Zu den Kapiteln
Die Bezeichnung „Kurtrier“ steht für das Territorium des Kurfürsten von Trier. Als Erzbischof und Reichsfürst war er Mitglied des Kurfürstenkollegs, einem seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert festen Gremium von Königswählern, in dem er neben den Erzbischöfen von Köln und Mainz die dritte geistliche Kurstimme erhob.
Die Anfänge des Trierer Bistums reichen in das ausgehende 3. Jahrhundert zurück. Seit 293 Kaiserresidenz und Zentralort der Zivilverwaltung (Präfektur) für Gallien, Spanien und Britannien, standen die seit etwa 270 hier kontinuierlich belegten Bischöfe über lange Zeit der vom Hof vertretenen theologischen Richtung nahe und begründeten, insbesondere unter Maximinus und Paulinus, die überregionale Bedeutung und den geistig ideellen Vorrang der Trierer Kirche in Gallien, der auch nach Verlegung der Residenz (395) und der Präfektur (407) nach Mailand und nach Arles ins 5. Jahrhundert hinein wirksam geblieben ist. Seine spätantike Civitas-Verwaltung und seine überwiegend provinzialrömische Bevölkerung behielt die Stadt auch während des 5. Jahrhunderts bei, diente dem gallischen Heermeister als Stützpunkt und ist noch in den Jahren nach 470 als Zentrum eines spätantiken Spezial-Comitats unter Comes Arbogast überliefert, der hier im Namen Roms die Zivil- und Finanzverwaltung sowie das militärische Oberkommando im Sprengel der Moselprovinz führte, die sich bis Toul erstreckt hat.
Das auf Arbogast folgende Machtvakuum haben wohl die Trierer Bischöfe auf der Grundlage ihrer bereits ausgeprägten Dominanz in Fürsorge und Rechtswahrung ausgefüllt und im merowingischen Gesamtreich unter Chlodwig I. (466-511, König der Franken 482-511) und in dem nach 511 gebildeten östlichen Teilreich, dem späteren Austrasien, ihre bischöfliche Stadtherrschaft im Sprengel der Moselprovinz auszubauen vermocht. Die für diese Zeit namhaften Bischöfe Nicetius (525/526-566) und Magnerich (566-586) jedenfalls werden in Verbindung mit fortifikatorischen Maßnahmen (Burgbau) und mit einem Metropolitanverband der Trierer Kirche genannt. Triers administrative Zentralität an Mittelmosel und Saar hat sich in bischöflichen Händen auch über das 7. Jahrhundert hinweg weiterentwickelt und sich bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts zu einem dynastisch geführten Trierer Bischofsstaat unter Basin, seinem Neffen Liutwin und dessen Sohn Milo (circa 697-757/760) ausgebildet. Königliche Landschenkungen sowie die den Kirchen 614 generell zugestandene Immunität, die eine von König und Adel unabhängige Wahrnehmung gerichtlicher, administrativer und fiskalischer Funktionen auf eigenem Grund und Boden ermöglichte, haben die Herrschaft über das Schenkungsgut und die darauf gesessenen Leute und Kirchen gefördert. Der bis zum Ende des 7. Jahrhunderts entwickelte Bischofsstaat spätmerowingischer Prägung fand unter Karl dem Großen (747-814, König des Fränkischen Reiches 768-814) sein Ende.
Die seit etwa 770 eingeleiteten Reformen führten zum Verlust der herrschaftlichen Gerechtsame, brachten aber die Bestätigung der Kirchenprovinz mit den Suffraganbistümern Metz, Toul und Verdun und führten zur verbindlichen Abgrenzung der Diözese. Die realen Machtgrundlagen des Bischofs basierten nach wie vor auf reichem, durch Immunität abgeschottetem Grundbesitz in der Stadt Trier und in ihrem Umland sowie im Gebiet zwischen Wittlich und der Mosel entlang der unteren Lieser und südlich Triers beiderseits der Saar sowie auf einem weitmaschigen Netz bischöflicher Kirchen, Klöster und Stifte (darunter auch Karden, Münstermaifeld, Koblenz und Dietkirchen). Sie wurden um die Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert durch Einkünfte aus der Grafschaft sowie aus Zoll und Münze fiskalisch erweitert und drückten sich, nachdem der Graf aus der Stadt gewichen war, 958 signifikant in der Begründung des Trierer Hauptmarktes aus. Eine bischöfliche Gebietsherrschaft in die Fläche aber bleibt im Trierer Raum trotz Wildbann- und Forstrechtsverleihungen rechts und links der Mosel für die Frühzeit ohne greifbares Ergebnis.
Mit der Übertragung des Koblenzer Königshofes und seines Zubehörs, insbesondere des Zolles und der Münze, im Jahre 1018 erhielt das Domstift am Mittelrhein eine reale Entfaltungsgrundlage, die sich schon während der Moselfehde König Heinrichs II. (Regierungszeit 1002-1024) gegen die Grafen von Luxemburg zur Durchsetzung seines Trierer Kandidaten Megingaud als Rückzugsraum bewährt hatte. Ganz offensichtlich besaß die Trierer Kirche im 10. und 11. Jahrhundert nur geringe Durchsetzungskraft gegen den Adel der Region und seine auf Burgen gestützte Dominanz. Noch beschränkte sich Erzbischof Poppo von Babenberg auf die Zerstörung der luxemburgischen Burg Bernkastel (1016), noch erwarben seine Nachfolger alte trierische Burgsitze (Saarburg) zurück oder erwarben solche von deren Vorbesitzern, um 1100 den Ehrenbreitstein und um 1120 Burg Arras. Noch errichtete Erzbischof Albero von Montreuil um 1143/1144 die Neuerburg bei Wittlich auf den Fundamenten der 1128 hier zerstörten Burg der Luxemburger und erwarb von ihnen auch, zum Teil mit Unterstützung des Reiches, 1147 die Burg Manderscheid und 1148 die Burg Treis von den Pfalzgrafen. Deren Verzicht auf die Trierer Obervogtei im Jahre 1197 endlich eröffnete dem bischöflichen Grundherrn den herrschaftlichen Landesausbau auf breiter Ebene, den Erzbischof Theoderich II. von Wied mit dem Bau der Burg Montabaur 1227 einleitete, an die er den niederen Adel des Umlandes durch Burglehen band und dadurch die rechtsrheinischen Trierer Besitzungen aus der Herrschaft der Grafen von Nassau und der von ihnen hier vergebenen Vogteien herauslöste.
Nachdem Erzbischof Johann I. die Erschließung und Verwaltung des erzbischöflichen Besitzstandes eingeleitet hatte, folgten im Verlauf des 13. Jahrhunderts – zu nennen sind hier nach Theoderich II. noch die Erzbischöfe Arnold ll. von Isenburg und Heinrich II. von Finstingen – Bau, Erneuerung oder Erwerb zahlreicher Landesburgen. Sie verbanden die ursprünglich rein fortifikatorische und repräsentative Aufgabenstellung der Burg mit den inzwischen erweiterten Funktionen als Erhebungsstellen für Einkünfte, als Verwaltungssitze der umliegenden Regionen sowie als Aufenthaltsorte der reisenden Erzbischöfe und banden den landsässigen Adel durch ligische Lehnsverträge ausschließlich an den bischöflichen Burgherrn. Boemund I. von Warsberg stellte der Landesburg die Stadt als wirtschaftliche und fortifikatorische Ergänzung zur Seite, als er 1291 von König Rudolf von Habsburg (Regierungszeit 1273-1291) den Orten Bernkastel, Saarburg, Welschbillig und Wittlich im Trierer Umland sowie Mayen und Montabaur in den Ausbaugebieten des Maifeldes und des Westerwaldes Stadtrechte verleihen ließ.
Die Trierer Erzbischöfe des 13. Jahrhunderts hatten somit das Instrumentarium geschaffen, durch dessen meisterhafte Beherrschung im 14. Jahrhundert Erzbischof Balduin von Luxemburg, gestützt auf eine solide Finanzpolitik, das kurtrierische Territorium herrschaftlich geformt hat. Er band den landsässigen Adel durch Burgmannenverträge noch fester an die Trierer Landesburgen, machte sich auch die Burgen des Adels durch Öffnungsverträge dienstbar und verwendete schließlich das allein ihm durch den König für 30 und mehr Orte verliehene Stadtrecht zur Verdrängung bestehender Drittrechte am Ort und zur Unterstellung des Adels unter das Dienstrecht des Erzstifts, das auch für die auf Burgen und in Stadtrechtsorten angesiedelten Ämter auf der regionalen Verwaltungsebene galt.
Räumlich erstreckte sich das Trierer Herrschaftsgebiet zu Beginn des 14. Jahrhunderts noch weitgehend auf die aus Schenkungen erworbenen Altbesitzungen im Trierer Raum um Mosel, Saar und Ruwer mit Einschluss des Hochwaldes und des Gebietes zwischen Welschbillig und Bitburg im Westen. Daran schloss sich nördlich der Wittlicher Besitzkomplex an, dem rechts der Mosel in der Verlängerung nach Südosten der Bernkasteler Komplex im 13. Jahrhundert angegliedert worden war. Mosel abwärts folgten östlich und nordöstlich des Kröver Reiches das Gebiet um Zell im Hamm mit Burg Arras und das Cochemer Reichsgut, dessen pfandweiser Erwerb 1294 und 1298 den dauernden Verbleib bei Kurtrier eingeleitet hat. Rechtsrheinisch verfügten die Erzbischöfe über den großen Montabaurer Komplex und einen kleinen Spliss am oberen Wiedbach um Hartenfels und Herschbach. Neu hinzu sind linksrheinisch Kaisersesch und Mayen gekommen. Den gesamten Raum um die untere Mosel zwischen Mayen und Koblenz hat erst Erzbischof Balduin für den Kurstaat 1335 pfandweise von den Grafen von Virneburg erworben, die hier die Pellenzgerichte zu Münstermaifeld, Lonnig und Bubenheimer Berg (nördlich im Anschluss an Koblenz) als pfalzgräfliche Lehen gehalten hatten. Bereits 1328 konnte Balduin den Komplex St. Wendel als Verduner Lehen der Grafen von Veldenz erwerben.
Von Gewicht blieben die 1312 erworbenen Reichspfandschaften Boppard und Oberwesel, die ebenso wenig eingelöst worden sind, wie die vorbenannten Pfänder auch. Die unter Balduin abgeschlossenen Erwerbungen, die linksrheinischen Ämter Boppard (mit Oberwesel), Münstermaifeld, Mayen und Bergpflege (Bubenheimer Berg), haben zusammen mit Koblenz den Kern des späteren Niederen Erzstiftes Trier gebildet und die Landbrücke zu den rechtsrheinischen Altbesitzungen Ehrenbreitstein, Montabaur, Vallendar, Engers und Hartenfels sowie zu den im 15. und 16. Jahrhundert vollzogenen Erwerbungen von Hammerstein und Limburg gebildet. Entlang der Moselschiene war nur die Reichspfandschaft Kröv noch im Besitz der Grafen von Sponheim-Starkenburg verblieben. Balduins 1328 missglückter Versuch zu ihrem Erwerb konnte erst nach seinem Tod unter Boemund II. im Jahre 1355 durch ein mit Sponheim gemeinsames Kondominium zu einem Teil ausgeglichen werden. Dem von der unteren Saar über die gesamte Moselstrecke über den Westerwald bis an die mittlere Lahn reichenden, weitgehend geschlossenen Territorium trug die 1334 durch Balduin begonnene Straßenbrücke bei Koblenz über die Mosel Rechnung, die unter anderem die Landverbindung über die Eifel nach Trier herstellte.
Im 15. und 16. Jahrhundert erfuhr das Erzstift nochmals beträchtliche Erweiterungen, in die Eifel hinein durch Kauf von Teilen der Grafschaften Daun und Manderscheid in den Jahren 1427 und 1452 sowie rechtsrheinisch 1419 durch die Burggrafschaft Hammerstein, 1564 durch Diezer Anteile um Hundsangen und Nentershausen und 1663/1664 durch den Erwerb der Herrschaft Herschbach im Westerwald. Der entscheidende Zuwachs aber war 1576 gelungen, als die Reichsabtei Prüm in der Eifel mit ihrem Territorium dem Erzbischof von Trier direkt unterstellt werden konnte, der bis zum Ende des Alten Reiches Administrator von Prüm blieb.
Auf dem Weg dahin hat Kurtrier während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Grundlagen für die Zukunft gelegt. Die Trierer Bistumsfehde (1430-1437) zwischen Ulrich von Manderscheid und Raban von Helmstadt hatte es 1456 angesichts einer neuen Wahl geraten erscheinen lassen, dass sich Adel und Städte unter Anerkennung der Rechte des Domkapitels zu einer Landesvereinigung zusammenschlossen. Noch unter Erzbischof Johann II. von Baden haben sich die Landstände an der Umlage der direkten Steuern beteiligt und hierzu als Sitzort im Niederen Erzstift Koblenz zunehmend bevorzugt, das – zusammen mit Ehrenbreitstein – unter Johann II. als kurfürstliche Residenz neben dem Altzentrum Trier/Pfalzel an Gewicht gewann.
Die aus der direkten Besteuerung der ganzjährig bewohnten und befeuerten Hausstellen erwachsene Schriftlichkeit führte bereits unter Johann II. zu Vorläufern und fand nach verschiedenen Fortsetzungen unter Erzbischof Johann VI. von der Leyen im so genannten Feuerbuch von 1563 seinen Niederschlag, das die Bemühungen um eine zentral kontrollierte Finanz-, Rechts- und Verwaltungspraxis erkennen lässt.
Die 1473 in Trier gegründete Universität wurde Keimzelle für eine akademisch geschulte Priester- und Beamtenschaft, die den landsässigen Adel allmählich aus seinen geblütsständisch besetzten Positionen in Verwaltung und Gericht während des 16. Jahrhunderts zu verdrängen begann und auch in städtische Führungsgremien und in die einst städtischen Schöffengerichte von Trier und Koblenz einrückte. Diese begannen, ihre umfassende Spruchkompetenz über den städtischen Rechtskreis hinaus als Hochgerichte für das Obere Erzstift im Süden und das Niedere Erzstift im Norden auszubauen. Der dadurch geförderte Prozess der Aushöhlung städtischer Gewohnheitsrechte unterwarf Koblenz 1562 und Trier 1580 dem ausschließlich landesherrlichen Gebot.
Die in der obrigkeitlich geprägten Stiftsreform erfolgreichen Erzbischöfe des 16. Jahrhunderts waren vor allem Johann VI. von der Leyen und Jakob III. von Eltz. Beide hatten den Auswirkungen der Reformation, die innerhalb des Kurstaates 1559 unter dem Einfluss von Caspar Olevian in Trier kurzfristig Wirkung gezeigt hatte, zu begegnen. Dem Verlust zahlreicher Pfarreien der Trierer Diözese in protestantisch gewordenen Nachbarterritorien (Nassau, Wied, Kurhessen/Katzenelnbogen) als auch in Lothringen und Luxemburg durch das dort beanspruchte landesherrliche Kirchenregiment begegneten sie im Kurstaat mit gleicher Konsequenz und unterwarfen, seit 1560 unterstützt durch die nach Trier geholten Jesuiten und deren Dominanz an der Universität, die eigene Kirche dem kurfürstlichen Gebot durch Disziplinierung des Klerus, der Pfarreien und der Klöster bis hin zum Entzug ihrer Selbständigkeit. Auf diesem Wege ist 1576 die Inkorporation der in der Trierer Diözese gelegenen Reichsabtei Prüm in den Kurstaat gelungen.
Wenngleich der Klerus sein materielles Potential unter Erzbischof Lothar von Metternich gelegentlich ausspielte und sein landständisch gefordertes Umlagen-Drittel auf ein Fünftel reduzierte, wenngleich 1729 die Ritterschaft die Landständeverließ und in die Reichsstandschaft überwechselte, blieb das finanziell einigermaßen sanierte und konfessionell bereinigte Gemeinwesen in den beiden folgenden Jahrhunderten bis zum Ende des Alten Reiches im Wesentlichen gefestigt. Daran änderten die Plünderungen durch Schweden, Spanier und Franzosen, die das Land unterPhilipp Christoph von Sötern während des Dreißigjährigen Krieges heimsuchten, ebenso wenig wie die durch die Reunionskammer in Metz juristisch verfolgten Ansprüche Frankreichs auf die Ämter Merzig und St. Wendel. Auch die oberhalb Trabens 1687 erbaute französische Festung Mont Royal sowie die Besetzung des linken Rheinufers durch Frankreich im Pfälzischen (1688-1697) sowie im Spanischen (1700-1714) Erbfolgekrieg haben die politische Einheit des Kurstaates nicht zerstört.
Vielmehr haben Kurfürsten und Landstände in diesen Zeiten die Befestigung von Koblenz und Ehrenbreitstein, deren strategisch bedeutsame Positionen als Rückzugsort und Festung in den Jahren 1632 und 1654 deutlich geworden war, finanziert und die neue Steuermatrikel von 1652 auf der Grundlage der durch Krieg verminderten Einkünfte auf den Weg gebracht. Der Erlass des Trierer Landrechts von 1668 und die Förderung der Trierer Juristenfakultät als auch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Jahre 1685 lassen neben anderen Maßnahmen erkennen, dass die inneren Reformen unter den vier Erzbischöfen dieses Jahrhunderts, die durchweg aus dem stiftischen oder benachbarten Landadel kamen – Lothar von Metternich, Philipp Christoph von Sötern, Karl Kaspar von der Leyen und Johann Hugo von Orsbeck –, Bestandteil des politischen Programms geblieben sind. Das setzte sich während des für Kurtrier friedlicheren 18. Jahrhunderts fort, dessen Kurfürsten – Karl Josef von Lothringen, Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Franz Georg von Schönborn und Clemens Wenzeslaus von Sachsen – bis auf Johann Philipp von Walderdorf - ausnahmslos dem auswärtigen Hochadel entstammten.
Die zuvor schon eingeleiteten Schritte zur Bildung einer oberen Verwaltungsebene fand in der Verwaltungsreform Franz Ludwigs im Jahre 1719 ihren bleibenden Abschluss. Mit Sitz in Koblenz und Zweitsitz in Trier für das Obere Erzstift wurden der Hofrat, die Hofkammer und der Hofkriegsrat zu festen Behörden für die Innen-, Finanz- und Militärverwaltung oberhalb der Ämter und Kellereien gebildet. Im Justizwesen trat ihnen das Hofgericht in Koblenz und das Hofratskommissariat in Trier als zweite Instanz über den weltlichen Untergerichten zur Seite, um nur einige wenige Aspekte der Mehrschichtigkeit aufzuzeigen, die die kurtrierische Staatsverwaltung unterhalb des kurfürstlichen Hofes und der obersten Kollegien bis zum Ende des Alten Reiches ausgebildet hatte. Der Koblenzer Schlossbau des letzten Kurfürsten Clemens Wenzeslaus aus den Jahren 1777-1786 repräsentierte den Abschluss der im 15. Jahrhundert begonnenen allmählichen Verlagerung des Regierungssitzes und der Residenz nach dem zum Reich hin zentraler gelegenen Koblenz.
Die Besetzung des linken Rheinufers durch französische Revolutionstruppen in den Jahren 1792 und dauerhaft ab Oktober 1794 sowie dessen Abtretung an Frankreich durch das Reich im Frieden von Lunéville 1801 leiteten das staatliche Ende Kurtriers ein. Nach kurzzeitiger Verlegung der Behörden auf die rechte Rheinseite nach Ehrenbreitstein und Limburg entließ Clemens Wenzeslaus am 29.11.1802 im Vorgriff auf die sich anbahnenden Ergebnisse des Reichsdeputationshauptschlusses seine Untertanen in den rechtsrheinischen Ämtern an den Fürsten von Nassau-Weilburg, der seine Nassauische Regierung noch im Dezember 1802 in Ehrenbreitstein errichtete. Der Trierer Kurstaat hatte aufgehört zu existieren. Ein rotes Kreuz auf weißem Grund in zahlreichen Gemeindewappen hält noch heute die Erinnerung an ihn und das Bewusstsein alter Zugehörigkeit zu ihm wach.
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Flach, Dietmar, Kurfürstentum Trier, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/kurfuerstentum-trier-/DE-2086/lido/57d11a5b205329.64268865 (abgerufen am 03.12.2024)