Zu den Kapiteln
Anfang des 12. Jahrhunderts wird erstmals die Burg Wickrath erwähnt, die aber schon vorher bestand, da 1075 beim Tod des Kölner Erzbischofs Anno II. ein Graf Gerlach, Besitzer der gleichnamigen Burg, anwesend war. Er gehörte wahrscheinlich zur Familie von Are-Hochstaden, die spätestens ab 1118 im Besitz von Wickrath bezeugt ist. Als der Hochstadener Besitzkomplex im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts aufgeteilt wurde, gelangte Wickrath an Otto von Hochstaden-Wickrath, der in Wickrath eine neue Linie begründete. Neben Wickrath gehörten Wickrathberg, Beckrath, Herrath, Wickrathhahn und Teile von Buchholz, Hockstein, Mennrath und Wetschewell (heute Ortsteile von Mönchengladbach) und Schwanenberg als Exklave (heute Stadt Erkelenz) zur Herrschaft. Außerdem hatten die Herren von Wickrath bis zum 13. Jahrhundert die Vogtei über das Prämonstratenserkloster Hamborn (heute Stadt Duisburg) inne.
Nach dem Aussterben der männlichen Linie Hochstaden-Wickrath wurde Wickrath Anfang des 14. Jahrhunderts ein Lehen der Grafen von Geldern. 1310 war die Kernburg im Besitz Wilhelms von Millen, der mit der Wickrather Erbin Katharina verheiratet war. Er räumte 1310 den Grafen von Jülich das Recht ein, im Bedarfsfall die Burg militärisch zu nutzen. Nach dem Tod Wilhelms von Millen heiratete Katharina in zweiter Ehe Johann von Bilstein, der 1331 Herr zu Wickrath genannt wird. Der Versuch Katharinas und ihrer Schwestern, 1334/1335 die Herrschaft an Ruprecht von Tomburg zu übertragen, scheiterte. 1335 entschädigte Graf Rainald von Geldern die Erbin Sophia von Hochstaden-Wickrath mit einer hohen Geldsumme, nachdem er Wilhelm von Broichhausen, Mitglied einer geldrischen Amtmännerfamilie, die Herrschaft übertragen hatte. 1338 erfolgte die endgültige Lehensvergabe an Wilhelm von Broichhausen und seine Frau Alverade von Engelsdorf. Als der Sohn Wilhelms von Tomburg, Hermann, Ansprüche auf Wickrath anmeldete, wurde er 1365 durch den Sohn Wilhelms von Broichhausen, Johann, ebenfalls finanziell entschädigt, woraufhin er endgültig auf alle Rechte an Wickrath verzichtete.
1466 händigte Herzog Adolf von Egmont/Geldern Wickrath Eduard Vogt von Bell, einem natürlichen Sohn Herzog Rainalds IV. von Jülich-Geldern, als Pfand aus. Margarete von Gymnich, Witwe Johanns von Broichhausen-Wickrath behielt ein Wohnrecht auf der Burg. 1474 gab Herzog Karl von Burgund die Herrschaft an seinen Kammerherrn Frederick de Flerschem wegen Rebellion und Majestätsbeleidigung Eduards von Bell. 1485 verkaufte der Erzherzog und spätere Kaiser Maximilian I. als Erbe Karls von Burgund Wickrath an Ritter Heinrich von Hompesch. 1488 wurde die Herrschaft Wickrath aus dem Geldrischen Lehensverband herausgelöst und von Kaiser Friedrich III. für reichsunmittelbar erklärt.
Nach dem Tod Heinrichs von Hompesch erbten 1502 seine Stiefsöhne aus der Familie Quadt die Herrschaft. Spätestens zu Ende des 16. Jahrhunderts bekannten sich Angehörige der Familie zur reformierten Lehre. In Wickrathberg bestand eine reformierte Gemeinde schon um 1540. Evangelischer Gottesdienst Augsburger Konfession wurde bis 1569 in der Kirche zu Wickrath abgehalten, die danach an die Katholiken zurückgegeben wurde. Im 18. Jahrhundert machten sie etwa ein Drittel der Bevölkerung aus. Die Gesamtbevölkerung betrug damals etwa 3.000 Personen, davon lebten ca. 900 in Schwanenberg, dessen Bevölkerung gänzlich reformiert war und eine eigene Pfarre bildete. Die Gesamtfläche umfasste 21 Quadratkilometer.
Wilhelm Otto Friedrich von Quadt erwarb 1752 den Grafentitel. Auf ihn geht das Barockschloss Wickrath zurück, das er ab 1746 nach Plänen der in Maastricht lebenden Architekten François und Matthieu Soiron erbauen ließ. Davon haben sich die Wirtschaftsgebäude und die Gartenanlagen erhalten. Wickrath gehörte zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis und zu den westfälischen Grafen des Reichsfürstenrats des Reichstags.
1794 besetzten französische Revolutionstruppen Wickrath. 1801 kam es endgültig an Frankreich und 1815 als Gemeinde mit Ausnahme von Schwanenberg, das eine eigene Gemeinde bildete, an Preußen. Der letzte Herr zu Wickrath, Graf Otto Wilhelm von Quadt, wurde im Reichsdeputationshauptschluss 1803 unter anderem mit Abtei und Stadt Isny in Oberschwaben als Reichsherrschaft entschädigt. Sie wurde 1806 mediatisiert.
Literatur
Becker, Norbert, Wickrath im Mittelalter, in: Wolfgang Löhr (Hg.), Loca Desiderata. Mönchengladbacher Stadtgeschichte, Band 1, 2. Auflage, Mönchengladbach 2005, S. 437-452.
Fabricius, Wilhelm, Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Band 2, Die Karte von 1789, Bonn 1898, Nachdruck Bonn 1965, S. 393-384.
Knopp, Gisbert (Schriftleiter), Schloss und Park Wickrath, Worms 2005.
Löhr, Wolfgang, Wickrath in der frühen Neuzeit, in: Derselbe (Hg.), Loca Desiderata. Mönchengladbacher Stadtgeschichte, Band 2, Mönchengladbach 1999, S. 189-240.
Rheinischer Städteatlas IV, Nr. 24: Wickrath, bearb. von Wolfgang Löhr, 2. Auflage, Köln / Bonn 1998.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Löhr, Wolfgang, Reichsherrschaft Wickrath, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/reichsherrschaft-wickrath/DE-2086/lido/57d11b5740b5f9.64461419 (abgerufen am 09.10.2024)