Der Volksverein für das katholische Deutschland (1890–1933)

Gotthard Klein (Berlin)

Volksvereinshaus in Mönchengladbach, um 1900. (Stadtarchiv Mönchengladbach)

1. Einleitung

Der auf In­itia­ti­ve ka­tho­li­scher Lai­en ent­stan­de­ne „Volks­ver­ein für das ka­tho­li­sche Deutsch­land“ be­stand von 1890 bis 1933. Als mit­glie­der­stärks­ter Ver­ein or­ga­ni­sier­te er die durch Auf­klä­rung, Sä­ku­la­ri­sa­ti­on und „Kul­tur­kampf“ in die ge­sell­schaft­li­che und po­li­ti­sche „In­fe­rio­ri­tät“ ab­ge­dräng­ten Ka­tho­li­ken. Zu Be­ginn des Ers­ten Welt­krie­ges er­reich­te er den Hö­he­punkt sei­ner Wirk­sam­keit. Reichs­weit wa­ren 13,6 Pro­zent al­ler ka­tho­li­schen Män­ner über 21 Jah­re als Ver­eins­mit­glie­der ein­ge­schrie­ben. Der Frau­en­an­teil be­trug zu die­sem Zeit­punkt 5,18 Pro­zent. Die räum­li­che Mit­glie­der­ver­tei­lung war al­ler­dings von un­ter­schied­li­cher Dich­te. Der Schwer­punkt des Volks­ver­eins lag im rhei­nisch-west­fä­li­schen In­dus­trie­ge­biet. Pro­gram­ma­tisch be­ruh­te die Bil­dungs­tä­tig­keit auf der von den Päps­ten in­iti­ier­ten und nun auf die spe­zi­fi­schen Ver­hält­nis­se Deutsch­lands an­ge­wand­ten ka­tho­li­schen So­zi­al­leh­re. In Ab­gren­zung ge­gen­über dem athe­is­ti­schen So­zia­lis­mus hat­te der Volks­ver­ein sei­ne Mit­glie­der in Füh­rer- wie Mas­sen­schu­lung zur re­li­giö­sen, vor al­lem aber zur so­zia­len und po­li­ti­schen Par­ti­zi­pa­ti­on be­fä­higt. Auf die­se Wei­se er­mög­lich­te er der ka­tho­li­schen Volks­mi­no­ri­tät – trotz des ihr an­haf­ten­den Ma­kels an­geb­li­cher Reichs­feind­schaft – ei­ne weit­ge­hen­de In­te­gra­ti­on in das „wil­hel­mi­ni­sche Deutsch­lan­d“.

Die frü­he­ren An­sät­ze zur zen­tra­len Or­ga­ni­sa­ti­on der deut­schen Ka­tho­li­ken wa­ren nur kurz­le­big ge­we­sen: Der „Ka­tho­li­sche Ver­ein Deutsch­land­s“, wäh­rend der Re­vo­lu­ti­on von 1848 als Dach­ver­band der „Pi­us-Ver­ei­ne“ und „Ver­ei­ne für kon­sti­tu­tio­nel­le Mon­ar­chie und re­li­giö­se Frei­heit“ in Mainz ent­stan­den, hat­te nach dem Schei­tern des Ver­fas­sungs­wer­kes der Na­tio­nal­ver­samm­lung sei­ne Ak­ti­vi­tä­ten auf die von ihm an­ge­reg­ten Spe­zi­al­ver­ei­ne ver­la­gert. Der Main­zer „Ver­ein der deut­schen Ka­tho­li­ken“ von 1872 zur Ab­wehr des gro­ßan­ge­leg­ten Dop­pel­an­griffs li­be­ra­ler und ob­rig­keits­staat­li­cher Kräf­te im „Kul­tur­kampf“ mu­ß­te sich 1876 nach schwe­rer po­li­zei­li­cher Ver­fol­gung auf­lö­sen. Erst ein drit­ter Ver­such war auf Dau­er er­folg­reich, dies­mal be­güns­tigt durch die Kräf­te­kon­stel­la­ti­on an der „Naht­stel­le des Über­gangs“ vom Bis­marck­schen ins Wil­hel­mi­ni­sche Zeit­al­ter.[1] 

 

2. Gründung und Blütezeit im wilhelminischen Deutschland

Von der Öf­fent­lich­keit na­he­zu un­be­merkt, wa­ren der Ver­eins­grün­dung hef­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zun­gen vor­aus­ge­gan­gen. An­fäng­li­che Im­pul­se zur Bil­dung ei­ner neu­en Mas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on ziel­ten dar­auf, die an­ti­ka­tho­li­schen Aus­fäl­le des 1886 ge­grün­de­ten „Evan­ge­li­schen Bun­des zur Wah­rung der deutsch-pro­tes­tan­ti­schen In­ter­es­sen“ zu be­ant­wor­ten. Im In­ter­es­se des kon­fes­sio­nel­len Frie­dens wur­de aber die an­ti­pro­tes­tan­ti­sche Sto­ß­rich­tung, wie sie der Kreis um Fe­lix Frei­herrn von Loë-Ter­por­ten (1825–1896) fa­vo­ri­sier­te, nach mehr­fa­chen kon­zep­tio­nel­len Mo­di­fi­zie­run­gen und mas­si­ven In­ter­ven­tio­nen des Zen­trums­füh­rers Lud­wig Wind­t­horst (1812–1891) fal­len­ge­las­sen. Statt­des­sen er­hielt die Neu­grün­dung ei­ne vor­nehm­lich so­zi­al­po­li­ti­sche Aus­rich­tung, wie sie von den Prot­ago­nis­ten des Ver­ban­des ka­tho­li­scher In­dus­tri­el­ler und Ar­bei­ter­freun­de „Ar­bei­ter­wohl“, dem Pa­der­bor­ner Pries­ter Franz Hit­ze (1851–1921) und dem Mön­chen­glad­bacher Tex­til­fa­bri­kan­ten Franz Brandts, an­ge­regt wor­den war.

Am 24.10.1890 kon­sti­tu­ier­te sich in Köln der Volks­ver­ein für das ka­tho­li­sche Deutsch­land. Die von Wind­t­horst ent­wor­fe­nen Sta­tu­ten be­stimm­ten als Ver­eins­zweck „die Be­kämp­fung der Irrt­hü­mer und der Um­sturz-Be­stre­bun­gen auf so­cia­lem Ge­bie­te“ so­wie „die Vert­hei­di­gung der christ­li­chen Ord­nung in der Ge­sell­schaf­t“.[2]  In der Fas­sung der Sat­zung von 1906 lau­te­te das Ver­eins­ziel: „die Be­leh­rung des deut­schen Vol­kes über die aus der neu­zeit­li­chen Ent­wick­lung er­wach­se­nen so­zia­len Auf­ga­ben und die Schu­lung zur prak­ti­schen Mit­ar­beit an der geis­ti­gen und wirt­schaft­li­chen He­bung al­ler Be­rufs­stän­de“.[3] 

Franz Hitze, Porträtfoto. (Konrad-Adenauer-Stiftung/Archiv für Christlich-Demokratische Politik - Fotoarchiv)

 

Wind­t­horst selbst sorg­te für ei­ne en­ge Ver­flech­tung des Volks­ver­eins mit den rhei­ni­schen Weg­be­rei­tern ka­tho­li­scher So­zi­al­po­li­tik. Franz Brandts über­nahm auf Wind­t­horsts Bit­te den Vor­sitz des Volks­ver­eins. Der jun­ge Köl­ner Rechts­an­walt Karl Trim­born wur­de zum stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den und Franz Hit­ze zum Schrift­füh­rer ge­wählt. Der Vor­stand des Volks­ver­eins re­kru­tier­te sich zur Hälf­te aus Mit­glie­dern des Ver­ban­des „Ar­bei­ter­wohl“. „Je­der un­be­schol­te­ne gro­ßjäh­ri­ge ka­tho­li­sche Deut­sche“ konn­te Mit­glied wer­den.[4]  Ein ge­rin­ger Jah­res­bei­trag von (min­des­tens) ei­ner Mark be­güns­tig­te zu­nächst ei­ne stän­dig wach­sen­de Mit­glie­der­zahl. Die Fi­nan­zie­rung der kos­ten­in­ten­si­ven Volks­ver­eins­ar­beit blieb aber von der Mit­glie­der­ent­wick­lung und Zah­lungs­mo­ral der Orts­grup­pen ab­hän­gig.

Mit sei­ner pra­xis­ori­en­tier­ten Bil­dungs­ar­beit leis­te­te der Volks­ver­ein ei­nen ent­schei­den­den Bei­trag für ei­ne weg­wei­sen­de Neu­ori­en­tie­rung so­zia­len Den­kens und Han­delns im deut­schen Ka­tho­li­zis­mus, in­so­fern er die Be­wäl­ti­gung der so­zia­len Fra­ge vom Bo­den der mo­der­nen In­dus­trie­ge­sell­schaft aus be­trieb. Nicht mehr die sys­tem­ver­än­dern­de „So­zi­al­re­for­m“, al­so der voll­stän­di­ge Neu­bau der Ge­sell­schaft war das Ziel so­zia­len En­ga­ge­ments, son­dern die an der ka­tho­li­schen Ge­sell­schafts­leh­re ori­en­tier­te sys­tem­kor­ri­gie­ren­de „So­zi­al­po­li­ti­k“ zur Über­win­dung des „Klas­sen­kamp­fes“. Ori­en­tie­rungs­punkt des „re­al­po­li­ti­schen“ En­ga­ge­ments war die En­zy­kli­ka Le­os XIII. „Rer­um no­var­um“ vom 15.5.1891. Die pro­gram­ma­ti­schen For­de­run­gen des Volks­ver­eins gin­gen aber noch über die päpst­li­chen Vor­ga­ben hin­aus und lau­te­ten: Fort­set­zung der staat­li­chen So­zi­al­po­li­tik, Aus­bau der Ar­bei­ter­schutz­ge­setz­ge­bung, Be­sei­ti­gung der Fa­brik­ar­beit ver­hei­ra­te­ter Frau­en, För­de­rung ge­nos­sen­schaft­li­cher Selbst­hil­fe, Si­che­rung des Ko­ali­ti­ons­rechts, Ta­rif­au­to­no­mie, An­he­bung der Re­al­löh­ne und Ver­bes­se­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen, Mit­be­stim­mung durch öf­fent­lich-recht­li­che Ar­beits­kam­mern und „kon­sti­tu­tio­nel­le Be­triebs­sys­te­me“, fer­ner im po­li­ti­schen Raum glei­ches Wahl­recht und stär­ke­re po­li­ti­sche Mit­wir­kung.[5] 

Die In­te­gra­ti­on der durch den „Kul­tur­kampf“ weit­ge­hend iso­lier­ten ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rungs­mi­no­ri­tät in die Ge­sell­schaft war da­mit ein Stück wei­ter vor­an­ge­bracht und wur­de nicht zu­letzt auch durch die seit 1906 als neu­es Tä­tig­keits­feld des Volks­ver­eins über­nom­me­ne staats­bür­ger­li­che Bil­dung ge­för­dert. Da­mit er­fuhr die so­zi­al­po­li­ti­sche Ex­klu­si­vi­tät der Pro­gram­ma­tik ei­ne ent­schei­den­de Mo­di­fi­ka­ti­on. In Zu­sam­men­ar­beit mit der Zen­trums­par­tei über­nahm der Volks­ver­ein die staats­bür­ger­li­che Schu­lung und Mo­bi­li­sie­rung der ka­tho­li­schen Wäh­ler. Auch wenn der Volks­ver­ein auf un­mit­tel­ba­res Wahl­en­ga­ge­ment, auf die No­mi­nie­rung ei­ge­ner Kan­di­da­ten oder auf Stel­lung­nah­me bei in­ner­par­tei­li­chen Kon­flik­ten ver­zich­te­te, bot er den­noch den Mit­glie­dern ein be­trächt­li­ches „Ar­ti­ku­la­ti­ons- und Eman­zi­pa­ti­ons­po­ten­ti­al“.[6] 

Die ver­schärf­te Kir­chen­aus­tritts­pro­pa­gan­da des re­vo­lu­tio­nä­ren So­zia­lis­mus zwang den Volks­ver­ein schlie­ß­lich da­zu, die po­pu­lä­re Apo­lo­ge­tik zu in­ten­si­vie­ren. Der Ver­ein be­trieb sie aber nicht als kon­fes­sio­nel­le Po­le­mik im Stil des „Evan­ge­li­schen Bun­des“, son­dern ver­such­te, An­grif­fe, „wel­che in neu­es­ter Zeit ge­gen die Grund­wahr­hei­ten des Chris­ten­tums von athe­is­ti­scher Sei­te er­ho­ben und von der So­zi­al­de­mo­kra­tie ins Volk ge­tra­gen wer­den“, zu­rück­zu­wei­sen.[7]  Ent­kirch­li­chung und Dechris­tia­ni­sie­rung soll­ten vom Bo­den des ka­tho­li­schen Chris­ten­tums aus über­wun­den, „sä­ku­la­re Sinn­stif­tun­gen“ und Er­satz­re­li­gio­nen, An­ti­se­mi­tis­mus und Ras­sis­mus ein­ge­dämmt wer­den.

3. Organisationsnetz und Tätigkeitsbereiche

An der Spit­ze der Ver­eins­or­ga­ni­sa­ti­on, die ihr ge­setz­li­ches Do­mi­zil zu­nächst im hes­si­schen Mainz, dem tra­di­tio­nel­len Vor­ort der ka­tho­li­schen Be­we­gung, und dann seit 1908 in Mön­chen­glad­bach hat­te, stand ein Ge­samt­vor­stand. Er um­fass­te min­des­tens sie­ben Mit­glie­der und seit der Sat­zungs­än­de­rung von 1906 min­des­tens 24 Per­so­nen nebst dem Ge­ne­ral­di­rek­tor. Die Vor­stands­mit­glie­der wur­den von der all­jähr­lich – in der Re­gel wäh­rend des deut­schen Ka­tho­li­ken­tags – statt­fin­den­den Ge­ne­ral­ver­samm­lung auf zwei Jah­re ge­wählt. Der „en­ge­re Vor­stan­d“ setz­te sich aus dem Ers­ten und Zwei­ten Vor­sit­zen­den, dem Schrift­füh­rer und dem Schatz­meis­ter so­wie aus drei bis sie­ben Bei­sit­zern zu­sam­men. Er führ­te die Be­schlüs­se des Ge­samt­vor­stan­des und der Ge­ne­ral­ver­samm­lung aus, ver­trat den Ver­ein nach au­ßen, ver­wal­te­te sein Ver­mö­gen und be­fand über die An­stel­lung des Ge­ne­ral­di­rek­tors, der die Zen­tral­stel­le in Mön­chen­glad­bach lei­te­te. De­ren ers­ter Ge­schäfts­füh­rer wur­de 1890 der Prä­ses des St.-Jo­sefs-Asyls in Köln Dr. Jo­sef Dram­mer (1851–1929). In­fol­ge Ar­beits­über­las­tung leg­te er be­reits En­de 1891 sein Amt nie­der, mein­te er doch, „daß sei­ne Ar­beit auch recht wohl von Lai­en ge­leis­tet wer­den könn­te“.[8]  Der Vor­stand hielt aber „ge­ra­de die Au­to­ri­tät und Er­fah­rung ei­nes Geist­li­chen“ für un­er­läss­lich[9]  und stell­te die­sem Vor­ver­ständ­nis ent­spre­chend in der Fol­ge (mit ei­ner Aus­nah­me)[10]  nur Kle­ri­ker als Ge­ne­ral­di­rek­to­ren an. Als Nach­fol­ger Dramm­ers über­nahm Au­gust Pie­per[11]  von 1892 bis 1919 die­se Auf­ga­be.

Franz Brandts, Porträtfoto. (Rheinisches Bildarchiv Köln)

 

Mit­tel­punkt der Ver­eins­or­ga­ni­sa­ti­on und „brain trus­t“[12]  für den deut­schen Ver­bands­ka­tho­li­zis­mus wur­de die Zen­tral­stel­le in der nie­der­rhei­ni­schen Tex­til­in­dus­trie­stadt Mön­chen­glad­bach. For­mell nur aus­füh­ren­des Or­gan des en­ge­ren Vor­stan­des ent­fal­te­te hier ein Stab wis­sen­schaft­lich vor­ge­bil­de­ter Be­am­ter un­ter der Lei­tung des Ge­ne­ral­di­rek­tors ei­ne in­ten­si­ve pu­bli­zis­ti­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Tä­tig­keit. 1909 be­stan­den an der Zen­tral­stel­le Ab­tei­lun­gen für kom­mu­nal­po­li­ti­sche, so­zi­al­po­li­ti­sche, land­wirt­schaft­li­che Fra­gen, für Mit­tel­stands­fra­gen, Ar­bei­ter­fra­gen und so­zia­les Ver­eins­we­sen, für Fi­nanz- und Steu­er­fra­gen, für volks­wirt­schaft­li­che Fra­gen und für Volks­bil­dung und Volks­er­zie­hung, fer­ner die apo­lo­ge­ti­sche Ab­tei­lung. In An­leh­nung an die Volks­ver­eins­zen­tra­le ar­bei­te­te das von Carl Son­nen­schein  ge­lei­te­te „Se­kre­ta­ri­at So­zia­ler Stu­den­ten­ar­beit (SSS)“. Der Zen­tral­stel­le an­ge­schlos­sen wa­ren die fort­lau­fend er­wei­ter­te „So­zi­al­wis­sen­schaft­li­che“ und „Apo­lo­ge­ti­sche“ Bi­blio­thek, die „So­zia­le und Apo­lo­ge­ti­sche Aus­kunfts­stel­le“ für Fra­gen ins­be­son­de­re der So­zi­al­ver­si­che­rung, des Ar­beits­schut­zes und der po­pu­lä­ren Apo­lo­ge­tik mit um­fas­sen­der Pres­se­do­ku­men­ta­ti­on und ein „So­zia­les Ar­chi­v“ mit zeit­wei­li­gem Sitz in Ber­lin (1907–1919), wel­ches das an­fal­len­de Schrift­gut zur So­zi­al­ge­setz­ge­bung er­fa­ß­te, sam­mel­te und im Hin­blick auf die par­la­men­ta­ri­sche Pra­xis der Zen­trums­po­li­ti­ker sys­te­ma­tisch aus­wer­te­te. Zur Ent­las­tung des Ge­ne­ral­di­rek­tors wur­de 1903 an der Zen­tral­stel­le ein Di­rek­to­ri­um ge­bil­det. Wäh­rend der Di­rek­tor Hein­rich Brauns für die äu­ße­re Or­ga­ni­sa­ti­on, Wer­bung, Kur­sus- und Kon­fe­renz­ar­beit zu­stän­dig war, ver­wal­te­te der Di­rek­tor Wil­helm Hohn (1871–1954) die in­ne­re und fi­nan­zi­el­le Or­ga­ni­sa­ti­on des Ver­eins. Zu­gleich über­nahm er die Ge­schäfts­füh­rung des ex­pan­die­ren­den Volks­ver­eins-Ver­la­ges und sei­ner Toch­ter­ge­sell­schaf­ten.

August Pieper, Porträtfoto.

 

Als „Ver­lags­ab­tei­lun­g“ der Zen­tral­stel­le wur­de der Volks­ver­eins-Ver­lag in der ju­ris­ti­schen Form ei­ner Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung 1905 ge­grün­det. Die Ge­sell­schaft un­ter­hielt am Mön­chen­glad­ba­cher Haupt­sitz ei­nen Dru­cke­rei- und Buch­bin­de­rei­be­trieb und ver­leg­te die Schrif­ten und Flug­blät­ter des Volks­ver­eins und an­de­rer ka­tho­li­scher Ver­bän­de. 1914 be­schäf­tig­ten Zen­tral­stel­le und Ver­lag in Mön­chen­glad­bach 173 haupt­amt­li­che Kräf­te.

Auf Be­schluss des Vor­stan­des wur­de 1909 die „Licht­bil­de­rei“ als selb­stän­di­ge Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung ge­grün­det: Sie war „die be­deu­tends­te kirch­li­che Fil­mein­rich­tung in der Früh­zeit der Ki­ne­ma­to­gra­phie“, galt als „das grö­ß­te ge­mein­nüt­zi­ge Film­ver­lei­hin­sti­tut in Deutsch­lan­d“ und leis­te­te ei­nen ge­wich­ti­gen Bei­trag zur ka­tho­li­schen und kom­mu­na­len „Film­re­form­be­we­gun­g“.[13] 

Im Auf­trag der Mön­chen­glad­ba­cher Zen­tra­le agier­ten als Mit­tel­in­stanz Lan­des- und Diö­ze­san­ver­tre­ter, auf re­gio­na­ler Ebe­ne schlie­ß­lich Kreis- und Be­zirks­ge­schäfts­füh­rer. An Ort und Stel­le hat­ten die Ge­schäfts­füh­rer vor al­lem für die Wer­bung und Schu­lung von Ver­trau­ens­leu­ten zu sor­gen. Letz­te­re gal­ten als das „Rück­gra­t“ des Ver­eins.[14]  Als Red­ner und Mul­ti­pli­ka­to­ren der Ver­eins­an­lie­gen be­müh­ten sich die Ver­trau­ens­leu­te um die Ge­win­nung neu­er Mit­glie­der, kas­sier­ten den Jah­res­bei­trag, ver­teil­ten die Ver­eins­schrif­ten und soll­ten ei­nen en­gen Kon­takt zwi­schen Mit­glie­dern, Ge­schäfts­füh­rern und Zen­tral­stel­le ge­währ­leis­ten.[15] 

In räum­li­cher Nä­he und trotz or­ga­ni­sa­to­ri­scher Un­ab­hän­gig­keit in en­ger An­leh­nung an die Zen­tral­stel­le des Volks­ver­eins ar­bei­te­ten die Ver­bands­zen­tra­le der mit­glie­der­star­ken ka­tho­li­schen Ar­bei­ter- und Knap­pen­ver­ei­ne West­deutsch­lands und ihr wö­chent­lich er­schei­nen­des Or­gan, die „West­deut­sche Ar­bei­ter­zei­tun­g“. In per­so­nel­ler und fi­nan­zi­el­ler Ko­ope­ra­ti­on mit den ka­tho­li­schen Ar­bei­ter­ver­ei­nen un­ter­hielt der Volks­ver­ein im Jah­re 1900 an 29 Or­ten so­ge­nann­te Volks­bu­re­aus oder Ar­bei­ter­se­kre­ta­ria­te. Ih­re Auf­ga­be war die Rechts­be­ra­tung in al­len Fra­gen der Kran­ken-, Un­fall- und In­va­li­den­ver­si­che­rung, fer­ner in Schul-, Steu­er- und Mi­li­tär­sa­chen. Schlie­ß­lich pu­bli­zier­te der Volks­ver­ein für die Füh­rungs­kräf­te der ka­tho­li­schen „Stan­des­ver­ei­ne“ die „Prä­si­des-Kor­re­spon­den­z“ und un­ter­stütz­te die Ent­ste­hung und Ent­wick­lung der im ka­tho­li­schen La­ger um­strit­te­nen in­ter­kon­fes­sio­nel­len Christ­li­chen Ge­werk­ver­ei­ne. Als „geis­ti­ges und or­ga­ni­sa­to­ri­sches Gra­vi­ta­ti­ons­zen­trum des po­li­tisch-so­zia­len Ver­bands­ka­tho­li­zis­mus“[16]  in Deutsch­land wur­de der Volks­ver­ein An­re­ger ähn­li­cher Or­ga­ni­sa­tio­nen in der Schweiz, Ita­li­en, Lu­xem­burg, Ös­ter­reich und Un­garn, aber auch im über­see­ischen Aus­land.

Für die Bin­nen­kom­mu­ni­ka­ti­on des Ver­eins wie für die Schu­lung der Mit­glie­der be­dien­te sich die Zen­tral­stel­le vor­nehm­lich der klas­si­schen Druck­me­di­en des Volks­ver­eins-Ver­lags. Da­ne­ben ka­men aber auch Licht­bil­der, Fil­me und Schall­plat­ten zum Ein­satz, seit 1924 wur­de ge­le­gent­lich auch der Hör­funk ge­nutzt. Sechs­mal im Jahr (bis 1910 acht­mal) er­hiel­ten al­le Ver­eins­mit­glie­der über die Ver­trau­ens­män­ner die we­gen ih­res Um­schlags so­ge­nann­ten „ro­ten Hef­te“ mit Auf­sät­zen oder Leh­rein­hei­ten zu so­zia­len, po­li­ti­schen oder auch re­li­giö­sen Fra­gen. Für die weib­li­chen Mit­glie­der er­schie­nen seit 1913 die so­ge­nann­ten „gel­ben Hef­te“ un­ter dem Ti­tel „Die Frau im Volks­ver­ein“. Or­ga­ni­sa­to­ri­sche Fra­gen be­han­del­ten die „Mit­tei­lun­gen an die Ge­schäfts­füh­rer“, die 1915 in ei­ner Auf­la­ge von et­wa 8.000 Ex­em­pla­ren ver­trie­ben wur­den. Da­zu ka­men meh­re­re so­zi­al­po­li­ti­sche, staats­bür­ger­li­che und apo­lo­ge­ti­sche Schrif­ten­rei­hen und Pe­ri­odi­ka, die 1914 ei­ne Auf­la­ge von über 17 Mil­lio­nen Ex­em­pla­ren er­reich­ten. Die „So­zi­al(po­li­tisch)e“ und die „Apo­lo­ge­ti­sche Kor­re­spon­den­z“ wur­den al­le zwei Wo­chen mehr als 300 Zei­tun­gen un­ent­gelt­lich zu­ge­stellt. Zur Ab­wehr so­zi­al­de­mo­kra­ti­scher Agi­ta­ti­on und athe­is­ti­scher Pro­pa­gan­da ließ die Zen­tral­stel­le so­zi­al­po­li­ti­sche, apo­lo­ge­ti­sche, „ge­mein­nüt­zi­ge“ und Agi­ta­ti­ons­flug­blät­ter her­stel­len und plan­mä­ßig ver­brei­ten. Ih­re Auf­la­ge be­trug 1914 89 Mil­lio­nen Ex­em­pla­re. Er­gänzt wur­de die pu­bli­zis­ti­schen Auf­klä­rungs­ak­tio­nen durch Gro­ß­ver­an­stal­tun­gen, Orts­ver­samm­lun­gen für die „gan­ze Ge­mein­de“, ver­eins­in­ter­ne Aus­spra­che­krei­se oder Vor­trä­ge.

Heinrich Brauns, Porträtfoto. (Konrad-Adenauer-Stiftung/Archiv für Christlich-Demokratische Politik - Fotoarchiv)

 

Die Be­stän­de der so­zi­al­wis­sen­schaft­li­chen und apo­lo­ge­ti­schen Spe­zi­al­bi­blio­thek an der Zen­tral­stel­le stan­den den Ver­eins­mit­glie­dern zur un­ent­gelt­li­chen Aus­lei­he zur Ver­fü­gung. Ge­gen ei­ne Ge­bühr von 50 Pfen­ni­gen in Brief­mar­ken er­teil­te die „So­zia­le Aus­kunfts­stel­le M.Glad­bach“ schrift­li­che Aus­kunft in ar­beits- und ver­si­che­rungs­recht­li­chen Fra­gen, wäh­rend die „Apo­lo­ge­ti­sche Aus­kunfts­stel­le“ re­li­giö­se An­fra­gen be­ar­bei­te­te.

Ne­ben die Bil­dungs- und In­for­ma­ti­ons­auf­ga­ben trat die „Füh­rer­schu­lun­g“, ge­wis­ser­ma­ßen „der zwei­te Bil­dungs­weg des deut­schen Ka­tho­li­zis­mus“.[17]  Seit 1892 führ­te die Zen­tral­stel­le ein­wö­chi­ge „prak­tisch-so­zia­le Kur­se“ durch, die je­weils meh­re­re hun­dert Teil­neh­mer zähl­ten. Die­se kur­zen Ein­füh­run­gen wur­den von 1901 an – schon fünf Jah­re vor der Ein­rich­tung der so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei­schu­le in Ber­lin – durch zehn­wö­chi­ge „volks­wirt­schaft­li­che“ In­ten­siv­kur­se er­setzt. Sie wur­den von der Zen­tral­stel­le ver­an­stal­tet, um den Teil­neh­mern je­ne theo­re­ti­schen und prak­ti­schen Kennt­nis­se und Fer­tig­kei­ten zu ver­mit­teln, „wel­che die­sel­ben be­fä­hi­gen, in der christ­li­chen Ar­bei­ter­be­we­gung und zwar in Ar­bei­ter- und Ge­werk­ver­ei­nen er­folg­reich tä­tig zu sein als Vor­stands­mit­glie­der, Schrift­füh­rer, Vor­trags­red­ner, Dis­kus­si­ons­red­ner, als Mit­ar­bei­ter an der Ar­bei­ter­pres­se, als Lei­ter von Zahl­stel­len, Ge­nos­sen­schaf­ten, Kran­ken- und Ster­be­kas­sen, als Bei­sit­zer von Ge­wer­be­ge­rich­ten, evtl. auch als frei­ge­stell­te Ar­bei­ter- und Ge­werk­schafts­se­kre­tä­re“.[18] 

Ne­ben den volks­wirt­schaft­li­chen Kur­sen, die bei Kriegs­aus­bruch be­reits von 722 Teil­neh­mern er­folg­reich be­sucht wor­den wa­ren, führ­te der Volks­ver­ein auch so­zia­le Kur­se für Hand­wer­ker, Kauf­leu­te, Land­wir­te, Be­am­te und Leh­rer durch. Kle­ri­ker wur­den zur re­gel­mä­ßi­gen Ab­hal­tung „so­zia­ler Kon­fe­ren­zen“ ein­ge­la­den. Zur Qua­li­fi­zie­rung des Ei­gen­be­darfs an Nach­wuchs­kräf­ten für die Mön­chen­glad­ba­cher Zen­tral­stel­le ge­währ­te der Volks­ver­ein jun­gen Geist­li­chen oder Lai­en Sti­pen­di­en zum Stu­di­um der Na­tio­nal­öko­no­mie.

Die viel­fäl­ti­gen Ak­ti­vi­tä­ten des Volks­ver­eins fan­den ei­nen un­ge­wöhn­lich gro­ßen An­klang bei den deut­schen Ka­tho­li­ken. Im ers­ten Jahr nach der Kon­sti­tu­ie­rung zähl­te der Volks­ver­ein be­reits 108.889 Mit­glie­der. Am Vor­abend des Ers­ten Welt­krie­ges er­reich­te der Volks­ver­ein schlie­ß­lich mit 805.909 Mit­glie­dern – ein­schlie­ß­lich 60.000 eh­ren­amt­li­chen Ver­trau­ens­män­nern – den Höchst­stand sei­ner Ent­wick­lung. Gro­ße Pro­ble­me hat­te der Volks­ver­ein al­ler­dings, in länd­li­che Ge­bie­te vor­zu­drin­gen und al­le „Stän­de“ für ei­ne Mit­ar­beit bei den er­streb­ten so­zi­al­po­li­ti­schen Re­for­men zu ge­win­nen. Auch wuchs der „Ab­stand zwi­schen dem Volks­ver­ein und der viel jün­ge­ren so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on [...] von Jahr zu Jahr be­trächt­li­ch“.[19]  1909 quan­ti­ta­tiv noch et­wa gleich­stark, über­run­de­te die SPD den Volks­ver­ein in der Fol­ge­zeit und zähl­te 1914 be­reits 1.085.905 ein­ge­schrie­be­ne Mit­glie­der.

Carl Sonnenschein, Porträtfoto. (Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland - RWB21812)

 

4. Anfechtungen in der Modernismuskrise und Mitgliederrückgang im Ersten Weltkrieg

Aber nicht die ra­san­te Mit­glie­der­ent­wick­lung der als Geg­ner be­kämpf­ten So­zi­al­de­mo­kra­ten stell­te die Exis­tenz des Volks­ver­eins grund­sätz­lich in Fra­ge, son­dern Kri­tik aus den ei­ge­nen Rei­hen. In dem Streit um den kon­fes­sio­nel­len oder po­li­ti­schen Cha­rak­ter der Zen­trums­par­tei so­wie in der Fra­ge nach der Er­laubt­heit der Christ­li­chen Ge­werk­schaf­ten ver­trat der Volks­ver­ein en­ga­giert die in­ter­kon­fes­sio­nel­le „Köl­ner“ oder auch „Glad­ba­cher Rich­tun­g“ zu­sam­men mit dem west­deut­schen Zen­trum und des­sen Sprach­rohr, der „Köl­ni­schen Volks­zei­tung“. Des­halb kam es zu lang­wie­ri­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der „Ber­li­ner Rich­tun­g“. Kar­di­nal Kopp (1837–1914), von der „Ver­seu­chung des Wes­ten­s“ über­zeugt,[20]  be­klag­te die „in Mün­chen-Glad­bach be­trie­be­ne krank­haf­te In­ter­kon­fes­sio­na­li­sie­rung und Lai­ci­sie­run­g“.[21]  In sei­ner Bres­lau­er Diö­ze­se un­ter­band er vor­erst je­de wei­te­re Neu­grün­dung von Orts­sek­tio­nen des Volks­ver­eins und emp­fahl sei­nen Bi­schofs­kol­le­gen, den be­herr­schen­den Ein­fluß der Mön­chen­glad­ba­cher Zen­tral­stel­le ein­zu­däm­men und den Volks­ver­ein in Diö­ze­san­ver­bän­de auf­zu­lö­sen. Im Sep­tem­ber 1910 droh­te er so­gar mit der kir­chen­amt­li­chen Ver­ur­tei­lung des Volks­ver­eins. Wenn er auch sei­nen An­deu­tun­gen kei­ne ent­spre­chen­den Schrit­te bei der rö­mi­schen Ku­rie fol­gen ließ, so tak­tier­te er doch mit ih­nen und be­wirk­te da­mit un­ge­wollt ei­ne Rei­he von In­ter­ven­tio­nen. Zen­trums­füh­rung, Reichs­lei­tung und ei­ni­ge deut­sche Bi­schö­fe brach­ten in Rom ih­re Be­den­ken zur Spra­che. Im Ok­to­ber 1910 ließ die rö­mi­sche Ku­rie ein päpst­li­ches Ein­schrei­ten ge­gen den Volks­ver­ein als halt­lo­ses Ge­rücht de­men­tie­ren. Doch sah sich der „prä­te­re­pis­ko­pale“[22]  Volks­ver­ein wei­ter­hin in­ter­nen Wei­sun­gen des mi­ß­traui­schen Epis­ko­pats ge­gen­über. Sei­nem mehr­fach ge­äu­ßer­ten Wunsch, ei­nen bi­schöf­li­chen Ver­tre­ter in sei­nen Vor­stand auf­zu­neh­men, hat sich der Volks­ver­ein er­folg­reich wi­der­setzt. Da­ge­gen war der Vor­stand nach ei­ni­gem Wi­der­stre­ben be­reit, den Bi­schö­fen all­jähr­lich in ei­ner be­son­de­ren Denk­schrift In­for­ma­tio­nen über die Ver­mö­gens­la­ge zu ge­ben. Oh­ne das Pla­cet so­wohl des Hei­mat­bi­schofs wie des Köl­ner Orts­bi­schofs durf­te der Vor­stand kei­ne Geist­li­chen als Mit­ar­bei­ter des Volks­ver­eins mehr an­stel­len.

Karl Trimborn, Porträtfoto. (Rheinisches Bildarchiv Köln)

 

Von ei­ner Wel­le na­tio­na­ler Be­geis­te­rung eben­so mit­ge­ris­sen wie an­de­re Welt­an­schau­ungs­grup­pen, hat­te der Volks­ver­ein mit Kriegs­be­ginn im Au­gust 1914 sei­ne Tä­tig­keit ganz in den Dienst der Va­ter­lands­ver­tei­di­gung ge­stellt. Für die Ver­eins­lei­tung, wie für den po­li­ti­schen Ka­tho­li­zis­mus ins­ge­samt, be­stand über­haupt kein Zwei­fel dar­an, daß das Reich ei­nen ge­rech­ten Ver­tei­di­gungs­krieg füh­re. Folg­lich be­trieb der Volks­ver­ein die „geis­ti­ge, sitt­li­che, va­ter­län­di­sche und na­tio­na­le, wirt­schaft­li­che und volks­wohl­fahrts­pfle­gen­de Stär­kung der Hei­mat­ar­mee“.[23]  Die­sem Zweck dien­ten zahl­rei­che „va­ter­län­di­sche Kund­ge­bun­gen“ und über 14 Mil­lio­nen ge­druck­te Ex­em­pla­re ei­ner Fül­le von Schrif­ten und Flug­blät­tern; nicht zu­letzt wur­den auch fi­nan­zi­el­le Bei­trä­ge in Form von „Kriegs­an­lei­hen“ ge­zeich­net. Die­se or­ga­ni­sa­to­risch nicht un­er­heb­li­che „Kriegs­ar­beit“ konn­te den all­mäh­li­chen Nie­der­gang nicht auf­hal­ten. Das el­säs­si­sche Lan­des­se­kre­ta­ri­at mu­ß­te wäh­rend des Krie­ges auf­ge­ho­ben wer­den und der Hef­te­ver­sand in die Reichs­lan­de, die grö­ß­ten­teils zum Kriegs­ope­ra­ti­ons- und Grenz­fes­tungs­be­reich ge­hör­ten, zeit­wei­lig ein­ge­stellt wer­den. Die Mehr­zahl der Be­zirks­se­kre­ta­ria­te wur­de ge­schlos­sen. In­fol­ge kriegs­be­ding­ten Um­satz­rück­gangs war auch die über­schul­de­te Licht­bil­de­rei GmbH des Volks­ver­eins En­de 1918 „prak­tisch be­deu­tungs­los ge­wor­den“.[24]  Die Zahl der Ver­eins­mit­glie­der sank auf 539.085 im April 1918. Da­mit hat­te der Volks­ver­ein wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges rund ein Drit­tel sei­ner Mit­glie­der ver­lo­ren.

Die­ser „Ader­las­s“ war kei­nes­wegs aus­schlie­ß­lich kriegs­be­dingt. Viel­mehr ge­riet der Volks­ver­ein zu­neh­mend un­ter den „Druck der Span­nun­gen zwi­schen bür­ger­lich do­mi­nier­ter Zen­trums­mehr­heit und [ka­tho­li­scher] Ar­bei­ter­be­we­gun­g“,[25]  die den Ge­ne­ral­di­rek­tor Pie­per zur end­gül­ti­gen Re­si­gna­ti­on ver­an­la­ß­ten. Un­mit­tel­bar nach Kriegs­en­de, am 11.11.1918, ver­zich­te­te er de­mons­tra­tiv auf sei­ne Ab­ge­ord­ne­ten­man­da­te in Reichs­tag und Ab­ge­ord­ne­ten­haus und leg­te am 2.12.1918 auch die Lei­tung der Volks­ver­eins-Zen­tral­stel­le nie­der (de­ren Ge­schäf­te er noch bis zum 1.4.1919 ver­sah), um künf­tig „un­be­las­te­t“ von „in­te­gra­len“ Vor­hal­tun­gen als „frei­er Mit­ar­bei­ter“ für den Volks­ver­ein tä­tig zu sein.[26] 

Wilhelm Marx, 1926, Porträtfoto. (LVR-Zentrum für Medien und Bildung)

 

5. Die Konkurrenz der Verbände

Im „deut­schen Volks­staa­t“ von Wei­mar konn­te der Volks­ver­ein zu­nächst von der Mo­bi­li­sie­rung der ka­tho­li­schen Be­völ­ke­rungs­mi­no­ri­tät – ins­be­son­de­re der erst­mals mit Wahl­recht aus­ge­stat­te­ten Frau­en – ge­gen die „kul­tur­kämp­fe­ri­schen“ Pro­vo­ka­tio­nen der Re­vo­lu­ti­ons­re­gie­run­gen pro­fi­tie­ren. Der Mit­glie­der­rück­gang wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges konn­te weit­ge­hend aus­ge­gli­chen wer­den. Prag­ma­tisch stell­te sich die Füh­rung des Volks­ver­eins auf die neue po­li­ti­sche La­ge ein, nahm trotz kriegs­be­ding­ter Or­ga­ni­sa­ti­ons­pro­ble­me ei­ne Auf­ga­ben­er­wei­te­rung vor und ver­sag­te sich nicht der po­li­ti­schen Mit­wir­kung bei der Be­grün­dung der deut­schen Re­pu­blik von Wei­mar. Um­so mehr über­rascht der Be­fund, dass der Volks­ver­ein seit 1922 ei­nen kon­ti­nu­ier­li­chen Rück­gang an Mit­glie­dern und da­mit an Be­deu­tung und Ein­fluss zu ver­zeich­nen hat­te, ob­wohl die in­ner­ka­tho­li­schen An­fein­dun­gen, de­nen er sich wäh­rend des „Ge­werk­schafts­streits“ aus­ge­setzt sah, eben­so deut­lich ab­ge­klun­gen wa­ren wie die wäh­rend des Welt­krie­ges auf­ge­tre­te­nen „Po­la­ri­sie­rungs­ten­den­zen“. Auch in den re­la­tiv ru­hi­gen Jah­ren des re­pu­bli­ka­ni­schen All­tags, in dem die Ka­tho­li­ken trotz un­ver­än­der­ter sta­tis­ti­scher Min­der­heits­la­ge ih­re voll­stän­di­ge staats­bür­ger­li­che „Pa­ri­tät“ er­lang­ten, war ei­ne Sta­bi­li­sie­rung der Mit­glie­der­be­we­gung nicht mehr zu er­rei­chen. Die ver­meint­li­che Kon­so­li­die­rung in den ers­ten drei Nach­kriegs­jah­ren er­wies sich im nach hin­ein als In­ku­ba­ti­ons­pha­se ei­ner Struk­tur­kri­se. Die An­zahl der Mit­glie­der sank kon­ti­nu­ier­lich ab und er­reich­te im Kri­sen­jahr 1928 ei­nen Tief­stand von 417.288 Mit­glie­dern (1932: 330.017 Mit­glie­der). Im Ver­gleich zum Jahr 1914 war da­mit der Mit­glie­der­be­stand fast hal­biert wor­den. Nur in­fol­ge ei­nes auf über 20 Pro­zent an­ge­wach­se­nen Frau­en­an­teils ließ sich der si­gni­fi­kan­te Ein­bruch in der Zahl der männ­li­chen Ver­eins­mit­glie­der sta­tis­tisch we­nigs­tens teil­wei­se aus­glei­chen.

Die Ent­wick­lung des Volks­ver­eins war in­fol­ge viel­fäl­ti­ger Ver­flech­tun­gen mit dem kon­ti­nu­ier­li­chen Schrump­fungs­pro­zess des po­li­ti­schen Ka­tho­li­zis­mus in der Wei­ma­rer Re­pu­blik ver­knüpft. Im re­pu­bli­ka­ni­schen All­tag un­ter­stütz­te der Volks­ver­ein die an­ge­sichts po­li­ti­scher und wirt­schaft­li­cher Schwie­rig­kei­ten weit­ge­hend un­po­pu­lä­re Re­gie­rungs­ver­ant­wor­tung der Zen­trums­par­tei aus christ­li­cher Ver­ant­wor­tung, was sei­ne An­zie­hungs­kraft in je­nen ka­tho­li­schen Krei­sen er­heb­lich be­ein­träch­tig­te, die an der wech­seln­den po­li­ti­schen Zu­sam­men­ar­beit ent­we­der mit den So­zi­al­de­mo­kra­ten oder mit den Deutsch­na­tio­na­len aus welt­an­schau­li­chen Grün­den An­stoß nah­men. Wei­ter­hin er­schwert wur­de die Volks­ver­eins­ar­beit durch ei­ne viel­fäl­tig ge­speis­te in­ner­ka­tho­li­sche Kri­tik an der „Über­or­ga­ni­sa­ti­on“ des kirch­li­chen Ver­bands­we­sens, die be­son­ders in den Jah­ren 1921 bis 1924 leb­haft dis­ku­tiert wur­de. Die­se Grund­satz­de­bat­te ver­moch­te den Volks­ver­ein nicht er­kenn­bar zu be­dro­hen, wohl aber ha­ben deut­li­che Schwer­punkt­ver­la­ge­run­gen in­ner­halb des Ver­bands­ka­tho­li­zis­mus den Hand­lungs­spiel­raum des Volks­ver­eins zu­se­hends ein­ge­engt. Sein Zu­stän­dig­keits­be­reich wur­de durch die Kon­kur­renz ka­tho­li­scher Spe­zi­al­or­ga­ni­sa­tio­nen suk­zes­si­ve ein­ge­engt.

Schon am Vor­abend des Ers­ten Welt­krie­ges war es dem „Ka­tho­li­schen Frau­en­bun­d“ mit epis­ko­paler Rü­cken­de­ckung ge­lun­gen, die sys­te­ma­ti­sche Wer­bung weib­li­cher Mit­glie­der durch den Volks­ver­ein weit­ge­hend zu un­ter­bin­den. Vor al­lem der en­er­gisch vor­an­ge­trie­be­ne und vom Epis­ko­pat ge­för­der­te Aus­bau der „Ka­tho­li­schen Schul-Or­ga­ni­sa­ti­on“ droh­te schon nach An­sicht von Zeit­ge­nos­sen den Wei­ter­be­stand des Volks­ver­eins ernst­lich in Fra­ge zu stel­len. Durch­aus mög­li­che und im­mer wie­der er­ör­ter­te Fu­si­ons­plä­ne schei­ter­ten am Be­har­rungs­ver­mö­gen der Schul­or­ga­ni­sa­ti­on und ih­res tat­kräf­ti­gen Ge­ne­ral­se­kre­tärs Wil­helm Böh­ler (1891–1958). Auch die bis­her un­an­ge­foch­te­ne Po­si­ti­on des Volks­ver­eins als or­ga­ni­sa­to­risch durch­aus selb­stän­di­ge Mas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on des Zen­trums wur­de durch den for­cier­ten Auf­bau ei­ner ei­ge­nen Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on ernst­lich in Fra­ge ge­stellt. So­gar die vom Volks­ver­ein ma­ß­geb­lich ge­för­der­ten und ge­gen so man­che An­fein­dung mit Nach­druck ver­tei­dig­ten ka­tho­li­schen Ar­bei­ter­ver­ei­ne und christ­li­chen Ge­werk­schaf­ten führ­ten mitt­ler­wei­le ih­re Bil­dungs­ar­beit und Funk­tio­närs­schu­lung fast aus­schlie­ß­lich in ei­ge­ner Re­gie durch. Schlie­ß­lich ent­stan­den auch noch Kom­pe­tenz­kon­flik­te mit dem mäch­ti­gen „Deut­schen Ca­ri­tas­ver­ban­d“; und selbst mit dem zah­len­mä­ßig schwa­chen „Frie­dens­bund Deut­scher Ka­tho­li­ken“ kam es zu Strei­tig­kei­ten. Der Ein­fluß des Volks­ver­eins auf das dy­na­mi­sche ka­tho­li­sche Ju­gend­ver­bands­we­sen oder die Ju­gend­bün­de, die auf­grund ih­res ge­ne­ra­ti­ons­spe­zi­fi­schen Le­bens­ge­fühls deut­li­che Vor­be­hal­te ge­gen­über dem über­kom­me­nen Or­ga­ni­sa­ti­ons­we­sen pfleg­ten, sank zu­se­hends. Selbst auf sei­nem Haupt­feld, der Er­wach­se­nen­bil­dung, blieb der Volks­ver­ein nicht un­an­ge­foch­ten, wie die un­er­quick­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit dem „Zen­tral­bil­dungs­aus­schuß der ka­tho­li­schen Ver­bän­de Deutsch­land­s“ zur Ge­nü­ge ver­deut­lich­ten. Für den Volks­ver­ein zeich­ne­te sich, was sei­ne Ver­ant­wort­li­chen bit­ter be­klag­ten, ei­ne zu­neh­men­de Iso­lie­rung in­ner­halb des or­ga­ni­sier­ten Ka­tho­li­zis­mus ab, nicht zu­letzt we­gen des De­ba­kels der von Au­gust Pie­per und An­ton Hei­nen (1869–1934) ma­ß­geb­lich be­trie­be­nen „so­zi­al­ethi­schen Er­we­ckungs­ar­beit“.

6. Die sozialethische Neuorientierung des Volksvereins

In Ab­kehr von der bis­her ge­pfleg­ten so­zi­al­po­li­ti­schen Ak­ti­on ver­la­ger­te sich das Schwer­ge­wicht der von Hei­nen und Pie­per ma­ß­geb­lich ge­stal­te­ten Füh­rer­schu­lung auf die „Pfle­ge der Volks­ge­mein­schafts­ar­beit“.[27]  Die­ses neue Leit­bild der Volks­ge­mein­schaft, das Lin­ke wie Rech­te glei­cher­ma­ßen als Ge­gen­ent­wurf zur frag­men­ta­ri­sier­ten Wei­ma­rer Ge­sell­schaft kon­zi­piert hat­ten, soll­te durch „Ge­sin­nungs­re­for­m“ und in­ten­si­ve Volks­bil­dung in klei­nen Ar­beits­ge­mein­schaf­ten ver­wirk­licht wer­den. Die zen­tra­le Kur­su­stä­tig­keit des Volks­ver­eins wur­de nach ei­nem Ber­li­ner In­ter­mez­zo seit 1923 nicht mehr in Mön­chen­glad­bach, son­dern im so­zi­al­päd­ago­gi­schen La­bo­ra­to­ri­um des Pa­der­bor­ner Franz-Hit­ze-Hau­ses durch­ge­führt. Auch der Adres­sa­ten­kreis der „le­bens­kund­li­ch“ über­form­ten Kur­se än­der­te sich. An­stel­le haupt- oder ne­ben­amt­li­cher Funk­tio­nä­re aus den Wirt­schafts­ver­bän­den oder Par­tei­or­ga­ni­sa­tio­nen soll­ten vor­nehm­lich eh­ren­amt­lich tä­ti­ge „mitt­le­re und klei­ne­re Füh­rer“ re­kru­tiert wer­den, de­nen aber in­fol­ge man­geln­den Rück­halts an fi­nanz­kräf­ti­gen Or­ga­ni­sa­tio­nen die Be­strei­tung der Kurs­kos­ten vor dem Hin­ter­grund der all­ge­mei­nen wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung zu­neh­mend schwe­rer fiel. Die von der Volks­ver­eins­zen­tra­le in Pa­der­born durch­ge­führ­te Schu­lungs­ar­beit er­reich­te da­her im­mer we­ni­ger die künf­ti­gen Füh­rungs­kräf­te des deut­schen Ka­tho­li­zis­mus. Bei der Mas­se der eins­ti­gen An­hän­ger aus der Ar­bei­ter­schaft stieß die so­zi­al­päd­ago­gi­sche „Er­we­ckungs­ar­beit“, die aber kei­nes­falls ei­ne Ab­wen­dung von der staats­po­li­ti­schen Par­ti­zi­pa­ti­on be­zwe­cken woll­te, auf of­fe­ne Ab­leh­nung. Al­len­falls bis­her kaum er­fass­te Krei­se des Land­volks und der Leh­rer­schaft lie­ßen sich für die neu­ar­ti­gen „Füh­rer­ar­beits­ge­mein­schaf­ten“ ge­win­nen. Trotz­dem hoff­ten Hei­nen und Pie­per auch wei­ter­hin, mit der Pro­pa­gie­rung von Ge­sin­nungs­re­form und Volks­ge­mein­schaft ei­ne von kei­nem an­de­ren Stan­des­ver­ein zu leis­ten­de über­grei­fen­de Auf­ga­be über­nom­men zu ha­ben, die den Volks­ver­ein be­fä­hi­ge, zur „Volks­be­we­gung ähn­lich der Ju­gend­be­we­gun­g“ zu wer­den[28] . Doch war schon für die Zeit­ge­nos­sen der Wi­der­spruch zwi­schen der auf Mas­sen­mo­bi­li­sie­rung zu­ge­schnit­te­nen Or­ga­ni­sa­ti­on mit sei­nem kost­spie­li­gen Ap­pa­rat und der neu­en „in­ten­si­ven Eli­te­bil­dun­g“ of­fen­kun­dig.

Anton Heinen, Porträtfoto.

 

7. Der finanzielle Zusammenbruch des Volksvereins-Verlages

Bei rück­läu­fi­ger Mit­glie­der­ent­wick­lung ließ sich der Ka­pi­tal­be­darf des Ver­eins bei stän­dig stei­gen­den Or­ga­ni­sa­ti­ons­un­kos­ten nicht län­ger nur mit den Ein­nah­men aus den Jah­res­bei­trä­gen de­cken, zu­mal sich die Ver­eins­tä­tig­keit in­fol­ge des for­cier­ten Aus­baus der Lan­des­se­kre­ta­ria­te zu­neh­mend von der eh­ren­amt­li­chen auf die be­zahl­te Mit­ar­beit ver­la­gert hat­te. Das wach­sen­de De­fi­zit der Volks­ver­eins­rech­nung hat die Ver­eins­füh­rung kei­nes­falls zu ei­ner ri­go­ro­sen Spar­po­li­tik ver­an­lasst. Viel­mehr such­te der um­trie­bi­ge Ge­ne­ral­di­rek­tor Hohn, die frag­lich ge­wor­de­ne Fi­nan­zie­rung der Ver­eins­or­ga­ni­sa­ti­on durch ei­nen Aus­bau der Ver­lags-GmbH zu ei­nem viel­ge­stal­ti­gen Kon­zern, dem selbst Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäf­te nicht fremd wa­ren, si­cher­zu­stel­len. Die all­zu gro­ßen Er­war­tun­gen er­füll­ten sich je­doch nicht. Die un­ren­ta­blen Toch­ter­ge­sell­schaf­ten und Be­tei­li­gun­gen be­las­te­ten das Kon­to der Ver­lags-Ge­sell­schaft in ei­nem exis­tenz­be­dro­hen­den Aus­maß. Teu­re Bank­kre­di­te lie­ßen sich nicht mehr recht­zei­tig in lang­fris­ti­ge Aus­lands­an­lei­hen um­wan­deln. Und ein mit letz­ter An­stren­gung an­ge­bahn­tes Ver­si­che­rungs­ge­schäft, von dem sich Hohn all­zu op­ti­mis­tisch die Lö­sung al­ler fi­nan­zi­el­len Be­dräng­nis­se ver­sprach, schei­ter­te am Ein­spruch des Vor­stan­des. Li­qui­di­täts­span­nun­gen führ­ten schlie­ß­lich 1929 in den Ru­in des Kon­zerns und zur Ent­las­sung Hohns. Um­fang­rei­che Hilfs­maß­nah­men und be­trächt­li­che Zu­wen­dun­gen aus dem ka­tho­li­schen La­ger ver­moch­ten die Zah­lungs­ein­stel­lung des Volks­ver­eins-Ver­la­ges nicht mehr ab­zu­wen­den, der auch noch die mit­tel­stän­di­sche „Glad­ba­cher Ge­wer­be­ban­k“ mit sich in den Zu­sam­men­bruch riss, was die ge­schä­dig­ten Ge­wer­be­trei­ben­den, Spa­rer und Hand­wer­ker in Mön­chen­glad­bach in be­son­de­rem Ma­ße ge­gen den Volks­ver­ein auf­brach­te. Mit Hil­fe der ka­tho­li­schen Ver­bän­de wur­de 1930 auf Ver­an­las­sung der Haupt­gläu­bi­ger die Ak­ti­en­ge­sell­schaft „Rhei­ni­sche Dru­cke­rei“ ge­grün­det, die dann Räu­me und Ma­schi­nen des zu­sam­men­ge­bro­che­nen Volks­ver­eins-Ver­la­ges pach­te­te, um we­nigs­tens die Ab­tra­gung der ding­lich ge­si­cher­ten Schul­den zu er­wirt­schaf­ten.

8. Rettungsversuche und neue Aufgaben

Die not­wen­di­ge or­ga­ni­sa­to­ri­sche wie per­so­nel­le Re­or­ga­ni­sa­ti­on des Volks­ver­eins wur­de 1928 vom in­te­ri­mis­ti­schen Ge­ne­ral­di­rek­tor Brauns ein­ge­lei­tet. Bei der in­ten­dier­ten Er­neue­rung war der Ver­ein an­ge­sichts der er­for­der­li­chen fi­nan­zi­el­len So­li­da­ri­täts­op­fer nicht nur auf das Wohl­ver­hal­ten von Epis­ko­pat und Kle­rus an­ge­wie­sen, son­dern hat­te auch die ver­fes­tig­te Kon­kur­renz­si­tua­ti­on im Ver­hält­nis zu den ka­tho­li­schen Ver­bän­den zu be­rück­sich­ti­gen. An­ge­sichts die­ses be­eng­ten Hand­lungs­spiel­raums be­ab­sich­tig­te Brauns of­fen­sicht­lich die Um­wand­lung des Volks­ver­eins in ei­ne Art Zen­trums­ver­ein, der von Ber­lin aus schwer­punkt­mä­ßig staats­bür­ger­li­che Bil­dungs- und Er­zie­hungs­ar­beit durch­füh­ren soll­te. Mit sei­nen Vor­stel­lun­gen fand er aber nicht die er­wünsch­te Zu­stim­mung von Sei­ten des deut­schen Epis­ko­pats. Gleich­zei­tig er­folg­ten mas­si­ve In­ter­ven­tio­nen ka­tho­li­scher Or­ga­ni­sa­tio­nen ge­gen die dem Volks­ver­ein un­ter­stell­te Ab­sicht, die Fe­der­füh­rung der „Ka­tho­li­schen Ak­ti­on“ über­neh­men zu wol­len. Die Stel­lung des Volks­ver­eins in­ner­halb die­ser Ka­tho­li­schen Ak­ti­on blieb aber eben­so in der Schwe­be wie ins­ge­samt die Re­zep­ti­on der Ka­tho­li­schen Ak­ti­on in Deutsch­land. Ei­ne schon von arg­wöh­ni­schen Zeit­ge­nos­sen be­klag­te „Ver­kirch­li­chun­g“, das hei­ßt ei­ne stär­ke­re An­bin­dung des Volks­ver­eins an den Epis­ko­pat durch die im De­zem­ber 1928 sat­zungs­mä­ßig fest­ge­leg­te „Ein­glie­de­run­g“ in die Ka­tho­li­sche Ak­ti­on, war von Sei­ten der Ver­eins­lei­tung in ers­ter Li­nie aus prag­ma­ti­schen Grün­den in­iti­iert wor­den. Es han­del­te sich da­bei zu­nächst um ei­nen Hil­fe­ruf in fi­nan­zi­el­ler Be­dräng­nis und soll­te dann auch die Be­reit­schaft des Volks­ver­eins si­gna­li­sie­ren, durch ein Ab­rü­cken vom frü­he­ren Kon­fron­ta­ti­ons­kurs aus der Iso­la­ti­on her­aus­zu­fin­den und fort­an ei­ne en­ge Ko­ope­ra­ti­on mit Bi­schö­fen und kon­kur­rie­ren­den Ver­bän­den an­zu­stre­ben. Zwei­fels­oh­ne woll­te der Ver­ein durch die pro­gram­ma­ti­sche Neu­ori­en­tie­rung sein Wei­ter­be­ste­hen le­gi­ti­mie­ren. So nahm er selbst­be­wusst für sich in An­spruch, man­che An­lie­gen der Ka­tho­li­schen Ak­ti­on be­reits rea­li­siert zu ha­ben, die er auch künf­tig wei­ter­füh­ren wol­le.

Der Hil­fe­ruf des Volks­ver­eins nach fi­nan­zi­el­ler und ide­el­ler Un­ter­stüt­zung er­reich­te die Bi­schö­fe zu ei­nem Zeit­punkt, als sie vor dem Hin­ter­grund der an­he­ben­den De­bat­te um die Ein­füh­rung der Ka­tho­li­schen Ak­ti­on in Deutsch­land ei­ne neue Po­si­ti­ons­be­stim­mung im Sin­ne ei­ner stär­ke­ren An­bin­dung des Ver­bands­we­sens an die Hier­ar­chie er­wo­gen und folg­lich ei­ne „Ver­kirch­li­chun­g“ des Volks­ver­eins be­grü­ßen muss­ten. Doch wa­ren sie nicht be­reit, durch ei­ge­ne Re­prä­sen­tan­ten im re­or­ga­ni­sier­ten Volks­ver­eins­vor­stand auch nach au­ßen hin ih­ren Ein­fluss und ih­re Ver­ant­wor­tung zu do­ku­men­tie­ren. Der Volks­ver­ein blieb auch wei­ter­hin ein pri­va­ter, kirch­lich emp­foh­le­ner Ver­ein, des­sen Vor­stand aber grund­le­gend neu­ge­stal­tet wur­de. Ein Drit­tel al­ler Sit­ze im Ge­samt­vor­stand wur­de den Ver­tre­tern ka­tho­li­scher Stan­des­or­ga­ni­sa­tio­nen ein­ge­räumt.

Titelseite der Zeitschrift des Volksvereins für das katholische Deutschland, 1924. (Volksverein Mönchengladbach)

 

Im Ein­ver­ständ­nis mit dem Epis­ko­pat hat der Ver­ein seit 1929 un­ter sei­nem neu­en Ge­ne­ral­di­rek­tor Jo­sef van der Vel­den die Schu­lung der Mit­glie­der in­ten­si­viert. Die apo­lo­ge­ti­sche Ar­beit des De­zer­nen­ten Kon­rad Al­ger­mis­sen (1889–1964) in­ten­dier­te die Im­mu­ni­sie­rung der Ka­tho­li­ken ge­gen die in der plu­ra­lis­ti­schen Ge­sell­schaft von Wei­mar un­ge­hemmt ex­pan­die­ren­de Feu­er­be­stat­tungs-, Frei­den­ker- und Gott­lo­sen­pro­pa­gan­da des „Neu­hei­den­tums“, ge­gen die Bol­sche­wis­mus­ge­fahr und die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche „Hä­re­sie“. Auch die tra­di­tio­nel­le po­li­ti­sche Bil­dungs­ar­beit wur­de re­or­ga­ni­siert. Zur Un­ter­stüt­zung der ka­tho­li­schen Par­tei­en in Wahl­kampf­zei­ten ent­stand die „Staats­po­li­ti­sche Ar­beits­ge­mein­schaft ka­tho­li­scher Ver­bän­de“, die sich ge­gen den „Ra­di­ka­lis­mus von rechts und links“ aus­sprach. Der Volks­ver­ein, der den „Ras­sen­hass der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten“ eben­so ent­schie­den ab­lehn­te wie den Klas­sen­kampf der Kom­mu­nis­ten,[29]  reih­te sich in die Ab­wehr­front des deut­schen Ka­tho­li­zis­mus ge­gen den seit 1930 in be­droh­li­cher Wei­se an­wach­sen­den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ein und trug da­mit die ober­hirt­li­chen Ab­gren­zungs­ver­su­che ent­schei­dend mit. Die apo­lo­ge­ti­sche und staats­po­li­ti­sche De­fen­si­ve ge­gen­über Frei­den­ker­tum und Feu­er­be­stat­tungs­ver­ei­nen, Bol­sche­wis­mus und Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ver­such­te der Volks­ver­ein durch ei­ne „po­si­ti­ve“ Auf­bau­ar­beit zu er­gän­zen. Auf der Grund­la­ge der ka­tho­li­schen So­zi­al­leh­re und der so­zia­len Tra­di­ti­on des Volks­ver­eins müh­te sich der De­zer­nent Hein­rich Rom­men (1897–1967) im „Kö­nigs­win­te­rer Kreis“ um ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung des von Papst Pi­us XI. (Pon­ti­fi­kat 1922-1939) emp­foh­le­nen be­rufs­stän­di­schen Neu­baus von Wirt­schaft und Ge­sell­schaft. Das neue In­sti­tut des Volks­ver­eins für Ge­sell­schafts- und Wirt­schafts­ord­nung führ­te 1932 ei­ne viel­be­ach­te­te Stu­di­en­ta­gung über Idee und prak­ti­sche Mög­lich­kei­ten der be­rufs­stän­di­schen Ord­nung durch und ver­an­stal­te­te im glei­chen Jahr in Mön­chen­glad­bach die ers­te „So­zia­le Wo­che“ des Volks­ver­eins.

9. Der Untergang des Volksvereins im nationalsozialistischen Deutschland

Im Sog der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Re­vo­lu­ti­on hat der Volks­ver­ein, der sich im Fe­bru­ar 1933 durch die Mit­ver­ant­wor­tung des be­mer­kens­wert deut­lich ge­hal­te­nen Wahl­auf­ru­fes der ka­tho­li­schen Ver­bän­de in der Ab­leh­nung des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus ex­po­niert hat­te, be­reits im März 1933 wie an­de­re Ver­bän­de auch ei­nen Po­si­ti­ons­wech­sel voll­zo­gen und ver­sucht, in Ver­ken­nung des to­ta­li­tä­ren We­sens der Macht­ha­ber durch loya­le Mit­ge­stal­tung sei­ne wei­te­re Exis­tenz zu si­chern. Von stän­di­gen Fi­nanz­nö­ten be­drängt und durch in­ter­ne Rei­be­rei­en be­las­tet, hat die Ver­eins­lei­tung schlie­ß­lich die Fu­si­on mit der Ka­tho­li­schen Schul-Or­ga­ni­sa­ti­on ge­sucht und Böh­lers Pro­jekt ei­nes „Ka­tho­li­schen Deut­schen Volks­bund­s“ un­ter­stützt. Der ge­plan­ten Selbst­auf­lö­sung des Volks­ver­eins kam aber der ge­walt­sa­me Zu­griff des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Re­gimes zu­vor, das in­fol­ge sei­nes prin­zi­pi­ell un­be­grenz­ten Al­lein­gel­tungs­an­spruchs die Ei­gen­stän­dig­keit des ka­tho­li­schen Or­ga­ni­sa­ti­ons­we­sens be­droh­te. Fol­ge­rich­tig schloss das Re­gime am 1.7.1933 in ei­ner zen­tral ge­steu­er­ten Po­li­zei­ak­ti­on die Ge­schäfts­stel­len des Volks­ver­eins, be­schlag­nahm­te sein Ver­mö­gen und in­haf­tier­te vor­über­ge­hend den Ge­ne­ral­di­rek­tor und ei­ni­ge Mit­ar­bei­ter in der Zen­tral­stel­le und den an­ge­schlos­se­nen Se­kre­ta­ria­ten. Im Vor­feld der Un­ter­zeich­nung des „Reichs­kon­kor­dats“ ka­men staat­li­che wie kirch­li­che Ver­hand­lungs­part­ner am 17.7.1933 ge­mein­sam über­ein, den Volks­ver­ein end­gül­tig auf­zu­lö­sen.

Das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Re­gime, das nicht auf ei­nen ge­richts­förm­li­chen Tri­umph über die „Zen­trums-Kor­rup­ti­on im Volks­ver­ein“[30]  ver­zich­ten woll­te, muss­te sich aber auf ei­ne pro­pa­gan­dis­ti­sche und wirt­schaft­li­che In­stru­men­ta­li­sie­rung des Volks­ver­ein­sen­des be­schrän­ken, da die straf­recht­li­che „Ab­rech­nun­g“ schei­ter­te. Die An­ge­klag­ten des spek­ta­ku­lä­ren Des­sau­er-Pro­zes­ses wur­den im De­zem­ber 1933 vom Land­ge­richt in Mön­chen­glad­bach frei­ge­spro­chen,[31]  und das Ver­fah­ren des so­ge­nann­ten gro­ßen Volks­ver­eins-Pro­zes­ses wur­de schlie­ß­lich auf mi­nis­te­ri­el­le An­wei­sung im Ja­nu­ar 1935 ein­ge­stellt. In­zwi­schen hat­te die Mehr­zahl der stel­lungs­los ge­wor­de­nen Lai­en-Mit­ar­bei­ter des auf­ge­lös­ten Volks­ver­eins nur müh­sam mit Hil­fe des Ber­li­ner „Ca­ri­tas-Not­werks“ auf dem Ar­beits­markt un­ter­ge­bracht wer­den kön­nen.

Konrad Algermissen, um 1960, Porträtfoto. (Bistumsarchiv Hildesheim)

 

Den nach 1945 zag­haft un­ter­nom­me­nen und von ka­tho­li­schen Po­li­ti­kern durch­aus er­wünsch­ten Ver­su­chen, den Volks­ver­ein wie­der zu be­grün­den, war kein Er­folg be­schie­den. Nicht nur die Re­ser­ve der meis­ten Bi­schö­fe ge­gen­über dem über­diö­ze­san agie­ren­den Ver­bands­we­sen dürf­te aus­schlag­ge­bend ge­we­sen sein. Noch be­deut­sa­mer war die von ih­nen ein­ge­lei­te­te Struk­tur­ver­än­de­rung in­ner­halb des auf­ge­fä­cher­ten „Lai­en­a­pos­to­lats“, das durch re­gio­na­le und diö­ze­sa­ne Ka­tho­li­ken­aus­schüs­se so­wie lan­des­weit durch das Zen­tral­ko­mi­tee der deut­schen Ka­tho­li­ken zu­sam­men­ge­fasst wer­den soll­te. Die­ses nach lang­wie­ri­gen Be­mü­hun­gen er­reich­te „Ko­or­di­na­ten­sys­te­m“[32]  wä­re aber, wie der ein­fluss­rei­che Bi­schofs­be­ra­ter Böh­ler be­fürch­te­te, durch die Wie­der­be­le­bung ei­ner po­li­tisch am­bi­tio­nier­ten ka­tho­li­schen Mas­sen­or­ga­ni­sa­ti­on grund­sätz­lich in Fra­ge ge­stellt wor­den. An­ge­sichts der be­schleu­nig­ten „Ero­si­on des ka­tho­li­schen Mi­lieus“ in­fol­ge von Sä­ku­la­ri­sie­rungs­schub, Re­zep­ti­on des Zwei­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils und ge­sell­schaft­li­chem Wer­te­wan­del muss­te ein ka­tho­li­scher Mas­sen­ver­ein über­holt er­schei­nen, zu­mal ein Teil sei­ner Auf­ga­ben von For­schungs­ein­rich­tun­gen, So­zia­len Se­mi­na­ren, Ar­beits­stel­len oder Aka­de­mi­en in kirch­li­cher Trä­ger­schaft über­nom­men wor­den war. Nicht zu­letzt war aber der skan­da­lö­se Zu­sam­men­bruch des Volks­ver­eins-Ver­la­ges, des­sen schwe­ben­de Fi­nanz­fra­gen erst im Jah­re 1975 ab­schlie­ßend ge­re­gelt wer­den konn­ten, Grund ge­nug da­für, auf ei­ne Wie­der­be­grün­dung des Volks­ver­eins zu ver­zich­ten.

Quellen

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Online

Bun­des­ar­chiv 
Find­buch zum Be­stand R 8115 I: Volks­ver­ein für das ka­tho­li­sche Deutsch­land 1890–1933 
Find­buch zum Be­stand R 8115 II: Volks­ver­eins­ver­lag (1904) 1916–1933 

Son­der­ar­chiv des Rus­si­schen Staat­li­chen Mi­li­tär­ar­chivs Mos­kau: Fond 681 

Bi­blio­thek des ehe­ma­li­gen Volks­ver­eins für das ka­tho­li­sche Deutsch­land

Johannes van der Velden, Porträtfoto. (Bischöfliches Diözesanarchiv Aachen - Fotosammlung)

 
Anmerkungen
Zitationshinweis

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Klein, Gotthard, Der Volksverein für das katholische Deutschland (1890–1933), in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/der-volksverein-fuer-das-katholische-deutschland-1890%25E2%2580%25931933/DE-2086/lido/57d12812963b54.15744576 (abgerufen am 12.10.2024)