Zu den Kapiteln
Solingen liegt im Nordwesten des Bergischen Landes am Oberlauf der Wupper. Das Stadtgebiet umfasst bei einer Ausdehnung von 11,7 Kilometer in nordsüdlicher und 15,6 Kilometer in ostwestlicher Richtung 8.948 Hektar (Stand 2008) und ist durch mehrere in westöstlicher Richtung laufende Terrassenriedel zerschnitten. Die höchste Stelle liegt mit 276 Metern am Lichtturm (früher Wasserturm) in Gräfrath, die niedrigste westlich von Götsche mit 55 Metern über dem Meeresspiegel.
Die heutige Großstadt Solingen besteht aus Solingen, dem 1889 die Stadt Dorp eingemeindet worden war, sowie den seit 1929 mit Solingen vereinigten, ehemaligen Städten Gräfrath, Höhscheid, Ohligs und Wald und – seit 1975 – Burg.
Ausgangspunkt der Siedlung Solingen ist der 965 erstmals erwähnte Fronhof und eine Ende des 10. Jahrhunderts nachgewiesene Saalkirche. Der Hof, 965 im Besitz des Kölner Erzbischofs, befand sich von 1363 bis 1803 im Besitz des Klosters Altenberg. Im 14. Jahrhundert lag die Gerichtsbarkeit in den Händen der Grafen von Berg. Solingen, seit 1363 Vorort eines bergischen Amtes, wurde 1374 zur Freiheit mit Markt- und Befestigungsrecht erhoben und seit dem 15. Jahrhundert als Stadt bezeichnet. Im 15. und 16. Jahrhundert musste die Stadt erhebliche Schäden durch Brände hinnehmen. Anfang des 19. Jahrhunderts war der innere Stadtbezirk zugebaut, die Besiedlung außerhalb der Wälle hatte sich seit Ende des 16. Jahrhunderts verdichtet. 1808-1816 gehörte die Mairie Solingen zum gleichnamigen Kanton im Großherzogtum Berg, seit 1816 bestand die preußische Bürgermeisterei Solingen.
Dorp (1808 Mairie, 1816 preußische Bürgermeisterei, 1856 Rheinische Städteordnung) umfasste vor allem die Honnschaften des oberen Solinger Kirchspiels und zählte großenteils zur Villikation des Fronhofes Solingen. Es war bis Mitte des 19. Jahrhunderts weilerartig besiedelt; der namengebende Weiler Dorp beziehungsweise Dorperhof ist erstmals um 1312 erwähnt. Noch 1882 war 150 Meter von der Stadtgrenze zu Solingen entfernt ein eigenes Stadtzentrum (1884/ 1885 Rathaus) geplant, das aber nach der Eingemeindung in die Stadt Solingen 1889 hinfällig wurde.
Innerhalb der 1135 genannten Honnschaft Gräfrath entwickelte sich zu Füßen des 1185/ 1187 von der Äbtissin zu Vilich gestifteten Klosters (aufgehoben 1803) und der Kirche der Ort Gräfrath, der 1402 zur Freiheit erhoben wurde. Die Gräfrather Kirche wurde im 14. und 15. Jahrhundert nach einer 1309 erfolgten Schenkung einer wundertätigen Reliquie zu einem der bedeutendsten Katharinenwallfahrtsorte (Aufnahme in die Aachener Heiltumsfahrt). Nach verheerenden Bränden am Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts wurden der Ortskern sowie Kirche und Kloster neu errichtet. Zwar verlor Gräfrath 1808 mit der Bildung der Mairie Gräfrath (1816 preußische Bürgermeisterei), die auch umfangreiche Gebiete außerhalb des Ortskerns umfasste, das Stadtrecht, erhielt aber 1856 die Rheinische Städteordnung verliehen.
Höhscheid (ebenfalls 1808 Mairie, 1816 preußische Bürgermeisterei, 1856 Rheinische Städteordnung) wird erstmals 1189 erwähnt. Es erstreckte sich vor allem auf die Honnschaften des unteren Solinger Kirchspiels. Der Hof befand sich spätestens 1458 ebenfalls im Besitz des Klosters Altenberg. Wie Dorp war es bis in das 20. Jahrhundert weilerartig besiedelt.
Die ehemalige Stadt Ohligs setzte sich aus Ohligs, Merscheid und weiteren teilweise schon im 13. Jahrhundert erstmals bezeugten Hofschaften zusammen. Die 1808 aus mehreren Honnschaften des Landgerichtsbezirk Wald gebildete Mairie (1816 preußische Bürgermeisterei, 1856 Rheinische Städteordnung) erhielt den Namen der größeren Siedlung Merscheid. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts sind Ansätze zur Entstehung von Siedlungskernen in Merscheid und Ohligs erkennbar. Eine Siedlungsverlagerung zugunsten von Ohligs, ausgelöst durch dessen Anbindung an die Bahnstrecke Köln-Elberfeld und den Bau des Bahnhofs im Jahr 1867, führte 1891 zur Umbenennung der Stadt in Ohligs.
Um Fronhof und Kirche in Wald, die erstmals sicher 1071 belegt und vor 1147 in den Besitz der Abtei Deutz (bis 1803) gekommen sind, bildete sich an einer alten Rheinverbindung Solingen-Monheim die Siedlung. Der Landgerichtsbezirk Wald, mit dem der Pfarrbezirk zusammenfiel, zählte zum bergischen Amt Solingen. Teile dieses Gebietes wurden 1808 zur Mairie, 1816 preußische Bürgermeisterei Wald und erhielten 1856 ebenfalls die Rheinische Städteordnung.
Während Dorp und Höhscheid zum bergischen Amt und Landgericht Solingen gehörten, lagen Gräfrath und Merscheid im Landgerichtsbezirk Wald.
Die seit dem 13. Jahrhundert belegte Siedlung Burg (1806 Mairie im Großherzogtum Berg, 1816 preußische Bürgermeisterei, 1856 Rheinische Städteordnung) entwickelte sich im Anschluss an die Burg der Grafen von Berg, die im 12. Jahrhundert auf einem Höhenzug oberhalb der Wupper errichtet worden und bis ins 14. Jahrhundert deren Hauptsitz war. Die 1648 zerstörte Burg, bis 1807 Sitz des Kellners und Richters, wurde zwischen 1887 und 1914 wiederaufgebaut (1922-1927 erneuter Aufbau nach dem Brand von 1920). 1363 ist Burg als Freiheit bezeugt. Ende des 15. Jahrhunderts entwickelte sich ein zweiter Siedlungskern an einem Übergang über die Wupper und der Eschbachmündung (Unterburg). Das bergische Amt Burg erstreckte sich nur auf die Freiheit Burg.
Die Solinger Innenstadt wurde im November 1944 vollkommen zerstört. Während des Wiederaufbaus wurden die alten Straßenzüge überbaut, eine Umgehungsstraße angelegt und die Plätze neu gestaltet. Nachdem Mitte der 1990er Jahre der Mühlenplatz und vor wenigen Jahren der Graf-Wilhelm-Platz umgestaltet worden sind, wird in Kürze an letzterem mit dem Bau einer neuen Einkaufspassage begonnen. In und um den ehemaligen Solinger Hauptbahnhof wurde in den vergangenen Jahren der so genannte Südpark eingerichtet, der unter anderem das Forum Produktdesign, das Museum Plagiarius und Künstlerateliers in den ehemaligen Güterhallen beherbergt.
Die Bevölkerung der Stadt Solingen betrug 1804 2.871 Einwohner, 1846 rund 6.200 und 1885 rund 18.500. Bis 1910 wuchs die Bevölkerungszahl auf etwas mehr als 50.000 Einwohner. Die Bevölkerungsverluste durch den Ersten Weltkrieg waren 1925 mit circa 52.000 Einwohnern etwas mehr als ausgeglichen. Zur Großstadt wurde Solingen 1929 durch den Zusammenschluss mit Gräfrath (1925 10.582 Einwohner), Höhscheid (1925 15.854 Einwohner), Ohligs (1925 29.768 Einwohner) und Wald (1925 27.443 Einwohner). Im Mai 1939 lebten in Solingen rund 140.000 Menschen, im Dezember 1945 noch knapp 130.000. Den Höchststand der Bevölkerungszahl, der 1972 mit 177.899 Einwohnern gezählt wurde, erreichte die Stadt auch nach der Eingemeindung von Burg 1975 nicht mehr. Heute zählt Solingen gut 160.000 Einwohner (Stand Dezember 2008 160.494).
Reformatorische Ansätze sind in Solingen wie auch in den später eingemeindeten Orten Mitte des 16. Jahrhunderts zu erkennen. An die Ende des 16. Jahrhunderts entstandene reformierte Gemeinde ging 1661 die Pfarrkirche am Fronhof über. Die Walder Kirche war seit Anfang des 17. Jahrhunderts evangelisch, die reformierte Kirche am Gräfrather Markt wurde 1688 errichtet. Ende des Jahres 2008 wurden in Solingen circa 53.000 evangelische Christen (33 Prozent), circa 42.000 Katholiken (26,1 Prozent) und mehr als 65.000 Sonstige (40,9 Prozent) gezählt.
Der vorherrschende Sektor der Solinger Wirtschaft war das seit Anfang des 13. Jahrhunderts bezeugte Klingenhandwerk. Es ist geprägt durch eine fortschreitende Arbeitsteilung und den Betrieb Wasser betriebener Schleifkotten (seit dem 14. Jahrhundert). Die Blütezeit des Schwertschmiedehandwerks in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts führte zur Anlegung zahlreicher Schleifkotten an der Wupper. Seit dem 13. Jahrhundert ist der Handel mit Flandern nachzuweisen, der sich über ganz Europa ausweitete und seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in die USA besteht. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ist ein sehr hoher Anteil an Klein- und Mittelbetrieben nachzuweisen.
Die traditionelle Schneidwaren- und Besteckindustrie (ab circa 1925 Herstellung von Rasierklingen und rostfreiem Edelstahl) ist bis heute ein wichtiger Zweig der Solinger Industrie; das Markenzeichen „Made in Solingen" bringt ihn weltweit mit der Stadt an der Wupper in Verbindung (1938 „Gesetz zum Schutz des Namens Solingen"). Daneben haben sich Autozulieferer, Maschinenbaubetriebe und elektrotechnische Industrie angesiedelt. Dorp, Höhscheid und Wald zählten seit jeher zum Solinger Wirtschafstraum, entsprechend ähnlich verlief ihre wirtschaftliche Entwicklung. Für Dorp ist festzuhalten, dass im 19. Jahrhundert Solinger Fabrikanten jenseits der alten Stadtgrenze auf Dorper beziehungsweise ab 1889 ehemals Dorper Gebiet große Anlagen für die Stahlfabrikation, Rohstoffgroßhandlungen, Großbetriebe des Lebensmittelgewerbes und anderes errichten ließen.
In Wald entstanden neben dem Klingenhandwerk am Ende des 18. Jahrhunderts Betriebe der Textilproduktion. Die im 19. Jahrhundert zu einem bedeutenden Industriezweig herangewachsene Schirmfurniturenfabrikation verlagerte sich Anfang des 20. Jahrhunderts nach Ohligs, in dem sich in Folge der Anbindung an die Bahnstrecke Köln-Elberfeld und den Bau des Bahnhofs (errichtet 1867, heute Solingen Hauptbahnhof, ICE-Halt) einige Großbetriebe ansiedelten. Neben der Klingen- und Schneidwarenindustrie und den Zulieferern für die Schirm- sowie Taschenherstellung waren dort auch die Zulieferer für die Fahrradherstellung von Bedeutung.
In Gräfrath herrschten bis ins 16. Jahrhundert Marktbetrieb, Pilgerverkehr und Ackerbau vor; die Blütezeit des Metall verarbeitenden Gewerbes, insbesondere der Messermacher, lag im 18. Jahrhundert. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts ließen sich in den Außenbezirken zudem neue Betriebe wie die Schokoladenfabrik Hillers (heute Haribo), eine Präzisionsnabenfabrik und andere nieder. In Burg herrschte das Tuchmachergewerbe vor. Überregional tätig waren die Deckenmacher und die Büchsenschmiede. Die seit dem 17. Jahrhundert für die Solinger Klingen- und die Remscheider Werkzeugherstellung tätigen Schleifkotten und Hammerwerke entwickelten sich zum Teil zu größeren Betrieben.
Heute sind Burg mit seiner Burganlage und Gräfrath mit seinem geschlossen erhaltenen historischen Ortskern beliebte Ausflugsziele. Neben Schloss Burg, in dem das bergische Museum untergebracht ist, sind in Solingen das Deutsche Klingenmuseum (ehemaliges Klostergebäude in Gräfrath), das Kunstmuseum Museum Baden (städtische Kunstsammlung, Sammlung Georg Meistermann, Bürgerstiftung für Verfemte Kunst, im ehemaligen Gräfrather Rathaus), in der ehemaligen Gesenkschmiede Hendrichs ein Standort des LVR-Industriemuseums und das Museum Plagiarius sowie weitere kleinere Museen beheimatet.
Literatur
Fabricius, Wilhelm, Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Band 2: Die Karte von 1789. Einteilung und Entwickelung der Territorien von 1600 bis 1794, Bonn 1898, Nachdruck 1965, S. 321-322, 331.
Rheinischer Städteatlas VIII Nr. 44: Burg, bearb. von Renate Gerling, Köln/Bonn 1985.
Rheinischer Städteatlas VII Nr. 38: Dorp, bearb. von Reinhold Kaiser, Köln/Bonn 1982.
Rheinischer Städteatlas VIII Nr. 45: Höhscheid, bearb. von Reinhold Kaiser, Köln/Bonn 1985.
Rheinischer Städteatlas V Nr. 30: Solingen, bearb. von Reinhold Kaiser, Köln/Bonn 1979.
Rheinischer Städteatlas VI Nr. 36: Wald, bearb. von Reinhold Kaiser Köln/Bonn 1980.
Rheinischer Städteatlas XII Nr. 66: Ohligs, bearb. von Elisabeth Reuß Köln/Bonn 1996.
Rosenthal, Heinz, Solingen, 3 Bände, Duisburg 1973-1977.
Spengler-Reffgen, Ulrike, Artikel „Solingen", in: Groten, Manfred/Johanek, Peter/Reininghaus, Wilfried/Wensky, Margret (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten. Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage, Stuttgart 2006, S. 970-977.
Online
Stadt Solingen (Website der Stadt Solingen). [Online]
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Spengler-Reffgen, Ulrike, Stadt Solingen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/stadt-solingen/DE-2086/lido/57d120f6058e52.11010668 (abgerufen am 14.11.2024)