Kurfürstentum Trier

Das Kurfürstliche Schloss in Koblenz, Luftbildaufnahme, 2011, Foto: Holger Weinandt.

Die Be­zeich­nung „Kur­trier“ steht für das Ter­ri­to­ri­um des Kur­fürs­ten von Trier. Als Erz­bi­schof und Reichs­fürst war er Mit­glied des Kur­fürs­ten­kol­legs, ei­nem seit dem aus­ge­hen­den 13. Jahr­hun­dert fes­ten Gre­mi­um von Kö­nigs­wäh­lern, in dem er ne­ben den Erz­bi­schö­fen von Köln und Mainz die drit­te geist­li­che Kur­stim­me er­hob.

Die An­fän­ge des Trie­rer Bis­tums rei­chen in das aus­ge­hen­de 3. Jahr­hun­dert zu­rück. Seit 293 Kai­ser­re­si­denz und Zen­tra­lort der Zi­vil­ver­wal­tung (Prä­fek­tur) für Gal­li­en, Spa­ni­en und Bri­tan­ni­en, stan­den die seit et­wa 270 hier kon­ti­nu­ier­lich be­leg­ten Bi­schö­fe über lan­ge Zeit der vom Hof ver­tre­te­nen theo­lo­gi­schen Rich­tung na­he und be­grün­de­ten, ins­be­son­de­re un­ter Ma­xi­mi­nus un­d Pau­li­nus, die über­re­gio­na­le Be­deu­tung und den geis­tig ide­el­len Vor­rang der Trie­rer Kir­che in Gal­li­en, der auch nach Ver­le­gung der Re­si­denz (395) und der Prä­fek­tur (407) nach Mai­land und nach Arles ins 5. Jahr­hun­dert hin­ein wirk­sam ge­blie­ben ist. Sei­ne spät­an­ti­ke Ci­vi­tas-Ver­wal­tung und sei­ne über­wie­gend pro­vin­zi­al­rö­mi­sche Be­völ­ke­rung be­hielt die Stadt auch wäh­rend des 5. Jahr­hun­derts bei, dien­te dem gal­li­schen Heer­meis­ter als Stütz­punkt und ist noch in den Jah­ren nach 470 als Zen­trum ei­nes spät­an­ti­ken Spe­zi­al-Co­mi­tats un­ter Co­mes Ar­bo­gast über­lie­fert, der hier im Na­men Roms die Zi­vil- und Fi­nanz­ver­wal­tung so­wie das mi­li­tä­ri­sche Ober­kom­man­do im Spren­gel der Mo­sel­pro­vinz führ­te, die sich bis Toul er­streckt hat.

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Kurfürstentum Trier (grün umrandet), Ausschnitt aus der Karte 'Territorien im Rheinland 1789', Bonn 2010. (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte)

 

Das auf Ar­bo­gast fol­gen­de Macht­va­ku­um ha­ben wohl die Trie­rer Bi­schö­fe auf der Grund­la­ge ih­rer be­reits aus­ge­präg­ten Do­mi­nanz in Für­sor­ge und Rechts­wah­rung aus­ge­füllt und im me­ro­win­gi­schen Ge­samt­reich un­ter Chlod­wig I. (466-511, Kö­nig der Fran­ken 482-511) und in dem nach 511 ge­bil­de­ten öst­li­chen Teil­reich, dem spä­te­ren Au­st­ra­si­en, ih­re bi­schöf­li­che Stadt­herr­schaft im Spren­gel der Mo­sel­pro­vinz aus­zu­bau­en ver­mocht. Die für die­se Zeit nam­haf­ten Bi­schö­fe Ni­ce­ti­us (525/526-566) und Ma­gne­rich (566-586) je­den­falls wer­den in Ver­bin­dung mit forti­fi­ka­to­ri­schen Maß­nah­men (Burg­bau) und mit ei­nem Me­tro­po­li­tan­ver­band der Trie­rer Kir­che ge­nannt. Triers ad­mi­nis­tra­ti­ve Zen­tra­li­tät an Mit­tel­mo­sel und Saar hat sich in bi­schöf­li­chen Hän­den auch über das 7. Jahr­hun­dert hin­weg wei­ter­ent­wi­ckelt und sich bis zur Mit­te des 8. Jahr­hun­derts zu ei­nem dy­nas­tisch ge­führ­ten Trie­rer Bi­schofs­staat un­ter Ba­sin, sei­nem Nef­fen Li­ut­win und des­sen Sohn Mi­lo (cir­ca 697-757/760) aus­ge­bil­det. Kö­nig­li­che Land­schen­kun­gen so­wie die den Kir­chen 614 ge­ne­rell zu­ge­stan­de­ne Im­mu­ni­tät, die ei­ne von Kö­nig und Adel un­ab­hän­gi­ge Wahr­neh­mung ge­richt­li­cher, ad­mi­nis­tra­ti­ver und fis­ka­li­scher Funk­tio­nen auf ei­ge­nem Grund und Bo­den er­mög­lich­te, ha­ben die Herr­schaft über das Schen­kungs­gut und die dar­auf ge­ses­se­nen Leu­te und Kir­chen ge­för­dert. Der bis zum En­de des 7. Jahr­hun­derts ent­wi­ckel­te Bi­schofs­staat spät­me­ro­win­gi­scher Prä­gung fand un­ter Karl dem Gro­ßen (747-814, Kö­nig des Frän­ki­schen Rei­ches 768-814) sein En­de.

Marktkreuz auf dem Trierer Hauptmarkt, spätantike Säule, wohl aus dem 4. Jahrhundert, mit karolingischem Kapitell und ottonischem Kreuz, 2010, Foto: Berthold Werner.

 

Die seit et­wa 770 ein­ge­lei­te­ten Re­for­men führ­ten zum Ver­lust der herr­schaft­li­chen Ge­recht­sa­me, brach­ten aber die Be­stä­ti­gung der Kir­chen­pro­vinz mit den Suf­frag­an­bis­tü­mern Metz, Toul und Ver­dun und führ­ten zur ver­bind­li­chen Ab­gren­zung der Diö­ze­se. Die rea­len Macht­grund­la­gen des Bi­schofs ba­sier­ten nach wie vor auf rei­chem, durch Im­mu­ni­tät ab­ge­schot­te­tem Grund­be­sitz in der Stadt Trier und in ih­rem Um­land so­wie im Ge­biet zwi­schen Witt­lich und der Mo­sel ent­lang der un­te­ren Lie­ser und süd­lich Triers bei­der­seits der Saar so­wie auf ei­nem weit­ma­schi­gen Netz bi­schöf­li­cher Kir­chen, Klös­ter und Stif­te (dar­un­ter auch Kar­den, Müns­ter­mai­feld, Ko­blenz und Diet­kir­chen). Sie wur­den um die Wen­de vom 9. zum 10. Jahr­hun­dert durch Ein­künf­te aus der Graf­schaft so­wie aus Zoll und Mün­ze fis­ka­lisch er­wei­tert und drück­ten sich, nach­dem der Graf aus der Stadt ge­wi­chen war, 958 si­gni­fi­kant in der Be­grün­dung des Trie­rer Haupt­mark­tes aus. Ei­ne bi­schöf­li­che Ge­biets­herr­schaft in die Flä­che aber bleibt im Trie­rer Raum trotz Wild­bann- und Forst­rechts­ver­lei­hun­gen rechts und links der Mo­sel für die Früh­zeit oh­ne greif­ba­res Er­geb­nis.

Mit der Über­tra­gung des Ko­blen­zer Kö­nigs­ho­fes und sei­nes Zu­be­hörs, ins­be­son­de­re des Zol­les und der Mün­ze, im Jah­re 1018 er­hielt das Dom­stift am Mit­tel­rhein ei­ne rea­le Ent­fal­tungs­grund­la­ge, die sich schon wäh­rend der Mo­sel­feh­de Kö­nig Hein­richs II. (Re­gie­rungs­zeit 1002-1024) ge­gen die Gra­fen von Lu­xem­burg zur Durch­set­zung sei­nes Trie­rer Kan­di­da­ten Me­gingaud als Rück­zugs­raum be­währt hat­te. Ganz of­fen­sicht­lich be­saß die Trie­rer Kir­che im 10. und 11. Jahr­hun­dert nur ge­rin­ge Durch­set­zungs­kraft ge­gen den Adel der Re­gi­on und sei­ne auf Bur­gen ge­stütz­te Do­mi­nanz. Noch be­schränk­te sich Erz­bi­schof Pop­po von Ba­ben­berg auf die Zer­stö­rung der lu­xem­bur­gi­schen Burg Bern­kas­tel (1016), noch er­war­ben sei­ne Nach­fol­ger al­te trie­ri­sche Burg­sit­ze (Saar­burg) zu­rück oder er­war­ben sol­che von de­ren Vor­be­sit­zern, um 1100 den Eh­ren­breit­stein und um 1120 Burg Ar­ras. Noch er­rich­te­te Erz­bi­schof Al­be­ro von Mon­treuil um 1143/1144 die Neu­er­burg bei Witt­lich auf den Fun­da­men­ten der 1128 hier zer­stör­ten Burg der Lu­xem­bur­ger und er­warb von ih­nen auch, zum Teil mit Un­ter­stüt­zung des Rei­ches, 1147 die Burg Man­der­scheid und 1148 die Burg Treis von den Pfalz­gra­fen. De­ren Ver­zicht auf die Trie­rer Ober­vog­tei im Jah­re 1197 end­lich er­öff­ne­te dem bi­schöf­li­chen Grund­herrn den herr­schaft­li­chen Lan­des­aus­bau auf brei­ter Ebe­ne, den Erz­bi­schof Theo­de­rich II. von Wied mit dem Bau der Burg Mon­ta­baur 1227 ein­lei­te­te, an die er den nie­de­ren Adel des Um­lan­des durch Burg­le­hen band und da­durch die rechts­rhei­ni­schen Trie­rer Be­sit­zun­gen aus der Herr­schaft der Gra­fen von Nas­sau und der von ih­nen hier ver­ge­be­nen Vog­tei­en her­aus­lös­te.

Nach­dem Erz­bi­schof Jo­hann I. die Er­schlie­ßung und Ver­wal­tung des erz­bi­schöf­li­chen Be­sitz­stan­des ein­ge­lei­tet hat­te, folg­ten im Ver­lauf des 13. Jahr­hun­derts – zu nen­nen sind hier nach Theo­de­rich II. noch die Erz­bi­schö­fe Ar­nold ll. von Isen­burg und Hein­rich II. von Finstin­gen – Bau, Er­neue­rung oder Er­werb zahl­rei­cher Lan­des­bur­gen. Sie ver­ban­den die ur­sprüng­lich rein forti­fi­ka­to­ri­sche und re­prä­sen­ta­ti­ve Auf­ga­ben­stel­lung der Burg mit den in­zwi­schen er­wei­ter­ten Funk­tio­nen als Er­he­bungs­stel­len für Ein­künf­te, als Ver­wal­tungs­sit­ze der um­lie­gen­den Re­gio­nen so­wie als Auf­ent­halts­or­te der rei­sen­den Erz­bi­schö­fe und ban­den den land­säs­si­gen Adel durch li­gi­sche Lehns­ver­trä­ge aus­schlie­ß­lich an den bi­schöf­li­chen Burg­herrn. Bo­e­mund I. von Wars­berg stell­te der Lan­des­burg die Stadt als wirt­schaft­li­che und forti­fi­ka­to­ri­sche Er­gän­zung zur Sei­te, als er 1291 von Kö­nig Ru­dolf von Habs­burg (Re­gie­rungs­zeit 1273-1291) den Or­ten Bern­kas­tel, Saar­burg, Welsch­bil­lig und Witt­lich im Trie­rer Um­land so­wie May­en und Mon­ta­baur in den Aus­bau­ge­bie­ten des Mai­fel­des und des Wes­ter­wal­des Stadt­rech­te ver­lei­hen ließ.

Die Trie­rer Erz­bi­schö­fe des 13. Jahr­hun­derts hat­ten so­mit das In­stru­men­ta­ri­um ge­schaf­fen, durch des­sen meis­ter­haf­te Be­herr­schung im 14. Jahr­hun­dert Erz­bi­schof Bal­du­in von Lu­xem­burg, ge­stützt auf ei­ne so­li­de Fi­nanz­po­li­tik, das kur­trie­ri­sche Ter­ri­to­ri­um herr­schaft­lich ge­formt hat. Er band den land­säs­si­gen Adel durch Burg­man­nen­ver­trä­ge noch fes­ter an die Trie­rer Lan­des­bur­gen, mach­te sich auch die Bur­gen des Adels durch Öff­nungs­ver­trä­ge dienst­bar und ver­wen­de­te schlie­ß­lich das al­lein ihm durch den Kö­nig für 30 und mehr Or­te ver­lie­he­ne Stadt­recht zur Ver­drän­gung be­ste­hen­der Dritt­rech­te am Ort und zur Un­ter­stel­lung des Adels un­ter das Dienst­recht des Erz­stifts, das auch für die auf Bur­gen und in Stadt­rechts­or­ten an­ge­sie­del­ten Äm­ter auf der re­gio­na­len Ver­wal­tungs­ebe­ne galt.

Erzbischof Albero von Montreuil, kolorierte Zeichnung, 2. Hälfte 12. Jahrhundert. (Statbibliothek Trier)

 

Räum­lich er­streck­te sich das Trie­rer Herr­schafts­ge­biet zu Be­ginn des 14. Jahr­hun­derts noch weit­ge­hend auf die aus Schen­kun­gen er­wor­be­nen Alt­be­sit­zun­gen im Trie­rer Raum um Mo­sel, Saar und Ru­wer mit Ein­schluss des Hoch­wal­des und des Ge­bie­tes zwi­schen Welsch­bil­lig und Bit­burg im Wes­ten. Dar­an schloss sich nörd­lich der Witt­li­cher Be­sitz­kom­plex an, dem rechts der Mo­sel in der Ver­län­ge­rung nach Süd­os­ten der Bern­kas­te­ler Kom­plex im 13. Jahr­hun­dert an­ge­glie­dert wor­den war. Mo­sel ab­wärts folg­ten öst­lich und nord­öst­lich des Krö­ver Rei­ches das Ge­biet um Zell im Hamm mit Burg Ar­ras und das Co­che­mer Reichs­gut, des­sen pfand­wei­ser Er­werb 1294 und 1298 den dau­ern­den Ver­bleib bei Kur­trier ein­ge­lei­tet hat. Rechts­rhei­nisch ver­füg­ten die Erz­bi­schö­fe über den gro­ßen Mon­ta­bau­rer Kom­plex und ei­nen klei­nen Spliss am obe­ren Wied­bach um Har­ten­fels und Hersch­bach. Neu hin­zu sind links­rhei­nisch Kai­ser­sesch und May­en ge­kom­men. Den ge­sam­ten Raum um die un­te­re Mo­sel zwi­schen May­en und Ko­blenz hat erst Erz­bi­schof Bal­du­in für den Kur­staat 1335 pfand­wei­se von den Gra­fen von Vir­ne­burg er­wor­ben, die hier die Pel­lenz­ge­rich­te zu Müns­ter­mai­feld, Lon­nig und Bu­ben­hei­mer Berg (nörd­lich im An­schluss an Ko­blenz) als pfalz­gräf­li­che Le­hen ge­hal­ten hat­ten. Be­reits 1328 konn­te Bal­du­in den Kom­plex St. Wen­del als Ver­du­ner Le­hen der Gra­fen von Vel­denz er­wer­ben.

Von Ge­wicht blie­ben die 1312 er­wor­be­nen Reichs­pfand­schaf­ten Bop­pard und Ober­we­sel, die eben­so we­nig ein­ge­löst wor­den sind, wie die vor­be­nann­ten Pfän­der auch. Die un­ter Bal­du­in ab­ge­schlos­se­nen Er­wer­bun­gen, die links­rhei­ni­schen Äm­ter Bop­pard (mit Ober­we­sel), Müns­ter­mai­feld, May­en und Berg­pfle­ge (Bu­ben­hei­mer Berg), ha­ben zu­sam­men mit Ko­blenz den Kern des spä­te­ren Nie­de­ren Erz­stif­tes Trier ge­bil­det und die Land­brü­cke zu den rechts­rhei­ni­schen Alt­be­sit­zun­gen Eh­ren­breit­stein, Mon­ta­baur, Val­len­dar, En­gers und Har­ten­fels so­wie zu den im 15. und 16. Jahr­hun­dert voll­zo­ge­nen Er­wer­bun­gen von Ham­mer­stein und Lim­burg ge­bil­det. Ent­lang der Mo­sel­schie­ne war nur die Reichs­pfand­schaft Kröv noch im Be­sitz der Gra­fen von Spon­heim-Star­ken­burg ver­blie­ben. Bal­du­ins 1328 miss­glück­ter Ver­such zu ih­rem Er­werb konn­te erst nach sei­nem Tod un­ter Bo­e­mund II. im Jah­re 1355 durch ein mit Spon­heim ge­mein­sa­mes Kon­do­mi­ni­um zu ei­nem Teil aus­ge­gli­chen wer­den. Dem von der un­te­ren Saar über die ge­sam­te Mo­sel­stre­cke über den Wes­ter­wald bis an die mitt­le­re Lahn rei­chen­den, weit­ge­hend ge­schlos­se­nen Ter­ri­to­ri­um trug die 1334 durch Bal­du­in be­gon­ne­ne Stra­ßen­brü­cke bei Ko­blenz über die Mo­sel Rech­nung, die un­ter an­de­rem die Land­ver­bin­dung über die Ei­fel nach Trier her­stell­te.

Johann VI. von der Leyen, Porträt, Gemälde. (Stadtbibliothek Trier)

 

Im 15. und 16. Jahr­hun­dert er­fuhr das Erz­stift noch­mals be­trächt­li­che Er­wei­te­run­gen, in die Ei­fel hin­ein durch Kauf von Tei­len der Graf­schaf­ten Daun und Man­der­scheid in den Jah­ren 1427 und 1452 so­wie rechts­rhei­nisch 1419 durch die Burg­graf­schaft Ham­mer­stein, 1564 durch Die­zer An­tei­le um Hunds­an­gen und Nen­ters­hau­sen und 1663/1664 durch den Er­werb der Herr­schaft Hersch­bach im Wes­ter­wald. Der ent­schei­den­de Zu­wachs aber war 1576 ge­lun­gen, als die Reichs­ab­tei Prüm in der Ei­fel mit ih­rem Ter­ri­to­ri­um dem Erz­bi­schof von Trier di­rekt un­ter­stellt wer­den konn­te, der bis zum En­de des Al­ten Rei­ches Ad­mi­nis­tra­tor von Prüm blieb.

Auf dem Weg da­hin hat Kur­trier wäh­rend der zwei­ten Hälf­te des 15. Jahr­hun­derts Grund­la­gen für die Zu­kunft ge­legt. Die Trie­rer Bis­tums­feh­de (1430-1437) zwi­schen Ul­rich von Man­der­scheid und Ra­ban von Helm­stadt hat­te es 1456 an­ge­sichts ei­ner neu­en Wahl ge­ra­ten er­schei­nen las­sen, dass sich Adel und Städ­te un­ter An­er­ken­nung der Rech­te des Dom­ka­pi­tels zu ei­ner Lan­des­ver­ei­ni­gung zu­sam­men­schlos­sen. Noch un­ter Erz­bi­schof Jo­hann II. von Ba­den ha­ben sich die Land­stän­de an der Um­la­ge der di­rek­ten Steu­ern be­tei­ligt und hier­zu als Sitz­ort im Nie­de­ren Erz­stift Ko­blenz zu­neh­mend be­vor­zugt, das – zu­sam­men mit Eh­ren­breit­stein – un­ter Jo­hann II. als kur­fürst­li­che Re­si­denz ne­ben dem Alt­zen­trum Trier/Pfal­zel an Ge­wicht ge­wann.

Caspar Olevian, Porträt, Kupferstich von Heinrich Hondius (1587-1644), 1602. (Stadtbibliothek Trier)

 

Die aus der di­rek­ten Be­steue­rung der ganz­jäh­rig be­wohn­ten und be­feu­er­ten Haus­stel­len er­wach­se­ne Schrift­lich­keit führ­te be­reits un­ter Jo­hann II. zu Vor­läu­fern und fand nach ver­schie­de­nen Fort­set­zun­gen un­ter Erz­bi­schof Jo­hann VI. von der Ley­en im so ge­nann­ten Feu­er­buch von 1563 sei­nen Nie­der­schlag, das die Be­mü­hun­gen um ei­ne zen­tral kon­trol­lier­te Fi­nanz-, Rechts- und Ver­wal­tungs­pra­xis er­ken­nen lässt.

Die 1473 in Trier ge­grün­de­te Uni­ver­si­tät wur­de Keim­zel­le für ei­ne aka­de­misch ge­schul­te Pries­ter- und Be­am­ten­schaft, die den land­säs­si­gen Adel all­mäh­lich aus sei­nen ge­blüts­stän­disch be­setz­ten Po­si­tio­nen in Ver­wal­tung und Ge­richt wäh­rend des 16. Jahr­hun­derts zu ver­drän­gen be­gann und auch in städ­ti­sche Füh­rungs­gre­mi­en und in die einst städ­ti­schen Schöf­fen­ge­rich­te von Trier und Ko­blenz ein­rück­te. Die­se be­gan­nen, ih­re um­fas­sen­de Spruch­kom­pe­tenz über den städ­ti­schen Rechts­kreis hin­aus als Hoch­ge­rich­te für das Obe­re Erz­stift im Sü­den und das Nie­de­re Erz­stift im Nor­den aus­zu­bau­en. Der da­durch ge­för­der­te Pro­zess der Aus­höh­lung städ­ti­scher Ge­wohn­heits­rech­te un­ter­warf Ko­blenz 1562 und Trier 1580 dem aus­schlie­ß­lich lan­des­herr­li­chen Ge­bot.

Festung Ehrenbreitstein in Koblenz, Kupferstich von Matthäus Merian (1593-1650), aus der Topographia archiepiscopatum Moguntiensis, Trevirensis et Coloniensis, Frankfurt 1646..

 

Die in der ob­rig­keit­lich ge­präg­ten Stifts­re­form er­folg­rei­chen Erz­bi­schö­fe des 16. Jahr­hun­derts wa­ren vor al­lem Jo­hann VI. von der Ley­en un­d Ja­kob III. von Eltz. Bei­de hat­ten den Aus­wir­kun­gen der Re­for­ma­ti­on, die in­ner­halb des Kur­staa­tes 1559 un­ter dem Ein­fluss von Cas­par Ole­vi­an in Trier kurz­fris­tig Wir­kung ge­zeigt hat­te, zu be­geg­nen. Dem Ver­lust zahl­rei­cher Pfar­rei­en der Trie­rer Diö­ze­se in pro­tes­tan­tisch ge­wor­de­nen Nach­bar­ter­ri­to­ri­en (Nas­sau, Wied, Kur­hes­sen/Kat­zeneln­bo­gen) als auch in Loth­rin­gen und Lu­xem­burg durch das dort be­an­spruch­te lan­des­herr­li­che Kir­chen­re­gi­ment be­geg­ne­ten sie im Kur­staat mit glei­cher Kon­se­quenz und un­ter­war­fen, seit 1560 un­ter­stützt durch die nach Trier ge­hol­ten Je­sui­ten und de­ren Do­mi­nanz an der Uni­ver­si­tät, die ei­ge­ne Kir­che dem kur­fürst­li­chen Ge­bot durch Dis­zi­pli­nie­rung des Kle­rus, der Pfar­rei­en und der Klös­ter bis hin zum Ent­zug ih­rer Selb­stän­dig­keit. Auf die­sem We­ge ist 1576 die In­kor­po­ra­ti­on der in der Trie­rer Diö­ze­se ge­le­ge­nen Reichs­ab­tei Prüm in den Kur­staat ge­lun­gen.

Wenn­gleich der Kle­rus sein ma­te­ri­el­les Po­ten­ti­al un­ter Erz­bi­schof Lo­thar von Met­ter­nich ge­le­gent­lich aus­spiel­te und sein land­stän­disch ge­for­der­tes Um­la­gen-Drit­tel auf ein Fünf­tel re­du­zier­te, wenn­gleich 1729 die Rit­ter­schaft die Land­stän­de­ver­ließ und in die Reichs­stand­schaft über­wech­sel­te, blieb das fi­nan­zi­ell ei­ni­ger­ma­ßen sa­nier­te und kon­fes­sio­nell be­rei­nig­te Ge­mein­we­sen in den bei­den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten bis zum En­de des Al­ten Rei­ches im We­sent­li­chen ge­fes­tigt. Dar­an än­der­ten die Plün­de­run­gen durch Schwe­den, Spa­ni­er und Fran­zo­sen, die das Land un­terPhil­ipp Chris­toph von Sö­tern wäh­rend des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges heim­such­ten, eben­so we­nig wie die durch die Re­uni­ons­kam­mer in Metz ju­ris­tisch ver­folg­ten An­sprü­che Frank­reichs auf die Äm­ter Mer­zig und St. Wen­del. Auch die ober­halb Tra­bens 1687 er­bau­te fran­zö­si­sche Fes­tung Mont Roy­al so­wie die Be­set­zung des lin­ken Rhein­ufers durch Frank­reich im Pfäl­zi­schen (1688-1697) so­wie im Spa­ni­schen (1700-1714) Erb­fol­ge­krieg ha­ben die po­li­ti­sche Ein­heit des Kur­staa­tes nicht zer­stört.

Viel­mehr ha­ben Kur­fürs­ten und Land­stän­de in die­sen Zei­ten die Be­fes­ti­gung von Ko­blenz und Eh­ren­breit­stein, de­ren stra­te­gisch be­deut­sa­me Po­si­tio­nen als Rück­zugs­ort und Fes­tung in den Jah­ren 1632 und 1654 deut­lich ge­wor­den war, fi­nan­ziert und die neue Steu­er­ma­tri­kel von 1652 auf der Grund­la­ge der durch Krieg ver­min­der­ten Ein­künf­te auf den Weg ge­bracht. Der Er­lass des Trie­rer Land­rechts von 1668 und die För­de­rung der Trie­rer Ju­ris­ten­fa­kul­tät als auch die Ein­füh­rung der all­ge­mei­nen Schul­pflicht im Jah­re 1685 las­sen ne­ben an­de­ren Maß­nah­men er­ken­nen, dass die in­ne­ren Re­for­men un­ter den vier Erz­bi­schö­fen die­ses Jahr­hun­derts, die durch­weg aus dem stif­ti­schen oder be­nach­bar­ten Land­adel ka­men – Lo­thar von Met­ter­nich, Phil­ipp Chris­toph von Sö­tern, Karl Kas­par von der Ley­en un­d Jo­hann Hu­go von Ors­beck –, Be­stand­teil des po­li­ti­schen Pro­gramms ge­blie­ben sind. Das setz­te sich wäh­rend des für Kur­trier fried­li­che­ren 18. Jahr­hun­derts fort, des­sen Kur­fürs­ten – Karl Jo­sef von Loth­rin­genFranz Lud­wig von Pfalz-Neu­burgFranz Ge­org von Schön­born un­d Cle­mens Wen­zes­laus von Sach­sen – bis auf Jo­hann Phil­ipp von Wal­der­dorf - aus­nahms­los dem aus­wär­ti­gen Hoch­adel ent­stamm­ten.

Die zu­vor schon ein­ge­lei­te­ten Schrit­te zur Bil­dung ei­ner obe­ren Ver­wal­tungs­ebe­ne fand in der Ver­wal­tungs­re­form Franz Lud­wigs im Jah­re 1719 ih­ren blei­ben­den Ab­schluss. Mit Sitz in Ko­blenz und Zweit­sitz in Trier für das Obe­re Erz­stift wur­den der Hof­rat, die Hof­kam­mer und der Hof­kriegs­rat zu fes­ten Be­hör­den für die In­nen-, Fi­nanz- und Mi­li­tär­ver­wal­tung ober­halb der Äm­ter und Kel­le­rei­en ge­bil­det. Im Jus­tiz­we­sen trat ih­nen das Hof­ge­richt in Ko­blenz und das Hof­rats­kom­mis­sa­ri­at in Trier als zwei­te In­stanz über den welt­li­chen Un­ter­ge­rich­ten zur Sei­te, um nur ei­ni­ge we­ni­ge As­pek­te der Mehr­schich­tig­keit auf­zu­zei­gen, die die kur­trie­ri­sche Staats­ver­wal­tung un­ter­halb des kur­fürst­li­chen Ho­fes und der obers­ten Kol­le­gi­en bis zum En­de des Al­ten Rei­ches aus­ge­bil­det hat­te. Der Ko­blen­zer Schloss­bau des letz­ten Kur­fürs­ten Cle­mens Wen­zes­laus aus den Jah­ren 1777-1786 re­prä­sen­tier­te den Ab­schluss der im 15. Jahr­hun­dert be­gon­ne­nen all­mäh­li­chen Ver­la­ge­rung des Re­gie­rungs­sit­zes und der Re­si­denz nach dem zum Reich hin zen­tra­ler ge­le­ge­nen Ko­blenz.

Die Be­set­zung des lin­ken Rhein­ufers durch fran­zö­si­sche Re­vo­lu­ti­ons­trup­pen in den Jah­ren 1792 und dau­er­haft ab Ok­to­ber 1794 so­wie des­sen Ab­tre­tung an Frank­reich durch das Reich im Frie­den von Lun­é­vil­le 1801 lei­te­ten das staat­li­che En­de Kur­triers ein. Nach kurz­zei­ti­ger Ver­le­gung der Be­hör­den auf die rech­te Rhein­sei­te nach Eh­ren­breit­stein und Lim­burg ent­ließ Cle­mens Wen­zes­laus am 29.11.1802 im Vor­griff auf die sich an­bah­nen­den Er­geb­nis­se des Reichs­de­pu­ta­ti­ons­haupt­schlus­ses sei­ne Un­ter­ta­nen in den rechts­rhei­ni­schen Äm­tern an den Fürs­ten von Nas­sau-Weil­burg, der sei­ne Nas­saui­sche Re­gie­rung noch im De­zem­ber 1802 in Eh­ren­breit­stein er­rich­te­te. Der Trie­rer Kur­staat hat­te auf­ge­hört zu exis­tie­ren. Ein ro­tes Kreuz auf wei­ßem Grund in zahl­rei­chen Ge­mein­de­wap­pen hält noch heu­te die Er­in­ne­rung an ihn und das Be­wusst­sein al­ter Zu­ge­hö­rig­keit zu ihm wach.

Quellen (Auswahl)

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Das Kurfürstliche Schloss in Koblenz, Luftbildaufnahme, 2011, Foto: Holger Weinandt.

 
Zitationshinweis

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Flach, Dietmar, Kurfürstentum Trier, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/kurfuerstentum-trier-/DE-2086/lido/57d11a5b205329.64268865 (abgerufen am 03.12.2024)

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