­te am Nie­der­rhein – auf ei­ne Ver­grö­ße­rung sei­nes Stadt­ge­biets auf Kos­ten des be­nach­bar­ten Land­krei­ses. Ei­ni­ge an­gren­zen­de Or­te wur­den in das Stadt­ge­biet ein­ge­glie­dert. Der Ers­te Welt­krieg und sei­ne Fol­gen be­las­te­ten Neuss schwer. Zu­nächst wur­den deut­sche Sol­da­ten wäh­rend des Auf­mar­sches an der West­front in der Stadt ein­quar­tiert. Nach dem ver­lo­re­nen Krieg zo­gen durch Neuss deut­sche Trup­pen, die Un­ter­kunft und Ver­pfle­gung brauch­ten. Im De­zem­ber 1918 über­nah­men bel­gi­sche Be­sat­zungs­trup­pen für sie­ben Jah­re die Stadt. Schwe­ren Scha­den er­litt die Stadt durch die zeit­wei­li­ge Ein­stel­lung des Bahn-, Post- und Schiffs­ver­kehrs. In der No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on  1918 bil­de­te sich ein Ar­bei­ter- und Sol­da­ten­rat, der mit dem Neus­ser Ober­bür­ger­meis­ter zu­sam­men­ar­bei­te­te. Die Stadt­ver­wal­tung setz­te ih­re ge­wohn­te Ar­beit fort. In der ers­ten Kom­mu­nal­wahl der Nach­kriegs­zeit blieb das Zen­trum mit wei­tem Ab­stand stärks­te Par­tei. Die an­ti­kirch­li­chen Er­las­se des links­ra­di­ka­len preu­ßi­schen Kul­tus­mi­nis­ters Adolf Hoff­mann (1858-1930) lös­ten Em­pö­rung im ka­tho­li­schen Neuss aus. Der auf­kom­men­de rhei­ni­sche Se­pa­ra­tis­mus  von Reich und Preu­ßen blieb je­doch er­folg­los.

Nach fast 19 Jah­ren Amts­zeit mach­te Gie­len ei­nen Kar­rie­re­sprung nach Mön­chen­glad­bach als Nach­fol­ger von Ober­bür­ger­meis­ter Her­mann F. Piecq. Der Zen­trums­po­li­ti­ker wur­de am 8.12.1920 auf Vor­schlag der Zen­trums­frak­ti­on von 37 der 42 Stadt­ver­ord­ne­ten für zwölf Jah­re ge­wählt wor­den (Be­stä­ti­gung am 19.1.1921 mit Ober­bür­ger­meis­ter-Ti­tel). Gie­len über­nahm das Amt  des Ober­bür­ger­meis­ters in Mön­chen­glad­bach zu ei­nem sehr tur­bu­len­ten Zeit­punkt. Gleich nach sei­ner Amts­ein­füh­rung am 11.2.1921 wur­den ge­gen den schar­fen Wi­der­stand des be­nach­bar­ten Land­krei­ses zum 1.8.1921 die Land­ge­mein­den Mön­chen­glad­bach und Neu­werk so­wie die Stadt Rhein­dah­len ein­ge­mein­det. Die Ein­woh­ner­zahl stieg da­mit von cir­ca 66.000 auf 111.000. Da­mit war Mön­chen­glad­bach Groß­stadt ge­wor­den. Gie­len nutz­te die Ge­le­gen­heit, die kom­mu­na­le Ver­wal­tung neu zu or­ga­ni­sie­ren und die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur zu ver­bes­sern, um das Zu­sam­men­wach­sen der jun­gen Groß­stadt vor­an­zu­trei­ben. Die Fi­nanz­la­ge war ei­ne Her­aus­for­de­rung. Durch die Erz­ber­ger­sche Fi­nanz­re­form wa­ren die Kom­mu­nal­fi­nan­zen völ­lig ver­än­dert wor­den. Die Hy­per­in­fla­ti­on  be­schnitt bin­nen kür­zes­ter Zeit die Kauf­kraft. Im Cha­os wur­den gro­ße Men­gen Not­geld aus­ge­ge­ben. Die Geld­ent­wer­tung ent­schul­de­te die Stadt, aber die so­zia­len Span­nun­gen nah­men zu. Die Kom­mu­nis­ten nutz­ten sie zu Un­ru­hen in den letz­ten bei­den Mo­na­ten 1923. Bel­gi­sche Be­sat­zungs­trup­pen be­stimm­ten im Rat­haus mit. Die Ruhr­be­set­zung und der Pas­si­ve Wi­der­stand 1923 ver­schärf­ten das Kli­ma in der Stadt. Gie­len wur­de von den Bel­gi­ern un­ter Druck ge­setzt. Als Gie­len es ab­lehn­te, den Se­pa­ra­tis­ten die städ­ti­sche Kai­ser-Fried­rich-Hal­le zu über­las­sen, be­schlag­nahm­ten die Be­sat­zer sie zu­guns­ten der Se­pa­ra­tis­ten. In den letz­ten Au­gust­ta­gen 1923 wur­den Gie­len und füh­ren­de Po­li­zei­be­am­ter aus dem Rhein­land aus­ge­wie­sen; am 20.4.1924 konn­te Gie­len sein Amt  wie­der über­neh­men. 1926 en­de­te die bel­gi­sche Be­sat­zung. 

Nach der Wäh­rungs­sta­bi­li­sie­rung blieb die La­ge der Tex­til­in­dus­trie schwie­rig. En­de des Rech­nungs­jah­res 1925 leb­ten 20 Pro­zent der Be­völ­ke­rung von Mön­chen­glad­bach von der Wohl­fahrts­un­ter­stüt­zung. Gie­len be­müh­te sich um ei­nen Struk­tur­wan­del. Die städ­ti­schen Be­trie­be wur­den aus­ge­baut. Gie­len ver­kauf­te die städ­ti­schen Elek­tri­zi­täts­wer­ke an das RWE, för­der­te die Kom­mu­na­li­sie­rung des Strom­kon­zerns und wur­de 1924 Mit­glied des Auf­sichts­rats von RWE. Die Grün­dung des Niers­ver­bands im Jahr 1927 geht ma­ß­geb­lich auf Gie­len zu­rück. Es ent­stand der Park „Bun­ter Gar­ten“ und der „Volks­gar­ten“ wur­de aus­ge­baut. 1928 fand in Mön­chen­glad­bach die „Deut­sche Ro­sen­schau“ statt. Die För­de­rung des so­zia­len Woh­nungs­baus war Gie­len ein Her­zens­an­lie­gen. Er un­ter­nahm da­für Aus­lands­rei­sen und war Mit­glied des Auf­sichts­rats der Rhei­ni­schen Woh­nungs­für­sor­ge-Ge­sell­schaft. Das „Volks­ba­d“ wur­de ge­baut.

Auch in der Kul­tur­po­li­tik war Gie­len ak­tiv: 1924 über­nahm die Stadt das Thea­ter. Die Thea­ter­po­li­tik blieb je­doch um­strit­ten. Der Auf­bau ei­nes neu­en Mu­se­ums fiel schwer; die bie­de­re städ­ti­sche Ge­mäl­de- und Hei­mat­samm­lung wur­de auf­ge­löst zu­guns­ten ei­ner Aus­stel­lung ex­pres­sio­nis­ti­scher Kunst des Mön­chen­glad­ba­cher Samm­lers Wal­ter Kaes­bach. Das städ­ti­sche Or­ches­ter und der Ge­sang­ver­ein Cä­ci­lia bo­ten ein an­spruchs­vol­les Mu­sik­pro­gramm. In der al­ten Ac­ti­en-Spin­ne­rei und -we­be­rei am Bahn­hof ent­stand ein Be­rufs­schul­zen­trum. Gie­len för­der­te zahl­rei­che Klös­ter; so soll­ten in die als Rat­haus ge­nutz­te ehe­ma­li­ge Ab­tei wie­der Be­ne­dik­ti­ner ein­zie­hen, was aber we­gen des Man­gels an land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen miss­lang. 

Von 1913 bis 1929 war Gie­len im Rhei­ni­schen Pro­vin­zi­al­land­tag ak­tiv. Er über­nahm Äm­ter des Städ­te­ta­ges, dem Ver­band für die Ver­tre­tung groß­städ­ti­scher In­ter­es­sen, der Rhei­ni­schen Kraft­wa­gen­be­triebs­ge­sell­schaft, des Ver­eins zur För­de­rung ei­nes Ka­nal­bau­es von Aa­chen über Rhe­ydt-Mön­chen­glad­bach-Neuss zum Rhein, der Ge­nos­sen­schaft für die Me­lio­ra­ti­on der Niers- und Nord­ka­nal-Nie­de­rung, des Niers­ver­bands, der Niers­ge­nos­sen­schaft und des Rhein-Maas-Schel­de-Ka­nal­ver­eins (bis zu des­sen Auf­lö­sung). Als Ex­per­te für kom­mu­na­le Fi­nan­zen ge­hör­te er dem Kre­dit­aus­schuss beim Ober­prä­si­den­ten der Rhein­pro­vinz an. 

Gie­len war ein Meis­ter der Be­zie­hungs­pfle­ge. Er nutz­te die al­ten Be­kannt­schaf­ten aus der Ak­ti­ven­zeit in der Stu­den­ten­ver­bin­dung. Zu ih­nen ge­hör­te der Köl­ner Ober­bür­ger­meis­ter Kon­rad Ade­nau­er. Gie­len hat­te Ade­nau­er 1906 ei­ne Bei­ge­ord­ne­ten­stel­le in Köln emp­foh­len. Den po­li­ti­schen Geg­nern blie­b Gie­lens „Ar­beits­ver­mitt­lun­g“ nicht ver­bor­gen. Man frag­te spöt­tisch im Preu­ßi­schen Land­tag, wel­che Voll­macht Gie­len da­für ha­be. Er ge­hör­te dem en­ge­ren Vor­stand des ein­fluss­rei­chen „Volks­ver­eins für das ka­tho­li­sche Deutsch­lan­d“ mit Sitz in Mön­chen­glad­bach an. Durch den Volks­ver­ein stand Gie­len mit Mi­nis­tern in stän­di­gem Kon­takt.

Gie­len wuss­te um sei­nen Ar­beits­wert. Er ver­tei­dig­te sei­ne über­höh­te Be­sol­dung, die für die Kom­mu­nal­auf­sicht in Düs­sel­dorf rechts­wid­rig war. Sei­nen Ha­bi­tus im Amt  be­schrieb der frü­he­re Mi­nis­ter­prä­si­dent von Nord­rhein-West­fa­len und Freund aus Mön­chen­glad­bach, Franz Mey­ers: „Au­to­ri­täts­be­wu­ßt ver­lieh er Rang und An­se­hen den von ihm ein­ge­nom­me­nen Spit­zen­po­si­tio­nen“. Der städ­ti­sche Rats­kel­ler war für den trink­fes­ten Gie­len ein min­des­tens ge­nau­so be­deu­ten­der Ort wie das Ple­num der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung. Als ka­tho­li­scher Ober­bür­ger­meis­ter ei­ner ka­tho­li­schen Stadt nahm er an der Fron­leich­nams­pro­zes­si­on teil. Er be­such­te re­gel­mä­ßig die Sonn­tags­mes­se im Müns­ter St. Vi­tus, wo für ihn ein Platz im Chor­ge­stühl re­ser­viert war. Das En­de sei­ner Amts­zeit „krön­te“ Gie­len durch den um­strit­te­nen Zu­sam­men­schluss der kon­kur­rie­ren­den Nach­barn Mön­chen­glad­bach und Rhe­ydt, wo­zu noch Oden­kir­chen und klei­ne­re Or­te ka­men. Der zum 1.8.1929 ge­bil­de­te Stadt­kreis rück­te mit rund 200.000 Ein­woh­nern in die Spit­zen­grup­pe rhei­ni­scher Groß­städ­te auf. Gie­len über­nahm über­gangs­wei­se die Lei­tung die­ses ver­wal­tungs­mä­ßi­gen Kon­glo­me­rats un­ter dem Na­men „Glad­bach-Rhe­ydt“, das ei­ne nur vier Jah­re dau­ern­de Epi­so­de blieb. Durch die kom­mu­na­le Neu­ord­nung zum 1.1.1975 wur­de sein Ge­biet­s­um­fang un­ter dem Na­men „Mön­chen­glad­bach“ weit­ge­hend wie­der­her­ge­stellt. Zur or­dent­li­chen Wahl als Ober­bür­ger­meis­ter trat Gie­len aus Al­ters­grün­den nicht mehr an. Am 11.3.1930 schied Gie­len zu­guns­ten sei­nes Nach­fol­gers Jo­han­nes Hand­schu­ma­cher aus. Gie­len leb­te nun im vor­neh­men Köln-Ma­ri­en­burg. Zum 1.10.1932 wur­de er in den Ru­he­stand ver­setzt. 

Franz Gie­len er­hielt ei­ne Rei­he von Aus­zeich­nun­gen, von de­nen die meis­ten eher nach­ran­gig wa­ren. Dar­un­ter wa­ren der Ro­te Ad­ler-Or­den 4. Klas­se im Jahr 1909, das Ei­ser­ne Kreuz 2. Klas­se an weiß-schwar­zem Band für Hei­mat­ver­diens­te 1917, das Ver­dienst­kreuz für Kriegs­hil­fe im Hei­mat­dienst 1920, die Ro­te-Kreuz-Me­dail­le 3. Klas­se 1916, das Eh­ren­zei­chen des Ro­ten Kreu­zes 2. Klas­se und die Kai­ser-Wil­helm-Er­in­ne­rungs­me­dail­le, wel­che über 1,2-mil­lio­nen­fach ver­lie­hen wur­de. 

Mit Franz Gie­len starb am 7.2.1947 in Köln ein ein­fluss­rei­cher Kom­mu­nal­po­li­ti­ker im ers­ten Drit­tel des 20. Jahr­hun­derts mit tie­fen Wur­zeln im rhei­ni­schen Ka­tho­li­zis­mus. Zwar ge­hör­te er nicht zu den „ganz Gro­ßen“ im Rhein­land mit Am­bi­tio­nen in der Reichs­po­li­tik, stell­te für die Städ­te Neuss und Mön­chen­glad­bach aber Wei­chen, die bis heu­te rich­tungs­wei­send sind. Bei­de Städ­te be­nann­ten Stra­ßen in ih­ren Zen­tren nach ihm. 

Quellen

Lan­des­ar­chiv Nord­rhein-West­fa­len, Ab­tei­lung Rhein­land, Re­gie­rung Düs­sel­dorf Nr. 47625 (Per­so­nal­ak­te).
Rhei­ni­scher ­Pro­vin­zi­al­land­tag, Mit­glie­der­lis­te und Ste­no­gra­phi­sche Be­rich­te über die Ver­hand­lun­gen(di­gi­ta­li­siert).
Stadt­ar­chiv Mön­chen­glad­bach, Per­so­nal­ak­te 40/4028, Bild­ar­chiv: Nr. 10/47996, di­gi2069, 10/35998, 10/4013.
Stadt­ar­chiv Neuss, A 1400/1149.
De­ge­ner, Her­mann A. L. (Hg.), Un­se­re Zeit­ge­nos­sen. Wer ist’s?, Leip­zig, 8 (1922), S. 479; Ber­lin, 9 (1928), S. 484.

Literatur

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Ro­meyk, Horst, Die lei­ten­den staat­li­chen und kom­mu­na­len Ver­wal­tungs­be­am­ten der Rhein­pro­vinz 1816-1945, Düs­sel­dorf 1994, S. 469.

Online

An­dre­as Gruhn, Franz Gie­len: Kri­sen­ma­na­ger und Duz­freund von Ade­nau­er. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Weiß, Lothar, Franz Gielen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-gielen/DE-2086/lido/57c6c836798073.20991400 (abgerufen am 14.11.2024)