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Der Kurrheinische Reichskreis gehörte zu den vier 1512 von Kaiser Maximilian I. (Regentschaft 1508-1519) auf den Reichstagen zu Köln und Trier eingerichteten Reichskreisen. Die Auflösung war die Folge des ersten Krieges zwischen deutsch-österreichischen Koalitions- und französischen Revolutionstruppen: 1794 stand der linksrheinische Raum unter französischer Besatzung, bevor er 1801 formell französisches Staatsgebiet wurde.
Der Zusammensetzung des Kreises bildete insofern eine Besonderheit, als sie keinen räumlichen, sondern ständischen Kriterien folgte. Das historische Vorbild des Kreises hatten die mehrfach im Rheinland abgehaltenen Kurvereine abgegeben, bei denen die rheinischen Kurfürsten seit dem 14. Jahrhundert eine gewisse Übereinstimmung ihrer politischen Interessen gezeigt hatten.
Der Reichskreis umfasste die drei geistlichen Kurfürstentümer Mainz, Köln und Trier, das weltliche Kurfürstentum Pfalz sowie einige kleinere nichtkurfürstliche Gebiete von machtpolitisch geringer Bedeutung, die aufgrund ihrer geographischen Lage eher dem Oberrheinischen Reichskreis zuzuordnen gewesen wären und die auf die Kreispolitik praktisch keinen Einfluss nehmen konnten. Der Erzbischof von Mainz übte als ranghöchster Kurfürst das Amt des Kreisdirektors und kreisauschreibenden Fürsten aus. Als Kreisobrist fungierte der Kurfürst von der Pfalz, da die drei geistlichen Fürsten gemäß der Landfriedensordnung von 1512 von militärischen Funktionen ausgeschlossen waren.
Die Zersplitterung des Reichskreises wurde durch auswärtige Besitzungen der Kreismitglieder noch verstärkt. Für Kurköln waren dies die Exklaven Herzogtum Westfalen und Vest Recklinghausen. Der Kurrheinische Reichskreis durchzog somit auch den vergleichsweise geschlossenen Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.
Schon aufgrund der strukturell bedingten Finanzschwäche der geistlichen Fürsten waren die Handlungsmöglichkeiten des Kreises gering. Da die Kurpfalz von 1556 bis 1685 protestantischen Fürsten unterstand, während die drei geistlichen Kurstaaten katholisch blieben, war eine unterschiedliche bündnispolitische und konfessionalpolitische Orientierung der vier wichtigsten Kreismitglieder (besonders im Vorfeld und während des Dreißigjährigen Krieges) unvermeidbar.
Mitglieder waren 1801 (nach Gerhard Köbler):
Kurfürstentum Mainz
Kurfürstentum Köln (zugleich umfassend das Vest Recklinghausen und das Herzogtum Westfalen)
Kurfürstentum Trier (zugleich mit Teilen der Herrschaften Vallendar, Rhaunen, Camberg und Wehrheim)
Kurfürstentum Pfalz
Fürstentum Arenberg
Herrschaft Beilstein
Grafschaft Nieder Isenburg Burggrafentum Rheineck
Graf von Thurn und Taxis (in eigener Person ohne kreisangehöriges Territorium)
Deutscher Orden (Ballei Koblenz)
Literatur
Dotzauer, Winfried, Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des alten Reiches und ihr Eigenleben (1500-1806), Darmstadt 1989, S. 80-105.
Fabricius, Wilhelm, Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Band 2: Die Karte von 1789. Einteilung und Entwickelung der Territorien von 1600 bis 1794, Bonn 1898, Nachdruck 1965, S. 53-226.
Hartmann, Peter Claus, Regionen in der frühen Neuzeit. Der Kurrheinische und Oberrheinische Reichskreis, in: Michael Matheus (Hg.), Regionen und Föderalismus. 50 Jahre Rheinland-Pfalz, Stuttgart 1997, S. 31-47.
Köbler, Gerhard, Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 7. vollständig überarbeitete Auflage, München 2007, S. XX, 354-355.
Müller, Michael, Die Entwicklung des Kurrheinischen Kreises in seiner Verbindung mit dem Oberrheinischen Kreis im 18. Jahrhundert (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte, Bd. 24), Frankfurt a.M. 2008.
Neuhaus, Helmut, Die rheinischen Kurfürsten, der kurrheinische Kreis und das Reich im 16. Jahrhundert, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 48 (1984), S. 138-160.
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Laux, Stephan, Kurrheinischer Reichskreis, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/kurrheinischer-reichskreis/DE-2086/lido/57d11c1db542d7.51526031 (abgerufen am 07.10.2024)